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Der jesuitische Papst - Sinai - 16-08-2023 Christentum und Theologie › Gegensätze in der Katholischen Kirche > Beitrag #183 (14-08-2023, 18:35)Sinai schrieb: Beitrag #85 "Jesuiten verpflichten sich nach der Weisung ihres Ordensgründers am Tag ihrer Letzten Gelübde auch, kein Bischofsamt anzustreben." Jesuiten - Wikipedia Kann dann ein Jesuit Bischof von Rom werden? Allerdings sind Jesuiten hoch gebildet, viele haben ein Doppelstudium: "Zahlreiche Jesuiten haben außer dem Philosophie- und Theologiestudium noch ein Vollstudium in einem anderen Hauptfach absolviert, zum Beispiel in einer sprach-, literatur- oder religionswissenschaftlichen Disziplin, in Medizin oder einer der Naturwissenschaften." Jesuiten - Wikipedia Gerade bei Theologen könnte es sehr interessant sein, wenn diese über den Tellerrand ihrer eigenen Disziplin blicken und Mediziner oder Naturwissenschaftler sind RE: Der jesuitische Papst - Reklov - 16-08-2023 (16-08-2023, 10:59)Sinai schrieb: Christentum und Theologie › Gegensätze in der Katholischen Kirche > Beitrag #183 Hallo Sinai, ... gerade die Personen, welche in der Lage sind, "über den Tellerrand ihrer eigenen Disziplin zu blicken", schauen auf die Bühne der christl. "Theateraufführungen" mit Skepsis, mit welchem Thema sie sich auch immer wissenschaftlich beschäftigen mögen... ![]() Im Deutschen Reich wurden die Jesuiten (ab 1872) als Reichsfeinde verfolgt. Innerkirchlich wurde der Orden in den letzten Jahrzehnten zurückgedrängt, weil er sich für eine politisch offensive Armutsbekämpfung einsetzte. Münzt man das Wort "Reichsfeinde" in "Feinde der Reichen" um, versteht man die Arroganz der Reichen gegenüber den Mittellosen - wie sie sich ja bis heute auf dem Roten Teppich präsentiert! ![]() Gruß von Reklov RE: Der jesuitische Papst - Sinai - 16-08-2023 (16-08-2023, 13:00)Reklov schrieb: Hallo Sinai, Hallo Reklov - Vielen Dank für die interessanten Antworten! Ja, das mit der Skepsis des Arztes oder Naturwissenschaftlers ist sicherlich für viele 'Bewahrer' und 'Veränderer' in der Katholischen Kirche ein bedeutendes Thema. Ich persönlich bin von Leuten mit Doppelstudium nicht begeistert. Unlängst sah ich das Türschild eines Zahnarztes: Dr. Dr. Meine neugierige Nachfrage ergab, dass er Zahnarzt und promovierter Theaterwissenschaftler ist! Ein Hansdampf in allen Gassen? Wenn jemand Mediziner mit Leib und Seele ist, macht er kein Zweitstudium, ja vielleicht ein paar Semester locker daneben - aber ein Doktorat ? Das kann Gründe haben: der Herr Papa - ebenfalls Zahnarzt - will den Jungen noch von der Privatordination fernhalten . . . (16-08-2023, 13:00)Reklov schrieb: Im Deutschen Reich wurden die Jesuiten (ab 1872) als Reichsfeinde verfolgt. Das ist insofern nachvollziehbar, da das Deutsche Reich einen protestantischen Kaiser und einen protestantischen Reichskanzler Bismarck hatte. Aber die Jesuiten wurden aus erzkatholischen Königreichen vertrieben! Königreich Portugal 1759 Königreich Frankreich 1764 Königreich Spanien 1767 Kirchenweite Aufhebung des Ordens der Jesuiten durch Papst Clemens XIV 1773 Quelle: Jesuiten - Wikipedia (16-08-2023, 13:00)Reklov schrieb: Innerkirchlich wurde der Orden in den letzten Jahrzehnten zurückgedrängt, weil er sich für eine politisch offensive Armutsbekämpfung einsetzte. Ich denke, jeder ethisch wertvolle Mensch ist ein "Feind der Reichen" Ich bin es auch. Ich könnte damit leben, wenn allen die reicher sind als ich, alles über meinen Besitz hinausgehende weggenommen wird ![]() In Indien ist jemand reich, wenn er ein zehn Jahre altes 150 ccm Motorrad besitzt und ein eigenes Häuschen mit 40 Quadratmetern Wohnfläche und 50 Quadratmetern Garten - aber es gibt auch Inder, die haben einen zwei Jahre alten 3 Liter Sechszylinder Mercedes und eine Villa mit 300 Quadratmetern und 1000 Quadratmeter Garten RE: Der jesuitische Papst - Sinai - 16-08-2023 Wie ist "Reichtum" definiert ?? Ein deutscher Hilfsarbeiter der Müllabfuhr hat etwa 1200 Euro netto Monatsgehalt Für einen amerikanischen Erdnussfarmer wie Jimmy Carter ist das ein Bettler - für einen vietnamesischen Arbeiter auf dem Reisfeld ist das ein reicher Mann! RE: Der jesuitische Papst - petronius - 17-08-2023 (16-08-2023, 20:48)Sinai schrieb: Wie ist "Reichtum" definiert ?? ich glaube, man muß eine neue rubrik "selbstgespräche" einführen RE: Der jesuitische Papst - Sinai - 17-08-2023 Beitrag #2 (16-08-2023, 13:00)Reklov schrieb: Innerkirchlich wurde der Orden in den letzten Jahrzehnten zurückgedrängt, weil er sich für eine politisch offensive Armutsbekämpfung einsetzte. Stimmt das wirklich? Gibt es dazu belastbare Quellen? Vor 400 Jahren gab es das jesuitische Experiment der 'Reduktionen' für Indios in Südamerika War sicher eine gute Idee und gut gemeint. Die Indios wurden bewaffnet (Steinschlossgewehre), um sich gegen Sklavenjäger zur Wehr zu setzen. Leider verwendeten aber einige Sippen die Waffen anscheinend auch offensiv, wurden selber Räuber? Dies kann man heute nicht mehr ermitteln Die Jesuiten wurden zur Verantwortung gezogen und verboten Wie dem auch sei - heute setzen sich die Jesuiten nicht merklich und wirksam für eine politisch offensive Armutsbekämpfung ein Und was würde "Armutsbekämpfung" bedeuten? Armut kann man nicht "bekämpfen", man muss den Armen Wohnungen, Essen, kostenlose Krankenversicherung, kostenlose Schulbildung geben RE: Der jesuitische Papst - Sinai - 17-08-2023 Oder geht das in Richtung Befreiungstheologie ? RE: Der jesuitische Papst - Ekkard - 18-08-2023 (17-08-2023, 22:40)Sinai schrieb: ... - heute setzen sich die Jesuiten nicht merklich und wirksam für eine politisch offensive Armutsbekämpfung einWeiß ich nicht, aber Papst Franziskus verlangt Bekämpfung der Armut. (17-08-2023, 22:40)Sinai schrieb: Armut kann man nicht "bekämpfen", man muss den Armen Wohnungen, Essen, kostenlose Krankenversicherung, kostenlose Schulbildung gebenDoch, "man" kann Armut bekämpfen, aber das ist extrem kompliziert, weil es keine einfachen Ursachen gibt. Ein einzelner Mensch, nur mit seinen ureigenen Fähigkeiten kann nur arm sein. Denn die Ressourcen sind derart begrenzt, dass praktisch nur "das Hungertuch" bleibt. Deshalb bleibt nur Inverstition entweder in Sach- oder (gesellschaftliche) Personalmittel, um Ressourcen zu erschließen (z. B. Landwirtschaft, Bauen, Maschinen, Energie, Kultur). Üblicherweise beginnt diese Investition in den Bildungseinrichtungen, beim Elternhaus angefangen. Es ist also festzustellen, dass Erziehung und (Aus-)Bildung frühzeitig an die genannte Investition heranführt. Bekanntlich dauert das rund 1/3 eines Menschenlebens. Und dann ist Mitarbeiten angesagt. Es nützt gar nichts, von der Mehrheitsgesellschaft kostenlose Alimentation (Essen, Wohnen, Gesundheitsvorsorge) zu verlangen ohne entsprechende Befähigung zum Selbermachen. (17-08-2023, 22:51)Sinai schrieb: Oder geht das in Richtung Befreiungstheologie ?Warum nicht, wenn Ressourcen - insbesondere Bildung - bewusst vorenthalten werden. RE: Der jesuitische Papst - Sinai - 18-08-2023 (18-08-2023, 21:03)Ekkard schrieb: . . . bleibt nur Inverstition entweder in Sach- oder (gesellschaftliche) Personalmittel, um Ressourcen zu erschließen (z. B. Landwirtschaft, Bauen, Maschinen, Energie, Kultur). Üblicherweise beginnt diese Investition in den Bildungseinrichtungen, beim Elternhaus angefangen. Ich bin ganz Deiner Meinung. Investitionen sind erforderlich (eine moderne, am Weltmarkt konkurrenzfähige Landwirtschaft, Bauen, Maschinen, Energie*, Schulwesen) Das mit der modernen Landwirtschaft ist ein sensibles Thema, da kommt man rasch in unerwünsche Bereiche: Genmanipulation, Pestizide, Unkrautsalz, Kunstdünger, Tierleid, Monokultur *) Atomenergie erlaubt? Das mit dem Tierleid kann der Papst leicht abtun, denn die Bibel sagt ja "Wachset und vermehret euch und macht euch die Erde Untertan" Am schwierigsten wird jedoch die "Investition in Humankapital" (Bildungswesen) sein, da extrem langfristig wie Du ja sehr richtig feststelltest Da muss man erst die Lehrer heranzüchten, was wohl 20 Jahre dauert (6 bis 26) und erst dann können diese Lehrer die Kinder und Jugendlichen bilden und ausbilden. Dauert nochmals 20 Jahre RE: Der jesuitische Papst - petronius - 19-08-2023 (18-08-2023, 22:37)Sinai schrieb:(18-08-2023, 21:03)Ekkard schrieb: . . . bleibt nur Inverstition entweder in Sach- oder (gesellschaftliche) Personalmittel, um Ressourcen zu erschließen (z. B. Landwirtschaft, Bauen, Maschinen, Energie, Kultur). Üblicherweise beginnt diese Investition in den Bildungseinrichtungen, beim Elternhaus angefangen. eben nicht. alle technokratischen lösungen führen nur zur gewinnmaximierung von großkonzernen, während die armen weiter ausgebeutet werden. was es neben bildung erst mal braucht, sind: - verbesserung bäuerlicher subsistenzwirtschaft (integrierter landbau, bewässerung, fruchtfolge, sinnvolle viehhaltung) bis zur erzielung von überschüssen für den lokalen markt - anweisungen zur selbsthilfe beim bauen mit lokalen ressourcen, nicht hinklotzen von betontürmen - keine komplizierten maschinen, die zur wartung/reparatur externe fachkräfte bzw. teure ersatzteile und betriebsmittel erfordern - dezentrale energieerzeugung (z.b. pv) und vor allem -einsparung: solarkocher statt offenes holzkohlenfeuer, pv-strom statt dieselgeneratoren. keine riesenstaudämmeoder gar akw Zitat:Das mit der modernen Landwirtschaft ist ein sensibles Thema, da kommt man rasch in unerwünsche Bereiche: Genmanipulation, Pestizide, Unkrautsalz, Kunstdünger, Tierleid, Monokultur genau das ist eben der falsche weg, den du aber mit "am Weltmarkt konkurrenzfähig" herbeibeschwörst Zitat:Da muss man erst die Lehrer heranzüchten, was wohl 20 Jahre dauert (6 bis 26) und erst dann können diese Lehrer die Kinder und Jugendlichen bilden und ausbilden. Dauert nochmals 20 Jahre die lehrer gibt es meist durchaus schon. sie werden aber nicht eingestellt und wenn, dann nicht oder zu wenig bezahlt es geht um hilfe zur selbsthilfe, empowerment statt kolonialistischen gutmenschentums RE: Der jesuitische Papst - Sinai - 19-08-2023 (19-08-2023, 18:43)petronius schrieb:(18-08-2023, 22:37)Sinai schrieb:(18-08-2023, 21:03)Ekkard schrieb: . . . bleibt nur Inverstition entweder in Sach- oder (gesellschaftliche) Personalmittel, um Ressourcen zu erschließen (z. B. Landwirtschaft, Bauen, Maschinen, Energie, Kultur). Üblicherweise beginnt diese Investition in den Bildungseinrichtungen, beim Elternhaus angefangen. Ich bin trotzdem der Meinung von Ekkard. Es muss ja einmal ein Anfang gemacht werden, und den sollte man nicht durch Nebenbedingungen behindern. Man kann nicht alles auf einmal machen. Klar wäre eine Landwirtschaft ohne Kunstdünger und Unkrautsalz schön, aber das kann sich nur eine entwickelte Landwirtschaft leisten. Und die internationalen Großkonzerne kann man ja durch Importverbote von Traktoren, Mähdreschern und anderen landwirtschaftlichen Maschinen draußen halten und so den Aufbau einer heimischen Industrie ermöglichen (19-08-2023, 18:43)petronius schrieb: es geht um hilfe zur selbsthilfe, empowerment statt kolonialistischen gutmenschentums Klar soll kolonialistisches Denken - so heute überhaupt noch vorhanden - verhindert werden. Damit wäre den Armen in Südamerika und Nordafrika und Südafrika und Südostasien wenig gedient (18-08-2023, 21:03)Ekkard schrieb:(17-08-2023, 22:51)Sinai schrieb: Oder geht das in Richtung Befreiungstheologie ?Warum nicht, wenn Ressourcen - insbesondere Bildung - bewusst vorenthalten werden. Beim Thema "Befreiungstheologie" ist die Rolle der röm. kath. Kirche aber zwiespältig: ". . . stellte sich ein wachsender Teil von Christengemeinden und Kirchenvertretern auf die Seite der um Befreiung ringenden Bevölkerung. Die Rolle der Kirche blieb jedoch zwiespältig: Ein Teil der kirchlichen Hierarchie stand stets eng an der Seite der jeweiligen Machthaber – auch im Fall von oligarchisch geprägten, vom Militär gestützten autoritären Regimen oder Militärdiktaturen – solange diese sich christlich und antikommunistisch beziehungsweise konservativ gaben, was in Lateinamerika fast durchweg der Fall war. Ein anderer Teil der Kirche entwickelte jedoch aus den konkreten täglichen Erfahrungen mit Unterdrückung, Folter, Polizeistaat, Rechtlosigkeit und Elend heraus eine neue und umfassende Solidarität mit den armen Bevölkerungsmehrheiten, was zwangsläufig auch Kritik an den Besitz- und Herrschaftsverhältnissen bedeutete." Befreiungstheologie - Wikipedia Ich denke, hier sind sehr viele Unklarheiten. Wahrscheinlich auch absichtlich. Da versteht jeder was anderes unter dem Schlagwort "Befreiungstheologie" RE: Der jesuitische Papst - Ekkard - 19-08-2023 Ich hatte gar nicht so sehr an technische Lösungen gedacht. Das war von mir wahrscheinlich zu allgemein als "Investition" formuliert. Was 'petronius' alles aufgezählt hat, ist eben auch "Investition" in ganz bestimmte Kulturleistungen tatsächlich sehr lokaler Natur. Worauf ich hinauswollte: Ohne jene Investitionen bleibt der Mensch (sehr) arm. RE: Der jesuitische Papst - Sinai - 19-08-2023 (19-08-2023, 22:00)Ekkard schrieb: Worauf ich hinauswollte: Ohne jene Investitionen bleibt der Mensch (sehr) arm. Ja, das ist auch meine Meinung. Es braucht Investitionen Und die fallen nicht vom Himmel; wenn eine Gesellschaft sie will, muss sie diese entweder selbst tätigen, oder ein Klima schaffen wo ausländische Investoren 'angelockt' werden. a1) Staatliche Kommandowirtschaft a2) Inländische Reiche privilegieren b) Die Idee der NÖP schlug fehl c) Nun sind wir bei der Kirche angelangt - dies ist ein neues Experiment, zumindest ist es noch nicht fehlgeschlagen ___________________________________________________________________________________________ Die Kirche hat so viele Immobilien. Ein einziges 5-stöckiges Wohnhaus in zentraler Lage in Rom mit je 3 Wohnungen pro Stockwerk (à 1,5 Mio Euro*) ist 22 Millionen Euro wert. 20 solcher Häuser sind 440 Millionen Euro wert. Ein Klacks für die Kirche. Den Verlust von 20 Immobilien spürt sie nicht mal. Und um 440 Millionen Euro kann man in Südamerika prima ein Traktorenwerk errichten! Für Traktoren und Mähdrescher Und so ein Nucleus - natürlich unter katholischer Fabriksleitung - könnte gewaltige Wirkung auf ganz Lateinamerika haben! *) Ja, so teuer sind Wohnungen bereits! RE: Der jesuitische Papst - Ekkard - 19-08-2023 Ich halte das, was 'petronius' in Beitrag #10 als Entwicklungshilfe aufgezählt hat, für wesentlicher. RE: Der jesuitische Papst - Sinai - 19-08-2023 (19-08-2023, 22:26)Ekkard schrieb: Ich halte das, was 'petronius' in Beitrag #10 als Entwicklungshilfe aufgezählt hat, für wesentlicher. Ich würde jedenfalls empfehlen, eine "unabhängige" (schwer zu finden) Beratungsgesellschaft zu finden und zu beauftragen, eine feasibility study zu erstellen ! Der jesuitische Papst (Thema dieses Threads) steht nun wohl vor der schwierigen Aufgabe, eine unabhängige Beratungsgesellschaft zu finden. Und soll die Beratungsgesellschaft wirklich unabhängig sein? Soll sie nicht katholisch geleitet sein? Fragen über Fragen Wäre ich Papst, würde ich wahrscheinlich zwei Beratungsgesellschaften suchen und beauftragen, ohne dass die eine von der Existenz der anderen weiß. Eine "unabhängige" - was auch immer das heißen mag - und eine katholische. Und dann die Ergebnisse und die darauf aufbauenden Empfehlungen vergleichen. Kostet zwar doppelt, aber sicher ist sicher |