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Unendlichkeit und Dualismus - Druckversion

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RE: Unendlichkeit und Dualismus - Bion - 19-03-2008

Ekkard schrieb:Auch diese Vorgänge sind begrenzt. Sie mögen sehr viel länger andauern als unser lokales System, doch sie enden entweder in einem großen Kollaps (big crunch) oder in einem Gleichgewichtszustand extremer Verdünnung. Der "big crunch" tritt ein, sollte unser Universum eine bestimmte kritische Masse überschreiten. Die "extreme Verdünnung" tritt auf, wenn diese kritische Masse unterschritten wird.

Spekulationen gehen dahin, dass hinreichend isolierte Teilchen einfach aufhören zu existieren, und das sind mit der Zeit alle.

Deinen Beitrag habe ich mit Interesse gelesen.

Meine Frage: Kennst Du Lee Smolins Variante der Multiversumtheorie (The Life of the Cosmos)? Wenn ja, wie beurteilst Du seine Ideen?

MfG Epicharm


RE: Unendlichkeit und Dualismus - Melmoth - 19-03-2008

t.logemann schrieb:"Die Welt" im Sinne von "der Planet Erde, die Sonne" sind so natürlich nicht unendlich - wenn wir aber mal davon ausgehen, dass selbst die irgendwann eintretende Nova, die die Erde samt aller Planeten im Sonnensystem verschlingt, im Prinzip nicht anderes als das Aufsaugen von Materie und deren Umwandlung in Energie ist (wobei auch wieder ettliche Teilchen der Materie durch den Explosionsdruck freigesetzt werden und sich "anderswo" wieder zu Planeten und Sonnensystemen zusammenballen können), dann existiert schon eine "physikalische Unendlichkeit"; ein andauerndes Entstehen und Vergehen nämlich.

Dem wollte ich mich eigentlich anschließen und auf jeden Fall "Welt" niemals nur als Erde (gegebenenfalls mit nährer Umgebung) verstanden wissen, sondern in genau der Weise, die t.logemann hier beschreibt.
Das hier allerdings ist interessant:

Ekkard schrieb:Spekulationen gehen dahin, dass hinreichend isolierte Teilchen einfach aufhören zu existieren, und das sind mit der Zeit alle.
Erläuterung:
Zur Existenz von Teilchen ist der so genannte Massehintergrund = Sterne, Galaxien, Gase oder Stäube in hinreichender Nähe erforderlich. Anderenfalls verlieren sie sich im quantenphysikalisch fluktuierenden Vakuum.


Auch auf die Gefahr hin, als ziemlich blöd zu gelten: Das höre ich gerade zum ersten mal. Nun hoffe ich zwar, in der Uni eh bald die Gelegenheit zu haben, mich in Sachen Physik mal auf einen neueren Stand zu bringen (schulischer Physikunterricht mag bei mir zwar erst kurz zurück liegen, ist aber als Grundlage einfach erbärmlich), trotzdem muss ich da jetzt mal nachfragen: Wie kommt man darauf? Und wie sicher ist man sich da? Ich kenne halt wirklich noch die feste Überzeugung, dass nichts wirklich aufhören kann zu existieren, dementsprechend überrascht bin ich. Mag ja sein, dass das, was ich da noch gelernt habe, ein Irrtum war, aber da im Vakuum nicht grundsätzlich die Dinge aufhören zu existieren, versteh ich nicht, warum es auf die Entfernung anderer Teilchen ankommt...?


RE: Unendlichkeit und Dualismus - Ekkard - 19-03-2008

Epicharm schrieb:Kennst Du Lee Smolins Variante der Multiversumtheorie (The Life of the Cosmos)? Wenn ja, wie beurteilst Du seine Ideen?
Ja, ich kenne Lee Smolin: "Warum gibt es die Welt / Die Evolution des Kosmos". Es handelt sich um die Ausweitung einer in der Kosmologie diskutierten These der Vielweltentheorie. Smolins Überlegung geht dahin, dass die Materie, die hinter dem Ereignishorizont Schwarzer Löcher verschwindet, als Big Bang einer neuen Welt wieder erscheint. Unsere Welt befindet sich danach ebenfalls im Schwarzen Loch eines (vielleicht auch noch existierenden) Vorläufers.
Man muss nur aufpassen: Es gibt ganz unterschiedliche Vielwelten-Hypothesen. Die einfachste Hypothese sagt: Wenn ein quantenphysikalisches, also Mikro-Teilchen bei einer Messung eine Entscheidung trifft, dann teilt sich die Welt. In der einen gilt die Entscheidung, die wir gemessen haben, in der anderen die Alternative.

Was Smolin beschreibt, ist jedoch von anderer Art. Dort stellen die Schwarzen Löcher der einen die Geburt anderer Welten dar. Es entstehen also nicht viele Welten gewissermaßen vor unserer Nase wie bei Quantenprozessen, die dauernd in unmittelbarer Nähe ablaufen.

Weitere Hypothesen sind: Unsere Welt besteht aus "Branen" (je nach Zählung 3-dimensionale Räume, eingebettet in Räume mit 4 bis 25 Dimensionen ohne Zeitdimension), die alle koexistieren und sogar zusammenstoßen können. Alle diese Hypothesen werden untersucht, um Messergebnisse im Großen (Weltall) und im Kleinen (in der Subnuklear-Physik) zu erklären. Viele werden nicht überleben, aber einige doch. Die Welt bleibt spannend - auch wenn Pessimisten meinen, demnächst die Theorie von allem zu erfinden und bereits damit bereits das Ende der Physik sehen wollen.


RE: Unendlichkeit und Dualismus - Ekkard - 19-03-2008

Zur These, dass vereinzelte Teilchen verschwinden:
Melmoth schrieb:Wie kommt man darauf?
Tja, wie kommt man darauf? Es handelt sich, wie ich schrieb um eine Spekulation. Es gibt zwei Argumente:
1. die allgemeine Relativität:
Warum hält ein Kreisel seine Richtung im Raum bei? Dies liegt an der Relativität zu großen Massen im fernen Hintergrund, also an einer wenn auch geringen Wirkung der Massen aufeinander. Die Frage ist: Wenn der Hintergrund immer weiter weg rückt (Verdünnung), was dann?
2. die Vakuumfluktuationen
Was wir gemeinhin als "Nichts" (Vakuum) ansehen, ist in Wahrheit ein massives Rauschen von entstehenden und vergehenden Teilchen (Quanten aller Art, auch sehr massive). Was passiert ohne die Stütze des fernen Massehintergrundes? Gehen dann die verbliebenen Teilchen im Rauschen dieses Nichts unter? (, was mit einem Verschwinden identisch wäre).
Wenn man über die Antworten nachdenkt, dann kann man die These wagen: Bei hinreichender Massen- oder Strahlungsverdünnung ist der Rest unserer Welt dann nicht mehr vom Vakuum zu unterscheiden, also verschwunden.
Melmoth schrieb:wie sicher ist man sich da? Ich kenne halt wirklich noch die feste Überzeugung, dass nichts wirklich aufhören kann zu existieren, dementsprechend überrascht bin ich. Mag ja sein, dass das, was ich da noch gelernt habe, ein Irrtum war, aber da im Vakuum nicht grundsätzlich die Dinge aufhören zu existieren, versteh ich nicht, warum es auf die Entfernung anderer Teilchen ankommt...?
Woran Du denkst sind die Erhaltungssätze. Die gelten, weil auch dem Vakuum eine wohlbestimmte Energie zukommt - eben das o. g. Rauschen. Nur nutzen kann man diese Energie nicht. Es gibt keine Senke, wohin die Energie fließen könnte.
Noch anders: Innerhalb einem riesigen ca. 8°C warmen Ozeans kann ich keine Wärmekraftmaschine betreiben. Die 8° nützen nichts, solange ich z. B. den derzeitigen Weltraum mit seinen -270° nicht zu Hilfe nehmen kann.
In diesem Sinne ist auch ein Stern, ein Teilchen, kurz: jedes physikalische Objekt eine "Wärmekraftmaschine". Die Austauschenergie, die uns die Anwesenheit (die Existenz) eines Teilchens verkündet, ist ein "Kraftakt" dieser Maschine. Wenn die Teilchen dem Vakuum zu ähnlich werden, fehlen die Senken für jene "Kraftakte".

Man muss sich vorstellen, dass in dieser Situation auch der Schwerkraft-Austausch aufhört. Das bedeutet für eine (sehr sehr lange) Übergangszeit dass Massenansammlungen explodieren. Natürlich bilden sie dann wieder lokale Welten. Aber am Ende verdampfen auch diese! (Mir kommt es nicht darauf an, ob dabei 10 hoch 89 oder 10 hoch 95 Jahre vergehen! Unendlich ist beides nicht.)


RE: Unendlichkeit und Dualismus - Bion - 20-03-2008

Ekkard schrieb:Was Smolin beschreibt, ist jedoch von anderer Art. Dort stellen die Schwarzen Löcher der einen die Geburt anderer Welten dar. Es entstehen also nicht viele Welten gewissermaßen vor unserer Nase wie bei Quantenprozessen, die dauernd in unmittelbarer Nähe ablaufen.

Vielen Dank für Deine Antwort.

Was mich fasziniert, ist die Idee Smolins, dass Tochteruniversen aus Elternuniversen geboren werden, quasi durch Crunch und Bang in schwarzen Löchern (wenn ich das richtig verstanden haben), und dass die Tochteruniversen mit den (marginal mutierten) grundlegenden Konstanten der Elternuniversen ausgestattet sind. Ich kann das alles zwar nicht wirklich fassen; aber es gefällt mir, weil es ein bisschen an Darwin erinnert.

MfG Epicharm


RE: Unendlichkeit und Dualismus - WiTaimre - 20-03-2008

Zitat:Ekkard: Es gibt keine Senke, wohin die Energie fließen könnte.
- hi :)
Kann es sein, dass Du das meinst, was ich als "Gefaelle" bezeichne?
Im chinesischen 5-Wandler-Stern der "8-Elemente" machen sie es zur Veranschaulichung eines verbreiteten Prinzips, wie Natur der Dinge funktioniert, so:
Sie zerlegen etwas wie z.B.1 Atemvorgang in 8 Stadien, unterteilt in
1.Eingeatmet-Haben, kurze "Saettigung und Verteilung des daraus Nutzbaren zum Bestand"
5.Antrieb-Neustart nach dem Ausgeatmet haben.
2.-4. und 6.-8. sind beobachtbare Verlaufsstufen, jeweils gepaart.
Danach wiederholt sich zwar aeusserlich und oberflaechlich betrachtet der Vorgang der Atmung, aber es ist eine Spirale, die im Leben zuerst den Vital-Bestand aufbaut und dann wieder abbaut. Krankheiten koennen so auch sehr viel genauer erfasst werden, was aus der Runde mal nicht funktioniert.
Von 1.-5. sind es fuer alle 8 Stadien jeweils nur 5 Schritte vom Ding-selbst zu seinem exaktesten Gegenteil (sie begrenzen das hier aber auf je nur 3 Beschreibungs-Eigenschaften, auf die geachtet wird).
Also was sie ermitteln wollen, kann man in diesen 8-Kreis immer da einspeisen, wo es auf Anhieb am besten spontan beschreibbar ist.

Die 5-Wandel sind, grob gesagt:
Mitte =3: ein ruhender Bestand an Masse dieser "setzt" sich, organisiert, verarbeitet etc.
4: und es folgt ein aufgestelltes "Vakuum" an Bedarf oder Kapazitaet fuer wieder etwas hinzu
5: ein "Gefaelle" entsteht, eine "Bedarfsspannung", die je nachdem, um was es geht, verschieden stark wird, generell aber nie kontinuierlich ausgeglichen werden kann, damit die Mitte etwas hinzubekommt
1: der Ausgleich "weht" los, stark oder schwach
2: dies "pendelt", schwappt etwas ueber den Bedarf hinaus
3: nur wenn das ausreicht, entsteht "neues Material" fuer die Mitte

So "foerdert" eins das naechste im Kreis herum wie ein Wasserrad.
Zugleich stellten sie fest, dass ein doppelter Vorgang stattfindet:
Das "Gefaelle" (5.) kann zu stark sein und mindert dadurch die Faehingkeit des "Ueberschwappens" (2.) oder die "Masse" (3.) kann zu stark gewesen sein, was den Wert des "Gefaelles" (5.) vermindert, etc - reihum.
Halb-quantitativ laesst sich etwa noch sagen, dass 1/5 oder das 5-fache eines Wertes an einer der 5 Wandel-Stellen diese Runde aus der Balance bringen oder sie gar nicht erst ermoeglichen.
(Man sieht das manchmal als Grafik, ein "unendlicher" 5-Stern in einem Kreis.)

Wieder auf mein Beispiel vom Atmen bezogen, die Position der Mitte entspricht im 8-Kreis mal dem voll-Engeatmet-Haben und mal dem Start-Punkt des Neu-Einatmens. Also das ist mal ein Material-Sein, mal ein Energie-Tun.

Das "Gefaelle" ist im 8-Kreis daher ganz was Verschiedenes, es kommt 2-fach zu so etwas, je nachdem, wovon das "Wandeln" ausgeht.
War aus einer losen Materialsammlung ein Hohlraum aufgestellt worden, ist das "Gefaelle" hierzu etwas, das Widerstaende moeglichst umgeht, sich sozusagen unterwuehlend sachte voranwindet und dann "pumpt".
War das, um was es geht, der pure Ansporn zum Tun, dann entsteht ueber einen Vorgang wie "Aufplatzen" ein sich gradlinig voran-streckendes Geschehen, das kleinere Widerstaende einfach umreisst und dann "donnert".

Diese alt-chinesische "Messlatte" fuer Phaenomene scheint mir in einigem der europaeischen ueberlegen. Wir z.B.denken immer, das Herz punpt und schiebt das Blut in den Kreislauf und setzen also therapierend am Schub an. Genauere Beobachtung zeigt aber, das Sog viel praeziser und staerker ausrichtet, was von einem Sog bewegt wird, danach muesste man an der Lunge ansetzen, ihr Vakuum waere der Antrieb, Blut ins Herz als einer "einer Reibung nachbebenden Pore" zu schleppen und genau ausgerichtet dann in den Kreislauf zu werfen.

Auch Weltraum-Phaenomene lassen sich hiermit ganz interessant neu einordnen.
Faszinierend daran ist doch am meisten, dass anscheinend grosse und stabile Dinge immer irgendwann erforschbaren Regeln nach gehen.

mfG WiT :)


RE: Unendlichkeit und Dualismus - Ekkard - 20-03-2008

Hallo WiT
wir müssen uns klar machen, dass Beschreibung nicht Wirklichkeit ist sondern nur ein Abbild dieser in unserem Nervensystem ist. Wichtig ist, dass dieses Abbild - die Physiker sprechen von einm Modell oder einer Modellvorstellung - im Idealfall berechenbare Folgen hat, die man messen kann. So werden Abbilder bestätigt (also vorstellungsmäßig verfestigt) oder gelöscht - meist zugunsten von Modellen, die mehr bestätigen können, was messbar ist.
Ich bin nicht vertraut mit den von Dir geschilderten, chinesischen Vorstellungen. Folglich kann ich daraus nichts herleiten, was man messen oder sonstwie empirisch feststellen könnte. Außerdem gibt es in unserer Gesellschaft zu wenig Menschen, denen man damit präzise Vorstellungen zu Sachverhalten mitteilen kann.
Ich selbst bin, wie beschrieben, bereits ein gutes Beispiel: Es nützt nichts, mit der "Fremdsprache" chinesischer Philosophie etwas ausdrücken zu wollen.
Das Einzige, was ich verstanden habe: Ja, damit etwas geschieht und damit eine Uhr tickt (ein Phänomen stattfindet), braucht die Welt ein Energie-Gefälle!


RE: Unendlichkeit und Dualismus - Melmoth - 20-03-2008

@Ekkard: Danke für die Erklärung, das ist so überraschend wie interessant. Faszinierend find ich daran vor allem, dass es doch immernoch ein Vergehen und Entstehen zu sein scheint - also doch noch eine Form von "Gleichgewicht", wenn ich das nun richtig verstanden habe.
Letztendlich kommt man bei dieser Form von Verschwinden wohl mal wieder bei der alten Frage an, ob etwas existiert, was keiner wahrnehmen kann (Berkeley lässt grüßen - und würde sagen nein...), oder ob das Untergehen im Vakuum dann gleichbedeutend mit Nichtexistenz ist. Und als auf die Wahrnehmung angewiesener Beobachter fehlt einem leider die Chance, über die Existenz oder Nicht-Existenz von etwas Nicht-Wahrnehmbaren zu urteilen.
Dein Ozean-Beispiel finde ich da sehr anschaulich, wie innerhalb eines solchen Ozeans, ohne Kontrastierung durch eine anders geartete Außenwelt, diese Energie überhaupt nicht fassbar wäre - und ob sie dann da, aber nicht wahrzunehmen und zu nutzen ist, oder ob sie überhaupt erst dadurch existiert, dass auch ein Gefälle zu einer Außenwelt existiert... tja, ich möcht's nicht definieren müssen *g*
Wie unvostellbar lang der Zeitraum ist, bis so eine lokale "Welt" vergeht und neue entstehen, ist sicherlich egal, sofern sie überhaupt irgendwann vergeht, ist sie endlich, klar. Aber dass dennoch (der bisherigen Beobachtungen nach) beim Vergehen so einer "Welt" irgendwo eine neue entstehen muss, bildet das nicht doch wieder eine Kette, die sich zumindest ins Unendliche fortsetzen könnte? Denn wenn man den Begriff "Welt" nun immernoch auf alles anwendet, nicht auf die lokalen "Welten", dann wirkt das auf mich, egal wie groß die Veränderungen sein mögen, immernoch ausgeglichen... *grübel*


RE: Unendlichkeit und Dualismus - Ekkard - 21-03-2008

Melmoth schrieb:Aber dass dennoch (der bisherigen Beobachtungen nach) beim Vergehen so einer "Welt" irgendwo eine neue entstehen muss, bildet das nicht doch wieder eine Kette, die sich zumindest ins Unendliche fortsetzen könnte?
Wenn eine (unsere) Welt in einen finalen Zustand übergeht (Crunch oder Verdünnung), dann endet die Zeit. Natürlich bleibt für uns zeitlich denkende Philosophen die Frage des Davor und Danach. Das liegt an der eingebauten Uhr in uns und unsere Gewöhnung an sie. Doch in den finalen Zuständen ticken keine Uhren mehr! Die Welten frieren in einem zeitlosen Zustand ein, der keine Informationen mehr austauscht.
Was das bedeutet, kann man zwar klar sagen. Dennoch widerspricht es aller Erfahrung aus unserer lokalen "Mitten-Welt" (mitten im Zeitstrom, mitten zwischen Groß und Klein, mitten in einer riesengroßen Welt), und unser Geist schreit und zetert!
Wenn keine Information mehr fließt, hört die Existenz auf. Denn Existenz verlangt einen Informationsfluss von den Objekten (und seien es Vorstellungen) der Umwelt zu unserem Nervensystem (möglicherweise mittelbar über ein Messinstrument). Ohne Information keine Existenz. In diesem Sinne umfasst die Frage nach dem, was vor dem Big Bang existierte eine leere Informationsmenge, weil wir keine Information darüber erhalten können - es sei denn, dass im Sinne von Lee Smolin doch ein Informationsaustausch stattgefunden hat. Dann allerdings wäre die Vorwelt nicht völlig erloschen, und die derzeitige Theorie über die Welt wäre wandlungsbedürftig.
Melmoth schrieb:Denn wenn man den Begriff "Welt" nun immernoch auf alles anwendet, nicht auf die lokalen "Welten", dann wirkt das auf mich, egal wie groß die Veränderungen sein mögen, immernoch ausgeglichen...
Die Frage nach der Begrenztheit verschöbe sich dann gewiss nur nach vorne oder hinten. Räumlich ist sie nach derzeitigen Beobachtungen tatsächlich endlich, anderenfalls wäre der Himmel nachts hell und nicht schwarz. (Jedem noch so kleine Raumwinkelbereich wäre mit mindestens einem Stern bedeckt, mindestens so hell wie unsere Sonne; große, alles verschluckende Absorber gibt es für den freien Weltraum nicht).


RE: Unendlichkeit und Dualismus - t.logemann - 21-03-2008

Das Problem, Ekkhard, ist: Wir betrachten das Universum aus unserem Blickwinkel; nach unserem Blickwinkel hört die Zeit als Dimension auf, wenn keine Informastionen mehr fliessen. Ob das aber tatsächlich auch so ist; ob in übergeordeneten Dimensionen (über der Zeit) die gleichen Gesetzmässigkeiten gelten, wie in der Zeit und in den drei uns noch bekannten Dimensionen, wag`ich mal zu bewzweifeln.


RE: Unendlichkeit und Dualismus - Ekkard - 21-03-2008

Hallo Thomas,
dein Zweifel richtet sich auf etwas, das derzeit niemand beweisen kann. Ich bezweifle, ob sich Endlichkeit und Vollkommenheit überhaupt widersprechen.
Da wir Christen (und für Juden und Moslems gilt das auch) trotz aller Aussagen zum Thema über Gott nicht wirklich etwas wissen, halte ich nichts von einer Konkretisierung im Sinne einer Unendlichkeit = Vollkommenheit. Ob man an Gott glaubt vollzieht sich nicht am oder im Gottesbild, sondern in der Haltung der Welt gegenüber - oder übertragen auf die Gesamtheit der Gläubigen in ihrer Glaubensgeschichte.
Für mich existiert auch jener Dualismus nicht, der eingangs diskutiert wurde. Es ist nur manchmal ganz nützlich, die Kategorien "Geist" und "Materie" gedanklich zu trennen - mehr aber auch nicht.
Aus Sicht des Naturwissenschaftlers gibt es diese Trennung physikalisch nicht. Bei der Informationsverarbeitung - und sei sie noch so komplex bis hin zum Selbstbewusstsein - handelt es sich um physikalisch - systemisch erklärbare Phänomene.


RE: Unendlichkeit und Dualismus - Melmoth - 23-03-2008

Ekkard schrieb:Ich bezweifle, ob sich Endlichkeit und Vollkommenheit überhaupt widersprechen.

Ist zwar eigentlich an t.logemann geschrieben, aber da es so zum Thread-Thema passt, fällt es mir gerade auf: Hast du eine bestimmte Idee davon, wie es zusammengeht?

Diese Vorstellung von der "eingefrorenen Welt" in einem zeitlosen Zustand ist wirklich... befremdlich, um es mal vorsichtig zu sagen. Was nicht gegen die Theorie, sondern gegen den eigenen Geist spricht, der sich in der Tat ziemlich dagegen wehrt, dass man von ihm will, er solle sich so etwas vorstellen... Aber die Unmöglichkit von Informationsfluss ohne Zeit ist nicht zu leugnen.
Dass man bei einem unendlich großen Weltall an jedem Punkt des Himmels, auf den man schauen kann, irgendwann bei einem Stern ankäme, wenn man nur unendlich weit schauen könnte, leuchtet mir ein, nur warum muss dadurch jeder Punkt so hell sein wie für uns die Sonne? Ich glaub dir wohl, dass es so ist, weil du ganz offensichtlich Ahnung von dem Thema hast, ich seh nur den Grund nicht, weil ich eigentlich gedacht hätte, dass es eine Frage der Entfernung ist, was bei uns an Licht noch ankommt. Oder gilt letzteres eben nur in einem begrenzten Raum?

Ähm ja, die dummen Fragen wachsen bei mir munter nach - also wenn es dir auf die Nerven geht, dass ich dich hier so ausfrage, sag bescheid ;)


RE: Unendlichkeit und Dualismus - Ekkard - 23-03-2008

Lass' Dir mal keine grauen Haare wachsen, wegen Deiner Frage. Ich hatte wahrscheinlich viel mehr Zeit, mich an derartig skurrile Zustände des Kosmos zu gewöhnen. Als A. Einstein behauptete, die Zeit sei, was Uhren anzeigen, war ich erst einmal baff. Es ist aber tatsächlich so, dass Zeiten relativ zum jeweiligen physikalischen Zustand der betrachteten Systeme verlaufen. So ist es auch nur logisch, dass, wenn alle Uhren eines Systems stehen bleiben, die Zeit endet . Klar zetert unsere "normale" Vorstellung, weil wir Zeit als einen unbeeinflussbaren Strom erleben. Nur, dieses Erleben ist an unsere Mittelwelt gebunden und sagt nichts über Zustände aus, die weit jenseits unserer Erfahrungen liegen (extrem winzig, enorm riesig, irre heiß, im Mahlstrom Schwarzer Löcher, bei unvorstellbarer Verdünnung).
Zurück zum Nachthimmel:
Wäre die Welt unendlich alt, und hätte genau den Aufbau, den wir beobachten, dann steht in jedem noch so kleinen Raumwinkelbereich mindestens 1 Stern! Das bedeutet, dass es kein Fleckchen am Himmel gäbe, aus dem nicht die Oberfläche eines Sterns auf uns herableuchtete. Dies ist logischerweise genauso, als lebten wir innerhalb einer strahlenden Hohlkugel, deren Oberflächentemperatur einem mittleren Stern entspricht.
Wieder sind wir daran gewöhnt, dass sich Strahlung mit zunehmender Entfernung mit deren reziproken Quadrat verdünnt.
Warum? Nun, die Verdünnung beruht darauf, dass die Strahlungsleistung sich auf eine Kugelschale verteilt, deren Oberfläche sich mit dem Quadrat ihres Abstandes vergrößert - je weiter weg, je weniger Watt (konstant) je Quadratmeter (zunehmend)!
Wenn aber die von uns betrachteten Kugelschalen um uns herum im Weltall immer genau proportional zu ihrer Oberfläche mehr Sterne enthalten, dann wird die zuvor beschriebene Verdünnung exakt aufgehoben - und wir würden einen hellen Himmel sehen. -Tun wir bloß nicht. Also ist unsere Welt zumindest zeitlich, wahrscheinlich auch räumlich endlich.


RE: Unendlichkeit und Dualismus - t.logemann - 24-03-2008

Diese Zeitbetrachtung ist aber auch sehr relativ (und m.E. bereits widerlegt), Ekkhard:

Wenn alle Uhren dieser Welt auf einen Schlag stehen bleiben - und es Abend und Morgen und wieder Abend und Morgen gibt - dann ist eigentlich nur bewiesen, dass die Zeitmesser ihren Geist aufgegeben haben, nicht aber die Zeit selbst. Andersherum: Die Zeit existierte auch VOR den Sonnenuhren, den Wasseruhren, dem Nürnberger Ei, der Atomuhr...


RE: Unendlichkeit und Dualismus - Ekkard - 24-03-2008

Nein Thomas, da hast Du die Angelegenheit missverstanden. "Alle Uhren" heißt wirklich alle, also auch Atomschwingungen, Sternenbewegungen, eben alles, was in irgendeiner Weise Zeit anzeigen könnte. Es geht also nicht darum, dass irgendwelche Zeitmesser, noch dazu menschlich genutzte, versagen und die astronomischen oder mikrophysikalischen "Uhren" ticken wie eh und je.

Und "widerlegt" ist in dieser Beziehung gar nichts. Das Gegenteil ist der Fall: Die Zeit verhält sich exakt so, wie die Allgemeine Relativitätstheorie voraussagt sowohl auf den Skalen quantenphysikalischer als auch astronomischer Vorgänge.