(28-09-2020, 20:13)eddyman schrieb: Papst Benedikt hat bereits in seiner Amtszeit davon gesprochen, wie wichtig eine Entweltlichung für die Kirche ist, um das Evangelium authentisch verkünden zu können. Über Papst Franziskus brauchen wir nicht reden.
Generell kann man dem Massenexodus aus beiden christlichen Kirchen, der wohl beispielhaft in der ganzen Religionswelt auf der Erde ist, nicht durch eine Flucht in die Wissenschaft begegnet werden - auch in diesem Forum nicht . Es ist ein durch und durch praktisches Problem, das fast alle Kirchendissidenten - von einigen ausgetretenen "Drewermännern" vielleicht abgesehen, in einer Art Kosten-Nutzen-Analyse für sich so entschieden haben.
Wenn nun ein Papst (Benedikt) die Entweltlichung der Kirche fordert, ist sein Nachfolger (Franziskus) dieser Meinung ganz und gar nicht. Genau da prallt die Vergeistigung des Professors Ratzinger auf die Volksnähe des Jesuiten Jorge Bergoglio, der mit seinem ganzen Gestus des populären Bischofs von Rom viel besser "rüberkommt" - aber die Kirchenflucht letztendlich auch nicht verhindert. Ob er es überhaupt schafft, etwas bei den römischen Kurien-Betonköpfen zu bewegen?
Benedikt hätte das Gegenteil praktizieren müssen: Nicht eine
Entweltlichung der Kirche ist für deren Fortbestand vonnöten sondern ihre
Verweltlichung. Wer auf die
heutigen Probleme keine Antworten hat, erreicht seine eigenen Gläubigen halt nicht mehr.
Zitat:eddymann schrieb: Der Glaube von Himmel und Fegefeuer und Paradiesen hatte seine Aufgabe in der Vergangenheit.....
Das war schon immer Blödsinn, und wurde von den Klerikern und der Kirche nur eingesetzt, um deren Angst- und Belohnungsprinzip zu untermauern. So, wie es heute der Islam noch bei den Selbstmordattentätern und den ihnen verheißenen Jungfrauen im Paradies macht. Aber damit kann man seit der Aufklärung nun wirklich keine Gläubigen mehr an sich binden.
Zitat:Eddymann schrieb: Der Mensch will immer mehr.... , mehr Glück, mehr Besitz, usw. Angenommen, die christlichen Kirchen würden also einen konkreten erfahrbaren authentischen inneren Weg aufzeigen, dann müssten sie nur die Türen aufsperren und die Gläubigen würden kommen....
Da ist was dran. Aber dafür müßten die Glaubensgemeinschaften, alle wie sie da sind, ihre Richtung ändern. Zumindest in diesem Punkt hätten sie sogar von Erich Honecker lernen können, der nicht müde wurde zu verkünden:
"Vorwärts immer, rückwärts nimmer". Nur hielt er sich selbst nicht daran - und die Religionen auch nicht. Das Ergebnis besprechen wir hier.
Zitat:eddymann schrieb: Noch kurz zu den ewig Gestrigen, die in der Kirche heimisch sind........
ja, die ewig Gestrigen dominieren die Kirchengemeinden. Sie sind dort "heimisch". Die anderen, die Mehrheit, bleiben als "Karteileichen" draußen vor. Sie schlagen vielleicht noch einmal im Jahr zu Weihnachten auf. Wenn zu den Festtagen vor dem Weihnachtsbraten die Weihnachtsgeschichte von der Krippe im Stall in der Kirche vorgelesen wird.
Die Prozentzahl der regelmäßigen Kirchgänger wird sowieso immer kleiner. Und die demografische Entwicklung besiegelt ihren Niedergang, wie man an den grauen Haaren sieht, die das Bild in den Kirchenbänken bestimmen. Sie sterben aus.
Zitat:eddymann schrieb: .... alle interessiert nur ihre Religiosität, aber von dem was Religion eigentlich ausmacht, keine Rede.
Nein, da lehrt die Praxis anderes: Man wird gezwungen,
an Dogmen zu glauben, die zu verschiedenen Anlässen in Jahrhunderten von Menschen entwickelt wurden. Und war man nicht willig, so drohte Gewalt! Eine eigene Religiosität war und ist unerwünscht.
Sie wurde und wird heute noch als Häresie verschrien und mit Kirchenausschluß/Exkommunizierung "bestraft". Seit der Aufklärung fehlt den Kirchenmännern dazu die Macht. Sie können keine Daumenschrauben oder Schlimmeres mehr anwenden (lassen). Das überfällige Ergebnis findet man allerdings seit Jahren in der Statistik wieder.
Es nützt nichts, sich in die kuschelige Ecke seiner angenehmen kirchlichen Wohnsitzgemeinde zurückzuziehen, nach dem Motto: "Ach, bei uns ist das ja nicht so schlimm." Was Kirche ist, bestimmt nicht jener bemerkenswerte Jesus von Nazareth, der nie eine Kirche gewollt hat. Das bestimmen Leute in bunten Kostümen oder schwarzen Talaren. Da schießt einem unbewußt der 68er Slogan in den Kopf: "Unter den Talaren - der Muff von tausend Jahren". Die Uraufführung war zwar in der Hamburger Uni, aber sie paßt auch auf den ganzen Zinnober im römischen Petersdom, hinter dem sich der katholische Klerus bei seinen Kardinalstreffen verschanzt.
War das aber der angebliche Auftrag an Petrus, auf einen solchen Fels "seine" Kirche bauen zu sollen? Nein, von feinem Tuch, viel frömmelnder lateinischer Liturgie und weihrauchgeschwängerter Luft war in Jesu einfacher Botschaft keine Rede. Das ist es auch, was die Leute aus den Kirchenbüchern treibt. Die Kirchen brauchen neue Navis............