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Paulus dunkle Seiten
#16
(29-03-2020, 09:28)Praytes schrieb:
Ulan schrieb:Dass das Bild, das von dem Duo Petrus und Paulus in der Apostelgeschichte gezeichnet wird, weitgehend zweckbestimmte Fiktion ist, ist ein in der Neutestamentik recht weit verbreitetes Urteil.
Oh, das bezweifle ich keineswegs. Auch ohne Kenntnis aller Veröffentlichungen der Neutestamentik. Bei der Menge an Theorien und Gegentheorien kann man dann auch munter hin und her demontieren. Vielleicht ist das ja dann auch nichts anderes als "zweckbestimmte Fiktion".  Icon_wink

In diesem Fall ist es aber auch dem Laien nachvollziehbar, dass in der Apg die Persoenlichkeiten von Petrus und Paulus vertauscht sind gegenueber dem, was sich in den Paulus-Briefen zeigt. Die einzelnen Episoden sind auch sorgsam darauf ausgelegt, die entscheidende Autoritaet des Petrus und den Punkt, dass Paulus kein Apostel ist, herauszuarbeiten. Sie folgen jeweils auch einem festgelegten erzaehlerischen Schema, was reichlich kuenstlich daherkommt.

Natuerlicher wird's dann wieder, wenn die Apg vergisst, dass Petrus existiert. Da wird dann Paulus auch wieder Apostel genannt.

Ich denke, die Apg ist zum Grossteil ein fiktives Dokument. Das liegt nicht nur an der merkwuerdigen Dynamik des Duos Petrus und Paulus - etwas, wovon die Paulus-Briefe sowieso nichts wissen - sondern auch an der Schilderung der Urgemeinde, die gemaess der Idealgesellschaft in Platos Politeia aufgebaut wird, oder die zwingende Nutzung der griechischsprachigen Septuaginta durch die Jerusalemer Gemeinde. Die ausfuehrlichen Paulus-Geschichten wirken insofern authentischer, als ihnen "echte" Legenden zugrundezuliegen scheinen.
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#17
Für mich als Laien ist es zunächst nachvollziehbar, dass es in der Thematik rund um Paulus, Petrus, die Urgemeinde und die Anfänge des Christentums eine große Anzahl von unterschiedlichen Meinungen gibt. Da kann sich jeder das ausssuchen, was ihm gerade gefällt. Für jede Meinung gibt es irgendeinen Dr. Dr., der dafür gegenzeichnet. Was bleibt den Laien also anderes übrig, als sich mit den Meinungen zu beschäftigen, und für sich selbst das herauszuarbeiten, was einem sinnvoll erscheint?
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#18
(28-03-2020, 22:24)Ulan schrieb: Dass das Bild, das von dem Duo Petrus und Paulus in der Apostelgeschichte gezeichnet wird, weitgehend zweckbestimmte Fiktion ist, ist ein in der Neutestamentik recht weit verbreitetes Urteil.

Was könnte die "zweckbestimmte Fiktion" eines harmonischen Apostelbildes an der Wahrnehmung im Kirchenraum denn auch bewirken oder ändern? Die vermeintliche Symbiose von "Peter und Paul" ist über Jahrhunderte gepflegt und kultiviert worden. Die ergrauten Häupter in den Kirchenbaenken lieben es. Ich weiß gar nicht, warum. 

Viel reizvoller und auch überzeugender waere es doch gewesen, den "Herrenbruder Jacobus" als Paulus-Pendant zu installieren. Erstens war Jacobus, ursprünglich zu Lebzeiten seines Bruders dessen Zweifler ("der ist ja von Sinnen" ) und änderte erst nach der Auferstehung seine Haltung. 

Und zweitens war er mit seinem asketischen Lebenswandel, seinen vom Beten kamelharten Knien, dem wankelmuetigen  Jesus-Verleugner Petrus überlegen. Jacobus war darüber hinaus dem Petrus auch in der fruehkirchlichen Hierarchie übergeordnet. Schließlich gilt er als erster Bischof von Jerusalem.

Mich geht's ja nichts an. Aber den gemeinsamen Kirchengedenktag, 29. Juni (?) sollte man in Jacobus & Paulus umbenennen. Auch den Petersdom hat Simon Kephas nicht verdient.

Mit freundlichem Gruß
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#19
(29-03-2020, 13:32)Ulan schrieb: Ich denke, die Apg ist zum Grossteil ein fiktives Dokument. Das liegt nicht nur an der merkwuerdigen Dynamik des Duos Petrus und Paulus - etwas, wovon die Paulus-Briefe sowieso nichts wissen - sondern auch an der Schilderung der Urgemeinde, die gemaess der Idealgesellschaft in Platos Politeia aufgebaut wird, oder die zwingende Nutzung der griechischsprachigen Septuaginta durch die Jerusalemer Gemeinde. Die ausfuehrlichen Paulus-Geschichten wirken insofern authentischer, als ihnen "echte" Legenden zugrundezuliegen scheinen.

Letztes Jahr bin ich auf die "Bruderhöfe" gestoßen, wie mir schien äußerst authentische christliche Gemeinschaften (auch in Deutschland), die dem Beispiel der urchristlichen Gemeinden folgen. War sehr inspirierend und zeigt, dass "Legenden" und Utopien durchaus in die Realität gebracht werden können, wenn sich genügend Menschen zusammentun und auf ein gemeinsames Ideal hin leben.
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#20
(29-03-2020, 18:04)eddyman schrieb: Letztes Jahr bin ich auf die "Bruderhöfe" gestoßen, wie mir schien äußerst authentische christliche Gemeinschaften (auch in Deutschland), die dem Beispiel der urchristlichen Gemeinden folgen. War sehr inspirierend und zeigt, dass "Legenden" und Utopien durchaus in die Realität gebracht werden können, wenn sich genügend Menschen zusammentun und auf ein gemeinsames Ideal hin leben.
Interessanter Hinweis. Wie man nachgoogeln kann, leb(t)en die Bruderhof-Mitglieder tatsächlich nach urchristlichem Vorbild des von Jesus gepredigten Eigentumsverzichts (verkaufe ALLES und gib es den Armen). Jesus erlaubte seinen Begleitern nicht mal ein zweites Hemd, geschweige denn "Münzen im Gürtel". Zu Paulus guten Seiten gehörte seine Tätigkeit als Zeltmacher während seiner jahrelangen Mission. Er lag den Gemeinden nicht auf der Tasche. 

Und die römische Kirche heute? Hat auch kein Geld im Gürtel sondern trägt Purpur und hortet unermessliche Schätze. Keine Legende, sondern nuechterne Realität. Das erzeugt Unbehagen, weil gleichzeitig täglich (!!) tausende Menschen in der Welt verhungern.

Mit frdl. Gruß
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#21
Davut schrieb:Interessanter Hinweis. Wie man nachgoogeln kann, leb(t)en die Bruderhof-Mitglieder tatsächlich nach urchristlichem Vorbild des von Jesus gepredigten Eigentumsverzichts (verkaufe ALLES und gib es den Armen). Jesus erlaubte seinen Begleitern nicht mal ein zweites Hemd, geschweige denn "Münzen im Gürtel". Zu Paulus guten Seiten gehörte seine Tätigkeit als Zeltmacher während seiner jahrelangen Mission. Er lag den Gemeinden nicht auf der Tasche. 

Hatte sogar mit dem Gedanken gespielt, mal eine Woche bei ihnen mitzuleben. Das persönliche Opfer der Selbstverleugnung wird hier durch den Gruppenprozess umgesetzt. (Wer hier wieder nur sektenhafte Abhängigkeit sieht hat mal wieder nichts verstanden) Also wenn Paulus weiterlebt, dann doch wohl in Form einer solchen christlichen Gemeinschaft...
+https://radikal-anders-leben.jimdofree.com/
Interessant auch, dass sie einen deutsch-amerikanischen Akzent haben, weil sie den Wehrdienst verweigerten und dann aus Hitler-D. nach Amerika ausgewandert und dann wieder zurückgekommen sind. (Dort gibt es auch noch die Hutterer, die fand ich aber nicht gut)
Interessant ist zu sehen an dem obigen Beispiel der drei modernen jungen Leute die dort mitgelebt haben, dass Stärke relativ ist. Ein individualistischer Zeitgeist betont immer die Stärke des Einzelnen, aber wenn dieser sich in einem Kollektiv unterzuordnen hat, kriegt er schnell Angst. Aber das ist genau der Punkt den Paulus immer wieder herausgestellt hat, zB
In aller Demut und Sanftmut, in Geduld. Ertragt einer den andern in Liebe.
Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen, sondern in Demut achte einer den andern höher als sich selbst.
Ihr aber, Brüder und Schwestern, seid zur Freiheit berufen. Allein seht zu, dass ihr durch die Freiheit nicht dem Fleisch Raum gebt, sondern durch die Liebe diene einer dem andern.
usw.
(nebenbei zeigt dieses Beispiel auch, dass Kommunismus möglich ist, wenn es ein höheres Ideal gibt, das den "Genossen" gemeinsam ist und sie bereit sind sich diesem unterzuordnen)
- Ist nicht ganz das Thema, eher die helle Seite Icon_wink
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#22
Wer die angebliche Bescheidenheit des Paulus fuer bare Muenze nimmt, hat wohl etwas Grundsaetzliches ueber die menschliche Natur nicht verstanden. Sein Neid und seine Missgunst brechen sich in einigen Texten durchaus die Bahn, und seine Bescheidenheit ist auch nur ein Deckmaentelchen fuer unbaendigen Stolz. Er ist in vielerlei Hinsicht das Paradebeispiel eines (Moechtegern-)Sektenfuehrers, wie man sie auch heute noch oefter findet.
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#23
Genau Ulan: Das sind alles die "dunklen Seiten" unseres Paulus.
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#24
Wie ist das zu belegen?
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#25
(01-04-2020, 09:35)eddyman schrieb: Wie ist das zu belegen?

Zunächst mal durch sein dreijähriges  Abtauchen in die Wüste. Passt überhaupt nicht zu seinem manischen Naturell.

Dann durch seine eigenen Briefe, in denen er sich gar als Lügner outet; durch seine ständigen Streitereien mit den Ur-Aposteln Jacobus, Petrus & Co, sogar mit seinen eigenen Leuten (wie Barnabas), die ihm anfangs sogar das aufrechte Gehen in Gemeindekreisen beigebracht haben -  mit dem er sich aber nach erster Reise schnell überwarf.

Paulus war nach eigenen Angaben an Jesus "im Fleische", also als Person, gar nicht interessiert. Er erwähnt sein Wirken in Halbsätzen zwei- dreimal. Den Christus den Auferstandenen aber 378 mal. Das haben Kirchenhistoriker nachgezählt.

Er hat nicht den Glauben von Jesus, sondern den Glauben an Christus propagiert. Er hat einen Glauben erfunden, nicht Jesus und  seine echten Apostel. Seine Herkunft aus Tarsus mit einer auferstandenen Gottheit, deren Fest jährlich gefeiert wurde, hat gewiss dazu beigetragen.

Nein, ein guter Ruf eilt dem Paulus bei großen Denkern unserer Zeit (außerhalb der Kirche) nicht voraus.
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#26
Schon der Name des vorliegenden Threads "Paulus dunkle Seiten" ist tendenziös und klingt nach plumper antireligiöser Propaganda

Du hattest wohl gemeint "Paulus unerforschtes Leben" - so wäre das neutral formuliert gewesen und hätte sich für eine ernsthafte Diskussion geeignet

Das Leben und Wirken des Paulus ist tatsächlich nicht völlig erforscht - die Missionsreisen des Paulus geben den heutigen Lesern so manche Rätsel auf. Man muß aber bedenken, dass die Christen angefeindet wurden (dies begann mit dem Prozeß Jesu vor dem Sanhedrin) und Paulus die von ihm errichteten Stützpunkte (Gemeinden) geheim halten mußte . . .
Eine lückenlose Schilderung seiner Reiseroute hätte die Gemeinden ans Messer geliefert

Die renommierte Deutsche Bibelgesellschaft versucht, das komplizierte Wirken des Paulus zu analysieren und zu beschreiben:

"Das "Apostelkonzil"
Zur Lösung des Konflikts haben sich ca. 48/49 Barnabas und Paulus, die führenden Leute der Heidenmission, mit dem unbeschnittenen Heidenchristen Titus nach Jerusalem begeben. Diese Zusammenkunft mit den Köpfen der Urgemeinde wird meist als "Apostelkonzil" bezeichnet. ( . . . )
Offensichtlich war der Konflikt durch diese Vereinbarung nicht entschärft worden."
Apostelkonzil und Paulus :: bibelwissenschaft.de
bibelwissenschaft.de › bibelkunde › geschichte-des-Urchristentums
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#27
(01-04-2020, 21:25)Sinai schrieb: Schon der Name des vorliegenden Threads "Paulus dunkle Seiten" ist tendenziös und klingt nach plumper antireligiöser Propaganda   

@Sinai: Was soll daran tendenziös und antireligiöse Propaganda sein? Eine dunkle Seite ist eine unausgeleuchtete, unbekannte Seite; da ist doch nichts Schlechtes dran. Sonst müsste der ganze Paulus antireligiös sein. Er ist erwiesenermaßen, wie auch   @Bion  in seinem Blog teilt, eine total umstrittene Figur im Frühchristentum.

Im Telegrammstil aus seinen eigenen Briefen: (Fundstellen liefere ich bei echtem Interesse nach): 

Unablässig seine Klagen über die Judenchristen um Jakobus und Petrus - giftige Ironie und dröhnende Flüche seinerseits - verflucht seine innerchristlichen Widersacher, oft  und kräftig - er schimpft die Judenchristen "Hunde" - in den letzten Briefen erwähnt er seinen lebenslangen Widersacher Petrus gar nicht mehr - Seine Beziehung zu den Ur-Aposteln war sein Restleben lang zerstört - Im Gefängnis in Caesaraea (2 Jahre lang) tat der Herrenbruder Jakobus, der 1. Bischof von Jerusalem gar nichts für ihn. Bezeichnend für das zerrüttete Verhältnis genug.

Nein, Paulus stand in der neuen Christenwelt mit seinen Getreuen einsam zur Wand und hatte die schlimmsten Gegner (die Fraktion der beschnittenen Judenchristen) im Rücken. Das ist erforscht genug.

Worum es mir bei diesem Thread ging, war die unerklärliche Zeit unmittelbar nach seiner "Bekehrung" in der Wüste bzw. Damaskus.  Ich denke, dass der nützliche Literaturhinweis von @Bion dann weiter hilft, wenn die Bibliotheken wieder öffnen.

Natürlich finden Sie in der katholischen Kirchenliteratur nichts, die feiert lieber im Juni Peter und Paul, ein harmonisches Verhältnis, das es nie gab.
 
Frdl. Gruß
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#28
(02-04-2020, 16:54)Davut schrieb:
(01-04-2020, 21:25)Sinai schrieb: Schon der Name des vorliegenden Threads "Paulus dunkle Seiten" ist tendenziös und klingt nach plumper antireligiöser Propaganda 

@Sinai: Was soll daran tendenziös und antireligiöse Propaganda sein? Eine dunkle Seite ist eine unausgeleuchtete, unbekannte Seite; da ist doch nichts Schlechtes dran.


Eine matte Ausrede - du verbiegst dich  Icon_cheesygrin

Zu behaupten, jemand hätte "dunkle Seiten" ist eine sehr negative Wertung und da ist schon was Schlechtes dran
Man stelle sich vor, irgend ein Schreiber würde einen Artikel über eine heutige Mainstream-Politikerin in die Welt setzen "Frau X dunkle Seiten"

. . . mit der fadenscheinigen Ausrede, dass ja nicht alle Details ihrer Kindheit bekannt sind

Der Name des vorliegenden Threads "Paulus dunkle Seiten" ist tendenziös und klingt nach plumper antireligiöser Propaganda

Da kommt keine sinnvolle Diskussion zustande - und dies ist wohl so beabsichtigt

Frechheiten in die Welt zu setzen, ist kein tauglicher Start für eine angeregte Diskussion
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#29
(02-04-2020, 20:31)Sinai schrieb: Der Name des vorliegenden Threads "Paulus dunkle Seiten" ist tendenziös und klingt nach plumper antireligiöser Propaganda

Da kommt keine sinnvolle Diskussion zustande - und dies ist wohl so beabsichtigt

Frechheiten in die Welt zu setzen, ist kein tauglicher Start für eine angeregte Diskussion

Vielleicht solltest Du mal ein wenig Literatur dazu lesen, dann kaemst Du nicht auf solche Ideen. Dass der Blick des Arms der Kirche, der irgendwann mal zur dominanten orthodoxen wurde, auf Paulus sehr zwiespaeltig war, laesst sich durch Studium der Kirchenvaeter und auch Kirchenschriftsteller des 2. und auch noch Anfang des 3. Jahrhunderts fuer jedermann erschliessen. Ich empfehle Justin den Märtyrer und Tertullian als Einstieg.
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#30
@Sinai: Meine "Frechheiten" sind nichts anderes als Paulus eigene Worte. z. B. Phil 3, 2.18 "Hunde und Beschnitten" seien  die Judenchristen, seine Landsleute Hunde waren für die Juden neben Schweinen die unreinsten Tiere. 

Ich haette noch genug davon. Ziehen Sie Ihre bleckenden Smileys lieber zurück.
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