Zitat:"Die Hellenisierungsversuche durch Antiochus IV. Epiphanes waren für die Vertreter des Judentums nicht zuletzt deshalb unerträglich geworden, weil es ein guter Teil der jüdischen Oberschicht attraktiv fand, wie die Griechen zu leben und sich mit einer polytheistischen Götterwelt anzufreunden begann."
Sie fanden genau genommen weniger den Polytheismus attraktiv, als vielmehr den Opferkult. Das Judentum ist im Kern eine Bewegung gegen das Opfer gewesen; zahlreiche Prophetenbotschaften fordern dazu auf, den Kult zu verwerfen (Jeremia 7:30–31, Jesaja 1:11–13 u. a.). Das Opfern ist jedoch eine erregungsabführende Handlung, und vielen fiel es schwer, davon zu lassen; obendrein brachte das Nichtopfern den Juden schon sehr früh den Groll der opfernden Umwelt ein. Unter Antiochus IV. Epiphanes gab es daher innerhalb der Juden Versuche, den astralreligiösen Opferkult mit seiner Unterstützung wieder einzuführen. „Zu dieser Zeit traten in Israel gottlose Leute auf; die überredeten viele und sagten: Laßt uns ein Bündnis mit den Heiden ringsum schließen; denn wir haben viel leiden müssen seit der Zeit, da wir uns von den Heiden abgesondert haben“ (1. Makkabäer 1:12). Aber diesen Leuten wurden entgegengetreten: „Davor bewahre uns Gott! Das wäre für uns nicht nicht gut, daß wir von Gottes Gesetz und Recht abfielen. Wir wollen nicht den Befehl des Antiochus einwilligen und wollen nicht opfern und von unserm Gesetz abfallen und damit einen andern Weg einschlagen“ (1. Makkabäer 2:21–22).
Das Opfer-Element taucht dann im Christentum wieder auf (Jesu Blutopfer), und auch der Islam folgt vielmehr der altorientalischen, astralreligiösen Tradition (und weniger dem opferkritischen Judentum). Die Religionen unterscheidet weniger die Frage Monotheismus/Polytheismus; die Gretchenfrage lautet möglicherweise eher: Wie hältst du es mit dem Opfer?
- Gunnar Heinsohn: Die Erschaffung der Götter. Das Opfer als Ursprung der Religion, Reinbek bei Hamburg 1997.
- Tom Fleischer: Welten im Zusammenbruch. Katastrophen, Menschen, Zivilisation, Band I, Hamburg 2016, S. 17–74.

