(06-07-2011, 11:43)Ekkard schrieb: Nochmal etwas einfacher ausgedrückt und an die Vertreterin dieser Art der Interpretation gerichtet: Dem deutschen Zuhörer bzw. Bibelleser steht nur der Kontext aus den verschiedenen Übersetzungen zur Verfügung, die durchwegs alle sinngemäß dieselbe Story erzählen. Von den Sprachbildern her gesehen, sind die Geschichten also gleich. Da ergeben die in der Übersetzung unterdrückten Nebenbedeutungen in Einzelbetrachtung keinen Sinn. Auf diese Weise reiht sich seit Runden ein Missverständnis an das andere.
Es ist also durchaus philosophisch (gesehen) sinnvoll, solche Behauptungen kritisch zu durchleuchten, also besonders die Frage zu stellen, wie eine einzelne Wortbedeutung in den Kontext passt.
Ekkard, Du sagst hier etwas Richtiges. Die große Schwierigkeit ist das fehlende Hintergrundwissen. Ich werde mich bemühen, viele, viele möglichst einfache Beispiele zu bringen. Bitte habt etwas Geduld - und schaut es Euch an - und bitte kritisiert in der Richtung, was zum Verständnis an der Darstellung fehlt. Mit etwas Übung und Überblick wird das verstanden. Für das erste Kapitel der Schöpfungsgeschichte habe ich Tage gebraucht, um alle Wenn und Aber des hebräischen Textes zu klären. Das sind sehr schwierige Texte. Sie schauen nur so einfach aus.
Die Grundidee ist einfach die Sprache. Es geht nicht um die einzelnen Wörter, welche die Übersetzung bietet, sondern um den Wortkomplex der hebräischen Sprache. Harmagedon - erscheint als ein Endzeitszenario aber har magdon ist ein Berg voller Köstlichkeiten. Diese Verbindung kann eben die Übersetzung nicht bieten - egal in welcher anderen Sprache sie genommen wird. Und warum der Berg voller Köstlichkeiten eine Bedeutung hat, muss auch der Zusammenhang von vorigen und nachfolgenden Sätzen beleuchtet werden - und auch da kommen die Dreher vor. Das war ja die Kunst der Schriftauslegung, von der die Schriftgelehrten sprachen und sehr angesehen waren, damals.
Bion, zu Deinem gestrigen Beitrag:
Zitat:Die biblischen Texte werden auch von jüdischen Theologen dem Sinn nach nicht in einem Maße abweichend gelesen, dass daraus völlig neue Botschaften entstünden. Das ins Deutsche übertragene jüdische Textverständnis wird für mich durch die Buber-Rosenzweig-Übersetzung bestens repräsentiert. Auch die Übersetzung von Joseph Herman Hertz, ehemals Oberrabbiner der jüdischen Gemeinden des Britischen Reichs, ist eine gute Basis, sich mit jüdischem Denken vertraut zu machen.
Mit Judentum vertraut durch wen? Hertz oder Buber-Rosenzweig oder mit dem Rockefellerimperium? Bion, da liegen Welten dazwischen. Du wirst nicht vertraut mit dem Deutschtum, wenn Du Dichter, Arbeiter, Wissenschaftler, Bauern oder Schüler als einzelnes Muster aus dem Strauß nimmst. Judentum in Deutschland ist und war etwas anderes als das Judentum im Orient. Dort waren die meisten Juden. Länder wie Syrien, Lybien und Ägypten prägten ein "Judentum". Die Wurzeln liegen in Afrika und in Asien. Israel wurde begründet von russischen Einwanderern. Das Judentum hier wurde inspiriert von den christlichen Kirchen. Man machte das Gleiche, Glauben an einen Gott, beten, treffen in der Gemeinde .... Manche Gemeindemitglieder hatten den Vorteil, dass sie Hebräisch verstanden, das sie für die Verständigung untereinander als weit verzweigte Familie in vielen Ländern brauchten, und kannten weil etwas Hebräisch das auch in Jiddisch vorkommt. Damit gewannen sie einen etwas anderen Eindruck aus dem Talmud. Daraus verstehst Du das glänzende Denken eines Spinozas, der aber in "Glaubenskreisen" gemieden wurde, weil er anders dachte und weil er die alten Schriften (beinah) richtig verstand. Was er aber nicht öffentlich sagen durfte. Er setzte einen Meilenstein im Denken in der Philosophie. Er hatte jede Menge "Vorläufer". Diese Art des Denkens wird "geübt" durch die alten Schriften (wenn man sie als solche sieht und nicht auf der Übersetzung als alleinige Wertfassung besteht).
persönlich werdend, daher entfernt d.n.
Zitat:Wer etwas völlig Neues, von allem bisher dagewesenem Abweichendes präsentiert, hat die erforderlichen Beweise zu führen, wenn das mit dem Anspruch verbunden ist, es sei die einzig mögliche und somit richtige Sichtweise
Man nehme diesen BHS-Text! Sogar mit dem Primitivkurs (22 Buchstaben des hebräischen Alphabets lernen) erreicht jeder, der Lesen kann, damit die Möglichkeit in Wörterbüchern zu wühlen und den Beweis zu sehen. So einer kann sich dann überzeugen, dass mit dem Schwert erwürgen nicht geht, wie es in der Bibel steht, aber sehr wohl möglich ist, wie einer mit Öde abgewürgt wird. [xeref] heißt beides. Das stimmt, es ist völlig neu.
Bion, ich habe mir die Zeit für Hebräisch genommen, und unter Anderem dafür die Sprache gelernt, weil mich solche Stellen in der Bibel gewaltig störten und ich immer der Überzeugung war, dass man solche Texte nicht aufbewahrt hätte, wenn sie Unfug enthielten.
Bion bitte versteh, es gibt eine "Vernunftbildung", die nicht auf Zitate und das Wissen über Philosophie angewiesen ist, sondern jedem sozusagen angeboren ist. "Aug um Aug" kann nicht sein, das wäre ungerecht und sinnlos. Wenn aber zu lesen ist, "statt einer Quelle eine andere Blickweise" und dieser Wortschatz bekannt ist, erscheint es mir vernünftiger alle Betrachtungsweisen in Betracht zu ziehen, auch die der anderen, statt aufeinander loszugehen.
Zitat:Zumindest die Methode, nach der man philosophisch untersucht, sollte vorgestellt werden.
Die Methode ist die vernünftige Überlegung bei möglichem Wortschatz.
Man hat sich bisher leider NIE um die Belange gekümmert. Nie die andere Seite betrachtet. Siehe Deine Reaktion als Gelehrter heute. Mir genügt die gängige vernünftige Überlegung. Du erwartest "Beweise" von anderen Leuten gegen oder für das Thema Auslegung. In früherer Zeit war das noch schlimmer. Da war die Öffentlichkeit noch nicht "Atheist oder Kommunist oder Friedensforscher".
Zitat:Überhaupt nichts halte ich von dem Anspruch, man habe sich auch bei sehr eigenartigen Vorstellungen von Wahrheiten, jeder kritischen Bemerkung zu enthalten.
Bion, jedes Abwürgen einer Sinn bringenden Idee ist "verboten - Kritik die aufbaut, und das Sinnvolle noch verbessern kann - dagegen erwünscht. Ich mache es doch nicht so, wie es die Glaubensansichten vorschrieben - keine Kritik. Gerade wegen der allgemeinen Kritik in Glaubensfragen habe ich mich an die Arbeit gemacht, den Grund für die Abweichungen zu finden bei einer Schrift, die einmal sehr berühmt war und gelobt wurde.
Zitat:Insbesondere für ein "Laienforum" ist es nötig, Beiträgen, die Sonderwissen zum Inhalt haben, das entgegenzuhalten, was Stand der Wissenschaft ist.
Bion, dann leg mal los ... ich bin ganz Ohr.
Unsachlich, daher entfernt. d.n.
