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Gibt es grundsätzliche Erkenntnisgrenzen in der Physik?
#91
... ein ganz heißes Eisen, das wir schon mal "hatten". Im Beispiel: Bei mathematischen Begriffen besteht die Erfahrung aus Konstruktionen, die einen Namen erhalten und im Laufe der Zeit mit "Zusammenhängen" unterfüttert werden. Du hast insofern Recht: Das muss mit physischen Erfahrungen nichts zu tun haben. Die Begriffe bilden sich aber durch die Erfahrungen der Mathematiker-Community mit den so benannten Konstrukten und ihren nicht immer offensichtlichen Zusammenhängen und Mustern.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
#92
(09-10-2020, 21:40)Ekkard schrieb: Begriffe bilden sich durch Gebrauch, indem "Schicht um Schicht" Erfahrungen damit verbunden werden. Nach langem Prozess geht verloren, dass unsere Begriffe tatsächlich evolvieren (sich entwickeln). Sie existieren nur scheinbar vor Erfahrungen. Belegen kann man das sehr schön beim Lernen einer Fremdsprache: Die so genannten "Feinheiten" lassen sich meist erst beim Sprechen mit Muttersprachlern erlernen.

Eine andere Frage zu deiner Aussage wäre ob es Begriffe gibt die sich gar nicht auf Erfahrung zurückführen lassen. Ist nicht jeder Mensch mit gewissen Begriffen ausgestattet die er erst nicht lernen muss? Damit wäre die Physik bzw. jede Wissenschaft erstmal an diese Begriffe "gebunden". Kausalität etwa wäre eine solche Bedingung. Funktioniert Wissenschaft überhaupt ohne den Begriff bzw. die Annahme der Kausalität? Kausalität wird auch nicht durch die Erfahrung generiert, sondern ist eine Bedingung um überhaupt eine Erfahrung zu machen.
#93
Es gilt mein Vor-Argument, das du auch zitiert hast. Die so genannte Kausalität ist ein typischer Begriff aus unserer Erfahrungswelt. Wir beobachten Wirkungen, die immer oder jedenfalls häufig genug auf gleichartige Vor-Ereignisse folgen. Unser Bewusstsein macht daraus ein Prinzip, obwohl dieses streng genommen auf einem Verhalten unseres Denkorgans beruht, nämlich aus allen Ereignisfolgen eine so genannte Zeitreihe zu bilden. Dieses "Nacheinander" sichert unser Überleben, indem wir lernen, welche Ereignisse grundsätzlich aufeinander folgen.

Deine Bedenken bestehen aber zu Recht: Das Kausalitätsprinzip (bzw. die Anschauung, dass alle Ereignisse eine Ursache haben) ist eine (kulturhistorisch entstandene) a priori - Forderung an unsere Welt. Inzwischen weiß man aber, dass dieses Prinzip in einigen wenigen Fällen durchbrochen wird. In der Quantenphysik (Beispiel) können innerhalb der Heisenbergschen Unschärfe Ursache und Wirkung vertauscht sein. Auch, dass unsere Welt existiert und einseitig endlich ist - die Vergangenheit reicht nicht beliebig weit zurück - durchbricht ebenfalls das Prinzip.

Andererseits sind diese Unsymmetrien derart selten, dass sie in Mittelerde (unsere irdische Erfahrungswelt) nur als Zufall vorkommen (und das auch nur dann, wenn Mikro-Zustände eine Rolle spielen).
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
#94
(02-12-2020, 16:16)Holmes schrieb: Eine andere Frage zu deiner Aussage wäre ob es Begriffe gibt die sich gar nicht auf Erfahrung zurückführen lassen. Ist nicht jeder Mensch mit gewissen Begriffen ausgestattet die er erst nicht lernen muss?

Scheint eher nicht der Fall zu sein. *https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/lernen/sprache/pwiewolfskinder100.html

Der Mensch braucht in all seinen verschiedenen Entwicklungsphasen Spiegelbilder seiner eigenen Art, um sich selbst überhaupt als Mensch zu erkennen (Ichbewusstsein). Vor allem auch solche, die ihm in seiner eigenen Entwicklungsstufe (Die des Gehirns) um Generationen an Erfahrungswissen voraus sind.
Die unsere Sprache ist das evolutionäre Erfolgsmodell unserer Art. Deswegen sind Begriffe nichts anderes, als ein "Aneinanderreihung" von verschiedenen/unterschiedlichen Lauten, denen wir während der Entwicklung unseres Gehirns lernen, ein Sinnbild und vor allem auch eine konsensuale (bezogen auf seine Spiegelbilder) Erfahrungs-Bedeutung  bei zu messen.

Der Wortlaut "Begriff" kommt von "begreifen". Dieses "Begreifen" lernen nicht nur wir Menschen allein nur durch das imitieren komplexerer Verhaltensweisen erfahrenerer "Spiegelbilder" ..... Auch die Tiere.

Begriffe sind also Kunstprodukte aus Lauten.. die nur im Konsens mit Spiegelbildern des unmittelbaren Umfeldes einen Sinn ergeben..  Gehörlose benutzen dafür ein Zeichen-Bildersprache, welche in ihren einzelnen Bestandteilen oft nur aus ganzen Begriffen (Wörtern) besteht... und deren Bedeutung  auch erst im Konsens zu jenen, die diese Zeichen-Bildersprache auch selbst "erlernt" haben einen Sinn ergeben. Begriffe sind also Teil einer erfolgreichen Strategie, ohne größeres Eigenrisiko an Futter, Wasser, Fortpflanzung und einen warmen, "überraschungsfreien" Schlafplatz zu kommen. Erfolgsrezepte und Wissen erfahrenerer Artgenossen zu nutzen..oder sich auch vom Verstand Gescheiterer (Fachleute) helfen zu lassen, wo der der eigen nicht ausreicht.

Begriffe, die der Mensch nicht erst lernen muss, gibt es also nicht. Zumal der Mensch auch noch ziemlich unvollständig in die Welt kommt, und danach noch mindesten 10-15 Jahre  die Bedeutung von Begriffen und ihre "logische" Verwendung erlernen muss um sich im Leben an die sich ständigen Veränderungen anpassen und erfolgreich behaupten zu können.
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
#95
(02-12-2020, 23:44)Ekkard schrieb: Es gilt mein Vor-Argument, das du auch zitiert hast. Die so genannte Kausalität ist ein typischer Begriff aus unserer Erfahrungswelt. Wir beobachten Wirkungen, die immer oder jedenfalls häufig genug auf gleichartige Vor-Ereignisse folgen. Unser Bewusstsein macht daraus ein Prinzip, obwohl dieses streng genommen auf einem Verhalten unseres Denkorgans beruht, nämlich aus allen Ereignisfolgen eine so genannte Zeitreihe zu bilden. Dieses "Nacheinander" sichert unser Überleben, indem wir lernen, welche Ereignisse grundsätzlich aufeinander folgen.

Deine Bedenken bestehen aber zu Recht: Das Kausalitätsprinzip (bzw. die Anschauung, dass alle Ereignisse eine Ursache haben) ist eine (kulturhistorisch entstandene) a priori - Forderung an unsere Welt. Inzwischen weiß man aber, dass dieses Prinzip in einigen wenigen Fällen durchbrochen wird. In der Quantenphysik (Beispiel) können innerhalb der Heisenbergschen Unschärfe Ursache und Wirkung vertauscht sein. Auch, dass unsere Welt existiert und einseitig endlich ist - die Vergangenheit reicht nicht beliebig weit zurück - durchbricht ebenfalls das Prinzip.

Andererseits sind diese Unsymmetrien derart selten, dass sie in Mittelerde (unsere irdische Erfahrungswelt) nur als Zufall vorkommen (und das auch nur dann, wenn Mikro-Zustände eine Rolle spielen).

Ich würde auch sagen, dass die Kausalität auf einem Verhalten unserer Denkorgans beruht, aber wir können ja nicht außerhalb von diesem Denkorgan denken? Ich denke in der Quantenphysik hat sich bis jetzt kein Fall eindeutig gezeigt, welcher die Kausalität wirklich eindeutig verletzen würde. Wie ich das verstanden habe gibt es mehrere Deutungen in der Quantenmechanik die angewendet werden können. 

Ich möchte hier nur noch mal Kants Position deutlich erklären und vielleicht hilft das zu verstehen worauf ich überhaupt hinaus will. Es gibt sogenannte Kategorien des menschlichen Denkens. Diese Kategorien lassen sich nicht empirisch herleiten, sondern führen, wenn man sie analysiert, zum Ergebnis, dass ohne sie Erfahrung an sich überhaupt nicht möglich wäre. Kategorien dieser Art wären der Begriff - Raum, Zeit und Kausalität. Was Kant eigentlich damit meint ist ja, dass ohne diese Kategorien ein Bewusstsein, also nicht nur ein menschliches Bewusstsein, sondern das Bewusstsein von allen Wesen, gar nicht möglich wäre.

Wenn ein Wesen also bei Bewusstsein ist, dann enthält es a priori diese Kategorien. Ein Wesen denkt immer im Raum in der Zeit und kausal. Man befindet sich hier nicht mehr im Bereich der Psychologie oder anderer empirisches Wissenschaft, sondern im Bereich der Metaphysik/Erkenntnistheorie. Die Antwort, dass diese Kategorien durch Erfahrung generiert werden würde also in diesem Schema keinen Sinn machen, denn diese Kategorien sind, laut Kant, in jedem Bewusstsein vor jeder Erfahrung enthalten, weil sie eben Bedingung für Erfahrung an sich sind. 

Kant liefert auch Beweise warum das so sein muss. Er analysiert in seinem Werk die Kritik der reinen Vernunft erstmal die Begriffe Raum und Zeit und kommt zu dem Schluss, dass diese Begriffe weder empirisch noch analytisch a priori sind, sondern synthetisch a priori sind, also erfahrungsunabhängig sind und erkenntniserweiternd.
#96
Diese "synthetisch a priori"-Begriffe sind nicht unumstritten. Denn sie sind evolutionär entstanden, vermutlich weil Lebewesen, die Ereignisfolgen in Bezug auf sich selbst nicht richtig einzuordnen imstande waren, ausgestorben sind.

Literaturbeispiel: Gerhard Vollmer "Was können wir wissen?" Band 1 - Die Natur der Erkenntnis - Hirzel Verlag 1988. Schon im Geleitwort erläutert Konrad Lorenz, wie Begriffsbildungen und Vorurteile in unseren Kopf kommen. Und das klingt nicht nach synthetisch a priori!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
#97
(04-12-2020, 21:11)Ekkard schrieb: Diese "synthetisch a priori"-Begriffe sind nicht unumstritten. Denn sie sind evolutionär entstanden, vermutlich weil Lebewesen, die Ereignisfolgen in Bezug auf sich selbst nicht richtig einzuordnen imstande waren, ausgestorben sind.

Literaturbeispiel: Gerhard Vollmer "Was können wir wissen?" Band 1 - Die Natur der Erkenntnis - Hirzel Verlag 1988. Schon im Geleitwort erläutert Konrad Lorenz, wie Begriffsbildungen und Vorurteile in unseren Kopf kommen. Und das klingt nicht nach synthetisch a priori!

Ich werde mir das Literaturbeispiel anschauen, aber genau kann ich deinen Einwand nicht verstehen. Wie sollen Wesen sich evolutionär die Fähigkeit der Kategorien "Raum" oder "Zeit" angeeignet haben? Wenn das stimmen würde, dann müsste es Wesen geben, welche abseits von Raum und Zeit denken könnten, aber wie soll so etwas funktionieren? Wir sprechen ja nicht nur vom Menschen, sondern von allen Wesen die überhaupt die Möglichkeit haben Erfahrungen oder Eindrücke zu verarbeiten. 

Damit ich überhaupt anfangen kann irgendwelche Eindrücke zu verarbeiten müssen sie schon zeitlich bzw. räumlich kategorisiert werden. Wie einem da eine evolutionäre Betrachtung helfen kann verstehe ich in diesem Fall wirklich nicht, aber kann auch sein, dass ich etwas übersehe. 

Aber damit du mich nicht falsch verstehst, es geht mir nicht um alle Begriffe an sich. Natürlich können sich Begriffe evolutionär in unserem Verstand "speichern", aber es geht mir nicht um irgendwelche Begriffe, sondern wirklich um Begriffe des Raums und der Zeit oder der Kausalität. Es gibt natürlich Begriffe die man lernen muss oder welche die man naturwissenschaftlich erarbeiten muss, aber dazu passen die Begriffe "Raum" und "Zeit" eben nicht.
#98
Der Begriff "Zeit" bei Menschen ist definitiv erlernt. Wir haben keine Erinnerung an Ereignisse, bevor wir etwa drei Jahre alt sind, da wir kein Gefuehl fuer Zeit haben. Aeltere Eindruecke werden im Hirn immer durch neue Eindruecke ueberschrieben, so dass die Vergangenheit nicht erinnert wird. Kleinkinder leben immer nur im Jetzt.

Das ist uebrigens recht schoen durch ein paar Verhaltensexperimente mit Kindern verschiedener Altersstufen gezeigt worden.
#99
(05-12-2020, 11:17)Holmes schrieb: Wie sollen Wesen sich evolutionär die Fähigkeit der Kategorien "Raum" oder "Zeit" angeeignet haben? Wenn das stimmen würde, dann müsste es Wesen geben, welche abseits von Raum und Zeit denken könn(t)en,
Warum müssen sie, wenn dieses Experiment fast immer zu ihrem Untergang führt, sie beispielsweisse nicht lernen Leckeres von Schädlichem zu unterscheiden? Und das schon seit Hunderttausenden von Generationen.

Diese scheinbar synthetischen a priori Kategorien (Raum, Zeit, Kausalität) stammen aus Strukturen, die in der Natur vorgegeben sind, und die zu ignorieren wenig Erfolg versprechen. 'Ulan' (Kinder und Zeit) und ich (Kausalität an den Ereignishorizonten) haben doch schon mehrfach darauf hingewiesen, dass diese Kategorien keineswegs so abgegrenzt sind, wie sie scheinen. Aber wir halten aus Gründen der überwiegenden Wahrscheinlichkeit daran fest. Insofern sind sie "synthetisch a priori". Aber sie entsprechen Erfahrungen, die im Kulturgefüge oder sogar in unserer Entwicklungsgeschichte entstanden sind.

(05-12-2020, 11:17)Holmes schrieb: Damit ich überhaupt anfangen kann irgendwelche Eindrücke zu verarbeiten müssen sie schon zeitlich bzw. räumlich kategorisiert werden.
Du gehst immer vom "müssen" aus. Müssen die keineswegs. Das ist allerdings äußerst nachteilig! So man ein einsichtsfähiges Lebewesen ist, macht man nachteilige (schmerzhafte, Hunger verursachenden, ...) Erfahrungen nur einmal. Dann hat man "gefressen", wie es richtig herum anzufangen ist.

(05-12-2020, 11:17)Holmes schrieb: Wie einem da eine evolutionäre Betrachtung helfen kann verstehe ich in diesem Fall wirklich nicht, aber kann auch sein, dass ich etwas übersehe.
Weil es immerhin denkbar ist, das gewisse grundlegenden Kategorien bereits durch das Genom vorgeprägt werden. Diese würden sich für uns Menschen als "eigentlich selbstverständlich und richtig" anfühlen. 

Ich kenne bruchstückhaft die Argumentation Kants. Danach kann man sich nach und nach alles wegdenken, nur mit Raum und Zeit ist das nicht möglich. Gut, kann sein! Das heißt aber nur, dass uns diese Kategorien angeboren sein könnten. Oder sie wurden zu einer Zeit geprägt, an die wir uns nicht erinnnern können (s. Vorbeitrag von 'Ulan').
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
(05-12-2020, 11:17)Holmes schrieb: Wie sollen Wesen sich evolutionär die Fähigkeit der Kategorien "Raum" oder "Zeit" angeeignet haben? 

Rhythmus .. viele Katzen und Hunde erkennen z.B,  an den Schwankungen im Tageslicht, wann ihre "Herrchen" heimkommen und laufen ihnen zum richtigen Zeitpunkt schon entgegen. Das richtige Timing und Einschätzen von Entfernungen..natürlich müssen alle Lebewesen das präzise Zeit- und Raumgefühl erst lernen. Vor allem für Prädatoren, Jäger und Sammler ist das überlebensnotwendig. Aber die groben Grundlagen dafür, sind beiden meisten Lebewesen mit ziemlicher Sicherheit schon evolutionär angelegt. Bei vielen Pflanzen gibt es da überhaupt keinen Zweifel.. Mache Bäume scheinen sogar die exakte Zeitspanne zu kennen, die es nach dem ersten Anstieg der Temperaturen im Frühjahr wärmer bleiben muss.
Im Übrigen folgt die Evolution keinem Plan, sondern irrt sich von einem Erfolg zum nächsten.. mit zwischendrin vielen Variationen und folglich auch extrem vielen Fehlschlägen. Für die wenigen Glücklichen die neben den für die gerade vorherrschenden Umweltumständen die ideale genetische Prädisposition abgekriegt haben, ist es auch ein enormer Überlebensvorteil, etwas an angeborenem Raum- und Zeitgefühl  mitzubringen.
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
(05-12-2020, 13:05)Ulan schrieb: Der Begriff "Zeit" bei Menschen ist definitiv erlernt. Wir haben keine Erinnerung an Ereignisse, bevor wir etwa drei Jahre alt sind, da wir kein Gefuehl fuer Zeit haben. Aeltere Eindruecke werden im Hirn immer durch neue Eindruecke ueberschrieben, so dass die Vergangenheit nicht erinnert wird. Kleinkinder leben immer nur im Jetzt.

Das ist uebrigens recht schoen durch ein paar Verhaltensexperimente mit Kindern verschiedener Altersstufen gezeigt worden.

Das hast du einen falschen Begriff von "Zeit" im Kopf. Bei Zeit geht es nicht um gefühlte Zeit, sondern um eine Anschauungsform. Es geht nicht darum sich an etwas "erinnern" zu können. Eindrücke oder Wirkungen finden auch bei Kindern nacheinander statt und nicht nebeneinander. Jemand der Alzheimer hat verlernt auch nicht den Begriff "Zeit". Diese Personen sprechen trotzdem noch in Abständen und können zählen oder eine Stoppuhr bedienen. Es geht um die Zeitlichkeit an sich. 

Dazu ist das interessant was Ekkard geschrieben hat: "Danach kann man sich nach und nach alles wegdenken, nur mit Raum und Zeit ist das nicht möglich. Gut, kann sein! Das heißt aber nur, dass uns diese Kategorien angeboren sein könnten."

Richtig genau das meine ich. Personen welche kein Gedächtnis besitzen müssen sich trotzdem unweigerlich dieser Anschauungsform bedienen. Diese Personen können trotzdem einen Moment von einem anderen unterscheiden. Sie werden nur ihre selbst gemacht Unterscheidung vergessen, aber ob ich mich an die Unterscheidung erinnere oder nicht spielt keine Rolle. Es geht darum, dass diese Unterscheidung immer gemacht werden muss. Um einen Moment oder einen Eindruck unterscheiden zu können braucht es diese Anschauungsform. Ich bezweifle stark, dass es jemals Wesen gab die keine "Momente" unterscheiden können, dass ist unmöglich. Ein Kind selbst wenn es noch keine Erinnerungen besitzt weiß wann sich etwas bewegt und was sich etwas nicht bewegt.
(05-12-2020, 22:24)Geobacter schrieb:
(05-12-2020, 11:17)Holmes schrieb: Wie sollen Wesen sich evolutionär die Fähigkeit der Kategorien "Raum" oder "Zeit" angeeignet haben? 

Rhythmus .. viele Katzen und Hunde erkennen z.B,  an den Schwankungen im Tageslicht, wann ihre "Herrchen" heimkommen und laufen ihnen zum richtigen Zeitpunkt schon entgegen. Das richtige Timing und Einschätzen von Entfernungen..natürlich müssen alle Lebewesen das präzise Zeit- und Raumgefühl erst lernen. Vor allem für Prädatoren, Jäger und Sammler ist das überlebensnotwendig. Aber die groben Grundlagen dafür, sind beiden meisten Lebewesen mit ziemlicher Sicherheit schon evolutionär angelegt. Bei vielen Pflanzen gibt es da überhaupt keinen Zweifel.. Mache Bäume scheinen sogar die exakte Zeitspanne zu kennen, die es nach dem ersten Anstieg der Temperaturen im Frühjahr wärmer bleiben muss.
Im Übrigen folgt die Evolution keinem Plan, sondern irrt sich von einem Erfolg zum nächsten.. mit zwischendrin vielen Variationen und folglich auch extrem vielen Fehlschlägen. Für die wenigen Glücklichen die neben den für die gerade vorherrschenden Umweltumständen die ideale genetische Prädisposition abgekriegt haben, ist es auch ein enormer Überlebensvorteil, etwas an angeborenem Raum- und Zeitgefühl  mitzubringen.

Wie gesagt darum geht es überhaupt gar nicht. Es geht nicht darum ein "Raumgefühl" oder ein "Zeitgefühl" zu entwickeln, sondern Momente an sich unterscheiden zu können. Ohne einen Begriff von Raum gibt es auch keinen Unterscheid mehr zwischen einem Subjekt und einem Objekt und deshalb muss ein Lebewesen, welches bei Bewusstsein ist, diesen Unterschied machen können. Der Begriff von Raum und Zeit gehören zum Begriff des Bewusstseins, denn ohne diese Begriffe macht das Wort Bewusstsein alleine schon keinen Sinn mehr, deshalb kann sich ein Lebewesen diese Begriffe gar nicht angeeignet haben, sondern es muss sie schon immer besitzen.
(05-12-2020, 22:48)Holmes schrieb: Wie gesagt darum geht es überhaupt gar nicht. Es geht nicht darum ein "Raumgefühl" oder ein "Zeitgefühl" zu entwickeln, sondern Momente an sich unterscheiden zu können. Ohne einen Begriff von Raum gibt es auch keinen Unterscheid mehr zwischen einem Subjekt und einem Objekt und deshalb muss ein Lebewesen, welches bei Bewusstsein ist, diesen Unterschied machen können. Der Begriff von Raum und Zeit gehören zum Begriff des Bewusstseins, denn ohne diese Begriffe macht das Wort Bewusstsein alleine schon keinen Sinn mehr, deshalb kann sich ein Lebewesen diese Begriffe gar nicht angeeignet haben, sondern es muss sie schon immer besitzen.

"Begriffe"  sind ein Aneinanderreihung von Lauten/Geräuschen die erst über Vereinbarungen mit anderen Artgenossen zu ihrem Sinn kommen. Kein Lebewesen kommt schon mit Begriffen oder oder einem sich selbst erkennenden Bewusstsein in die Welt. "Bewusst wird man sich erst durch die Erfahrung".. oder auch durch begreifen. Begreifen lernt jedes Kind und auch im Tierreich durch imitieren..von Erfolgsrezepten.
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
(05-12-2020, 22:45)Holmes schrieb: Das hast du einen falschen Begriff von "Zeit" im Kopf. Bei Zeit geht es nicht um gefühlte Zeit, sondern um eine Anschauungsform. Es geht nicht darum sich an etwas "erinnern" zu können. Eindrücke oder Wirkungen finden auch bei Kindern nacheinander statt und nicht nebeneinander.

Nun, die Raumzeit mit ihren vier Dimensionen ist sicherlich immer existent als physikalische Realitaet und bestimmt so unser Verhalten. Das ist aber letztlich eine triviale Feststellung. Dass auch ein Kind eine innere Uhr besitzt, nachdem sein Handeln ausgerichtet ist, ist ebenso klar; solche hormonale Systeme sind uns angeboren.

Wenn wir von Zeit reden, dann meinen wir Dinge, die passiert sind und die passieren werden. Das ist es, was bei Kleinkindern nicht da ist. Sie verbinden Dinge mit Leuten, anderen Gegenstaenden, Gefuehlen, meinetwegen auch das Gefuehl des Muedeseins mit dem Untergang der Sonne. Nur, alle solche Eindruecke sind letztlich ersetzbar durch andere Eindruecke, und in solchen Faellen bleibt keine Spur dessen, was war, zurueck. Auch das Gefuehl des Hungers und das daraus folgende Beduerfnis nach Essen hat kein bewusstes Zeitelement. Wo bleibt da also Raum fuer philosophische Ueberlegungen?
(05-12-2020, 23:16)Geobacter schrieb:
(05-12-2020, 22:48)Holmes schrieb: Wie gesagt darum geht es überhaupt gar nicht. Es geht nicht darum ein "Raumgefühl" oder ein "Zeitgefühl" zu entwickeln, sondern Momente an sich unterscheiden zu können. Ohne einen Begriff von Raum gibt es auch keinen Unterscheid mehr zwischen einem Subjekt und einem Objekt und deshalb muss ein Lebewesen, welches bei Bewusstsein ist, diesen Unterschied machen können. Der Begriff von Raum und Zeit gehören zum Begriff des Bewusstseins, denn ohne diese Begriffe macht das Wort Bewusstsein alleine schon keinen Sinn mehr, deshalb kann sich ein Lebewesen diese Begriffe gar nicht angeeignet haben, sondern es muss sie schon immer besitzen.

"Begriffe"  sind ein Aneinanderreihung von Lauten/Geräuschen die erst über Vereinbarungen mit anderen Artgenossen zu ihrem Sinn kommen. Kein Lebewesen kommt schon mit Begriffen oder oder einem sich selbst erkennenden Bewusstsein in die Welt. "Bewusst wird man sich erst durch die Erfahrung".. oder auch durch begreifen. Begreifen lernt jedes Kind und auch im Tierreich durch imitieren..von Erfolgsrezepten.

Das stimmt zwar für die viele oder die meisten Begriffe, aber scheitert eben an den Begriffen von Raum und Zeit. Ich weiß auch leider gerade nicht wie ich das besser erklären könnte, denn Ulan stellt eigentlich genau die selbe Frage. Die Philosophie kommt an der Stelle ins Spiel, bei der man die Begriffe nicht mehr aufgrund von Erfahrung zergliedern kann. Die Begriffe von Raum und Zeit sind allgemeingültig, aber die Erfahrung lehrt uns kein Wissen welches allgemeingültig ist. Das Wissen, dass es einen Raum und eine Zeit gibt wird sich nie ändern und hat sich auch noch nie geändert. 

Erfahrungswissen muss widerlegbar sein, also muss irgendwie wandelbar sein, aber bei dem Begriff vom Raum und Zeit funktioniert das überhaupt nicht. Wir können gar nicht widerlegen, dass es keinen Raum und keine Zeit gibt, dass funktioniert gar nicht und wenn das jemand kann, dann bitte ich ihn mir diesen Beweis zu zeigen. Wenn aber die Begriffe von Raum und Zeit allgemeingültig sind, also schon immer gelten, dann können sie gar kein "Erfahrungswissen" sein.

"Nun, die Raumzeit mit ihren vier Dimensionen ist sicherlich immer existent als physikalische Realitaet"

Genau das meine ich. Wie können wir davon ausgehen, dass die Raumzeit schon immer existiert hat? Weil unser Bewusstsein es gar nicht zulässt, dass diese Tatsache anders wäre. Unser Begriff von der Erde z.B der hat sich schon oft gewandelt. Mal hat man sich die Erde rund oder flach vorgestellt oder man wusste gar nicht das es eine Erde überhaupt gibt und dachte es wäre die ganze Welt, aber das man sich vorstellt es wäre gar kein Raum, das ist nie vorgekommen. Hat man sich jemals vorgestellt es gäbe keine Zeit? Nein das funktioniert auch nicht, aber wenn dem so ist, woher stammt dann diese allgemeingültige Forderung an unsere Welt? 

Kant kommt zur Schlussfolgerung, dass ist uns a priori in der Anschauung schon gegeben sein muss.


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