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das ist so mir eingefallen
#19
(07-04-2018, 08:05)dharma schrieb: Es ist schwierig, darüber zu diskutieren, da es ein Gegenstand des Glaubens ist. Ekkard vertritt eine atheistische Position mit einem kulturchristlichen Hintergrund, die in sich schlüssig ist, weil sie völlig in der materialistischen Verengung verbleibt. Aus einer spirituellen Position, die sich für die Wirklichkeit hinter dieser Verengung öffnet, ist das natürlich nicht nachvollziehbar, aber aus Ekkard's Sicht die einzig schlüssige. Um das Höhlengleichnis von Platon zu bemühen: eine Diskussion mit den Leuten, die die bewegten Schatten für die einzige Realität halten und gar nicht die Leiter hochkraxeln wollen, macht keinen Sinn, zumindest nicht über den Erkenntnisgegenstand selbst. Er setzt nämlich ganz grundegend eine spirituelle Erfahrung voraus, die in diesem Fall fehlt und zu denen die Kirchen auch keinen Zugang haben (sonst würden sie nicht dieses antispirituelle Kulturchristentum erschaffen).

Das platonische Hoehlengleichnis kommt bei Glaeubigen anscheinend wieder gross in Mode, da man es ueberall an den Kopf geworfen bekommt. Versteh' mich nicht falsch, es hat durchaus eine wertvolle Botschaft, was die Natur der "Realitaet" angeht. Was mich stoert, ist die Art und Weise, wie es benutzt wird. Das scheint wieder in neoplatonische Bahnen abzugleiten, und ich bin der festen Ueberzeugung, dass der Neoplatonismus - mit dem Christentum auf seinen Rockzipfeln - letztlich einen grossen Teil zum Untergang der Antike und des antiken Wissens beigetragen hat, weil er uns verleitet, den Blick von realen Problemen abzuwenden und in Richtungen, die letztlich nirgendwo hin fuehren.

(07-04-2018, 08:05)dharma schrieb: Wo individuelle Erkenntnisse nicht für möglicherweise existent gehalten werden, gibt es auch keine Kategorie dafür. Diese würde voraussetzen, dass mehr Varianten für denkmöglich gehalten werden. Aus der Denkmöglichkeit heraus kann eine Kategorie gebildet werden, die individuelle Erkenntnis nicht nur akzeptieren, sondern auch verstehbar machen kann. Meine Großoma sagte immer "Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht". So ist das mit den meisten Menschen. Für sie bildet die räumliche Wahrnehmung die einzig mögliche Realität. Erkenntnisse in andere Bereiche sind nicht möglich. Solange ich das selbst glaube, muss ich alle individuellen Erkenntnisse ablehnen oder sie im Sinne der zweiwertigen Logik als "unwahr" einstufen - weil ich Wahrheit ja auf meine Sinnesorgane reduziere.
Wenn man davon ausgeht, dass es so viele Universen wie Möglichkeiten gibt, ergibt sich eine unendliche Anzahl von Kontexturen, in denen individuelle Erkenntnisse als wahr verstanden werden können.

Das ist so nicht richtig. Diese Verengung auf das mit den Sinnen Erfahrbare existiert so nicht. Dass es viele Dinge in der Welt gibt, von denen wir absolut keine Ahnung haben und/oder die wir mit unseren Sinnen nicht erfahren koennen, bezweifelt ja niemand. Ich wuerde sogar soweit gehen, dass wir von der ueberwaeltigenden Mehrheit der in dieser Realitaet existierenden "Dinge" keine Ahnung haben; wir haben da erst an der Oberflaeche gekratzt. Wo der Zug entgleist, ist der Moment, wo der Umkehrschluss gezogen wird: viele Dinge existieren ausserhalb unserer Sinneserfahrung, also fuehrt die Behauptung von Erkenntnis ausserhalb des in dieser Welt irgendeinen Einfluss Habenden zu einer sinnvollen Erweiterung unseres Lebens. Nur weil etwas eine Moeglichkeit ist, heisst es noch lange nicht, dass eine Idee ueber diese Moeglichkeit in irgendeiner Weise sinnvoll zu Erkenntnis beitraegt; oder wir haben eine andere Definition von "Erkenntnis".

Mit "spiritueller Erkenntnis" ist das so eine Sache. Das hat viel mit Hormonen zu tun und damit, wie unserer Koerper funktioniert; zumindest sieht es danach aus, wenn man mal nachbohrt. Es ist ja nicht so, dass nicht jeder von uns schon mal solche Erfahrungen gemacht haette, z.B. in grossen Gruppen oder auch individuell in Grenzsituationen. Solche Vorgaenge sind aber nun einmal auch Forschungsobjekt der Verhaltensbiologie, und wenn ich persoenlich an individuell behaupteten spirituellen Erkenntnissen zweifele, so ist es genau deswegen. Unsere wissenschaftlichen Erkenntnisse sind leider sehr desillusionierend, was die Vorstellung einer vom augenblicklichen Zustand unseres Koerpers unabhaengigen Seele oder eines fest definierten Ichs angeht.

Wohlgemerkt, ich bezweifele nicht, dass derjenige, der solche Erfahrungen behauptet, diese Erfahrungen nicht auch subjektiv gemacht haette (ausgenommen natuerlich bei Leuten, die sich generell als Trickbetrueger geoutet haben). Was ich bezweifele, ist der Schluss, der aus diesen Erfahrungen gezogen wird. Die Ablehnung spiritueller Erkenntnis geschieht also nicht deshalb, weil ich da irgendwie "blind" waere, sondern weil ich in die Problematik recht ausgiebig hineingeschaut habe und zur Erkenntnis gekommen bin, dass man individueller Erfahrung nicht trauen kann - auch nicht der eigenen.
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das ist so mir eingefallen - von luka - 22-11-2017, 01:41
RE: das ist so mir eingefallen - von scilla - 23-11-2017, 14:24
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