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Teufel, Satan
#1
(Text in Arbeit)

Im frühen ↗Judentum spielt der Teufel (Satan) eine untergeordnete Rolle. Im ↗Hiob-Buch ist er einer der Gottessöhne und  gehört zum Hofstaat Jahwes (Hiob 1,6). Bei ↗Sacharja (3,1f.) tritt er als Ankläger gegen ↗Joshua auf. In ↗apokryphen Texten (zB der ↗Abrahamapokalypse, ↗1 u. 3 Henoch) tritt Satan unter dem Namen des im Buch ↗Leviticus erwähnten Wüstendämons ↗Asasel (Lev. 16,8.10.26) in Erscheinung.  

In 2Sam 24,1 wird Satan für eine problematische Handlungen verantwortlich gemacht, für die in 1Chr 21,1 - dieselbe Sache beschreibend – noch Jahwe verantwortlich ist. Beide Texte sind nachexilisch. Offenbar sind sie mit abweichendem Ergebnis redaktionell bearbeitet worden.

Erfunden wurde der Teufel in ↗Persien. Dort war er als ↗Ahriman das personifizierte böse Prinzip und stand um die Herrschaft über die Welt und die Menschen in ständiger Auseinandersetzung mit Ormuzd (↗Ahura Mazda).  Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Juden unter persischer Oberherrschaft Bekanntschaft mit Ahriman gemacht hatten und auf diese Weise Elemente persischer Teufelsvorstellungen zumindest in apokryphe jüdische Texte eingeflossen waren.

In späteren jüdischen Texten ist Satan schon eine größere Plage. Im ↗Talmud wird berichtet, dass er die Übergabe der ↗Tora an die Juden verhindern wollte. Um vor dem Satan zu verbergen, dass das jüdische Volk in den Besitz des Gotteswortes gekommen war, musste die Tora heimlich übergeben werden (bTalm Sanhedrin III Fol. 26 b). Er stiftet Unfrieden zwischen den Menschen (bTalm Gittin V Fol 52a). Als Verführer lauert er vor der Tür. Nur am ↗Versöhnungstag darf er nicht anklagen (bTalm Joma I Fol.20). Er verführt zum Essen von ↗Schweinefleisch und zum Tragen von Mischgeweben (bTalm Joma VI Fol. 67b) und findet sich gerne zum Neujahrsfest ein. Man kann ihn aber durch Trillertöne verwirren. Unterlässt man das, wird das Jahr schlecht, weil Satan nicht verwirrt worden ist  (bTalm Rosh Hashana I Fol. 16b). Um, wenn er sein Unwesen treibt, nicht erkannt zu werden, kann er in Tiergestalt auftreten (bTalm Sanhedrin XI Fol. 95a u. Fol. 107a).

Texte der ↗Kabbala räumen Satan und bösen Geistern (↗Dämonen) noch um einiges mehr Wirkungsmächtigkeit ein.

Im  ↗Christentum (↗NT) tritt das Böse ebenso als Satan (griech. σατανᾶϛ) wie auch als Teufel (griech. διάβολος, ahd. tifual) in Erscheinung, ist dort aber auch unter den Bezeichnungen Beelzebul (Mk 3,22 u.a.) und Belial (2Kor 6,15) gegenwärtig. Bei ↗Luther wird der Teufel in bewusster Verballhornung vom Beelzebul, dem Erhabenen Herrn, zum Beelzebub, dem Herrn der Fliegen, degradiert. Bei ↗Paulus (2Kor 4,4) ist er der "Gott dieser Welt". ↗Augustinus behauptet, der Teufel sei der Schöpfung nach gut gewesen und aus eigenem Willen böse geworden1, was man – als wenig plausible Erklärung – nicht hinnehmen kann, zumal der Widerspruch, den diese Aussage birgt, augenfällig ist und von Augustinus selbst, wonach Gott "nichts Zukünftiges verborgen ist"2, infrage gestellt wird.

Der Teufel ist Herr über die ↗Hölle und steht allen Dunklen Mächten vor, für die sich die griechische Bezeichnung "Dämonen" durchgesetzt hat3. Wenig passend ist das, wenn er als ↗Lucifer (Lichtträger, Lichtbringer) auftritt, ein Name, den der Teufel im ↗Märchen und im ↗Volksglauben häufig trägt. Die Bezeichnung Lucifer war für den Teufel seit dem ↗Mittelalter in Verwendung (zB in der ↗Legenda Aurea im Rahmen der Erzählungen: ↗Sankt Bernhard und ↗Sankt Michael oder in ↗Dantes Commedia, etc.). Ab der ↗Frühen Neuzeit hat sie sich nachhaltig festgesetzt.  

Das Bild, das sich die Menschen im Mittelalter und der Frühen Neuzeit vom Teufel machten, war der ↗griechischen Mythologie entlehnt. Der Hirtengott ↗Pan stand in antiken Skulpturen für ihn Modell. Seine Merkmale (Hörner, Bocksbeine, Behaarung und Schwanz) wurden in Teufelsdarstellungen vom Anfang weg stark überzeichnet und in fortlaufender Zeit bisweilen grotesk entstellt. Der ↗Ziegenbock, der dem Pan heilig war, wurde zum Teufelstier. Als Teufelstier gilt auch die ↗Schlange. Bibelexegeten lehnen es in der Regel ab, das aus Gen 3,1 herzuführen. Dem ist allerdings entgegenzustellen, dass ein solcher Zusammenhang durch die Bibel selbst (Offb 12,9.20,2) hergestellt ist. Schon in christlicher Frühzeit wurde dieser Zusammenhang angenommen3. Als Teufelstiere galten im Volksglauben darüber hinaus ↗Katzen, ↗Eulen, ↗Raben, ↗Fledermäuse, ↗Kröten, ↗Fliegen und ↗Wölfe. Der ↗Hund hingegen gehört nicht dazu, den hasst der Teufel wegen seiner Treue (Hildeg. v. Bingen. Physika 7.20).  

Auch viele Pflanzen wurden dem Teufel zugeordnet. Davon auch einige mit Heilkraft (Alraune, Herbstzeitlose, Johanniskraut, Teufelskralle), denen Besitz zur Zeit der ↗Hexenverfolgungen naturgemäß lebensgefährlich gewesen war.

Wenngleich dem Teufel im Christentum keine göttliche Macht zukommt, ist er Göttern polytheistischer Religionen vergleichbar wirkungsmächtig. Das trifft ebenso für den islamischen Teufel, ↗Iblis bzw. Shaitan genannt, zu. Dass der Glaube an die Wirkungsmächtigkeit des Teufels das Christentum und den Islam als dualistisch angelegt erscheinen lässt, wird von Theologen beider Religionen auf das Heftigste bestritten. Als Hauptargument wird überwiegend vorgelegt, dass das Böse als Instrument der göttlichen Prüfung nötig sei und der Teufel über fromme Christen und Muslime keine Macht habe.

In der europäischen Literatur spielt der Teufel eine oft merkwürdige Rolle. In Strindbergs "Advent" ist er Büßender und Richter zugleich. Er bedroht die verworfenen Alten mit schwerster Strafe, lässt ihnen aber die Hoffnung, dass sie der Verdammnis entgehen können, wenn sie Leid auf sich nehmen und auf diese Weise Buße tun. Oder in Bulgakows "Meister und Margarita", wo der Teufel in Moskau als Herr Volant sein Unwesen treibt und die korrupten Funktionäre des Kulturbetriebs aufmischt. In dieser Rolle trägt er geradezu symphytische Züge. Schließlich ↗Goethes Mephistopheles, der mit Gott in einer an die Hiob-Erzählung erinnernden Vertrautheit Umgang5 hat, eine Wette abschließt und ↗Faust 20 Jahre durchs Leben begleitet.

Im Volksmärchen tritt der Teufel überwiegend als einfältige Figur auf, die ständig auf Seelenfang ist und nahezu immer übertölpelt wird.

1) Augustinus. De civitate Dei XI 17
2) ebd. XX 7
3) Flasch 30
4) Justin Martyr. Dialogus cum Tryphone 45
5) Goethe. Faust. Prolog im Himmel:
Mephistopheles
"Da du, o Herr, dich einmal wieder nahst
Und fragst, wie alles sich bei uns befinde,
Und du mich sonst gewöhnlich gerne sahst,
So siehst du mich auch unter dem Gesinde."
[…]
"Von Zeit zu Zeit seh' ich den Alten gern,
Und hüte mich, mit ihm zu brechen.
Es ist gar hübsch von einem großen Herrn,
So menschlich mit dem Teufel selbst zu sprechen."


Literatur:
Alfonso di Nola. Der Teufel. 1990 München, Verl. H. Hugendubel.
Gustav Roskoff. Die Geschichte des Teufels. 2004 Köln. Lizenzausg. v. Verl. A. Melzer f. Parkland Verlag.
Kurt Flasch. Der Teufel und seine Engel. 2015 München. Verl. C. H. Beck.


● Zum Inhaltsverzeichnis des Lexikons
MfG B.
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