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Laien-Buddhismus für Nicht-Buddhisten verständlich machen !!
#1
Hallo erstmal,

also, ich bin wohl sowas, das man Christ-Auf-Dem-Papier nennen könnte,
habe mich generell über alle der sogenannten 'Welt-Religionen', sprich Hinduismus, Buddhismus, Islamismus, Taoismus (meiner Meinung nach gehört er dazu), Judentum und Christentum informiert, wobei Buddhismus wohl die faszinierenste ist.
Also, jetzt, nach so einer Art 'Selbst-Studium', stellen sich mir ein paar Fragen:
1. Ab wie vielen Jahren gilt man als Buddhist? ( In anderen Religion gibt es ja oft so ein Art Reifealter...)

2. Stichwort Meditation;
Kann man sich ohne Übung oder Planung einfach so in Meditation begeben? Benötigt man Voraussetzungen? Kann man auch ohne in den Buddhismus übergetreten zu sein überhaupt meditieren, ist man dann bereit für die Vorbereitung/das Leben in Erwartung auf die Erleuchtung?

3. Kann der Buddhismus auch in der 'westlichen' Welt des heutigen Europa bestehen?

Alles drei Fragen, die mich gerade sehr beschäftigen, da ich mich in so etwas wie einer Glaubenskrise befinde!

Danke im voraus,

Chris
MfG
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#2
Hi Chris,

ich denke mir das Quilin da bestimmt gute Quellen hat.

Nur kurz, da schon spät:

1. Kein Reifealter, Du solltest (so wars bei mir als ich noch Buddhist war) eine Art Verpflichtung in Gegenwart eines Mönchs (Theravada) ablegen. Andere Schulen des Buddhismus tuns anders ;)

2. Meditation ist keine Frage der Religion, auch katholische Gemeinden meditieren (hab ich gehört). Kann man sogar als Atheist, sollte aber mal ein paar Quellen aus dem Netz ziehen, oder mit jemandem reden der erfahrung drin hat, sprich nen Lehrer (aber lass Dir kein Geld abschwatzen 8)

3. http://navajana.ch war glaub ich der link eines Freundes von mir, lies Dich mal ein ;)


Ansonsten kann ich nur sagen, dass Erleuchtung prinzipiell (also die aus buddhistischer sicht) auch ohne buddhismus möglich ist, oder ums genauer zu sagen "nur" ohne "etwas" möglich ist.

Aber da kenne sich Leute momentan besser aus, bin nicht mehr so "in" der Materie nach meiner Konversion zum Christentum.


XP

Jazzter
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#3
Hallo Chris,

1. Zum Buddhismus muß man sich persönlich entscheiden, und dafür gibt es
schon aus dem alten Indien eine klassische Altersbeschränkung: :wink:
Die 'Zufluchtnahme' kann man gültig erst machen, wenn man reif genug ist,
allein eine Herde Rinder zu hüten...

2. Meditation ist eine menschliche Fähigkeit, sie hängt an keiner Religion, sie
wird aber wohl in allen Religionen geübt. Auch speziell buddhistische Formen
sind nicht auf den Buddhismus beschränkt - meine beiden ersten Zen-Lehrer,
Enomiya-Lassalle und Willigis Jäger, waren katholische Ordensleute. Auch heute
noch gibt es einen regen Austausch zwischen katholischen und buddhistischen
Klöstern - ein guter Freund von mir, Angehöriger des Tofukuji-Klosters in Kyoto,
hat ganz offiziell ein Retreat im Vatikan gegeben...
'Erleuchtung' ist ein spezielles Problem - lieber einen eigenen thread dafür...

3. Der Buddhismus war schon in der Antike im Mittelmeerraum präsent und hat
(vage) Eindrücke hinterlassen; und seit Schopenhauer ist er im europäischen
Bewußtsein deutlich - wenn auch häufig missverstanden. Er hat sich in der
Geschichte immer schon den kulturellen Gegebenheiten angepasst und wird
das wohl auch im Westen tun. Francesco's Zugang (www.navayana.ch) ist dazu
m.E. eben ein Zugang - unter vielen.

() qilin
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#4
qilin schrieb:Auch speziell buddhistische Formen
sind nicht auf den Buddhismus beschränkt - meine beiden ersten Zen-Lehrer,
Enomiya-Lassalle und Willigis Jäger, waren katholische Ordensleute. Auch heute
noch gibt es einen regen Austausch zwischen katholischen und buddhistischen
Klöstern - ein guter Freund von mir, Angehöriger des Tofukuji-Klosters in Kyoto,
hat ganz offiziell ein Retreat im Vatikan gegeben...
'Erleuchtung' ist ein spezielles Problem - lieber einen eigenen thread dafür...
Wenn Zen in christliche Hände fällt, ist es dann noch Zen oder wird daraus nicht etwas Eigenes gemacht, das nicht mehr Christentum und nicht mehr Zen ist?

() Nagarjuna
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#5
Hallo Nagarjuna,

das hört sich an, wie wenn 'das Christentum' gierig darauf wartete,
irgendwas zu 'vereinnahmen' - das ist nicht so; die Bedenken sind
auf christlicher Seite noch viel stärker als auf der buddhistischen.
Der Buddhismus hat sich im Laufe seiner 2500jährigen Geschichte
immer wieder neuen Völkern und anderen Religionen angepasst,
und trotzdem seinen Kern erhalten können. Auch das Zen hat ja
yogische Wurzeln und ist ganz intensiv vom Taoismus beeinflusst...
Wie ich anderswo schon geschrieben habe - die Wahrheit ändert
sich nicht - nur die Brille, durch die wir sie sehen... 8)

() qilin
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#6
danke für die antworten!

also, ich habe ein buch von enomiya-lasalle
gelesen, und erschreibt dass er zen als lebenseinstellung sieht
und der glaube an buddha dabei keine wichtige rolle spielt,
was wohl wirklich auf die einflüsse aus dem taoismus zurückzuführen ist
...

ja, du sagst du seist beim theravada gewesen, mich spricht da eher der mahayana
an, er ist etwas großzügiger in seiner lehre, was sicher auch auf die jeweilige schule ankommt...,
und im mahayana haben die laien buddhisten die gleichen chancen wie mönche,

also danke noch mal...

chris
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#7
Hallo,
Nagarjuna schrieb:Wenn Zen in christliche Hände fällt, ist es dann noch Zen oder wird daraus nicht etwas Eigenes gemacht, das nicht mehr Christentum und nicht mehr Zen ist?
meine Einschätzung ist, die Christen verkürzen Zen in diesem Fall auf Zazen. Was natürlich nicht zulässig ist. Und sollte einer der Christen den Zen-Weg zu Ende gegangen sein, dann wird er am Ende auch kein Christ mehr sein, da ihm das Gottesverständnis abhanden gekommen ist. Die buddhistische Philosophie ist ja nun einmal Meditationserlebnisse in Worte gepackt. Die tiefsten Erfahrungen in der buddhistischen Meditation erlauben keinen Gottesglauben. Für Christen wären die Meditation der 4 göttlichen Verweilungszustände woh interessant.

Wand-Schauender
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#8
Hallo qilin!

qilin schrieb:das hört sich an, wie wenn 'das Christentum' gierig darauf wartete,
irgendwas zu 'vereinnahmen' - das ist nicht so; die Bedenken sind
auf christlicher Seite noch viel stärker als auf der buddhistischen.
Es ging mir weniger ums Vereinnahmen einer anderen Religion als darum, dass die Fundamente beider Religionen nicht kompatibel sind. Während das Christentum eine dogmatische Religion ist, ist Buddhismus uA eher eine Methode der Dekonstruktion, was für Zen natürlich auch gilt. Was genau will das Christentum dem Zen entnehmen? Ich vermute, dass es hauptsächlich die Meditation sein wird, wie auch Wand-Schauender schreibt. Meditation allein, so zentral sie im Zen auch ist, kann doch noch nicht Zen sein. Nimmt man den Rest von dem, was Zen ausmacht, hinzu, dann hat sich doch das Christliche ziemlich erübrigt. Der Knackpunkt ist natürlich auch: Was versteht man genau unter dem Christentum? Ist das Resultat, wenn die Kombination glückt und die Sache auch tatsächlich noch Zen ist, wirklich christlich?

() Nagarjuna
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#9
Hallo Chris

Zum Buddhisten wird man durch eigene Überzeugung und Einsicht. Diese ist nicht an ein bestimmtes (Reife-)Alter gekoppelt. Es mag 14-jährige Jugendliche geben, die die »Wahrheit« oder zumindest die Plausibilität der Buddha-Lehre erkennen und bereit sind, sich auf diese einzulassen. Und es gibt solche, denen die Buddha-Botschaft für immer verschlossen bleibt. Beides resultiert aus individuellem Vermögen und persönlichen Erfahrungen und lässt sich demnach nicht an einem bestimmten »Reifealter« festmachen.

Ebenso verhält es sich mit der Meditation. Die einen fühlen sich zu ihr hingezogen, dieweil andere erst einen inneren Zugang zu ihr finden müssen. Doch auch hier sind keine spezifischen »Voraussetzungen« gefordert, die einen meditativen Weg erst ermöglichen. Buddhismus ist ständiges Lernen, Sich-Öffnen und ein Sich-Einlassen auf ein großes spirituelles Abenteuer. Doch meditative Veranlagung ist nicht die alleinige Zugangsweise zum Buddhismus, weshalb der Weg der ethisch-sittlichen Vervollkommnung im praktischen Leben einen durchweg gleichwertigen Stellenwert zu beanspruchen vermag. Im Westen besteht die Tendenz, den Buddhismus unter Verkennung seiner hoch entwickelten Ethik einseitig nur über die Meditation zu definieren.

Was, mein Freund, redest du von »Erleuchtung«? Wieso immer gleich das vorwegnehmen, was sich erst nach einem langen Übungsweg im günstigen Fall ergeben mag? Solange du an »Erleuchtung« denkst - diese also gleichsam herbeisehnst -, bist du ihr unendlich fern. Geh den Weg ohne vorgefasste Erwartungen, Begierden und Sehnsüchte - die »Erleuchtung« mag sich dann irgendwann von selbst einstellen.

Natürlich kann man auch als westlicher Buddhist in der abendländischen Welt bestehen. Der Buddhismus ist eine universale Lehre und demnach nicht auf eine bestimmte Ethnie oder Rasse beschränkt. Es geht nicht darum, dass wir durch unser Buddhistsein flugs zu mandeläugigen Asiaten mutieren. Ein Eingeborener aus Papua-Neuguinea, der sich zum Christentum bekehrt, wird dadurch ja auch nicht zu einem blasshäutigen Europäer. Alle Versuche, sich vom abendländischen Erbe zugunsten einer naiv verstandenen asiatischen »Identität« abzusondern, führen in die Isolation und zu einer Entfremdung zum eigenen kulturellen Milieu.

Meine Empfehlung: Schau dich erst einmal auf dem reichhaltigen - gleichzeitig aber auch reichlich verwirrenden! - Buddhismusmarkt um und versuche, dich kritisch und ohne naive Begeisterung und überstürzte Hast der einen oder anderen Denkrichtung zu nähern.

Sarva mangalam und viel Erfolg auf deinem Weg!

Francesco Ficicchia
http://www.navayana.ch
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#10
Hi Chris!

Erst gestern habe ich dieses kurze Buch (Link) gelesen und fand es sehr gut. Ich denke, dass es auch Dir eine Hilfe sein kann.

() Nagarjuna
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#11
Hallo Nagarjuna!
Zitat:Es ging mir weniger ums Vereinnahmen einer anderen Religion als darum,
dass die Fundamente beider Religionen nicht kompatibel sind. Während
das Christentum eine dogmatische Religion ist, ist Buddhismus uA eher
eine Methode der Dekonstruktion, was für Zen natürlich auch gilt.
Genau darum geht's mir :lol: - Wenn ich diesen Weg der Dekonstruktion zu
Ende gehe, bin ich kein -ist irgendwelcher Art mehr - genau wie im Islam
Rumi geschrieben hat "Wer Gott liebt, der hat keine Religion außer Gott."
- nur: Wer 'Gott' sagt, hat schon ein Bild [zumeist]... :roll:
Und das zu dekonstruieren, dazu kann Zen sicher hilfreich sein - ganz
gleichgültig welchem -ismus ich anhänge und welche 'Erleuchtung' mir
vielleicht irgendwann begegnet... :wink:

() qilin

P.S. Ja - den link finde ich auch sehr instruktiv.
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#12
danke, ja ich habe mir das buch downloaded!
soweit ich mich eingelesen habe, stellt es tatsächlich
eine hilfe dar!

und auch danke an Herrn Ficicchia für seinen
sehr umfassenden und großen beitrag.

ich wohne in einer kleinstadt und die nächste
buddhistische gemeinschaft, die sich keiner konfession
zuordnet, ist ungefähr 50 km weg, viel für jemanden der
kein auto hat...

aber dank internet findet man hier, wenn auch keinen
persönlichen, kontakt...
und dafür sind foren ja gut!!

chris
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