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Selbstbestrafung
#16
Ich möchte hier jetzt eigentlich keine allgemeine Diskussion über Selbstverletzung anfangen, sondern fragte nach wie vor nach Bibelstellen, die sich damit beschäftigen und danach, wie das Christentum Selbstverletzung und Kasteiung betrachtet.
Persönliche Meinungen sind zwar interessant, aber für mich gerade nicht relevant, denn dass es aus menschlicher Sicht betrachtet schlecht ist, sich Schmerzen aus Sühne zuzufügen weiß ich ja selbst.

Ich bin eigentlich auch davon ausgegangen, dass nur Gott oder ein Priester durch die Beichte "befugt" ist, Schuld zu erlassen und durch Gebet quasi "bezahlt" wird, da aber Mönche anscheinend Kasteiung als Selbstreinigung und Sündenbefreiung praktizierten wäre der biblische Zusammenhang interessant.
Gruß
Motte

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#17
(26-11-2009, 14:52)SchmetterMotte schrieb: Ich bin eigentlich auch davon ausgegangen, dass nur Gott oder ein Priester durch die Beichte "befugt" ist, Schuld zu erlassen und durch Gebet quasi "bezahlt" wird

da bist du aber irgendwo im katholizismus der renaissance stecken geblieben. gerade kürzlich zum buß- und bettag hat jemand im radio (zum nachhören: http://www.swr.de/swr2/programm/sendunge...index.html) auf das von luther geänderte verständnis von beichte und buße hingewiesen. jeder evangelische christ kann jedem anderen die beichte abnehmen und ihm in gottes namen vergebung zusagen. die sicherheit der vergebung durch gott ist geradezu fundamental, und sie ist eine gnade, wie erwiesen wird - sie kann nicht durch irgendwelche leistungen erkauft werden

(26-11-2009, 14:52)SchmetterMotte schrieb: da aber Mönche anscheinend Kasteiung als Selbstreinigung und Sündenbefreiung praktizierten wäre der biblische Zusammenhang interessant.

gerade die rkk ist weniger durch die bibel als durch die tradition geprägt
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#18
Also ist es nicht nötig, aber auch nicht ausgewiesen falsch...?
Gruß
Motte

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#19
(26-11-2009, 16:23)SchmetterMotte schrieb: Also ist es nicht nötig, aber auch nicht ausgewiesen falsch...?

nach luther ist es ausgewiesen falsch, sich durch irgendwelche sühneleistungen die vergebung gottes erkaufen zu können
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#20
Zitat:gerade die rkk ist weniger durch die bibel als durch die tradition geprägt

Schon wieder eine deiner Luftnummern?
Selbstbestrafung hat mit christlicher Religion nichts zu tun.

Gruß Dornbusch
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#21
(26-11-2009, 18:01)Dornbusch schrieb:
Zitat:gerade die rkk ist weniger durch die bibel als durch die tradition geprägt

Schon wieder eine deiner Luftnummern?

siehst du das denn anders?

dann bitte bring argumente anstatt beleidigungen

(26-11-2009, 18:01)Dornbusch schrieb: Selbstbestrafung hat mit christlicher Religion nichts zu tun

zum einen habe ich gar nichts dergleichen behauptet, zum anderen sind die historischen fakten einfach andere insofern, als selbstbestrafung im christentum eine große tradition hat
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#22
Hey, wenn ihr euch anpöbeln wollt, dann nicht in meinem Thema. Gerade dieses hier geht mir ganz schön an die Nieren, also Vorsicht bitte.

SVV an sich hat nichts mit dem Glauben zutun, außer man macht es dazu und versteht es als eine persönliche Form der Buße weil Vergebung der betreffenden Person für einen selbst nicht ausreicht,. Dann ist es durchaus religiös. Aber mir ging es wie gesagt um die Grundlagen im Christentum und der Bibel.
Gruß
Motte

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#23
(26-11-2009, 18:13)SchmetterMotte schrieb: Hey, wenn ihr euch anpöbeln wollt, dann nicht in meinem Thema. Gerade dieses hier geht mir ganz schön an die Nieren, also Vorsicht bitte.

SVV an sich hat nichts mit dem Glauben zutun, außer man macht es dazu und versteht es als eine persönliche Form der Buße weil Vergebung der betreffenden Person für einen selbst nicht ausreicht,. Dann ist es durchaus religiös. Aber mir ging es wie gesagt um die Grundlagen im Christentum und der Bibel.

ich denke auch, wir sollten hier klar differenzieren zwischen einem klinischen bild der selbstverletzung und kulturellen traditionen der reue und buße. überschneidungen sind individuell natürlich möglich, ob sie strukturell bedingt sind, ist schon wieder eine andere frage. auf jeden fall ist die betrachtungsweise jeweils eine andere und daher eine bewertung des einen nach den kriterien des anderen nicht sinnvoll

die grundlagen des christlichen flagellantentums in allen bis in die harmlosigkeit zerfasernden varianten scheinen mir eher traditionell bedingt als aus der bibel ableitbar
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
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#24
Als freiwillige Bußleistung ist die Selbstgeißelung erstmals für den hl. Pardulf (gest. 737) belegt. In frühmittelalterlichen Bußbüchern wird die Selbstgeißelung als teilweiser Ersatz für lange Fastenzeiten anerkannt.

Exzessiv betrieb Petrus Damiani (gest. 1072) die Selbstgeißelung. Er sorgte durch "Vorbildwirkung" für Verbreitung dieser Art von Bußübung.
Obwohl diese Art der Askese auch kritisiert wurde (zB von Heinrich Seuse), setzte sie sich nach und nach bei allen Orden als anerkannte Bußübung durch. Das blieb sie bis ins 20.Jh.

In der Mitte des 13. Jh wurde das gemeinsame, öffentliche Selbstgeißeln (von Laien), das Flagellantentum, zur Massenbewegung. Grund dafür war eine durch Auftreten von Pest und ökonomischen Krisen bestärkte Endzeiterwartung.

Von Perugia ausgehend breitete sich die Geißler-Bewegung in Mittel- und Oberitalien aus (vorerst ohne erkennbare Organisationsformen zu entwickeln). Ab etwa 1260 ist ein Massenauftreten von Geißlern auch in Mittel- und Osteuropa nachweisbar. Ende des 13. Jh begannen sich die Geißler in Laienbruderschaften zu organisieren, danach erhielten sie Zulauf aus allen Bevölkerungsschichten. Vielfach wurde von Geißlern auch behauptet, einen "Himmelsbrief" zu besitzen, der die nahe Endzeit ankündigt.

Ihre Forderungen nach Laienpredigt und Laienbeichte, Endzeitpredigten und die Kritik an kirchlichen Strukturen brachten sie mit der Amtskirche in Konflikt. Das führte dazu, dass die Geißler-Bewegung von Papst Klemens VI. im Oktober 1349 verboten wurde. Obwohl auch die deutschen Fürsten repressiv gegen sie vorgingen, ließ sich die Bewegung vorerst nicht vollends unterdrücken. Insbesondere im Zusammenhang mit Pestepidemien fanden sich bis ins 15. Jh immer wieder spontan Prozessionen zusammen.

Auf dem Konzil von Konstanz wurde die Geißler-Bewegung schließlich als häretisch verurteilt.

MfG B.
MfG B.
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#25
Danke, das war u.a. die Info die ich wollte :)
Gruß
Motte

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#26
Selbstbestrafung kann verschiedene Funktionen haben. Zwei davon möchte ich beschreiben und auf den christlichen Glauben anwenden:

1.) Das Herbeiführen eines aversiven Stimulus (Strafe im allgemeinen Verständnis)
2.) Ausgleich einer narzisstischen Kränkung (Selbsterhöhung)


1.) Der Sichselbstbestrafende versucht einem unangenehmen Zustand der Schuld zu entgehen indem er sich selbst einen weniger schlimmen aversiven Stimulus beifügt. Schuld ist eine komplexe individuelle und soziale Thematik, die ein Leben in unserer Gesellschaft noch immer stark einschränken kann. Der weniger drastische aversive Stimulus sollte nicht unterschätzt werden, da er bis hin zum Suizid gehen kann.
Hier hinter steckt die Annahme, der Mensch versuche stets den angenehmsten Zustand herbeizuführen und könne mit Belohnung und Bestrafung zum gesellschaftlich angemessenen Verhalten geführt werden.
Ein Beispiel aus der Bibel wäre sicherlich der Selbstmord Judas, der mit der Schuld seines Verrats nicht mehr leben konnte.

2.) Als gesellschaftliches Wesen sind wir auf Bestätigung von außen angewiesen. Allein fühlen wir uns schnell wertlos. Bleiben solche Bestätigungen in den wichtigsten Bezugsgebieten aus (Gesellschaft, Beruf, Liebe), muss sich der einzelne selbst wieder erbauen (auch das kann bis zum Selbstmord gehen).
Hierzu taugt die Selbstkasteiung wie jedwede Autoaggression. Selbstbestrafende Fantasien zum Ausgleich des Minderwertigkeitsgefühls mögen auf den ersten Blick grotesk erscheinen. Zieht man jedoch Beispiele heran, sieht man, dass es sich teilweise um tagtägliche Gedanken handelt. Sei es ein Sportler, der über die Schmerzgrenze hinaustrainiert und sich damit das Gefühl der Selbstkontrolle, der Macht, sichern kann. Sei es eine Magersüchtige, die durch Hungern ihre Scham zu kontrollieren versucht. Sei es letztlich auch die Art und Weise wie das Ertragen von Gewalt in religiösen Texten glorifiziert wird: Geißelung und Kreuzigung Jesu mit anschließender Auferstehung stellen ein unfassbar prominentes Beispiel dar.
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