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altbackende Kernlehrsätze der katholischen Kirche
#1
Guten Tag werte Forenfachleute
und Forenteilnehmer,

... für viele spielte die Streichung des Fegefeuers als Glaubensinhalt schon lange keine Rolle mehr.
In diesem Zusammenhang kann ich mich jedoch des Eindrucks nicht erwähren, dass schon im Mittel-
alter man recht frühzeitig erkannte, dass ein klassisches (Schwarz-Weiß-Denkschema) bei einer
Reihe von alltäglichen Bewertungen nicht weiterhelfen.

Das Fegefeuer ist meines Wissens zu Beginn im Alten Testament noch nicht zu finden gewesen.
a)  wann hat es in der Heiligen Schrift dann Einzug gehalten ?

*******************************************************************************

b) Auf K-TV hörte ich vor kurzem einen Vortrag über die Erbsünde. Mir ist leider unbekannt, ob diese
Doktrin immer noch vom Vatikan vertreten wird. Dieser Grundsatz entspricht moralisch fast dem
Anspruch gegenüber den Deutschen im Hinblick auf die Kollektivschuld, welche meines Wissens durch
die Alliierten in die Welt gesetzt wurde.

Als theologischer Anspruch zur Erklärung von Schuld und Sühne ist sie inzw. aber unbestreitbar untauglich
geworden. Bedauerlicher Weise ist mir keine päpstliche Enzyklika bekannt, bei der die Erbsünde eine
wichtige Rolle spielt.

Das Schuld nur individuell zugeordnet werden kann, müssten eigentlich mittlerweile auch die obersten
Glaubenswächter im Vatikan anerkannt haben.
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#2
(08-08-2018, 15:13)Kreutzberg schrieb: ... für viele spielte die Streichung des Fegefeuers als Glaubensinhalt schon lange keine Rolle mehr.

Abgeschafft wurde der Limbus, also eine Art Vorhölle, ein Ort ohne Gottesnähe und ohne jede Freude, aber auch ohne Leid. Es ist der Ort, an dem jemand kommen und ewig bleiben sollte, wenn er/sie Sündenfrei, aber ohne Taufe stirbt (also als Kleinstkind mit der Ursünde behaftet). 

Das Purgatorium (Fegefeuer), also jener Ort, an dem die geretteten Seelen geläutert werden sollen, ist, zumindest in der katholischen Kirche, immer noch existent. Da man den Unsinn, der sich hinter dieser Annahme verbirgt, wohl erkannt hat, wird darüber kaum mehr gesprochen, auch in Predigten nicht. Der liturgische Tag, an dem für die Seelen, die sich im Purgatorium befinden, gebetet wird (bzw. wurde), ist der Allerseelentag, also der 2. November.

Auf der 25. Sitzung des Konzils von Trient wurde das Purgatorium (Fegefeuer) mit dem Dekret über den Reinigungsort vom 3. Dez. 1563 dogmatisch einzementiert:

Da die katholische Kirche, vom Heiligen Geist belehrt, aufgrund der heiligen Schriften und der alten Überlieferung der Väter auf den heiligen Konzilien und zuletzt auf diesem ökumenischen Konzil gelehrt hat, es gebe einen Reinigungsort, und den dort festgehaltenen Seelen werde durch die Fürbitten der Gläubigen, vor allem aber durch das wohlgefällige Opfer des Altares geholfen, so gebietet das heilige Konzil den Bischöfen, sorgsam darum bemüht zu sein, dass die von den heiligen Vätern und den heiligen Konzilien überlieferte gesunde Lehre vom Reinigungsort von den Christgläubigen geglaubt, festgehalten, gelehrt und überall verkündet werde.

Von den volkstümlichen Predigten vor dem ungebildeten Volk aber sollen die eher schwierigen und spitzfindigen Fragen, die zur Erbauung nichts beitragen und aus denen meist kein Zuwachs an Frömmigkeit entsteht, ausgeschlossen werden.

Im Grunde wird bis heute nach diesem Rezept verfahren.

(08-08-2018, 15:13)Kreutzberg schrieb: Das Fegefeuer ist meines Wissens zu Beginn im Alten Testament noch nicht zu finden gewesen.
a)  wann hat es in der Heiligen Schrift dann Einzug gehalten ?

Das Fegefeuer ist auch im NT nicht zu finden. Aber es gibt ein paar Stellen, die entsprechend gedeutet werden.

(08-08-2018, 15:13)Kreutzberg schrieb: ...Vortrag über die Erbsünde. Mir ist leider unbekannt, ob diese
Doktrin immer noch vom Vatikan vertreten wird.

Im Jahre 412 schrieb Augustin den Text "De peccatorum meritis et remissione et de baptismo parvulorum". Mit diesem lehnte er die zu seiner Zeit verbreitete Ansicht ab, die Sünde Adams wirke nur durch Nachahmung. Augustin behauptete, dass die Erb- bzw. Ursünde  durch die Fortpflanzung (propagatione) weitergegeben werde und aus diesem Grunde jeden Menschen belaste. Dabei stützte er sich auf Röm 5,12.14.18.

Das letzte dogmatische Dokument, in dem die Ursünde (Erbsünde) angesprochen wird, ist meines Wissens die Instruktion der Glaubenskongregation "Pastoralis actio" vom 20. Okt. 1980, womit die Notwendigkeit der Taufe von Kleinkindern bekräftigt wird:

Baptismus, ad salutem necessarius, signum est et instrumentum praevenientis amoris Dei, qui ab originali peccato liberat, atque vitae divinae consortium communicat: ex se, horum bonorum donum pro parvulis differendum non est.
MfG B.
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#3
Ein wichtiger Hinweis : viele weltlich orientierte Christen wie meine Schwester meinen, dass ein Säugling die Tragweite der Taufe nicht erkennen kann und die TAUFE somit Hand in Hand gehen sollte mit der Entscheidung zur Firmung. Würde man das ändern, fallen unweigerlich diese beiden zentralen Sachfragen ausgerechnet in der Phase bei der die meisten Jugendlichen sich noch in der
Pubertät befinden. Das wäre eine unkluge Reform. 

Ich habe seit langem schon den Eindruck, dass mit dem "Erbsünden-Grundsatz" viele anstehenden theologisch-inhaltlichen Änderungen ernsthaft und dauerhaft blockiert werden durch die Glaubenskongregation.
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#4
(10-08-2018, 14:23)Kreutzberg schrieb: Ich habe seit langem schon den Eindruck, dass mit dem "Erbsünden-Grundsatz" viele anstehenden theologisch-inhaltlichen Änderungen ernsthaft und dauerhaft blockiert werden durch die Glaubenskongregation.

Selbst wenn es stimmt, daß die Abschaffung des Begriffs der Erbsünde durch die Glaubenskongregation blockiert wird, so verstehe ich Deinen
Vorwurf nicht. 

Wenn Du nicht an die Erbsünde glaubst, kann es Dir doch eigentlich völlig egal sein, was die Glaubenskongregation dazu sagt
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#5
Die Erbsünde stellt aber ein zentrales Dogma dar und ist ein Paradebeispiel für eine Wagenburg-Mentalität bei der theologische Fragen im Verhältnis zu konkret-christlichen Problemen zu bedeutend gewichtet werden.

Es ist richtig : eine moralische Keule mit dem Hauptargument der Erbsünde habe ich lange nicht mehr gehört. Somit hat der Stellenwert der Erbsünde schon lange an Bedeutung verloren. Dogmen blockieren aber auch notwendige Entwicklungen, weil die RKK insbesondere das Gespür für harte konkrete Sachfragen des Alltags mehr und mehr verliert.
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#6
(15-08-2018, 17:04)Kreutzberg schrieb: Dogmen blockieren aber auch notwendige Entwicklungen, weil die RKK insbesondere das Gespür für harte konkrete Sachfragen des Alltags mehr und mehr verliert.

Manche meinen, nur durch Dogmen hat die Katholische Kirche eine Chance, harte konkrete Sachfragen des Alltags zu behanden, ohne zu zerbröseln. 
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#7
Sinai : Du sprichst von Chancenwahrung : ich spreche aber vom Bau einer Trutzburg (Wagenburg) gegen die internen und externen Kritiker in den Führungsetagen der deutschen Kirche sowie im Vatikan.
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#8
Manche Kritik ist gerechtfertigt, manche Kritik ist jedoch ungerechtfertigt.
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#9
(08-08-2018, 15:13)Kreutzberg schrieb: Als theologischer Anspruch zur Erklärung von Schuld und Sühne ist sie inzw. aber unbestreitbar untauglich
geworden. Bedauerlicher Weise ist mir keine päpstliche Enzyklika bekannt, bei der die Erbsünde eine
wichtige Rolle spielt.

Die Erbsünde ist in der Tat ein sehr plumpes Dogma. Mir erschließt sich die praktische Dimension des ganzen nicht. Was hat es für einen Sinn, so etwas (wenn es sie denn gibt) zu betonen? 
Im NT heißt es doch vielmehr:
Denn wie in Adam alle sterben, so werden in Christus alle lebendig gemacht werden. (1 Kor 15,22)
Wer siegt, dem werde ich zu essen geben vom Baum des Lebens, der im Paradies Gottes steht. (Offb 2,7)

Darauf sollte man doch schauen, also auf das Ideal das es zu Erlangen gilt, nicht auf das Mindere.
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#10
Der andere Teil der ehemaligen roemischen Staatskirche, die Orthodoxie, interpretiert die "urspruengliche Suende" (schon der Begriff "Erbsuende" suggeriert eigentlich eine falsche Vorstellung) uebrigens komplett anders. Sie lehnt die Vorstellung, dass der Mensch schon mit einer Suende geboren wird, ab. Was der Mensch erbt, ist die Eigenschaft, dass er irgendwann stirbt, die daraus folgende Angst vor dem Tod, die ihn wiederum oft dazu verleitet, zu suendigen. Durch die Gabe der Wiederauferstehung soll die Angst vor dem Tod und damit die eigentliche Ursache des Suendigens genommen werden. Das ist im Prinzip eine sehr viel lebensbejahendere und freundlichere Vorstellung. Es zeigt auch, dass es anders geht.

Allerdings ist es wohl grundsaetzlich so, dass die RKK beschlossen hat, dass man von einmal gefassten verbindlichen Lehrsaetzen nicht mehr einfach so trennen kann. So ist das halt, wenn man meint, unfehlbar zu sein.
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#11
(17-08-2018, 16:07)Ulan schrieb: Was der Mensch erbt, ist die Eigenschaft, dass er irgendwann stirbt, die daraus folgende Angst vor dem Tod, die ihn wiederum oft dazu verleitet, zu suendigen. 


Auch dies ist eigentlich nicht nachvollziehbar.
1.  Gerade die Angst vor dem Tod und der darauffolgenden Bestrafung sollte doch den Menschen vor der Sündigung abschrecken.
2.  Adam und Eva kannten noch nicht den Tod, sie waren unsterblich. Dennoch sündigten sie.
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#12
Der Titel dieses Threads lautet:  "altbackene Kernlehrsätze der katholischen Kirche"
Wenn wir ehrlich sind, ist doch die Schöpfungsgeschichte (Erschaffung der Welt in 7 Tagen) und die Geschichte von Eva, die aus einer Rippe des Adam geschaffen wurde, sehr antik, aber nicht das Werk der katholischen Kirche.
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#13
Vor diesem Hintergrund wird mir auch klar wie überhaupt der Leitgedanke entstehen konnte der sog. "Kollektivschuld" zum Holocaust. Ich habe diese Bewertung immer in der Urheberschaft der Alliierten vermutet, welche zw. 1945 - 1948 sehr motiviert waren eine radikale Umerziehung der Deutschen durchzusetzen.

Der Leitgedenke der "individuellen Schuld und Verantwortung" scheint auf den 1. Blick sich erst in den 60er Jahren durchgesetzt zu haben. Leider ist aber auch das ein falscher Rückschluß !!!

Nach meiner Auffassung ist es wohl eher so, dass die Errungenschaften der Aufklärung Ende des 18. Jahrhunderts einfach schrittweise wieder zurückgedrängt wurden, was größtenteils nicht zuletzt die Katholische Kirche zugerechnet werden muss.
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#14
Bitte nicht irgendwelcher rechten Propaganda aufsitzen. "Kollektivschuld" oder gar individuelle Schuld gibt es natuerlich in diesem Zusammenhang fuer die Nachkriegsgenerationen naturgemaess keine. Kollektive und individuelle Verantwortung gibt es schon, aber nicht in dem Sinne, dass man irgendwie verantwortlich fuer die Taten der Vorfahren waere (mal abgesehen von staatsrechtlichen Folgen), sondern die Verantwortung, aus der Geschichte zu lernen und sich aehnlichen Entwicklungen entgegenzustellen.
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#15
Der Begriff Kollektivschuld habe ich ehrlich gesagt in den Medien auch lange schon nicht mehr gehört . Ich gehe davon aus, dass jeder sog. Experten der heut zu Tage damit herkommt, sich ziemlich lächerlich machen würde. Eine gewisse Intelligenz vorausgesetzt raffen das auch einfältige Fachleute.

Da diese Unart in den letzten 10 Jahren zugenommen hat wählt man ja inzw. sogar auch schon das Unwort des Jahres.

:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Die Genesis ist dennoch sehr aufschlußreich und stellte für die ersten Homo Sapiens mit religiösem Hintergrund
eine Erklärung dar wie die Welt geworden ist wie sie ist. Es ist übrigens Schade, dass hierdurch die Schlange ein Image bekommen hat, welche sich aus der Natur heraus nie ergeben wäre. Es gab nämlich andere Tiere welche viel hinterhältiger waren, aber nicht für eine Parabel herangezogen wurden.

ULAM :
Die Kirche lebt vom Anspruch in Ihren Grundsätzen auch in stressigen Zeiten nicht beliebig zu werden. Das ist quasi
ein Markenzeichen für sie ...
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