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Papyrus Pergament Papyrus
#1
Nach meißeln in Stein (Hieroglyphen) und ritzen in Ton (Keilschrift) und drücken in Bronze (Zwölftafelgesetze) begann man, mit Tinte auf Papyrus zu schreiben, ein pflanzliches Material aus Schilf. Dadurch wurde die Dokumentensammlung viel dünner (ein Blatt Papyrus ist viel dünner als eine Steintafel oder eine Tontafel oder eine Bronzeplatte)
Für Inschriften auf Pyramidenwänden und Verfassungsgesetze (Zwölftafelgesetze) war die Dicke des Dokuments zweifellos egal, aber dort wo massenhaft Information gespeichert werden sollte, war Papyrus insofern besser geeignet, als es viel dünner war - und auch billiger zu verfassen. Schreiben mit Tinte geht schneller als meißeln.
Allerdings war Papyrus ein vergängliches Material (es kann Raub der Motten, der Heuschrecken, anderer Insekten und von Mäusen beim suchen von Nistmaterial werden) - im Gegensatz zu Steintafeln. Dies dürfte auch ein Grund sein, warum wir viele Steinplatten mit Hieroglyphen fanden und relativ wenige Papyrusdokumente.

Dann zwischen ca 100 n. Chr. bis ca 400 n. Chr. wurde es modern, auf Tierhäuten (Pergament) zu schreiben.
Ab ca. 400 n. Chr. war Papyrus nicht mehr in Verwendung, Pergament war das Übliche. Die hochwertigsten Tierhäute zum schreiben wurden in der Stadt Pergamon hergestellt, daher die Bezeichnung Pergament.

Allerdings war auch Pergament ein vergängliches Material, Schimmel und Mäuse waren die Feinde. Auch Pergamentschriften mußten daher peinlich sauber verwahrt werden.

Der hohe Preis für qualitativ hochwertiges Pergament war allerdings kaum ein Problem, da es nicht für Massenerzeugung herangezogen wurde.

Gegen Ende des Mittelalters kehrte man wieder zu dem pflanzlichen Material zurück, wobei die Bezeichnung von Papyrus zu Papier wurde, da Papier moderner klang.

Ich finde die Abfolge Papyrus Pergament Papyrus interessant

Als Schriftspeicher für umfangreiche Information (Bibel, Buchhaltung) und für Briefe war Papier (antike Bezeichnung Papyrus) bestens geeignet

Ich finde das kurze Intermezzo "Pargament" interessant, denn von 100 oder 400 bis 1450 (Erfindung des Buchdrucks) ist historisch gesehen ein relativ kurzer Zeitraum.
Vielleicht 1000 oder 1200 Jahre
Es war eine Zeit wo 99 % der Bevölkerung Analphabeten waren (selbst Karl der Große konnte nur seinen Namen schreiben) und für die wenigen Dokumente und lateinischen Bibeln in den Klöstern war der hohe Preis von Pergament kein Hindernis.
Die allgemeine Verwendung von Pergament ist ein Indiz dafür, daß das Mittelalter im Wesentlichen eine schriftlose Gesellschaft war.
Bauern, Handwerker, Ritter konnten nicht lesen und schreiben. Da war der Preis von Pergament egal.

Dennoch mutet es seltsam an, daß Papyrus ab ca 400 n. Chr. völlig verschwunden ist. War dieses Material so schlecht?
Im alten Ägypten wurde es ja auch verwendet, sogar am Königshof von Pharao Echnaton
Es kann nur sein, daß die Tradition der Kunst der Herstellung von Papyrus verloren ging, das heißt daß die Papyrushersteller ab 100 n. Chr. schlechte Qualität lieferten und somit der Übergang zu Pergament erforderlich wurde.

Offenbar war Papyrusherstellung in Europa unmöglich und man war auf die Lieferungen aus dem Niltal angeliefert. Denn das Material mußte sofort nach der Ernte (solange es noch saftig war) verarbeitet werden:
"Die Herstellung des Beschreibstoffs Papyrus beschreibt im 1. Jahrhundert n. Chr. Plinius der Ältere im 13. Buch seiner Naturgeschichte. Das Mark des Pflanzenstängels wird in bis zu 4 Zentimeter breite Streifen geschnitten, die leicht überlappend aneinandergelegt werden. Zwei einander kreuzweise überlagernde Schichten dieser Streifen werden zu einem festen Blatt gepresst und geklopft, das von der Klebekraft des stärkehaltigen Pflanzensafts zusammengehalten wird. Dann wird die „Platte“ getrocknet und poliert. Danach kann man den Papyrus bemalen oder beschreiben." Papyrus - Wikipedia

Wir wissen es leider nicht, warum Papyrus ab 100 n. Chr. allmählich aus der Mode kam. Alles was wir wissen ist, daß Papyrus ab ca 400 n. Chr. völlig verschwand und durch Pergament ersetzt wurde.

Das Pergament blieb bis 1450 das allgemeine Material für Schriften

Plötzlich die Wiederentdeckung von Papier
"Ein bedeutender Teil der Ausgangsmaterialien für die frühe europäische Papiererzeugung bestand aus Hanffasern, Flachsfasern (Leinen) und Nesseltuch" Papier - Wikipedia
Das heißt, das Pflanzenmaterial Papyrus (das nur im Nildelta wächst) wurde durch andere Pflanzenmaterialien (Hanf, Flachs, Brennessel) substituiert.
Schwierig war allerdings den Klebstoff zu entwickeln, da die Klebekraft des stärkehaltigen Pflanzensafts vom Mark des Pflanzenstängels der Papyruspflanze nicht vorhanden war!
1056 gab es bereits erste Papiererzeugung - und zwar in einer Gegend von Spanien, wo sehr viel Flachs wuchs.

Doch das war alles eher experimentell. Wie gesagt hatte man keinen sehr haltbaren Leim.
Noch 1236 waren laut den Statuten Paduas Urkunden auf Papier ohne Rechtskraft. Vgl. Papier - Wikipedia
Erst  1294 wurde tierische Leimung eingeführt. Vgl. Ebd

Ab 1300 gab es eine aufstrebende Papiererzeugung. Vor Erfindung des Buchdrucks !
Offenbar hat die Papierproduktion die Leute auf die Idee gebracht, religiöse Flugblätter mit biblischen Szenen in Massen zu erzeugen (weil Papier extrem billig war)
Damals ohne Schrift, da die Leute ohnehin nicht lesen konnten. Holzschnitte waren sehr beliebt.
Allerdings mit Initialen des Druckers - da war es nicht weit zur Idee, auch eine Überschrift zum Bild ins Holz zu gravieren "Adam und Eva"
Bald kam ein etwas längerer Text dazu ""Adam und Eva und die Vertreibung aus dem Paradies"
Dann war es bereits ein dreizeiliger Text
Der Buchdruck hatte sich entwickelt
Irgendwann kam jemand auf die Idee, daß es schön wäre, wenn man die Jahreszahlen auswechseln könnte:
"Wallfahrt 1445" und dann im nächsten Jahr ohne das Bild und den Text neu anfertigen zu müssen, schnitt man die letzte Ziffer der Jahreszahl heraus, steckte eine neue Ziffer ins Loch und bastelte damit: "Wallfahrt 1446"
Damit hatte man das Prinzip der austauschbaren Jahreszahlen. Nun war es ein winziger Schritt, auch Buchstaben austauschbar zu machen.
Aus "Wallfahrt 1447 nach Mariendorf" wurde nun "Wallfahrt 1448 nach Köln"
Der Druck war da !

Gutenberg hat da nichts erfunden. Er war halt ein reicher Patriziersohn und konnte es sich leisten, eine Werkstatt speziell für solche Spielereien als Liebhaberei zu führen und dort einen Mann einzusetzen
Diese Werkstatt lieferte gute Ware und wurde bald in der ganzen Stadt bekannt

Neben dem Erfordernis von Papier für den Buchdruck war Papier auch für die in der Lombardei erfundene echte Buchhaltung erforderlich. In der Lombardei hatte zu Beginn der Neuzeit Luca Pacioli dieses System der laufenden Kontrolle von Waren- und Geldflüssen entwickelt. Mit Pergament wäre das undenkbar gewesen

Dieser Atavismus zum antiken pflanzlichen Schreibmaterial ist auffällig, dieses wurde ab 1600 immer weiter verbessert, bald schrieb man auch Verträge auf Papier, dann wurde es nochmals verbessert - unvorstellbar was ein Geldschein aus Papiergeld aushalten muß, ohne daß die Schrift abgerieben wird und ohne daß er zerreißt

Francis Bacon schrieb in seinem Novum Organum 1620: „Kein Reich, keine Religion, kein Stern hatte größeren Einfluss auf die menschlichen Angelegenheiten als Buchdruck, Schießpulver und Kompaß.“
Vgl. Buchdruck - Wikipedia
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#2
Warum steht das unter "Christentum und Theologie"?
MfG B.
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#3
Ich stellte meinen Thread in den Bereich "Christentum und Theologie", da ich vermutete, daß die Thematik "Papyrus Pergament Papyrus" der Jahre 100 n. Chr. (erstmalige Verdrängung des Papyrus durch Pergament) bzw 400 n. Chr. (völlige Verdrängung des Papyrus durch Pergament) bis 1056 (erstmalige Papiererzeugung in Spanien) und die ersten Druckerzeugnisse (religiöse Motive, anfänglich ohne Überschrift) in diesen Bereich passen könnte.

Papier wird wie Papyrus aus Pflanzenfasern erzeugt.
Während beim Papyrus der Leim aus dem Mark der Pflanzenfaser stammt (und daher von selbst klebt), muß beim Papier aus Flachs etc. ein Leim hinzugefügt werden. So ein Leim konnte lange nicht gefunden werden; erst als man ab dem Jahre 1294 tierischen Leim in die Papiermasse gab, gab es brauchbares Papier.

Später kam auch noch der Buchdruck dazu, und die ersten gedruckten Bibeln.
Das Vorhandensein von (billigem) Papier war die Voraussetzung für den Buchdruck.
Pergament (Tierhaut) wäre viel zu teuer gewesen, aber auch das weit billigere Papyrus

Gerne kann der Thread auch in einen anderen Bereich verschoben werden
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#4
Interessant ist jedenfalls die Reihenfolge Pflanzenmaterial - Tierhaut - Pflanzenmaterial mit tierischem Leim

Es war die Technik, die die Revolutionierung der religiösen Landschaft ermöglichte.
Nicht nur Theologen waren am Umbruch beteiligt, das Gewerbe war ebenfalls beteiligt

Hätte es keine neuartige Technik (Papiermühlen) gegeben, wäre die Geschichte anders verlaufen.
Es war das neue Medium des Buches, das alles revolutionierte.

Mich erinnert das an das Jahr 1989 in der Sowjetunion, als das neue Medium des Fax alles revolutionierte.
Die Nachrichtenagentur Interfax verbreitete Nachrichten, an der von der KPdSU beherrschten Zeitungspresse (Prawda etc) vorbei
Die staatliche Zensur versagte hier ebenso, wie vor 500 Jahren mit dem damals neuen Medium des Buchdrucks

Heute ist Fax längst vom Internet / Mail / Facebook verdrängt. Dieses neue Medium entwickelt auch bereits eine Eigendynamik

Aber das führt schon weg vom eigentlichen Thema.

Ich wollte den Weg vom handgeschriebenen Schriftstück auf Papyrus zum Massenprodukt Buch aus Papier aufzeigen. Das dazwischenliegende Pergament aus Tierhaut war offenbar eine Sackgasse

Da die Klöster vor 1000 Jahren kein Interesse hatten, Bücher unters Volk zu bringen (das nebenbei erwähnt ohnehin nicht lesen konnte), verblieb die Bibelabschrift beim Pergament

Die Bibeln wurden händisch auf Pergament abgeschrieben.

Technik war damals das Monopol der Klöster (siehe die Baukunst, den Dombau) und außerhalb der Klöster werkten nur einfache, analphabetische Handwerker

Von diesen kam kaum ein nennenswerter technischer Impuls. Alle scheinbaren Erfindungen dieser Epoche waren eigentlich Funde in antiken (meist griechischen) Quellen. Und auch hier hatten die Klöster das Monopol.

Erst die bedeutende Erfindung des Papiers (Flachsfaser mit tierischem Leim) führte zu der Idee des Drucks von Massenerzeugnissen. Zuerst wurden wie gesagt Holzschnitt Druckplatten gemacht, religiöse Bilder mit biblischen Szenen wurden dabei in Massen gedruckt. Bald kamen die Initialien des Druckers dazu, dann Überschriften, dann kurze Texte, dann kam man auf die Idee, im nächsten Jahr die letzte Ziffer der Jahreszahl aus der hölzernen Druckplatte herauszuschneiden und die aktuelle Ziffer hineinzustecken. Allmählich kam man zum Buchdruck mit beweglichen Lettern
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#5
Das Thema wurde vom Bereich "Christentum und Theologie" nach "Religions- und Kulturgeschichte"verschoben.
MfG B.
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