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Jesus und der Islam
#1
Ein freundliches Hallo! an alle User des religionsforums :)
Wie Ihr im Titel schon unschwer erkennen könnt beschäftige ich mich mit der Fragestellung ob das muslimische Jesusbild ein Problem für den muslimisch/christlichen Dialog darstellt.
Ich werde über dieses Thema in meiner letzten Prüfung für mein Abitur abgefragt und hoffe, dass ihr mir mit euren Meinungen, Erfahrungen oder Diskussionsbeiträgen weiterhelfen könnt.

Was denkt ihr?
Islam und Christentum sind ja sehr verschieden - treiben die Unterschiede des Jesusbilds dort einen Keil zwischen den gemeinsamen Dialog?

Ich freue mich auf eure Antworten!

Philipp
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#2
(14-06-2012, 18:48)philly_ schrieb: Was denkt ihr?
Islam und Christentum sind ja sehr verschieden - treiben die Unterschiede des Jesusbilds dort einen Keil zwischen den gemeinsamen Dialog?

wenn ich mir ansehe, daß z.b. evangelen und katholen schon über ihr jeweiliges abendmahlsverständnis nicht zusammenfinden, bin ich nicht so optimistisch, daß die jeweiligen hardliner mit jesus als bloßem menschen und nicht-gottessohn zurecht kämen. umgekehrt wird kein muslim jesus als gottessohn anerkennen

wo man sich aber einig darüber ist, verschiedenes zu glauben und trotzdem den anderen zu akzeptieren, ist das natürlich kein problem

aber von welchem dialog sprichst du eigentlich?

mir wär noch keiner aufgefallen...
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#3
Ich habe einfach mal bei der Evangelischen Kirche im Rheinland "Muslime Islam Dialog" eingegeben und bin auf eine Menge Links gestoßen (also von wegen "Welcher Dialog").
Meine Antwort lautet: Nein. Wie ich darauf komme, kann man hier nachlesen ...
Eine Arbeitshilfe für evangelische Christen wird als pdf angeboten, hier klicken und anschließend downloaden: *http://www.ekir.de/www/ueber-uns/abraham-10990.htm
Zitat: Auch wenn der Islam keine Mittlerschaft zwischen Gott und Mensch kennt, ist ihm doch der Gedanke einer Verstärkung der Bitten und Gebete, z. B. zu bestimmten Zeiten oder an bestimmten Orten, so in der Nacht der Bestimmung (lailat al-qadr) während des Monats Ramadan oder während des Hadsch, nicht fremd. ...

Die Wurzeln des trinitarischen Bekenntnisses liegen im Bekenntnis zu Jesus Christus als dem Sohn Gottes. Es ist somit Grundlage christlichen Glaubens. In dem Juden Jesus ist Gott nach dem Zeugnis des Neuen Testaments auf eine unüberbietbare Weise bei den Menschen präsent: die christliche Gemeinde erkennt ihn an als den messianischen Sohn Gottes (Markus 1,11), sie erkennt ihn sogar als Schöpfungsmittler und endzeitlichen Richter an (Kolosser 1,16; 2. Korinther 5,10) und als den Herrn, dessen Name über allen Namen ist (Philipper 2,6-11). In dieser Konzentration auf Jesus Christus hält das Neue Testament an der Einheit und Einzigkeit Gottes fest, indem es das Wirken Jesu Christi in vollkommener Weise am Wirken des Vaters teilhaben lässt und auf Gott den Vater ausgerichtet sieht (1. Korinther 15,20-28).17 Durch seine Sendung soll er Menschen zum Gott Israels führen. ...

Im Islam, im Judentum und im Christentum offenbart Gott sich den Menschen durch sein Wort. Auch wenn eine Vermischung Gottes mit der Welt der Menschen undenkbar ist, wenn Anreden wie „Vater“ oder die Rede vom „Sohn Gottes“ Muslimen widerstreben (Sure Maryam 19,35 ), so ist gerade in der Herabsendung des Wortes im Koran eine Bewegung bezeichnet, mit der Gott sich an die Menschen wendet. Dieses Wort soll ihnen Rechtleitung geben, um in Harmonie mit ihrem Schöpfer und der ganzen Schöpfung zu leben. Gott steht dem Menschen bei, der bei der Schöpfung von seinem Geist empfangen hat (Sure Al-Hijr 15,29). Er ist ihnen näher als ihre Halsschlagader (Sure Qâf 50,16).

Auch Musliminnen und Muslime erleben Gott also als denjenigen, der als Hörender und Sehender zum Menschen in Beziehung tritt. Jesus Christus wird im ersten Kapitel des Johannesevangeliums als Wort Gottes bezeichnet. Diese Bezeichnung findet sich, wenn auch mit anderer Bedeutung, ebenfalls im Koran. (Sure An-Nisâ’ 4,171). Sie ist Ausdruck der hohen Wertschätzung Jesu im Koran bei allen Unterschieden in der Deutung der Person Jesu in Bibel und Koran. ...

Der Dialog mit dem Islam erfordert eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem eigenen Glauben und den eigenen Traditionen. Dies zeigt sich gerade bei Themen wie der Trinitätslehre und dem Gottesverständnis. Christinnen und Christen, die sich dieser Auseinandersetzung stellen, werden für sich selbst den Gewinn eines tieferen und reflektierten Verständnisses und die Entwicklung einer größeren Sprachfähigkeit entdecken. So stellen die Anfragen durch das Zusammenleben mit Muslimen eine Chance für den christlichen Glauben dar, das Eigene und das Fremde besser zu verstehen.


Viele (evangelische) Kirchengemeinden und muslimische Gemeinden besuchen gegenseitig bestimmte Veranstaltungen oder ihre Gebetsstätten. Im Islam wird Jesus (Isa) als Prophet geehrt und geachtet. Genauso ehrt und achtet man auf christlicher Seite den Propheten Mohammed. Jsa ist halt nicht der Sohn Gottes, damit kann man auf evangelisch-christlicher Seite gut leben. Denn dass zwei Traditionen hier verschiedene Wege gehen, ist im Grunde zu erwarten. Die Nähe Gottes zu Isa wird auch im Islam nicht bestritten. Und mehr war in unserer Ursprungsreligion, dem Judentum, mit Sohn Gottes (oder Kind Gottes) auch nicht gemeint. Als Schluss noch ein Zitat aus dem EKiR-Bereich:

Einigkeit bestehe unter anderem darin, „dass der eine Gott die Welt in ihrer Vielfalt geschaffen hat, sie segnet und sie erhält auf den Tag hin, an dem er in seinem gerechten Gericht als Herr aller Schöpfung offenbar wird“.

Selbstverständlich geben andere Landeskirchen und wahrscheinlich auch die katholischen bzw. orthodoxen Kirchen vergleichbare Verlautbarungen heraus, deren Kenntnis in einer Prüfung vielleicht erwartet wird. Vielleicht finden sich auch kritische Kommentare, die das Bild abrunden.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#4
Was ich noch vergessen habe zu erwähnen: Man sollte auch mal bei den muslimischen Vereinen und Gemeinden nachfragen, wie die den Fall betrachten, wenn sich hier nicht Muslime melden sollten.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#5
(14-06-2012, 21:49)Ekkard schrieb: Was ich noch vergessen habe zu erwähnen: Man sollte auch mal bei den muslimischen Vereinen und Gemeinden nachfragen, wie die den Fall betrachten, wenn sich hier nicht Muslime melden sollten.
Wie stellst Du dir das sachlich vor, Ich möchte hier einen Beitrag leisten
und soll vorher alle greifbarten Muslime fragen, was sie davon halten.
Strange.
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#6
Große Übereinstimmung besteht zur behaupteten Jungfrauengeburt, sie wird auch von islamischer Seite anerkannt:

Wie im Christentum ist die Zeugung Jesu ein göttlicher Schöpfungsakt (Sure 19:20). Maria ist eine Frau, die von den Juden zu Unrecht verleumdet wurde (4:156), sich aber, wie der Koran bestätigt, keusch hielt (21,91; 66,12).

Die Gottessohnschaft (bzw. Göttlichkeit) Jesu kann muslimischerseits nicht akzeptiert werden. Gegen sie (und das Trinitätsdogma, das Mohammed offenbar missverstanden hat, siehe dazu 5:116) wird im Koran heftig polemisiert (5:72f.).

Jesus ist nicht nur Prophet, sondern (wie Moses und Mohammed) als Verkünder einer Offenbarungsschrift, die ihm Gott zukommen ließ (58:27), auch Gesandter Gottes (3:46ff.; 5:110; 61:6).

Im Koran wird darauf Wert gelegt, dass Jesus nicht gekreuzigt wurde. Eine andere Person, die ihm ähnlich war, heißt es, sei am Kreuz gestorben (4:157).

philly schrieb:- treiben die Unterschiede des Jesusbilds dort einen Keil zwischen den gemeinsamen Dialog?

Man wird sich, denke ich, über die wesentlichen Dinge nicht einig werden.
MfG B.
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#7
(14-06-2012, 21:19)Ekkard schrieb: Ich habe einfach mal bei der Evangelischen Kirche im Rheinland "Muslime Islam Dialog" eingegeben und bin auf eine Menge Links gestoßen (also von wegen "Welcher Dialog")

also eine art geheimdialog?

zumindest insofern, daß davon in der breiten öffentlichkeit nichts bekannt ist?

(14-06-2012, 21:19)Ekkard schrieb: Im Islam, im Judentum und im Christentum offenbart Gott sich den Menschen durch sein Wort
...
Auch Musliminnen und Muslime erleben Gott also als denjenigen, der als Hörender und Sehender zum Menschen in Beziehung tritt. Jesus Christus wird im ersten Kapitel des Johannesevangeliums als Wort Gottes bezeichnet

LOL

und die muslime sehen das auch so?

sorry, aber da wird imho künstlich eine gemeinsamkeit herbeikonstruiert, die es praktisch nicht gibt. und ja auch nicht geben muß - warum nicht einfach anerkennen, daß verschiedene menschen halt an verschiedenes glauben

wie geht ihr denn z.b. mit hindus um? konstruiert ihr da auch jesus als avatar shivas um oder so, damit ihr euch brüderlich umarmen könnt?

(14-06-2012, 21:19)Ekkard schrieb: viele (evangelische) Kirchengemeinden und muslimische Gemeinden besuchen gegenseitig bestimmte Veranstaltungen oder ihre Gebetsstätten

im täglichen zusammenleben haben auch katholen und evangelen in der regel keinerlei probleme miteinander

die offizielle ökumene kommt trotzdem nicht weiter

(14-06-2012, 21:19)Ekkard schrieb: Im Islam wird Jesus (Isa) als Prophet geehrt und geachtet. Genauso ehrt und achtet man auf christlicher Seite den Propheten Mohammed

das hört sich aber realiter doch ganz anders an. nicht zuletzt auch hier im forum...

(14-06-2012, 21:19)Ekkard schrieb: Jsa ist halt nicht der Sohn Gottes, damit kann man auf evangelisch-christlicher Seite gut leben

stimmt insofern, als auch im evangelischen islambashing nicht auf jesus/isa bezug genommen wird. schließlich findet sich ja genug anderes, wenn man nur will - frag deinen bischof huber
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#8
Ich habe noch mit einem muslimischen Freund von mir gesprochen.
Er meinte, dass Islam und Christentum sehr viele Unterschiede haben und das Jesusbild einen bedeutenden darstellt.
Ein Problem stellt der Unterschied zwischen Jesus im Koran und Jesus in der Bibel jedoch nicht für ihn dar, denn es gibt viele unterschiedliche Wege die zum Glauben führen. Er sieht Jesus als eine Art "Leitbild" für uns Christen, so wie es Mohammed für den Islam ist.
Ich frage mich jetzt nur ob er die Ausnahme oder die Regel mit dieser Meinung ist.

(15-06-2012, 08:14)petronius schrieb:
(14-06-2012, 21:19)Ekkard schrieb: Im Islam, im Judentum und im Christentum offenbart Gott sich den Menschen durch sein Wort
...
Auch Musliminnen und Muslime erleben Gott also als denjenigen, der als Hörender und Sehender zum Menschen in Beziehung tritt. Jesus Christus wird im ersten Kapitel des Johannesevangeliums als Wort Gottes bezeichnet

LOL

und die muslime sehen das auch so?

sorry, aber da wird imho künstlich eine gemeinsamkeit herbeikonstruiert, die es praktisch nicht gibt. und ja auch nicht geben muß - warum nicht einfach anerkennen, daß verschiedene menschen halt an verschiedenes glauben

Natürlich haben Muslime und Christen einen verschiedenen Glaube, jedoch gibt es zahlreiche, wichtige, Gemeinsamkeiten. Auf der anderen Seite stehen dagegen prägende Unterschied - das Jesusbild ist denke ich nur einer davon.

Ich befasse mich ja erst seit dem Beginn dieser Präsentation mit dem Islam - wo liegen denn die Hauptunterschiede zwischen Islam und Christentum und stellt das Jesusbild einen bedeutenden Unterschied dar, oder kann man diese Tatsache eher als "nicht so wichtig" betiteln?
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#9
(15-06-2012, 13:16)philly_ schrieb: Ich habe noch mit einem muslimischen Freund von mir gesprochen.
Er meinte, dass Islam und Christentum sehr viele Unterschiede haben und das Jesusbild einen bedeutenden darstellt.
Ein Problem stellt der Unterschied zwischen Jesus im Koran und Jesus in der Bibel jedoch nicht für ihn dar, denn es gibt viele unterschiedliche Wege die zum Glauben führen

das halte ich für die position jedes vernünftigen gläubigen - und derer sind zum glück recht viele. vielleicht nicht unbedingt über alle religionen/bekenntnisse gleich verteilt, aber immerhin

der rest macht probleme. überall

(15-06-2012, 13:16)philly_ schrieb: wo liegen denn die Hauptunterschiede zwischen Islam und Christentum und stellt das Jesusbild einen bedeutenden Unterschied dar, oder kann man diese Tatsache eher als "nicht so wichtig" betiteln?

bei beidem wirst du unterschiedliche antworten erhalten, je nachdem, wen du fragst. religionswissenschaftlich ist hier im forum sicher bion kompetent, ich will ihm da nicht ins handwerk pfuschen. auf einen punkt gebracht, würde ich sagen, daß der islam eben die ganze christologie nicht (aner)kennt, dieses "für euch am kreuz gestorben usw.", der zugang zu gott und gottes gnade da ein anderer ist - was sich natürlich in vielem auswirkt und unterschiedlich verstanden und gelebt wird

vom glaubensfundament her kann es gar nicht "eher nicht so wichtig" sein. ob aber ein unterschiedliches glaubensfundament so wichtig ist, daß man sich gegenseirtig das leben schwer machen müßte, ist aber eine ganz andere frage, die von vielen, wenn nicht den meisten mit "nein" beantwortet wird
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
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#10
(15-06-2012, 18:53)petronius schrieb: vom glaubensfundament her kann es gar nicht "eher nicht so wichtig" sein. ob aber ein unterschiedliches glaubensfundament so wichtig ist, daß man sich gegenseirtig das leben schwer machen müßte, ist aber eine ganz andere frage, die von vielen, wenn nicht den meisten mit "nein" beantwortet wird
Wege, sich gegenseitig das Leben schwer zu machen, gibt es unendlich viele. Die meisten Gläubigen dürften schon aus persönlichem Interesse nach Wegen suchen, miteinander zu leben.

Die Überbetonung des jeweiligen theologischen Überbaus halte ich persönlich für ein Erzübel. Der eigentliche, gemeinschaftbildende Sinn von Religion wird dadurch pervertiert, dass Glaubensvorstellungen vor Lebenlassen geht.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#11
philly schrieb:Ich habe noch mit einem muslimischen Freund von mir gesprochen.
[…]
Ich frage mich jetzt nur ob er die Ausnahme oder die Regel mit dieser Meinung ist.
[…]
Ich befasse mich ja erst seit dem Beginn dieser Präsentation mit dem Islam -

Über die Person Jesu werden Islam und Christentum nicht zueinander finden. Zu unterschiedlich ist seine Stellung in den beiden Religionen.

Da Du angemerkt hast, dass Du Dich bisher mit dem Islam noch nicht befasst hättest, gebe ich Dir gerne ein paar Ratschläge, wie man sich dieser Religion meiner Meinung nach als Außenstehender nähern sollte, um einen Überblick zu gewinnen.

Grundsätzlich solltest Du beachten:

Es gibt zahllose Darstellungen, was der Islam sei und was er nicht sei, wie er – und vor allem seine Texte, Koran, Sunna, etc. - verstanden werden müsse, was wörtlich als göttliche Rede zu gelten habe, was im historischen Kontext zu verstehen sei, und einiges mehr.

Ob man den Islam ideengeschichtlich als Ganzes darstellen kann, ist umstritten. Meiner Meinung nach ist das nicht möglich. Zu unterschiedlich war seine Entwicklung in den verschiedenen Rechtsschulen und Strömungen, insbesondere in denen seiner vielen schiitischen Varianten.

Auch die großen sunnitischen Rechtsschulen geben auf Fragen der Gläubigen oftmals recht unterschiedlich Auskunft.

Es ist also Vorsicht geboten, wenn Muslime vorgeben, was denn nun islamisch zu sein habe und was nicht. Solche Auskünfte sind für die Gesamtheit der Muslime nahezu nie repräsentativ.

Erfahrungsgemäß bieten sich (überwiegend im Internet) zumeist solche Muslime als Auskunftspersonen an, die Minderheitspositionen vortragen, und zwar jene der fundamentalistisch-extremistischen Art (Salafismus, Wahhabismus, Dschihadismus, etc.) mit allen "Graustufen" ebenso wie andere, die einen mystischen, aber auch einen säkular-philosophischen Islam vertreten (dem Sufismus zuneigende Personen; div. arabisch-, türkisch-, persischstämmige Professoren, die an westlichen Universitäten lehren und ihre Schülerschaft, u.a.).

Die große Mehrheit der Muslime, die ihre Religion (in der Regel friedlich! und durchaus unterschiedlich!) in ihren Moschee-Gemeinschaften leben, meldet sich nicht zu Wort. Dazu zwei Beispiele aus meinem Bekanntenkreis:

Ein Muslim libanesischer Herkunft, der (als Sunnit) die religiösen Vorschriften, die er für sich als verbindlich erachtet, strengsten beachtet, sich in Fragen, in denen er unsicher ist, Rat beim Mufti einholt, bemüht ist, gottgefällig zu leben, tut das, ohne dass es die Menschen seiner Umgebung bemerken. Was andere tun, darum kümmert er sich nicht. Religion ist seiner Meinung nach eine Sache, die sich zwischen dem einzelnen Menschen und Gott abspielt und niemand hätte das Recht, sich bei dem, was andere tun, ungebeten einzumischen oder gar Vorschriften zu machen.

Darüber hinaus kümmert er sich als Krankenpfleger gleichermaßen aufopfernd um seine Patienten, egal welcher Religion sie angehören, ob sie gläubig oder ungläubig sind, ist für ihn ohne weitere Bedeutung.

Ein mir befreundeter Muslim türkischer Herkunft lebt seinen Islam auf andere Weise. Er bekennt sich zwar durchaus zu seiner Religion, geht aber kaum in die Moschee, betet nicht, trinkt Wein und isst manchmal auch eine Leberkäs-Semmel oder ein Schweinsschnitzel, wenn ihm danach verlangt.

Wird er von anderen Muslimen, auf seine Art zu leben, angesprochen, gibt auch er zur Antwort, dass niemand zwischen dem Menschen und Gott zu stehen, bzw. er seine Lebensführung nicht vor den Menschen zu verantworten habe.

Bemerkenswert ist, dass die beiden Muslime, die ich beschrieben habe, trotz unterschiedlichster Auffassung, wie der Islam zu leben sei, miteinander großartig auskommen. Es ist die Grundhaltung, wonach niemand berechtigt ist, sich in die Lebensführung anderer Menschen einzumischen, was die beiden verbindet.

Solltest Du Fragen an mich haben, werde ich sie Dir gerne beantworten.
MfG B.
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#12
(15-06-2012, 13:16)philly_ schrieb: Natürlich haben Muslime und Christen einen verschiedenen Glaube, jedoch gibt es zahlreiche, wichtige, Gemeinsamkeiten. Auf der anderen Seite stehen dagegen prägende Unterschied - das Jesusbild ist denke ich nur einer davon.
Die Gemeinsamkeit aller abrahamitischen Religionen ist der Eine Gott. Gott hat Abraham erwählt, aus ihm das Volk Israel aus dem der Messias geboren wurde.
Dieser nun macht, alle Menschen zu Abrahams Kindern damit sich die Verheißung erfüllt, das seine Nachkommen so zahlreich wie die Sterne sein weden.
Israeliten und Ismaeliten sind Kinder Abrahams dem "Fleisch" nach und haben ihr "Gesetz".
Israeliten und Ismaeliten die Jesus als "Wort Gottes" erkennen sind Abrahams Kinder auch dem Geist nach und erlöst vom Gesetz weil Abraham auch kein Gesetz kannte und vor Gott trotzdem gerecht war. Darum sind alle Menschen, die an Gott und an Jesus, seinem Wort, glauben, Kinder Abrahams. Das "Fleisch" ist bedeutungslos, weil Jesus sagt: "und meint nicht, bei euch zu sagen, wir haben Abraham zum Vater! Denn ich sage euch, dass Gott dem Abraham aus diesen Steinen Kinder zu erwecken vermag" (Mt.3,9)
Jeder Mensch nun der Jesus als Wort Gottes liebt, hat das Wort Gottes in seinem Herzen und darf deshalb, Gott "Vater" nennen weil er den "Sohn" im Herzen hat.
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#13
danke bion, für deine anschauliche schilderung praktisch gelebten islams

so kenne ich das nämlich auch. gut, mag sein, daß ich halt mit den "falschen" muslimen bekannt bin (im sinne derjenigen, die den islam ablehnen) oder eben nur mit den mir ohnehin genehmen ("richtigen" getraue ich mich nicht zu sagen), oder eben generell in kreisen bewege, die extremismen nicht so zugeneigt sind - aber die muslime aus meinem bekanntenkreis

machen erstens kein großes ding draus, treten schon gar nicht irgendwie missionierend oder mißbilligend gegenüber anders oder nicht gläubigen auf

haben durchaus unterschiedliche persönliche vorstellungen, wie (streng) und nach welchen riten sie ihren glauben praktizieren

treten aber zumindest nicht mit dem anspruch an, daß das auch für andere der einzig "wahre" glaube sei

nun, mit den christen und (leider wenigen) juden in meinem freundes- und bekanntenkreis gehts mir nicht anders. die hardliner und fundamernatlisten kenen ich (fast) nur aus dem internet. insofern relativiert sich auch der streit, den wir hier manchmal führen. real life ist zum glück doch was anderes
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#14
(14-06-2012, 18:48)philly_ schrieb: Was denkt ihr?
Islam und Christentum sind ja sehr verschieden - treiben die Unterschiede des Jesusbilds dort einen Keil zwischen den gemeinsamen Dialog?

Jesus spielt für die Christen eine sehr enorme und zentrale Rolle, da er als Gott und Sohn Gottes gesehen wird.
Jesus ist für Moslems ein bedeutender Prophet, aber nicht Gott.
Dieser Unterschied ist doch sehr gewichtig.
Für Moslems kann Gott nicht geboren oder in einem menschlichen Körper stecken.

Ob das den Dialog verhindert?
Sollte es nicht. Das muss jeder Gläubige für sich entscheiden, weil man ja nicht an den Glauben der anderen glauben muss, nur weil man miteinander redet.
Allerdings gibt es im Leben der Menschen viele Dinge, die den Dialog verhindern, nicht nur religiöse.
with great power comes great responsibility

Entscheidungen machen uns zu denen, die wir sind. Und wir haben immer die Wahl, das Richtige zu tun.
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#15
es gibt auch für mich wesentliche widersprüche im islamischem jesusbild sowie der christlichen.

nur im islam ist die rolle von jesus irgendwo offen, nicht abgeschlossen - weil die sich mit seinen "lehren" explizit nicht beschäftigen.
die erkennen ihn an, aber beschäftigen sich nicht so sehr mit seiner "ethik" bzw. es gibt keine wirklichen schulen die sich mit einem "jesus an sich" beschäftigen.

ein beispiel ist diese steinigungsgeschichte.

wenn ein "jesus" sagt - "dejenige der ohne sünde ist soll den ersten stein werfen" und damit deutlich sagt das eine steinigung keine relevanz hat, weil kein mensch ohne "sünde" ist und durch diesen satz auch voll verdeutlich - warum pochen einige fundimuslime auf steinigung rum - obwohl die ein jesus anerkennen ?

das sind nmm z.b sehr große widersprüche.
dieser widerspruch gibts auch im christentum ja selbst.
irgendwo steht da doch was von steinigung.

ne erklräung um diese ganzen differenzen aufzulösen ist wie "bion" in einem anderen thread erwähnte die sachen eher im historischem bzw. kulturellem kontex zu sehen und zu verstehen. das löst das ganze schon auf.

ein moslem meinte mal zu mir es ist schon gutzuheißen wenn ein moslem sich mit der bergpredigt beschäftigt, aber das tut kaum einer.
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