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Selektive Bibelauslegung
#1
Ihr Lieben, 

Fragen rund um den christlichen Glauben besprechen wir jetzt bei christsen.com im Niederelbe-Forum. Alle Fragen sind erlaubt. Besonders hinweisen möchte ich auf die Reihe "Selektive Bibelauslegung", in der wir uns über mehrere Teile hiermit beschäftigen:

"ich möchte mit Euch in dieser Reihe gerne die Praxis der Exegese der Bibel, also der Auslegung der Heiligen Schrift, in Kirchen, Gemeinden, Bibelstunden und Hauskreisen bedenken. Dabei wird es unter anderem um Homosexualität, um Schwangerschaftsunterbrechung, um Umweltschutz, um soziale Gerechtigkeit, um Schmuck und um vieles, vieles andere mehr gehen.
...
Schon seit langem beschäftigt mich dieses Thema, das ich hier im Thread einmal näher vertiefen möchte. Wir werden hier in mehreren Teilen die Praxis der Exegese, also der Auslegung der Heiligen Schrift kritisch bedenken.

Selektive Bibelauslegung ist unter vielen Christen, Gemeinden und Hauskreisen sehr weit verbreitet! Das läuft dann sehr oft nach dem im folgenden beschriebenen Muster ab: Ich vertrete eine bestimmte Meinung und suche jetzt einen passenden Bibelvers, der diese Meinung bestätigt, zur Begründung heraus. So haben eben viele Evangelikale ihre "Lieblingsthemen" wie u. a. Homosexualität und Abtreibung. Dass die Bibel im Zusammenhang geprüft auch ganz andere Forderungen vertritt, interessiert oft nicht.

Waffenhandel, Abholzung des Regenwaldes und soziale Ungerechtigkeit ist doch nicht so schlimm! Davon steht ja in der Bibel ja auch nichts! Die Schöpfung bewahren? Damit ist doch gemeint, dass wir auf Anstand und Moral achten! Das ist viel wichtiger! Was sagen Leute wie Olaf Latzel denn konkret zum Waffenhandel und zur Abholzung des Regenwaldes in Brasilien und Argentinien? Was sagen sie zu der Hungersnot in vielen Ländern? Was sagen sie zu der menschenunwürdigen Unterbringung der Flüchtlinge auf den Inseln der Nordägäis, darunter Lesbos, Samos und Chiosn?

Welche evangelikale Christen, welche Gemeinden und welche christlichen Hauskreise setzen sich hier ein und demonstrieren gegen diese Misstände? Einige sicherlich, die meisten aber nicht. Auf Facebook las ich in den vergangenen Tagen immer wieder von Usern, die sich als Christen bezeichneten, dass es wichtiger sei, sich gegen Homosexualität und gegen Abtreibung zu engagieren. "Und gegen den Kindesmord im Mutterleib demonstrieren wir auch beim "Marsch für das Leben" und "1.000 Kreuze" usw. sogar! ". Aber doch nicht für soziale Gerechtigkeit - "das ist doch Kommunismus!" Davon stehe in der Bibel auch nichts! "Wir dürfen aber Almosen geben ... " - dann sei es aber auch gut!

Wie ist das nun eigentlich? Was steht in der Bibel und was nicht? Was gilt für uns Christen im Jahr 2020 - und was nicht? Gilt für uns alles, was Paulus schrieb? Und wie ist das eigentlich mit dem Alten Testament, was davon gilt für uns Christen noch heute - und was nicht? "

Schaut gerne einmal vorbei bei uns: *http://www.niederelbe-forum.de/index.php?page=Index

Liebe Grüße
Günter
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#2
(04-10-2020, 00:53)Günter schrieb: . . . Abholzung des Regenwaldes . . .


Hallo 'Günter' - Willkommen im Forum !

Dein Thema "Bibelauslegung" ist sehr interessant

Ja, die Rodung von Urwäldern ist in der Tat ein altes Thema der Christenheit. Ab 600 begannen Klöster, den riesigen Urwald nördlich der Alpen urbar zu machen
Der Kaiser schenkte mehreren Klöstern riesige, aber wertlose Ländereien - Urwald mit Bären und Wölfen und Füchsen
Absolut unwegsames Gelände wo so gut wie keine Menschen wohnten (von Jägern abgesehen)

Durch Brandrodung drängten sie den Urwald zurück und schufen wertvolles Ackerland

Heute ist dort, wo vor 1500 Jahren Urwald war, Bauernland und Wohlstand

Heute ist der ungesunde Dschungel vom Amazonas, vom Kongo, vom Ganges dran.
Dort gibt es nur Schlangen, Moskitos, Malaria und den Guineawurm - für Menschen nicht bewohnbar

Es ist wertvolle Entwicklungshilfe, wenn man dort Kulturland schafft

Und fürs Weltklima kein Risiko - denn die Welt wird nicht vertrocknen wenn man sich die riesigen Wasserflächen der Ozeane anschaut wie viel Wasser da täglich verdunstet und zu Wolken führt - und die Ozeane sind von Fischen und Pflanzen belebt und das Meeresplankton und die Meeresalgen schaffen so viel Sauerstoff daß die ganze Welt genug hat - man denke an die Osterinseln - mitten im Pazifik, weitab vom Amazonasbecken gibt es dort genug Sauerstoff zum atmen

Man darf nicht wehleidig oder sentimental sein - wenn unsere Vorfahren vor 1500 Jahren so gewesen wären, sähe Deutschland arg aus - wir sollen nicht weinen um die Würgeschlangen und Piranhas im Amazonasbecken - ist eh kein Schad drum

Noch etwas: die Grünfläche ist bei Baumbewuchs und Grasweiden völlig ident. Ein Quadratkilometer Grasweide produziert ohnehin dieselbe Menge Sauerstoff wie ein Quadratkilometer Wald

Der Hunger in vielen Teilen der Welt soll bekämpft werden - der Urwald soll zu Ackerland werden und die riesigen Wüsten sollen bewässert werden:
Letzteres ist zwar kein Projekt der Christenheit (sondern des Stalinismus und nun des Islam), aber dennoch sehr wertvoll.

Siehe zum Beispiel den Thread hier im Forum:
Politik und Soziales > Der Große Stalinsche Plan zur Umgestaltung der Natur

Eine anständige Bibelauslegung ist immer den Menschen von Nutzen

Allerdings ist es immens schwer, die Bibel auszulegen - denn viele ihrer Schriften sind verschlüsselt

Denn es gab immer wieder Verfolgungen in den 2000 Jahren vom Vater Abrahams bis Jesus

Und die Bibel fordert soziale Gerechtigkeit: Zinsverbot

Dadurch ist der Kapitalismus verunmöglicht
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#3
Hallo Günter! Gleich in der ersten Antwort so missverstanden zu werden, ist wahrscheinlich schmerzlich. Allerdings sehe ich auch bei einem kurzen Blick auf Dein Forum, dass Du zumindest gewohnt bist, dass gezielt am Thema vorbeigeredet und die Beantwortung "einfacher" Fragen vermieden wird. Und der Verweis eines Pfarrers auf die Notwendigkeit seiner Kompetenz fand ich schon ein wenig erheiternd, heisst das doch meist, dass erwartet wird, dass die Schaeflein alles schlucken, was an offensichtlichen Bedeutungen weggeschwurbelt wird.

Wie auch immer, ich habe Deinen Link unanklickbar gemacht, da die direkte Verlinkung hier nur fuer eine limiterte Selektion von Seiten erlaubt ist.
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#4
(04-10-2020, 08:16)Ulan schrieb: Hallo Günter! Gleich in der ersten Antwort so missverstanden zu werden, ist wahrscheinlich schmerzlich... 

Glaube ich nicht; der Brandrodungs-Rundumschlag (Sinai) bei der selektiven Bibelauslegung passt ganz gut zu den Beiträgen, die  zum gleichen Thema in Günters  Forum Niederelbe nachzulesen sind. Das ist das gleiche Kaliber,  passt schon!

MfG
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#5
Es ist aber trotzdem ein wenig an der Frage vorbei. Und dass die Diskussion auf dem Forum, sagen wir, etwas muehselig war, habe ich ja angedeutet. Ich find's immer wieder erstaunlich - und auch ermuedend - wie Leute sich um klare Antworten herumdruecken koennen. Dabei sind mir Antworten, die wenigstens klar Stellung beziehen - auch wenn ich sie fuer falsch halte - schon lieber; da weiss man wenigstens, wo die Position liegt. Aber auch Sinai hat sich ja z.B. nur eines seiner Steckenpferde herausgepickt und darueber herumschwadroniert; das ist also ein Paradebeispiel fuer den angeprangerten Missstand. Ich denke nicht, dass er die Frage ernsthaft beantworten wird, da das wieder mal an einem inneren Widerspruch aufgehaengt ist, bei dem es an liebgewonnene Glaubensicherheiten geht.

Edit: Nur um das etwas klarer darzustellen: Ich habe prinzipiell kein Problem mit selektiver Bibelauslegung, wenn man das bewusst macht. Was mich stoert, sind diese angeblichen Fundamentalisten, die behaupten, dass jedes Wort in der Bibel wahr ist, sich dann aber umdrehen und trotzdem nur selektiv ihre persoenlichen Rosinen herauspicken; der Rest wird weggeschwurbelt.

Dass der Thread auch einige Schmankerl enthaelt, sieht man ja auch an der Diskussion ueber die Gueltigkeit der Zehn Gebote dort, wo das Sabbatgebot mit einer Uebersetzung daherkommt, man muesse "den Feiertag" ehren, als ob die gewerkschaftliche Errungenschaft eines freien Sonntags irgendetwas mit dem Sabbatgebot zu tun haette. Da sind die Ostkirchen mal wieder ehrlicher; fuer die ist der Sabbat der Bibel immer noch der Samstag.
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#6
(04-10-2020, 11:22)Ulan schrieb: Edit: Nur um das etwas klarer darzustellen: Ich habe prinzipiell kein Problem mit selektiver Bibelauslegung, wenn man das bewusst macht.  

Zum Bewußtmachen  der Schriftauslegung gehört zu allererst die Frage, was die Bibel überhaupt ist. 

Hat sie denn  die Autorität, die ihr in den Kreisen, die darüber diskutieren, zugebilligt wird? 

Nein!  Sie ist und bleibt ein Sammelsurium von fragmentarischen Schriften, die im Laufe eines Menschenalters lange nach dem schmählichen Kreuzestod ihres Hauptprotagonisten im NT von verschiedenen No-Names aufgeschrieben und zu allem Überfluß viel später von anderen geschönt, ergänzt, interpoliert wurden. Wichtig ist,  dass nur Menschenwille (und keine göttliche Fügung) darüber entschied, welche Fragmente es in den erlauchten Kreis der Bibeltexte überhaupt schafften - und welche im Mülleimer der Religions-Geschichte..

Eins ist sie trotz penetranter anderslautender Behauptungen nicht: Gottes Wort. Sein Wort hat noch nie jemand gehört, weil er nie eines geschrieben oder gesprochen   hat, nicht einmal die 10 Gebote.

Auf diesem Hintergrund muss die Bibel bewertet (evtl. abgewertet) und ihre Texte analysiert werden. 

Gleiches erwartet mich auch, wenn ich am Kiosk die taz.,  den Spiegel, die FAZ oder die "Welt" kaufe. Ich weiß von vornherein, dass ich in jeder Ausgabe eine gefärbte Darstellung ein und desselben politischen Vorgangs  zu erwarten habe. 

Damit fängt jede selektive Betrachtungsweise also an. Die der Bibel auch. Markus ist nicht Matthäus, dieser nicht wie Lukas - und alle drei nicht wie Johannes zu bewerten. Von der APG ganz zu schweigen.

MfG
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#7
Nun, ich gehe mal davon aus, dass die Frage sich an Leute richtete, die erst einmal grundsaetzlich daran glauben, dass die Texte wahre Begebenheiten schildern. Der Konflikt, der angesprochen ist, liegt in dem Glauben daran, dass der Text "wahr" ist, und einer darauf folgenden Auswahl der Teile, die dann ploetzlich als "wahrer" (bzw. wichtiger) empfunden werden, die ja auf irgendeiner Grundlage erfolgen muss.

Leute wie Du oder ich sind da wohl eher weniger angesprochen.
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#8
(04-10-2020, 17:00)Ulan schrieb: Nun, ich gehe mal davon aus, dass die Frage sich an Leute richtete, die erst einmal grundsaetzlich daran glauben, dass die Texte wahre Begebenheiten schildern.


Der Threadsteller richtet sich an Gläubige wörtlicher Bibeltreue, das ist richtig. Aber er räumt selber ein, dass die Bibel grundsätzlich "selektiv" wahrgenommen wird und nennt auch so sein Thema:



Zitat:Günter schreibt: "Selektive Bibelauslegung " ist unter vielen Christen, Gemeinden und Hauskreisen sehr weit verbreitet.


Das allein ist schon das Todesurteil jedes unbefangenen Umgangs mit den Texten. Der Mensch ist psychologisch prädestiniert 


  • selektiv zu sehen (Der Müllwerker sieht auf der Strandpromenade z.B. in erster Linie  Mülleimer, nicht die schönen Villen),
 
  • selektiv zu lesen (der Wissenschaftler überfliegt einen fremden Text und liest dabei intensiv und bewußt  nur Fakten  seines eigenen Fachgebiets)
  • selektiv zu hören: der sogenannte Cockailparty-Effekt. In einer geräuschvollen vielstimmigen  Kulisse hört er nur auf die gesprochenen Passagen seines Interesses. Dafür hat uns die Natur sogar mit zwei Ohren ausgerüstet, die unterschiedlich intensiv hören und Unerwünschtes unterdrücken können. Beispiel: Man redet über mich und ich filtere mit einem Ohr  alles  andere heraus. Beachte die Lauschrichtung von Pferdeohren!  "Der Lauscher an der Wand hört seine eigene Schand."

Zitat:Günter schreibt: Das läuft dann sehr oft nach  folgendem beschriebenen Muster ab: Ich vertrete eine bestimmte Meinung und suche einen  passenden  Bibelvers, der meine Meinung bestätigt, zur Begründung heraus.

Und daraus resultiert dann die Überzeugungsarsarbeit des "Bibelsachverständigen", der in beharrlicher Fleißarbeit reihenweise passende Bibelfundstellen auf Punkt und Komma genau präsentieren  kann. Dabei weiß er nicht oder verdrängt, dass die Texte, auf die er sich beruft, in sich schon keine echte Autorität haben. Das kann auch durch "Exegese" nicht kompensiert werden. Der Mensch braucht keine Exegese, die andere Texte (dazu noch voreingenommen) "erklärt". Sonst müsste er sich ständig zwei Bücher kaufen: eines, das er liest und ein anderes, das das gelesene erklärt.

MfG
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#9
Hallo Günter,
herzlich willkommen bei Religionsforum.de! Dein Eröffnungsbeitrag hier enthält bereits viele Knackpunkte des Themas, und ich kann nur sagen: Jawohl, das ist so!

Ferner hat in einem vorher gehenden Beitrag unser Forenmitglied 'Davut' schon darauf hingewiesen, dass selektive Wahrnehmung die Regel ist. Somit kann man sagen: Erst die Vielfalt macht es, sofern man andere Meinungen überhaupt zur Kenntnis nimmt.

Darüber hinaus kann die Bibel keine Auskunft geben über, geschweige Anforderungen stellen an Verhaltensweisen der heutigen Zeit, die sich erst durch Erkenntnisgewinn der letzten 150 Jahre ergeben.

Da du das Stichwort "Schwangerschaftsabbruch" erwähnst, eine Anmerkung: Üblicherweise wird auf das Gebot: "Du sollst nicht töten" zurück gegriffen. Doch das ist bereits eine Interpretration, die vernachlässigt, dass man heute die Frau erhalten und das Ungeborene ungeboren lässt.
Dass man etwas so sehen kann, ist klar. Nur es steckt sehr viel Eigen-Sinn, in dem, wie damit argumentiert wird - auf allen Seiten.

Ich selbst bin Teilnehmer eines örtlichen Bibelkreises. Wir betrachten uns weniger als "geschickte Interpreten" als "als christlich geprägte Meinungstauscher". Wir wissen genau, welch ein Konglomerat theologischer Erfahrungen in der Bibel zusammengefunden hat nach dem Muster der "stillen Post", mündliche Tradition genannt. Die so genannte "Heilige Schrift" ist für uns einfach nur Anlass, z. B. über ethische Fragen nachzudenken. Selbstverständlich lassen wir die Geschichten in ihrer Zeit! Und wir kennen auch die im heutigen Sinne unmoralischen Mordgeschichten (vermutlich Kriegsgeschichten).

(04-10-2020, 00:53)Günter schrieb: Das läuft dann sehr oft nach dem im folgenden beschriebenen Muster ab: Ich vertrete eine bestimmte Meinung und suche jetzt einen passenden Bibelvers, der diese Meinung bestätigt, zur Begründung heraus.
Nein, das kann ich so nicht feststellen. Gleichwohl mag es das anderswo geben.

(04-10-2020, 00:53)Günter schrieb: So haben eben viele Evangelikale ihre "Lieblingsthemen" wie u. a. Homosexualität und Abtreibung. Dass die Bibel im Zusammenhang geprüft auch ganz andere Forderungen vertritt, interessiert oft nicht.
Die Evangelische Kirche im Rheinland vertritt da ganz dezidiert andere An- und Einsichten, was uns s. Z. in der Gemeinde arge "Kopfschmerzen" bereitet hat, aber inzwischen "gegessen" ist.

(04-10-2020, 00:53)Günter schrieb: Waffenhandel, Abholzung des Regenwaldes und soziale Ungerechtigkeit ist doch nicht so schlimm! Davon steht ja in der Bibel ja auch nichts! Die Schöpfung bewahren? Damit ist doch gemeint, dass wir auf Anstand und Moral achten! Das ist viel wichtiger! Was sagen Leute wie Olaf Latzel denn konkret zum Waffenhandel und zur Abholzung des Regenwaldes in Brasilien und Argentinien? Was sagen sie zu der Hungersnot in vielen Ländern? Was sagen sie zu der menschenunwürdigen Unterbringung der Flüchtlinge auf den Inseln der Nordägäis, darunter Lesbos, Samos und Chiosn?
Nun ja, letzere Missstände und Ungerechtigkeiten sind eher unsere Themen mit Unterschriften und Spenden gegen systemimmanente Bosheit (insbesondere: Wegsehen).

(04-10-2020, 00:53)Günter schrieb: Was steht in der Bibel und was nicht? Was gilt für uns Christen im Jahr 2020 - und was nicht? Gilt für uns alles, was Paulus schrieb? Und wie ist das eigentlich mit dem Alten Testament, was davon gilt für uns Christen noch heute - und was nicht?"
Nun, es wird viele Antworten und Meinungen dazu geben. Ein so heterogenes Stück antiker Literatur wird nicht ein einziges modernes Problem angehen und lösen können. An unserer "eigenen Nase" hängt der Hebel, die zum größten Teil durch Massenvermehrung entstandenen Probleme in Angriff zu nehmen. Eine Generation wird dazu nicht reichen!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#10
Beitrag #1
(04-10-2020, 00:53)Günter schrieb: Wie ist das nun eigentlich? Was steht in der Bibel und was nicht? Was gilt für uns Christen im Jahr 2020 - und was nicht? Gilt für uns alles, was Paulus schrieb? Und wie ist das eigentlich mit dem Alten Testament, was davon gilt für uns Christen noch heute - und was nicht? "


Der Threadstarter ist uns zwar abhanden gekommen - sein Statement war wohl dazu gedacht sein Forum bekannt zu machen - aber wir können diese interessante Diskussion auch so weiterführen.

"Gilt für uns alles, was Paulus schrieb?" - Diese Frage des Threadstarters ist interessant.

Zuerst einmal ist abzuklären - wer ist "uns" ?
Für Menschen die ans Evangelium glauben - also Christen sind - "gilt" das Evangelium.
Leute, die nicht ans Evangelium glauben und seine Echtheit leugnen, halten sich bekanntlich nicht ans Evangelium und darüber hinaus auch nicht an das was Paulus schrieb

So einfach ist das.

Wir sind ein liberaler Staat und Religionsfreiheit ist festgelegt - somit ist jedermann und jederfrau berechtigt, seine eigene Religion zusammenzuspinnen oder gar atheistisch zu sein

Nach dieser Anfangsfrage können wir versuchen, die schwierige Frage "Gilt für uns alles, was Paulus schrieb?" klären zu wollen

Paulus schrieb nämlich - wohl absichtlich um der Verfolgung zu entgehen - stellenweise rätselhaft

Dies gab der Religionsbehörde Rätsel auf - und leider auch uns !

Doch manche Forderungen sind klar formuliert.

Wenn Paulus im Apostelkonzil forderte: "Gehet hin und lernt von allen Völkern" dann ist das eine zwar schwierig zu befolgende (sollen alle Christen auf Fernreisen gehen?) aber klar verständliche Forderung.

Gehet hin und lernt von allen Völkern
Christen sind somit verpflichtet, andere Völker kennenzulernen - und zwar ausdrücklich alle Völker - nicht nur die Nachbarvölker (Griechen, Römer, Ägypter, Nabatäer, Idumäer, Araber, Inder mit denen es schon zur Zeit des Apostelkonzils Kontakte per Seidenstraße gab) sondern wohl auch die fernsten Völker dieser Erde - eben alle Völker

Christen - die den biblischen Auftrag auf sich nehmen (nicht alle sind gesund und reisefähig) müssen also zumindest einmal eine Fernreise machen - dorthin wo es zwickt

In eine Gegend, die sehr entlegen ist und wo es unwirtlich ist (Tse Tse Fliegen, Schlangen)

Fremde Kulte aufnehmen um den internationalen synkretistischen Kult zu basteln
Das Christentum hat da schon beachtliches geleistet und große Fortschritte gemacht:
In die Liste der Heiligen wurden Gambrinus (der Helfer der Bierbrauer) aufgenommen, die Priester tragen Meßgewänder wie es sie in Jerusalem nicht gab, man denke an die weltbekannten südtiroler Kripperln, an keltisch anmutende Meßlieder, an afrikanisch anmutende rhytmische Messen, an die schönen bunten Ostereier die vermutlich in Mesopotamien ihren Ursprung haben dürften, an den vor allem bei den Protestants (in England und in den USA) üblichen Weihnachtsmann der in einem von Elchen (ein Hinweis auf einen alten Inuitkult) gezogenen Schlitten durch die Lüfte reist und vieles mehr



________________



Den Ernsten Bibelforschern war das ein Dorn im Aug; aus den Ernsten Bibelforschern entstanden nach inneren Führungskämpfen die Zeugen Jehovas, die den internationalen Synkretismus verabscheuen und den Kultus so wollen wie in Jerusalem vor 2000 Jahren

Ob das pure Original oder der synkretistische Kultus "richtig" sind, kann schwer entschieden werden

Sollen Christen Bilderstürmer sein wie es im AT steht ?
Dürfen Christen am Sabbat oder am Sonntag Geschäfte machen ?
Dürfen Christen Schweinefleisch essen ?
Diese und tausende andere "wichtige" oder auch "unwichtige" (je nach Standpunkt Icon_cheesygrin) Fragen geistern nun schon seit fast 2000 Jahren in der Christenheit herum.
Da wurden Kriege darum geführt !
Die Streifzüge der Hussiten, der Achtzigjährige Krieg, der Dreißigjährige Krieg
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#11
(08-10-2020, 10:23)Sinai schrieb: Zuerst einmal ist abzuklären - wer ist "uns" ?
Für Menschen die ans Evangelium glauben - also Christen sind - "gilt" das Evangelium.
Leute, die nicht ans Evangelium glauben und seine Echtheit leugnen, halten sich bekanntlich nicht ans Evangelium und darüber hinaus auch nicht an das was Paulus schrieb

So einfach ist das.

Wie Beitrag #1 anspricht, ist das eben gerade nicht so einfach. Es geht um selektive Wahrnehmung, die man allerorten bei Christen sieht, die angeblich ans Evangelium glauben.

Warum Du, wenn Du ein Thema wieder aufnimmst, meinst, die ganze vorhergegangene Diskussion ignorieren zu koennen, ist mir ein Raetsel.
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#12
(08-10-2020, 11:33)Ulan schrieb: Es geht um selektive Wahrnehmung


Ich würde das nicht "selektive Wahrnehmung" nennen - es handelt sich eher um das Problem, daß die Bibel (AT und NT) stellenweise rätselhaft ist.
Die Bibel ist nun mal ein teilweise verschlüsseltes Buch. Dies erklärt sich dadurch, daß seit dem Vater Abrahams die Gläubigen vertrieben und verfolgt werden. Wurde nicht schon Terach (der Vater Abrahams) von den Chaldäern aus der Stadt Ur vertrieben ?
Seither eine nicht enden wollende Kette von Anfeindungen, Versklavungen, Vertreibungen, Tötungen
Die Bibelschreiber von Moses bis zum Schreiber der furchterregenden Apokalypse waren vorsichtig
Welcher Schreiber hätte denn gewagt, offen vom erhofften Untergang des Römischen Reiches zu schreiben ??
Er wäre sofort umgebracht worden.
Daher eine verschlüsselte Sprache

Man kann dies nicht den Bibellesern zur Last legen, man kann nicht von einer "selektiven Wahrnehmung" reden
Ist ja nicht die Schuld der Bibelleser !

Es ist ja so gewollt, daß man die kritischen Stellen der Bibel nicht lesen kann.

Manche Forderungen sind aber klar formuliert.

Wenn Paulus im Apostelkonzil forderte: "Gehet hin und lernt von allen Völkern" dann ist das eine zwar schwierig zu befolgende (sollen alle Christen auf Fernreisen gehen?) aber klar verständliche Forderung.

Gehet hin und lernt von allen Völkern
Christen sind somit verpflichtet, andere Völker kennenzulernen - und zwar ausdrücklich alle Völker
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#13
(09-10-2020, 09:54)Sinai schrieb: Wurde nicht schon Terach (der Vater Abrahams) von den Chaldäern aus der Stadt Ur vertrieben ?

Die Chaldaeer wanderten im spaeten 10. oder fruehen 9. Jhdt. als Nomaden in Suedost-Mesopotamien ein, und irgendwelche Machtpositionen, die es ihnen erlaubt haetten, jemanden zu vertreiben, bekamen sie erstmals im 8. Jhdt. v. Chr.

Nur, hier hast Du ja eine Position bezogen. Du nimmst hier die Bibel woertlich, auch wenn sie geschichtlich nicht haltbare Aussagen macht, und spinnst daraus Deine sehr eigene Interpretation von "verschluesselter Sprache", geboren aus Deiner persoenlichen Wahrnehmung des Textes.

(09-10-2020, 09:54)Sinai schrieb: Daher eine verschlüsselte Sprache
Man kann dies nicht den Bibellesern zur Last legen, man kann nicht von einer "selektiven Wahrnehmung" reden
Ist ja nicht die Schuld der Bibelleser !
Es ist ja so gewollt, daß man die kritischen Stellen der Bibel nicht lesen kann.

Das ist eine Interpretation Deinerseits, die wohl sonst kaum jemand teilt. Es ist Deine persoenliche Methode, biblische Irrtumslosigkeit zu postulieren. Mit der selektiven Wahrnehmung, die Thema ist, hat das alles nichts zu tun. Es geht eher um Fragen wie diese: Welcher Glaeubige verschenkt schon alles, was er hat, um Jesus zu folgen?

(09-10-2020, 09:54)Sinai schrieb: Manche Forderungen sind aber klar formuliert.

Eben. Darum ging es, und zwar um neutestamentliche Forderungen an die Glaeubigen. Die Frage war, warum Glaeubige einige Forderungen des NT fuer wichtig halten, aber andere vollkommen ignorieren?

(09-10-2020, 09:54)Sinai schrieb: Christen sind somit verpflichtet, andere Völker kennenzulernen - und zwar ausdrücklich alle Völker

Sicher, irgendwelche verrueckten Missionare, die sich auf den Andamanen umbringen lassen, gibt's ja hin und wieder. Aber auch das ist natuerlich nur eine selektive Wahl einer einzelnen Forderung aus der Apg.
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#14
(08-10-2020, 10:23)Sinai schrieb: Beitrag #1
(04-10-2020, 00:53)Günter schrieb:  

Der Threadstarter ist uns zwar abhanden gekommen ....... 

Das ist in der Tat ein  ständig zu beobachtendes Phänomen. Neulinge lassen sich Willkommen heißen, treten als Eintagsfliegen auf und verschwinden dann wieder im Nirgendwo. Ich habe mir deshalb abgewöhnt, Grußformeln zu schreiben. Sie gehen ja doch ins Leere. Eigentlich schade, das Forum könnte etwas Blutauffrischung durchaus gebrauchen..........

Zitat:Sinai schrieb: Die Bibel ist ein teilweise verschlüsseltes Buch.... Es ist ja so gewollt, dass man die kritischen Stellen der Bibel nicht lesen kann.

Das ist nichts anderes als ein letzter, verzweifelter Versuch, die vielen offensichtlichen Ungereimtheiten, Widersprüche und monströsen Unglaubwürdigkeiten der Bibeltexte doch noch "zu entschuldigen".

Nein, wenn die Bibel dem ihr beigelegten Prädikat des "Wortes Gottes" gerecht werden wollte und will, dann muss sie klar und unmissverständlich formuliert ihrem Verkündungsauftrag gerecht werden. 

Angst vor den Römern? Unsinn. Als die ersten Bibeltexte entstanden, hatte das jüdische Jerusalem bereits aufgehört zu existieren (70 n.C.). Und wenn man den danach folgenden unaufhaltsamen Weg zum Bar-Kochba-Aufstand im Jahr 135 n.C. (also nach dem Joh-Ev) berücksichtigt, musste kein religiöser Textschreiber mehr römische Repressalien befürchten. Das Judentum war seiner Heimat beraubt. Und außerdem: "Verlegt" und zusammen gefaßt wurden die Texte sowieso erst Jahrhunderte später. Da war das Christentum bereits geschützte Staatsreligion.

Zitat:Sinai schrieb: Wenn Paulus im Apostelkonzil forderte: "Gehet hin und lernt von allen Völkern"

Diese Wortwendung gebrauchst Du in mehreren Posts. Woher hast Du das denn?

Paulus hat sie weder beim hochtrabend so genannten "Apostelkonzil" in Jerusalem benutzt noch sonstwo. Es ist der Misssionierungs- und Taufbefehl (übrigens auch gefälscht!) aus dem Schluss des Matthäus-Evangeliums. Dort übersetzt Luther im Original: 18 Vnd Jhesus trat zu jnen / redet mit jnen / vnd sprach /  Mir ist gegeben allle Gewalt im Himmel vnd Erden.  19 Darumb gehet hin / und leret alle Völcker / vnd teuffet sie / im Namen des Vaters  usw. usw.   -   Luthers Schönheitsfehler: Er benutzte nicht den griechischen Originaltext sondern die Vulgata als Vorlage.

Von einem Lernauftrag von anderen Völkern ist darin keine Rede. Deine Zuschreibung schon deshalb unsinng, weil Matthäus sein Evangelium zeitlich nach Paulus Wirken schrieb und jener diese Stelle gar nicht gekannt haben konnte. 

Eine selektive Bibelwahrnehmung im Sinne des Threadthemas läßt sich daraus nicht ableiten.


MfG
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#15
(09-10-2020, 14:47)Davut schrieb: Und außerdem: "Verlegt" und zusammen gefaßt wurden die Texte sowieso erst Jahrhunderte später. Da war das Christentum bereits geschützte Staatsreligion.

Nun, ein erstes Neues Testament (uebrigens mit genau diesem Namen) gab's bereits im 2. Jhdt., das des Markion von Sinope, was wir nur aus spaeteren Beschreibungen von Kirchenvaetern kennen. Das bestand aus dem Evangelikon (einem wohlgemerkt; angeblich einer Version des Lukas-Evangeliums), dem Apostolikon (es gab nur einen Apostel, Paulus, und dieses NT enthielt zehn seiner Briefe; die Pastoralbriefe waren wohl noch nicht geschrieben), und seinen Antithesen (was genau das tatsaechlich war, ist unklar). Das war kurz vor Mitte des 2. Jhdts. Insofern kann man Markion als Initialzuender des NT ansehen.

Ein paar Publikationseinheiten, die wohl auch wenig Licht auf die Entstehungsgeschichte werfen, muss es kurz danach gegeben haben (2. Jhdt.). Das Vier-Evangelien-Buch (wohl die direkte Reaktion auf Markion), den Praxapostolos (urspruenglich die Apostelgeschichte plus die katholischen Briefe), die Briefe des Paulus, mal mit und mal ohne den Hebraeerbrief, und die Offenbarung des Johannes als von den drei anderen Publikationen unabhaengiges Einzelwerk. Fuer naeheres, siehe entsprechende Publikationen von David Trobisch (einige davon sind frei auf seiner Webseite verfuegbar). Die vier Evangelien als Publikationseinheit machten Harmonisierungen natuerlich einfach.

Dass die vier Evangelien schon im zweiten Jahrhundert irgendwie hervorgehoben wurden, sieht man auch an den vielen Diatesseren. Das bekannteste ist das Diatessaron von Tatian (etwa 160-175 n.Chr.), dessen Text leider nicht mehr erhalten ist, ausser der Versfolge, die noch im ersten ueberhaupt direkt im Text datierten Neuen Testament enthalten ist, dem lateinischen Codex Fuldensis (2 Mai 546), der immer noch eine Evangelienharmonie enthaelt, aber wo die Verse leider durch die kanonischen ersetzt wurden, wie vom Korrektor angemerkt.
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