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Dionysien (Städtische Dionysien)
#1
Jährlich zu Ehren des ↗Dionysos abgehaltenes Frühlingsfest. Bedeutendstes der fünf im Attischen Festkalender vermerkten Dionysos-Feste1.

Das Fest wurde in Athen im Monat "Elaphebolion" (März/April) begangen, dauerte fünf Tage lang und war mit künstlerischen Wettbewerben (↗Agones) verbunden. Es wurde aber auch an anderen Orten begangen, zB auf der Insel ↗Delos (Deubner 141).

Verlauf des Festes:

Am Vortag des Festes wurde die Statue des Dionysos Eleuthereus2 von jungen Männern dem "Kleinen Tempel" an der Straße nach Eleutherai3 entnommen.

Am ersten Tag fand die große ↗Pompe (Festprozession) statt, die zum Dionysos-Festbezirk führte. Beim festlichen Umzug hatten Abordnungen von Städten teilzunehmen, die unter dem Einfluss von Athen standen. Diese Städte stellten hölzerne Phalloi bereit, die der Prozession vorangetragen wurden. Die Mitte des Umzuges bildete ein Schiffswagen, der an den Mythos der Gefangennahme des Dionysos durch Seeräuber erinnern sollte. Dieser Mythos ist auf der Augenschale des Exekias dargestellt und in einem homerischen Lobgesang (Hom. hymn. 7, 35ff.) beschrieben. Im Laufe des Umzugs wurden an verschiedenen ↗Altären der Stadt Opferhandlungen vollzogen. Es folgten ↗Dithyramben-Wettbewerbe (Darbietung chorlyrischer Loblieder zu Ehren des Dionysos), die im Dionysos-Theater stattfanden. Zum Wettbewerb traten zehn Männer- und zehn Knabenchöre (a 50 Sänger) gegeneinander an. Danach wurden politische Handlungen (Ehrungen, Würdigungen von Tributleistungen, etc.) vorgenommen.

Am zweiten Tag des Dionysos-Festes wurden fünf ↗Komödien aufgeführt.

An den folgenden drei Tagen wurden dem Publikum die für den Wettbewerb ausgewählten4 und von einer Bürgerjury bewerteten5  ↗Tetralogien (pro Tag drei ↗Tragödien und ein ↗Satyrspiel) vorgestellt und schließlich die Sieger geehrt.

Die unter staatlichem Schutz dargebotenen Theateraufführungen nahmen unter dem Tyrannen ↗Peisistratos ihren Anfang. Unter ihm wurde im Zeitraum der 61. ↗Olympiade (535/532 vC, wahrscheinlich im Jahr 534 vC) erstmals eine Tragödie von Thespis6 aufgeführt (Latacz 79). Komödien hatten erst 486 vC in die Städtischen Dionysien Eingang gefunden (Lesky 64f.).


1) Die anderen Dionysosfeste waren:
Die ↗Anthesterien, die drei Tage lang dauerten und im Monat Anthesterion (Februar/März) begangen wurden. Schon im Monat Gamelion (Jänner/Februar) feierte man die ↗Lenäen. Die ↗Oschophorien, ein Erntedankfest, wurden im Monat Pyanepsion (Oktober/November) begangen, und im Monat Posideon (Dezember/Jänner) fanden die ↗Ländlichen Dionysien statt.

2) Dionysos Eleuthereus

So wird die dem Dionysos-Heiligtum in Eleutherai entnommene und nach Athen überführte Holzplastik genannt. Im Dionysos-Heiligtum von Eleutherai wurde eine Kopie aufgestellt.

3) Eleutherai = Ein böotisch-attischer Grenzort, der früher zu Böotien gehört hatte und später unter die Verwaltungshoheit von Athen (Paus. 1, 38, 8) kam.


4) Die Auswahl der Stücke erfolgte im Wettbewerb. Jeder Dichter, der sich dem Wettbewerb stellen wollte, musste neun Monate vor dem Fest beim ↗Archon eponymos seine Texte einreichen. Die Archonten wählten aus den Eingaben fünf Komödiendichter und drei Tragiker mit je einer Tetralogie aus. Jeder der ausgewählten Dichter erhielt einen ↗Chor und einen Chorleiter (Chorege), der die Mitglieder des Chores anwarb, sie einzukleiden und zu finanzieren hatte.

5) Vor den Aufführungen erhielten Dichter und Chorführer Gelegenheit, ihre Stücke einer erlesenen Bürgerjury vorzustellen, die die Sieger zu bestimmen und Reihungen vorzunehmen hatte.

6) Thespis gilt als der erste griechische Tragödiendichter.

"Die bis dahin unbekannte Gattung der tragischen Muse hat, wie es heißt, erfunden und die Werke auf Karren gefahren Thespis."
(Horaz, Ars poetica V. 275f.)

Thespis wirkte im 6. Jh vC. Die genauen Lebensdaten sind nicht bekannt. Seine Heimat war die Insel Ikaria (Kranz 136) oder Attika (Latacz 81). Künstlerisch war er in Attika tätig. Von seinen Werken ist - von vier Fragmenten (von denen zwei wahrscheinlich nicht echt sind) abgesehen - nichts erhalten (Latacz 81).



Literatur:
Ludwig Deubner. Attische Feste. 1932 Berlin. Nachdruck 1966 Wien. Verl. Anton Schroll & Co.
Albin Lesky. Die griechische Tragödie. 41968 Stuttgart. Verl. Kröner.
Walther Kranz. Geschichte der griechischen Literatur. 1998 Köln. Lizenzausg. Parkland-Verl.
Joachim Latacz. Einführung in die Griechische Tragödie. 22003 Göttingen, Verl. Vandehoeck&Ruprecht.


● Zum Inhaltsverzeichnis des Lexikons
MfG B.
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