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Satyrspiel
#1
Heiteres ↗mythologisches ↗Märchenspiel. Schlussspiel einer tragischen ↗Tetralogie.

Das Satyrspiel ist ein Zwischending zwischen attischer ↗Tragödie  und ↗Komödie. Sprache, ↗Metrik, dramatische Bauform sind weitgehend mit der Tragödie identisch. Hingegen lassen Atmosphäre, Ton und Handlungsverlauf, die vorgestellte Lebensphilosophie und die emotionale Wirkung der Darbietungen, an der komischen Gattung keine Zweifel aufkommen. Von der attischen Komödie unterscheiden sich Satyrspiele durch fehlende Angriffe auf politische Funktionsträger und sonstige bekannte Persönlichkeiten (zB ↗Sokrates, der in der Komödie "Wolken" von ↗Aristophanes als lächerlicher ↗Sophist vorgestellt wird) und der fehlenden Kritik an den sozialen Verhältnissen.

Wie bei den klassischen Tragödien bot die griechische Götter- und Heldenwelt den Stoff für Satyrspiele. Den ↗Chor  bildete eine Gruppe von Satyrn, die von mit Ziegenfellen bekleideten Schauspielern dargestellt wurden. Die ↗Satyrn hüpften übermütig tollend zwischen den die Handlung tragenden Göttern und Helden herum. 

Die Ursprünge des Satyrspiels sind zeitlich ins 7. Jh vC und von ihrer Herkunft in die ↗Peloponnes zu verorten. Hinter Abbildungen dickbäuchiger, tanzender ↗Silene (den Satyrn verwandte mythologische ↗Mischwesen der griechischen Frühzeit)1 auf ↗korinthischen (ab 630 vC) und etwas später auch auf attischen Vasen (Latacz 33; Burkert 163f.), darf man kultische Darbietungen bäuerlicher Gemeinschaften zu Ehren des ↗Dionysos vermuten2.

Ab dem 5. Jh vC ist das Satyrspiel als Schlussteil einer klassischen Tetralogie in Athen anzutreffen.  Den Rahmen für Aufführungen desselben gaben die  (Großen) ↗Städtischen Dionysien, die  fünf Tage dauerten und alle Jahre im März abgehalten wurden.

Das einzige vollständig erhaltene Satyrspiel ist "Kyklops" von ↗Euripides. Zwei weitere Satyrspiele, die "Netzfischer" des ↗Aischylos und die "Spürhunde" des ↗Sophokles, sind in großen Teilen auf uns gekommen.



1)Im Satyrspiel ist der alte ↗Silenos (der Erzieher des Dionysos) Vater der den Chor bildenden Satyrn.


2) Lesky (Lesky 59) meint, dass Satyrn und Silene zwei Bezeichnungen derselben Art mythologischer Wesen seien. Die auf den Vasen wiedergegebenen Ereignisse um die dargestellten "Dickbauchtänzer" werden von Fachgelehrten aber auch anders gedeutet. Nämlich als Darstellung von ↗Symposien.  Als verkleidete Symposiasten, zum Beispiel, oder als professionelle Unterhaltungskünstler, die, am unteren Rande der Gesellschaft angesiedelt, für die Unterhaltung aristokratischer  Symposiasten zu sorgen hatten. 

Setzt man voraus, dass alt gewordene Satyrn als Silene bezeichnet wurden und man die Sache vom Wissenstand über die klassische Zeit her beurteilt, ist der Einwand berechtigt. In klassischer Zeit kamen in den Chören ausschließlich junge Männer zum Einsatz.


Literatur:
Albin Lesky. Die griechische Tragödie. 41968 Stuttgart. Verlag Kröner.
Joachim Latacz. Einführung in die griechische Tragödie. 22003 Göttingen. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht.
Bernd Seidensticker. Das antike Theater. 2010 München. Verlag C. H. Beck.
Walter Burkert. Griechische Religion der archaischen und klassischen Epoche. 22011 Stuttgart, Verlag W. Kohlhammer.



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MfG B.
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