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Judas und die endlose Spekulation der Fachleute
#20
(13-07-2018, 16:24)Kreutzberg schrieb: Gibt es denn in den sog. Apokryphen keine zielführenden Hinweise über die Motive von Judas ?

Nein. Die Apokryphen sind groesstenteils noch viel offensichtlicher literarische Produkte als es die vier kanonischen Evangelien sind. Geschichtliche Elemente zu den Figuren darin sucht man darin vergeblich. Die Apokryphen sind aber fuer die Entwicklung des Christentums sehr interessant.

(13-07-2018, 16:24)Kreutzberg schrieb: Für mich ist zwar auch plausibel, dass er enttäuscht war als er merkte, dass Jesus eine pazifistische Grundhaltung einnahm. Eine gewaltsame Vertreibung der Römer lag aber zu jedem Zeitpunkt auch außerhalb einer realen Option. Das haben offenkundig viele Fanatiker bewußt ausgeblendet.

Wenn er (Judas) zur Zelotischen Bewegung Zugang hatte ergibt sich faktisch ein anderer Zugang zu Judas. In diesem Zusammenhang ist es ein Jammer, dass die ZELOTEN keine schriftlichen Überlieferungen zu Ihren Überzeugungen hinterlassen haben. Das ist ausgesprochen ärgerlich, aber leider nicht zu ändern.

Ich wuerde die Schriften des Flavius Josephus empfehlen. Dieser hat ausfuehrlich ueber den ersten Juedisch-Roemischen Krieg geschrieben. Das ist zwar alles etwas gefaerbt, da er, obwohl er einer der Anfuehrer des Aufstands war, es schaffte, ueberzulaufen und sich zu retten, aber man kann zumindest Beweggruende und Gedankengaenge etwas erschliessen (man muss halt nur ignorieren, dass er immer nur anderen die Schuld zuschiebt, und dass er, seiner Lage entsprechend, die Roemer in gutem Licht dastehen lassen muss). Er befasst sich unter anderem auch mit den unterschiedlichen juedischen "philosophischen" Richtungen.

Im Hintergrund steht eine in einigen juedischen Kreisen vorhandene Erwartung, Gott wuerde im Krieg eingreifen und dem juedischen Freiheitskampf zum Sieg verhelfen (ich wuerde sagen, diese Idee steckt auch hinter der Jesus-Geschichte). Prophetenbuecher wie Daniel spielten eine grosse Rolle. Daniel wurde zur Zeit der Makkabaeer geschrieben, und der Autor des Buches Daniel hatte erwartet, dass die Juden den Kampf gegen die hellenistischen Herrscher verlieren wuerden. Trotzdem hatten die Juden damals den Krieg gewonnen und waren in der Folge fuer lange Zeit unabhaengig. Dieses "Wunder", das die Hasmonaeer-Dynastie an die Macht brachte, spielte in den nationalistischen Gedanken eine grosse Rolle.

Ganz so glatt ging der Krieg fuer die Roemer auch nicht. Bei ihrem ersten Versuch, Israel zurueckzuerobern verloren sie gleich einmal anderthalb Legionen und mussten sich zurueckziehen. Die Zerstoerung Jerusalems fand im Jahr 70 n.Chr. statt, und die Hauptkampagne war damit beendet, waehrend der ganze Krieg von 66-73 dauerte. Es gab danach noch zwei weitere Kriege, 115-117 (dieser hauptsaechlich in den juedischen Gebieten ausserhalb Israels) und noch einmal 132-136 unter dem ausgerufenen Messias Simon bar Kochba. Auch dieser Krieg verlief fuer die Roemer nicht glatt, wobei wir aber nur wenige Details wissen. Bar Kochba heisst "Sternensohn", und er hat diesen Stern des Messias auch auf Muenzen gepraegt, die er ausgegeben hatte. Die Truppen Hadrians gewannen aber. Die starke antijuedische Stimmung der Zeit hat wohl massgeblich zur Abtrennung des Christentums beigetragen.
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RE: Judas und die endlose Spekulation der Fachleute - von Ulan - 13-07-2018, 23:04

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