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09-11-2009, 13:37
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 09-11-2009, 13:39 von Manuel.)
(09-11-2009, 13:33)petronius schrieb: meine frage war (wie jeder nachlesen kann) eine andere (und kommt daher, daß du sagtest, für einen christen" recihe der koran nicht - was im umkehrschluß ja heißt, für den muslim schon - ergo: unterschiedicher sinn des lebens für christen und muslime). und du weichst einer antwort aus
Wenn Du schon recht haben möchtest, solltest Du schon den Unterschied zwischen einer Implikation und einer Äquivalenz beachten.
Welcher Antwort?
Thomas Paine: "As to the book called the bible, it is blasphemy to call it the Word of God. It is a book of lies and contradictions and a history of bad times and bad men."
(08-11-2009, 21:44)petronius schrieb: was du nur immer mit dem feuer hast...
philosophie ist imho das nachdenken über das sein, in allen möglichen facetten. nur weil das ohne sprache nicht auszudrücken ist, reduziert sie sich nicht auf ein sprachspiel. ein schüttelreim z.b. ist ein sprachspiel - und behauptet nicht, mehr sein zu wollen
willst du z.b. die Kritik der praktischen Vernunft auf der selben bedeutungsebene ansiedeln wie
was macht der eunuch, der hodenlose,
in einer tiroler lodenhose?
Das Konzept des Sprachspiels ist nicht auf meinem Mist gewachsen. Es stammt aus der Philosophie Ludwig Wittgensteins und gehört wohl zu seinen bedeutendsten Gedanken. Nicht zuletzt dafür gilt er als der wohl wichtigste Philosoph des 20. Jahrhundert.
Sprachspiel meint eben nicht bloß ein Wortspiel sondern die Situationsgebundenheit unseres Sprachgebrauchs.
Sprachspiel Busfahren: "Hallo, ein halb mal bis Hauptbahnhof, bitte." Diesen Satz könnte man außerhalb eines Busses wohl kaum sinnvoll äußern; im Bus wird aber von mir erwartet, dass ich mich auf diese Art und Weise ausdrücke.
Das Äußern eines Satzes gleicht einem Zug in einem Schachspiel. Dadurch, dass ich etwas bestimmtes auf eine bestimmte Art und Weise sage, fordere ich meinen Gegenüber heraus auf eine bestimmte Art und Weise zu antworten.
So tradieren sich Sprachspiele für alle Bereiche des menschlichen Lebens und es ergeben sich Folgerungen für unser Verständnis von Wissen und Verstehen. Ein Wort, einen Begriff, einen Satz zu verstehen bedeutet es richtig verwenden zu können. Dass ich z.B. kein Physiker bin, erkennt man daran, dass ich physikalische Fachausdrücke nicht verwende, nicht verwenden kann, daran, dass ich die Sprache der Physik nicht spreche.
(08-11-2009, 21:44)petronius schrieb: wobei geht es denn schon "grundsätzlich um Philosophie"?
In der Philosophie und nur da.
(08-11-2009, 21:44)petronius schrieb: die philosophie ist ein werkzeug, eine methode, sich sachverhalten zu nähern - die als solche nicht "philosophisch" sein müssen
Ja.
(08-11-2009, 21:44)petronius schrieb: du kennst keinen fall, wo jemand freiwillig sich von "Volk, Familie, Gemeinde, Gott" trennt?
Keinen, in der diese Trennung ohne Sinnkrise einherging. Damit meine ich ja nicht, dass jemand erwachsen geworden ist und das Elternhaus verlässt um auf eigenen Füßen zu stehen, derjenige hält ja noch Kontakt zu seiner Familie. Ich meine eine vollständige Trennung, wie die, die vielleicht ein Kind im Sinn hat, das von zuhause wegläuft.
Mein Großvater hat sich z.B. von seiner Familie (Frau, Kinder) getrennt, er ist einfach abgehauen. Ob er eine Sinnkrise gehabt hat, darüber kann ich nur spekulieren. Ich habe ihn nur einmal in meinem ganzen Leben gesehen. Da besuchte er uns Jahrzehnte später, war den Zeugen Jehovas beigetreten und wollte sich bei meiner Mutter entschuldigen und den Kontakt wieder aufbauen.
Ich meine auch nicht, dass die Trennung von wichtigen Instanzen zwangsläufig zu kompletten Sinnverlust führt. Nur, dass solch eine Trennung im Zusammenhang mit einer Sinnkrise steht. Wer z.B. feststellt, dass seine aktuelle Lebenssituation für ihn selbst gerade keinen Sinn ergibt oder dass eine andere sinnvoller wäre, der lässt sich eine Lösung einfallen.
(08-11-2009, 21:44)petronius schrieb: Zitat:Die Pubertät z.B. ist das Lebensalter der Sinnkrise schlechthin
ich würde sagen: der sinnfindung
Dann verwende diesen Ausdruck, wenn er dir angebrachter erscheint.
(08-11-2009, 21:44)petronius schrieb: Zitat:Zitat:das brennt wohl nicht in allen. ich behaupte mal, daß viele dieses feuers nicht bedürfen, um sinn in ihrem dasein zu finden bzw. diesem einen sinn zu geben
Kannst du mir erklären wie?
wenn du nicht selbst erfassen kannst, wie die zufriedenheit mit dem sein und dasein persönlichen sinn ergeben kann, kann ich dir das vermutlich nicht erklären
Zufriedenheit verstehe ich schon. Nur ein Dasein ohne Feuer, das kann ich mir schwer vorstellen.
(08-11-2009, 21:44)petronius schrieb: Zitat:Kennst du einen, bei dem du sicher bist, dass in ihm keine Flammen lodern? Ich wüsste jetzt auf die Schnelle keinen
ich maße mir nicht an, in die menschen hineinzublicken. deshalb könnte ich z.b. auch nicht davon ausgehen, daß in jedem "eine flamme lodert". von mir persönlich etwa habe ich diesen eindruck nicht
Das ist merkwürdig. Wenn das stimmt, werde ich mein Menschenbild überdenken müssen.
(08-11-2009, 21:44)petronius schrieb: Zitat:Und das ist der Punkt, den ich kaum glauben kann. Gar nichts, das ist doch völlig unmöglich. Mit "gar nichts" meinst du meiner Meinung nach eher Richtlinien, die so allgemein sind, dass man sie in unserem Kulturkreis nicht mehr bewusst wahrnimmt. An einer anderen Stelle hast du ja z.B. von Menschenrechten gesprochen...
nein, ich meine eben nichts bestimmtes. natürlich kann und werde ich einem jungen menschen vermitteln, welche werte mir wichtig sind, und warum. ob er diese meinung aber auf- und übernimmt, oder selbst eine andere sicht entwickelt - das ist seine sache. und seine höchstpersönliche aufgabe bei seiner sinnfindung
"sinn" läßt sich nicht eindressieren
Sinn lässt sich teilen und mitteilen. Wem man nichts über den Sinn des Lebens beibringt, der wird auch wenig finden. Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Vermittlung von Sinn zu den höchsten Zielen der Erziehung gehört. So hoch, dass sie gesetzlich gesichert wird.
Daher verstehe ich die meisten Leute, die sagen, sie würden nichts bestimmtes mitteilen, so, dass sie mit nichts bestimmtes das meinen, das ihnen in unserer Kultur nicht auffällt, das, was sie automatisch auch unbewusst vermitteln, eben die Werte unserer Kultur. (Du gibst ja z.B. den Wert der persönlichen Freiheit weiter.)
(08-11-2009, 21:44)petronius schrieb: Zitat:Ich sehe das persönlich sogar sehr streng: Eine Generation, die ihren Nachkommen keinen Sinn vermitteln konnte, hat versagt; sie hat nur für sich selbst gelebt, vielleicht ein erfülltes Leben, ganz sicher ein absurdes
"kein sinn" ist etwas anderes als "nicht mein sinn"
verstehst du das?
Treffendstes Beispiel einer Generation, die keinen Sinn vermitteln konnte, ist das dritte Reich. Nicht, weil sie es nicht versucht hätten, sondern weil ihre Ideale gescheitert sind. Danach war Kahlschlag, Stunde Null, eine ganze Generation, die den Sinn neu erfinden musste.
(08-11-2009, 21:44)petronius schrieb: aber reden wir mal nicht von mir oder der philosophie. reden wir von dir. du fragst viel - aber du mußt doch auch selbst was zu sagen, zu antworten haben
warum also würdest du als christ "Gebet und Bibelstudium empfehlen, um Sinn zu finden. Dinge von denen du sagen kannst, dass sie Sinn haben" ?
welchen sinn haben denn gebet und bibelstudium, welchen ergeben sie? auf welchem weg?
in der bibel z.b. findest du alles mögliche. auch schräges, und reichlich widersprüchliches. wie also und zu welchem sinn führt ihr studium, und warum soll das für einen jugendlichen der richtige weg sein?
Ich spalte auf. Erst der Sinn des Bibelstudiums, anschließend Sinn des Gebets.
Der Jugendliche wird nicht irgendwo geboren sondern in unserer abendländischen Kultur. Es gibt ein Werk, das die abendländische Geschichte und Kultur mehr beeinflusst hat als alles andere: die Bibel.
Das Verständnis der Bibel ist der Schlüssel zu Jahrhunderten unserer Kultur. Wer die Bibel kennt, hat die Wissensgrundlage um einen entscheidenden Teil unserer Kultur zu verstehen.
Vermitteln wir dieses Verständnis unseren Nachkommen nicht, so geht es verloren. Es liegt nicht in meinem Interesse, dass unsere Kultur verloren geht. Sie braucht nicht von jedem neu erfunden zu werden, nur beständig weiterentwickelt werden.
Ich hatte ja schon beschrieben, wie die Bedeutung des Individuums mit seiner Kultur zusammenhängt, dass es seine Bedeutung gar nicht außerhalb seiner Kultur finden kann. Gerade deshalb muss man ihm Kultur vermitteln, damit es sich selbst verstehen kann und Möglichkeiten zur Selbstentfaltung bekommt.
Das Gebet ist sinnvoll, weil es die Stellung des Betenden in der Welt, begreifen und ordnen kann. Es ist kein monologer Gedankengang sondern ein Dialog. Die eigene Bedürfnisse, Hoffnungen und Ängste auszudrücken und an eine Instanz heranzutragen, die schonungslos ehrlich und voller Liebe ist, hilft dabei entscheidend, weil die eigene Situation nicht separat betrachtet sondern mit einem äußeren Ideal verglichen wird. Erst der Vergleich öffnet die Möglichkeit Besonderheiten, Ungewöhnlichkeiten, Abweichungen zu erkennen. Gleichzeitig wird die Möglichkeit zum Selbstbetrug minimiert, weil es keinen Sinn macht jemanden zu belügen, der alles weiß.
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(09-11-2009, 13:37)Manuel schrieb: (09-11-2009, 13:33)petronius schrieb: meine frage war (wie jeder nachlesen kann) eine andere (und kommt daher, daß du sagtest, für einen christen" recihe der koran nicht - was im umkehrschluß ja heißt, für den muslim schon - ergo: unterschiedicher sinn des lebens für christen und muslime). und du weichst einer antwort aus
Wenn Du schon recht haben möchtest
ich weise bloß darauf hin, daß deine antwort nichts mit meiner frage zu tun hat
Zitat:solltest Du schon den Unterschied zwischen einer Implikation und einer Äquivalenz beachten
was in diesem kontext genau was heißt?
Zitat:Welcher Antwort?
na, auf meine frage :icon_cheesygrin:
muß ich sie wiederholen oder findest du sie selber?
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
(08-11-2009, 22:00)petronius schrieb: (08-11-2009, 15:28)Heinrich schrieb: Ersteinmal ist Beten überhaupt nicht schwierig, das bekommt wirklich jeder hin. Wie es funktioniert und wie es einem hilft, findet man dann schon heraus
ja
bei mir hat es (wie bei romero das bibelstudium) dazu geführt, den christlichen gottesglauben zu verwerfen
Es ist frustrierend, wenn man betet, aber Gott antwortet nicht. Es ist frustrierend, wenn man an Dinge glaubt, die faktisch anders waren.
So etwas meine ich, wenn ich sage, die Trennung von Gott führt zur Sinnkrise. Ich weiß ja nicht ob du den christlichen Glauben nur nicht angenommen oder verloren hast. Beides ist für mich Ausdruck einer Sinnkrise. Der Glaubensverlust natürlich eindeutiger. Das Nichtannehmen eines Glaubens nur insofern, dass es ja Ausdruck einer gescheiterten Sinnsuche ist: hier im Christentum nach Sinn gesucht aber keinen darin gefunden.
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(09-11-2009, 13:52)Heinrich schrieb: Das Konzept des Sprachspiels ist nicht auf meinem Mist gewachsen. Es stammt aus der Philosophie Ludwig Wittgensteins
ich wüßte nicht, daß der "tractatus" die philosphie als spiel sieht
Zitat:Sprachspiel meint eben nicht bloß ein Wortspiel sondern die Situationsgebundenheit unseres Sprachgebrauchs
darauf muß an ja erst mal kommen
Zitat: (08-11-2009, 21:44)petronius schrieb: wobei geht es denn schon "grundsätzlich um Philosophie"?
In der Philosophie und nur da
eben. das vom fußball zu verlangen, ist also unsinnig
(08-11-2009, 21:44)petronius schrieb: du kennst keinen fall, wo jemand freiwillig sich von "Volk, Familie, Gemeinde, Gott" trennt?
Keinen, in der diese Trennung ohne Sinnkrise einherging. Damit meine ich ja nicht, dass jemand erwachsen geworden ist und das Elternhaus verlässt um auf eigenen Füßen zu stehen, derjenige hält ja noch Kontakt zu seiner Familie. Ich meine eine vollständige Trennung, wie die, die vielleicht ein Kind im Sinn hat, das von zuhause wegläuft.
Mein Großvater hat sich z.B. von seiner Familie (Frau, Kinder) getrennt, er ist einfach abgehauen. Ob er eine Sinnkrise gehabt hat, darüber kann ich nur spekulieren. Ich habe ihn nur einmal in meinem ganzen Leben gesehen. Da besuchte er uns Jahrzehnte später, war den Zeugen Jehovas beigetreten und wollte sich bei meiner Mutter entschuldigen und den Kontakt wieder aufbauen.
Ich meine auch nicht, dass die Trennung von wichtigen Instanzen zwangsläufig zu kompletten Sinnverlust führt. Nur, dass solch eine Trennung im Zusammenhang mit einer Sinnkrise steht. Wer z.B. feststellt, dass seine aktuelle Lebenssituation für ihn selbst gerade keinen Sinn ergibt oder dass eine andere sinnvoller wäre, der lässt sich eine Lösung einfallen.
(08-11-2009, 21:44)petronius schrieb: Zitat:Die Pubertät z.B. ist das Lebensalter der Sinnkrise schlechthin
ich würde sagen: der sinnfindung
Dann verwende diesen Ausdruck, wenn er dir angebrachter erscheint.
(08-11-2009, 21:44)petronius schrieb: Zitat:Zitat:das brennt wohl nicht in allen. ich behaupte mal, daß viele dieses feuers nicht bedürfen, um sinn in ihrem dasein zu finden bzw. diesem einen sinn zu geben
Kannst du mir erklären wie?
wenn du nicht selbst erfassen kannst, wie die zufriedenheit mit dem sein und dasein persönlichen sinn ergeben kann, kann ich dir das vermutlich nicht erklären
Zufriedenheit verstehe ich schon. Nur ein Dasein ohne Feuer, das kann ich mir schwer vorstellen.
(08-11-2009, 21:44)petronius schrieb: Zitat:Kennst du einen, bei dem du sicher bist, dass in ihm keine Flammen lodern? Ich wüsste jetzt auf die Schnelle keinen
ich maße mir nicht an, in die menschen hineinzublicken. deshalb könnte ich z.b. auch nicht davon ausgehen, daß in jedem "eine flamme lodert". von mir persönlich etwa habe ich diesen eindruck nicht
Das ist merkwürdig. Wenn das stimmt, werde ich mein Menschenbild überdenken müssen.
(08-11-2009, 21:44)petronius schrieb: Zitat:Und das ist der Punkt, den ich kaum glauben kann. Gar nichts, das ist doch völlig unmöglich. Mit "gar nichts" meinst du meiner Meinung nach eher Richtlinien, die so allgemein sind, dass man sie in unserem Kulturkreis nicht mehr bewusst wahrnimmt. An einer anderen Stelle hast du ja z.B. von Menschenrechten gesprochen...
nein, ich meine eben nichts bestimmtes. natürlich kann und werde ich einem jungen menschen vermitteln, welche werte mir wichtig sind, und warum. ob er diese meinung aber auf- und übernimmt, oder selbst eine andere sicht entwickelt - das ist seine sache. und seine höchstpersönliche aufgabe bei seiner sinnfindung
"sinn" läßt sich nicht eindressieren
Sinn lässt sich teilen und mitteilen. Wem man nichts über den Sinn des Lebens beibringt, der wird auch wenig finden. Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Vermittlung von Sinn zu den höchsten Zielen der Erziehung gehört. So hoch, dass sie gesetzlich gesichert wird.
Daher verstehe ich die meisten Leute, die sagen, sie würden nichts bestimmtes mitteilen, so, dass sie mit nichts bestimmtes das meinen, das ihnen in unserer Kultur nicht auffällt, das, was sie automatisch auch unbewusst vermitteln, eben die Werte unserer Kultur. (Du gibst ja z.B. den Wert der persönlichen Freiheit weiter.)
(08-11-2009, 21:44)petronius schrieb: Zitat:Ich sehe das persönlich sogar sehr streng: Eine Generation, die ihren Nachkommen keinen Sinn vermitteln konnte, hat versagt; sie hat nur für sich selbst gelebt, vielleicht ein erfülltes Leben, ganz sicher ein absurdes
"kein sinn" ist etwas anderes als "nicht mein sinn"
verstehst du das?
Treffendstes Beispiel einer Generation, die keinen Sinn vermitteln konnte, ist das dritte Reich. Nicht, weil sie es nicht versucht hätten, sondern weil ihre Ideale gescheitert sind. Danach war Kahlschlag, Stunde Null, eine ganze Generation, die den Sinn neu erfinden musste.
(08-11-2009, 21:44)petronius schrieb: aber reden wir mal nicht von mir oder der philosophie. reden wir von dir. du fragst viel - aber du mußt doch auch selbst was zu sagen, zu antworten haben
warum also würdest du als christ "Gebet und Bibelstudium empfehlen, um Sinn zu finden. Dinge von denen du sagen kannst, dass sie Sinn haben" ?
welchen sinn haben denn gebet und bibelstudium, welchen ergeben sie? auf welchem weg?
in der bibel z.b. findest du alles mögliche. auch schräges, und reichlich widersprüchliches. wie also und zu welchem sinn führt ihr studium, und warum soll das für einen jugendlichen der richtige weg sein?
Ich spalte auf. Erst der Sinn des Bibelstudiums, anschließend Sinn des Gebets.
Der Jugendliche wird nicht irgendwo geboren sondern in unserer abendländischen Kultur. Es gibt ein Werk, das die abendländische Geschichte und Kultur mehr beeinflusst hat als alles andere: die Bibel.
Das Verständnis der Bibel ist der Schlüssel zu Jahrhunderten unserer Kultur. Wer die Bibel kennt, hat die Wissensgrundlage um einen entscheidenden Teil unserer Kultur zu verstehen.
Vermitteln wir dieses Verständnis unseren Nachkommen nicht, so geht es verloren. Es liegt nicht in meinem Interesse, dass unsere Kultur verloren geht. Sie braucht nicht von jedem neu erfunden zu werden, nur beständig weiterentwickelt werden.
Ich hatte ja schon beschrieben, wie die Bedeutung des Individuums mit seiner Kultur zusammenhängt, dass es seine Bedeutung gar nicht außerhalb seiner Kultur finden kann. Gerade deshalb muss man ihm Kultur vermitteln, damit es sich selbst verstehen kann und Möglichkeiten zur Selbstentfaltung bekommt.
Das Gebet ist sinnvoll, weil es die Stellung des Betenden in der Welt, begreifen und ordnen kann. Es ist kein monologer Gedankengang sondern ein Dialog. Die eigene Bedürfnisse, Hoffnungen und Ängste auszudrücken und an eine Instanz heranzutragen, die schonungslos ehrlich und voller Liebe ist, hilft dabei entscheidend, weil die eigene Situation nicht separat betrachtet sondern mit einem äußeren Ideal verglichen wird. Erst der Vergleich öffnet die Möglichkeit Besonderheiten, Ungewöhnlichkeiten, Abweichungen zu erkennen. Gleichzeitig wird die Möglichkeit zum Selbstbetrug minimiert, weil es keinen Sinn macht jemanden zu belügen, der alles weiß.
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"Christ => Koran reicht nicht" ist etwas anderes als "Christ <=> Koran reicht nicht".
Die Umkehrung des Ersten ist "Koran reicht => nicht Christ"
Habe mich also mit Aussagen über Moslems eher zurück gehalten.
Ich wollte ja nur sagen, dass jemand der sich als Christ versteht und den Sinn des Lebens in "der heiligen Schrift" gefunden zu haben glaubt und dies auch an andere weitergeben möchte, nicht "die heilige Schrift" einer anderen Religion empfehlen wird. Selbst dann nicht, wenn er schon mal gehört hat, dass andere meinen den Sinn des Lebens in ebendieser gefunden zu haben.
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Ja, aber warum will er das unbedingt? Wieso kann er nicht akzeptieren, dass nicht alle denselben Sinn des Lebens haben und sie einfach mit seiner Mission in Ruhe lassen?
(08-11-2009, 21:19)zahira schrieb: Hatte nicht verstanden welches Reich Gottes aus der Bibel ich mir im erbitten soll.
Hatte nicht verstaden warum ich im Brot bitte aber nicht um Wasser.
Die Stelle mit der Vergebung hab ich früher weggelassen,weil ich manchen Leuten nicht vergeben konnte was sie mir angetan hatten und deshalb auch nicht auf Vergebung von Gott hoffen konnte.
Warum sollte Gott mich in Versuchung führen? Was macht das für einen Sinn.
Die Antworten auf diese Fragen hab ich damals nicht in der Bibel gefunden, obwohl ich sie mehrmals ganz gelesen hab.
Hat mich alles nur noch mehr verwirrt.
In so etwas sehe ich kein mangelndes Verständnis sondern Schutzfunktionen der Psyche.
"Hatte nicht verstanden welches Reich Gottes aus der Bibel ich mir im erbitten soll." - Das ist eine Entscheidungsschwierigkeit, die im Zusammenhang damit steht, dass du bereits einen intensiven Glauben hattest. Es bestand Druck, richtig beten zu müssen, für das richtige, für das Gute. Gleichzeitig warst du dir wohl noch unsicher, was du eigentlich willst, warst wahrscheinlich eine Person, die nicht oft im Vordergrund stand, und es nicht gewohnt war Forderungen zu stellen (stellen zu dürfen). Dementsprechend konntest du vor Gott nicht über deinen Schatten springen.
"Hatte nicht verstaden warum ich im Brot bitte aber nicht um Wasser." - Auch Ausdruck der Entscheidungsschwierigkeit.
"Die Stelle mit der Vergebung hab ich früher weggelassen,weil ich manchen Leuten nicht vergeben konnte was sie mir angetan hatten und deshalb auch nicht auf Vergebung von Gott hoffen konnte." - Jetzt sag nicht, dass diese Begebenheit, dass du die Stelle ausgelassen hast, dich nicht mit einem Kernproblem deines Glaubens und deiner Persönlichkeit konfrontiert hat und das jedesmal, wenn du gebetet hast.
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(09-11-2009, 13:52)Heinrich schrieb: Das Konzept des Sprachspiels ist nicht auf meinem Mist gewachsen. Es stammt aus der Philosophie Ludwig Wittgensteins
ich wüßte nicht, daß der "tractatus" die philosphie als spiel sieht
Zitat:Sprachspiel meint eben nicht bloß ein Wortspiel sondern die Situationsgebundenheit unseres Sprachgebrauchs
darauf muß an ja erst mal kommen
Zitat: (08-11-2009, 21:44)petronius schrieb: wobei geht es denn schon "grundsätzlich um Philosophie"?
In der Philosophie und nur da
eben. das vom fußball zu verlangen, ist also unsinnig
Zitat: (08-11-2009, 21:44)petronius schrieb: du kennst keinen fall, wo jemand freiwillig sich von "Volk, Familie, Gemeinde, Gott" trennt?
Keinen, in der diese Trennung ohne Sinnkrise einherging. Damit meine ich ja nicht, dass jemand erwachsen geworden ist und das Elternhaus verlässt um auf eigenen Füßen zu stehen, derjenige hält ja noch Kontakt zu seiner Familie. Ich meine eine vollständige Trennung, wie die, die vielleicht ein Kind im Sinn hat, das von zuhause wegläuft
in diesem fall wäre ja wohl die trennung folge der sinnkrise und nicht umgekehrt
Zitat:Sinn lässt sich teilen und mitteilen
nicht zwangsläufig. ich z.b. teile deinen sinn des lebens nicht
Zitat:Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Vermittlung von Sinn zu den höchsten Zielen der Erziehung gehört. So hoch, dass sie gesetzlich gesichert wird
was meinst du damit konkret?
Zitat:Daher verstehe ich die meisten Leute, die sagen, sie würden nichts bestimmtes mitteilen
wer sagt das denn?
ich z.b. habe sehr wohl gesagt, ich würde mitteilen, welche werte mir wichtig sind
Zitat:Treffendstes Beispiel einer Generation, die keinen Sinn vermitteln konnte, ist das dritte Reich
seltsam
meine eltern entstammen dieser generation, die im dritten reich gebotren wurde und aufgewachsen ist. sie haben mir eine ganze menge vermittelt, was mir bei meiner sinnfindung hilfreich war
Zitat:Nicht, weil sie es nicht versucht hätten, sondern weil ihre Ideale gescheitert sind. Danach war Kahlschlag, Stunde Null, eine ganze Generation, die den Sinn neu erfinden musste
hältst du derartige pauschalisierungen für besonders sinnvoll?
Ich spalte auf. Erst der Sinn des Bibelstudiums, anschließend Sinn des Gebets.
Zitat:Der Jugendliche wird nicht irgendwo geboren sondern in unserer abendländischen Kultur. Es gibt ein Werk, das die abendländische Geschichte und Kultur mehr beeinflusst hat als alles andere: die Bibel.
Das Verständnis der Bibel ist der Schlüssel zu Jahrhunderten unserer Kultur. Wer die Bibel kennt, hat die Wissensgrundlage um einen entscheidenden Teil unserer Kultur zu verstehen
das glaube ich nicht unbedingt. schon, weil die christliche kulturdominanz sich ja seltenst an der bibel ausgerichtet hat
Zitat:Vermitteln wir dieses Verständnis unseren Nachkommen nicht, so geht es verloren. Es liegt nicht in meinem Interesse, dass unsere Kultur verloren geht. Sie braucht nicht von jedem neu erfunden zu werden, nur beständig weiterentwickelt werden
Ich hatte ja schon beschrieben, wie die Bedeutung des Individuums mit seiner Kultur zusammenhängt, dass es seine Bedeutung gar nicht außerhalb seiner Kultur finden kann. Gerade deshalb muss man ihm Kultur vermitteln, damit es sich selbst verstehen kann und Möglichkeiten zur Selbstentfaltung bekommt
"Bedeutung" soll jetzt synonym für "sinn des lebens" sein?
Zitat:Das Gebet ist sinnvoll, weil es die Stellung des Betenden in der Welt, begreifen und ordnen kann
und wenn es das nicht tut?
Zitat:Es ist kein monologer Gedankengang sondern ein Dialog
nicht unbedingt - ich spreche aus erfahrung
Zitat:Die eigene Bedürfnisse, Hoffnungen und Ängste auszudrücken und an eine Instanz heranzutragen, die schonungslos ehrlich und voller Liebe ist
und das soll "gott" sein?
worin besteht denn diese "schonungslose ehrlichkeit"?
wenn ich dich recht verstanden habe, sollen sowohl die bibel als auch das gebet eine möglichkeit zur standortbestimmung des selbst sein. dazu können sie bestimmt dienen. nur kann man auch von einem ganz anderen standort ausgehen, um zu seinem eigenen zu gelangen, und wo man letztlich den eigenen standort bestimmt, hat nicht unbedingt damit zu tun, von wo man ausgegangen ist
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 09-11-2009, 14:34 von Manuel.)
(09-11-2009, 14:29)Romero schrieb: Ja, aber warum will er das unbedingt? Wieso kann er nicht akzeptieren, dass nicht alle denselben Sinn des Lebens haben und sie einfach mit seiner Mission in Ruhe lassen?
Wenn nach dem Weltbild der Glaube an die Dreieinigkeit mit zum Sinn des Lebens gehört, dann muss er das doch auch vertreten vor jemandem der ihm die Frage nach dem Sinn stellt. Er glaubt womöglich der Junge käme sonst in die Hölle. Und er wäre mit schuldig, dafür muss er doch bestimmt sühnen.
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(09-11-2009, 14:13)Heinrich schrieb: Es ist frustrierend, wenn man betet, aber Gott antwortet nicht. Es ist frustrierend, wenn man an Dinge glaubt, die faktisch anders waren.
So etwas meine ich, wenn ich sage, die Trennung von Gott führt zur Sinnkrise
ich hatte keine sinnkrise, nur weil die alternative "gott" abzuhaken war
Zitat:Ich weiß ja nicht ob du den christlichen Glauben nur nicht angenommen oder verloren hast
was ist der unterschied, bzw.: wie nimmt man einen glauben an?
Zitat:Das Nichtannehmen eines Glaubens nur insofern, dass es ja Ausdruck einer gescheiterten Sinnsuche ist: hier im Christentum nach Sinn gesucht aber keinen darin gefunden.
das hat mit scheitern nichts zu tun. zu wissen, wo man eben nicht mehr zu suchen braucht, ist auch wertvoll
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 09-11-2009, 15:25 von Romero.)
(09-11-2009, 14:33)Manuel schrieb: (09-11-2009, 14:29)Romero schrieb: Ja, aber warum will er das unbedingt? Wieso kann er nicht akzeptieren, dass nicht alle denselben Sinn des Lebens haben und sie einfach mit seiner Mission in Ruhe lassen?
Wenn nach dem Weltbild der Glaube an die Dreieinigkeit mit zum Sinn des Lebens gehört, dann muss er das doch auch vertreten vor jemandem der ihm die Frage nach dem Sinn stellt. Er glaubt womöglich der Junge käme sonst in die Hölle. Und er wäre mit schuldig, dafür muss er doch bestimmt sühnen.
Du behauptest aber doch nicht ernsthaft, dass Mission nur gegenüber jenen erfolgt(e), die nach dem Sinn des Lebens fragen? Allein schon das Konstrukt der Hölle ist doch besonders ekelerregend und sollte doch abstossend wirken. Warum fühlen sich Menschen zu der Idee eines solchen Gottes überhaupt hingezogen?
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(09-11-2009, 15:23)Romero schrieb: (09-11-2009, 14:33)Manuel schrieb: (09-11-2009, 14:29)Romero schrieb: Ja, aber warum will er das unbedingt? Wieso kann er nicht akzeptieren, dass nicht alle denselben Sinn des Lebens haben und sie einfach mit seiner Mission in Ruhe lassen?
Wenn nach dem Weltbild der Glaube an die Dreieinigkeit mit zum Sinn des Lebens gehört, dann muss er das doch auch vertreten vor jemandem der ihm die Frage nach dem Sinn stellt. Er glaubt womöglich der Junge käme sonst in die Hölle. Und er wäre mit schuldig, dafür muss er doch bestimmt sühnen.
Du behauptest aber doch nicht ernsthaft, dass Mission nur gegenüber jenen erfolgt(e), die nach dem Sinn des Lebens fragen?
Das liest Du bitte wo?
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Ich frage nach, aufgrund von: "dann muss er das doch auch vertreten vor jemandem der ihm die Frage nach dem Sinn stellt."
Meine ursprüngliche Frage bezog sich aber nicht auf diesen Jungen, sondern auf die Allgemeinheit (erkennbar daran, dass ich den Jungen gar nicht erwähnte, sondern "alle" schrieb). Deswegen frage ich nach, ob du das ernsthaft so gemeint habest, wie ich es verstand, nicht dass wieder Missverständnisse auftauchen.
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Auch mit dem Wort "alle" habe ich es auf die Situation mit dem Jugendlichen bezogen, für mich schien auch diese Interpretation sinnvoll.
Zurück zum Christ, der ich vielleicht wäre, wenn ich Christ wäre:
Seine Mission gehört nun mal zu seinem Lebenssinn dazu. Er möchte nicht, dass die anderen alle in Hölle kommen. Er möchte, dass allen die Liebe Gottes zuteil wird.
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