01-10-2012, 17:45
(01-10-2012, 17:20)Lelinda schrieb: Na gut. Lassen wir King weg und beschränken wir uns auf Gandhi. Gandhi war Hindu, und seine Gegner waren Europäer, also sehr wahrscheinlich (anglikanische) Christen. Für diese waren seine evtl. religiösen Motive für den gewaltlosen Widerstand vollkommen unerheblich, weil der Hinduismus nicht ihre Religion war, sondern nur seine.
Nochmal zum Verständnis: Meine These, jeder könne nach Gutdünken seine Handlungen religiös begründen (denn wer wollte das verhindern), wolltest du mit dem Aspekt der Glaubwürdigkeit ausstechen. Als Beispiel willst du atheistische Phänomene anbringen, auf die man sich (nicht) berufen dürfe - und nimmst zwei tiefreligiöse Personen (die ihr Handeln auch genau damit begründen). Meine gleichlautende Replik beantwortest du mit - der Religion der Gegner. Hä? Was soll diese denn damit zu tun haben, dass du statt - wie angekündigt ein nichtreligiöses Beispiel zu bringen - gleich zwei religiöse bringst? Willst du mich mit deiner Schlängeltaktik zermürben?
(01-10-2012, 17:20)Lelinda schrieb: Trotzdem verbindet man Gandhi mit gewaltlosem Widerstand (genau wie Martin Luther King) und sieht ihn in dieser Hinsicht allgemein als Vorbild, auf den sich kein gewalttätiger Terrorist berufen könnte – gleichgültig, welche Religion man selber hat oder ob man überhaupt eine hat. Übrigens fühlte King sich von Gandhi inspiriert, obwohl Hinduismus und Christentum nichts miteinander zu tun haben.
Sie haben etwas gemeinsam - es sind beides Religionen. Du wolltest doch Beispiel aus dem Atheismus bringen. Wir warten. Oder eigentlich nicht, denn Glaubwürdigkeit stellt sich nicht aus der (Nicht-)Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft her (oder einem bestimmten Glaubensbekenntnis), sondern ist eine PR-Maßnahme.
(01-10-2012, 17:20)Lelinda schrieb: Ich bin nicht katholisch; die Deutungshoheit des Papstes ist für mich also irrelevant.
Das ist ja gerade der Witz bei der Sache, dass jede Religionsgemeinschaft ihre eigene Deutungshoheit (in Person des jeweiligen Oberhauptes) hat (oder zu haben meint). Jeder Glaube ist also im höchsten Maße doppel- und zweideutig, sonst würden sich die Leute darob nicht die Köpfe heiß streiten (oder auch mal die Hölle auf Erden heiß machen).
(01-10-2012, 17:20)Lelinda schrieb: Was Matt. 10, 34 anbetrifft, musst du noch weiterlesen. Es ist keine Aufforderung zum Krieg, auch wenn der Satz so klingt, wenn man ihn aus dem Zusammenhang reißt. Sondern er weist darauf hin, dass das Bekennen zu Jesus große (private) Probleme mit sich bringen könnte.
Ach sag bloß - und nun befrag mal ein Dutzend Leute dazu, und du wirst exakt ein Dutzend Deutungen kriegen. Adé, du schöne Glaubwürdigkeit ...
Es gibt weder gut noch böse in der Natur, es gibt keine moralische Entgegensetzung, sondern es gibt eine ethische Differenz. (Gilles Deleuze)