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Luther und die Juden
#31
(14-11-2020, 11:34)Ulan schrieb: Na ja, die Stellen sind halt schon im strikt antijudaistischen Sinne lesbar.
Richtig. Das liegt allerdings nicht an den Texten, sondern an denen, die sie lesen bzw. ihren persönlichen Befindlichkeiten, die gar nicht mal so selten arg narzisstischer Natur sind. Irgendwoher muss das antijudaistische Element solcher "Lesarten" ja kommen, wenn andere Lesarten eben völlig ohne antijudaistischen Hauch auskommen.

(14-11-2020, 11:34)Ulan schrieb: Da haetten sich die Autoren eventuell etwas anders ausdruecken sollen, wenn sie etwas anderes gemeint haben. Der antijuedische Unterton selbst ganzer Texte ist zwar aus der Zeit, in der die Texte entstanden sind, erklaerbar, und Distanzierungen vom Judentum waren damals wohl opportun, aber die Texte sind halt mittlerweile eingefroren, so dass sie dieses Erbe auf Dauer mit sich schleppen.
Ergänzend zu meiner Meinung sehe ich die "Verantwortung" für den antijüdischen Unterton damals unter anderem in der griechischen Kultur und den Prägungen, vor denen sich die Leser der Bibeltexte wahrscheinlich nicht völlig schützen konnten.
#32
(14-11-2020, 13:22)Davut schrieb: Das hört sich so an, als würden nach Deiner Meinung  "solche Interpretationen" Leuten zugeschrieben, die mit dem neuen Christentum nichts zu tun hatten. Das ist aber beileibe nicht so.
Doch, Davut! Es ist genau so.  Icon_smile Und daran ändert auch deine Argumentation gegen den Apostel Paulus in keiner Weise irgendetwas, denn sie bezieht sich ja selbst auf eine bestimmte Interpretation der Texte im NT, die eine solche Argumentation überhaupt erst möglich machen.

(14-11-2020, 13:22)Davut schrieb: Der erste, der sich antijüdisch hervortat, war der selbst ernannte Apostel Paulus, der Begründer des Christentums selbst. Das war noch vor dem ersten (Makus-)Evangelium. Man lese nur 1 Thess 2,13-16. Trotz der Zweifel an der Echtheit der beiden Thess bejaht die Cchristliche Theologie den darin ausgedrückten Antijudaismus als Meinung des gebürtigen Hwebräers Paulus.

Auch die Evangelien setzen später diese unselige Tradition fort, wie an vielen  Beispielen zu beweisen wäre.

MfG
Du führst da mit 1. Thess. 2, 13-16 eines der bekanntesten Zitate an, wenn es um die angebliche Judenfeindlichkeit des Apostels Paulus geht. Dabei macht Paulus selbst schon im Vers 13 deutlich, worum es eigentlich geht. Nämlich um die Annahme des Wortes Gottes als das, was es ist: Das Wort Gottes und keine menschliche Überlieferung. Die Annahme des Wortes Gottes ist gleichsam Grundvoraussetzung wie Motivation zu einer genauen Erkenntnis Gottes zu streben. Im Römer-Brief verdeutlicht er diesen zentralen Gedanken:

Römer 10,1-4 schrieb:Brüder, es ist wirklich mein Herzenswunsch und ich flehe zu Gott, dass sie gerettet werden. 2 Denn ich bezeuge ihnen, dass sie Eifer für Gott haben, doch es fehlt ihnen an genauer Erkenntnis. 3 Da sie die Gerechtigkeit Gottes nicht erkannten, sondern versuchten, ihre eigene aufzurichten, unterwarfen sie sich nicht der Gerechtigkeit Gottes. 4 Christus ist nämlich das Ende des Gesetzes, sodass jeder, der glaubt, als gerecht betrachtet werden kann
Im Kontext allein dieser Aussage Paulus´ sollte es jedem auffallen können, wie absurd und grotesk die ihm angedichtete Judenfeindlichkeit anmutet.

Das wird diejenigen, die unbedingt an einem judenfeindlichen Paulus glauben wollen, natürlich keineswegs davon abhalten, ihren oberflächlichen Interpretationen der NT-Texte zu huldigen. Willst du unbedingt dazugehören?
#33
(14-11-2020, 16:07)Praytes schrieb: Richtig. Das liegt allerdings nicht an den Texten, sondern an denen, die sie lesen bzw. ihren persönlichen Befindlichkeiten, die gar nicht mal so selten arg narzisstischer Natur sind. Irgendwoher muss das antijudaistische Element solcher "Lesarten" ja kommen, wenn andere Lesarten eben völlig ohne antijudaistischen Hauch auskommen.

Ich denke, dass Du hier uebers Ziel hinausschiesst. Die antijudaistischen Toene sind ja auf bestimmte NT-Texte beschraenkt, waehrend sie in anderen so nicht hervorscheinen. Da scheint also auch die Ausrichtung der Autoren selbst durch; das alles dem Leser in die Schuhe zu schieben, halte ich fuer eine Fehlinterpretation, wahrscheinlich aus Deinem Inerrantismus geboren.

(14-11-2020, 16:07)Praytes schrieb: Ergänzend zu meiner Meinung sehe ich die "Verantwortung" für den antijüdischen Unterton damals unter anderem in der griechischen Kultur und den Prägungen, vor denen sich die Leser der Bibeltexte wahrscheinlich nicht völlig schützen konnten.

Einige Kirchenvaeter haben das ziemlich weit getrieben. Johannes Chysostomos, einer der acht "grossen" Kirchenvaeter des Christentums, war da besonders ausfaellig. Er fand es gut, dass die Juden beschnitten waren, da man die deshalb gleich am Stadttor zum weiteren Prozessieren aussortieren konnte.
#34
(14-11-2020, 17:27)Praytes schrieb:
Zitat: Im Kontext allein dieser Aussage Paulus´ sollte es jedem auffallen können, wie absurd und grotesk die ihm angedichtete Judenfeindlichkeit anmutet. 
 

"Absurd und grotesk", große Worte, nichts dahinter. Hättest Du Paulus' eigene Einlassung, seine eigenen Beweise seiner Judendistanz gelesen, hättest Du sie nicht gebraucht. Und lass ständig Deine Anrufung des neuen Testaments (d.h. der Evangelien). Die erblickten erst Jahrztehnte später das Licht der Welt, Z.B, eine Generation später im  Joh 8,44 (Ihr habt den Teufel zum Vater).  Schau da mal rein. Schlimmer geht´s nimmer.

In einem ist dir aber zuzustimmen: Zurück zum Thema Luther und dessen Judenfeindlichkeit. So heißt der Thread. Paulus war nur sein Wegbereiter. Er, der Reformator, war noch schlimmer, ohne jede Not. Man koennte meinen, er habe den Evangelisten noch uebertreffen wollen.

MfG
#35
(14-11-2020, 22:26)Davut schrieb: "Absurd und grotesk", große Worte, nichts dahinter. Hättest Du Paulus' eigene Einlassung, seine eigenen Beweise seiner Judendistanz gelesen, hättest Du sie nicht gebraucht. Und lass ständig Deine Anrufung des neuen Testaments (d.h. der Evangelien). Die erblickten erst Jahrztehnte später das Licht der Welt, Z.B, eine Generation später im  Joh 8,44 (Ihr habt den Teufel zum Vater).  Schau da mal rein. Schlimmer geht´s nimmer.
Im Hinblick auf die jeweilige Lesart ist es zweitranging, in welches Jahrzehnt man die Niederschrift der Evangelien verortet. Mit deinem "Argument", ich sollte Paulus eigene Einlassung, seine eigenen Beweise seiner Judendistanz mal lesen, als wenn wir uns nicht auf dieselben Aussagen beziehen würden, machst du es dir einfach - zu einfach!. Da darf ich doch von dir mehr erwarten  - viel mehr, oder?

(14-11-2020, 22:26)Davut schrieb: In einem ist dir aber zuzustimmen: Zurück zum Thema Luther und dessen Judenfeindlichkeit. So heißt der Thread. Paulus war nur sein Wegbereiter. Er, der Reformator, war noch schlimmer, ohne jede Not. Man koennte meinen, er habe den Evangelisten noch uebertreffen wollen.
Ja, das könnte man je nach Interpretation meinen. Allerdings... zu welchem Zweck sollte man eine solche Meinung vertreten müssen?
#36
(14-11-2020, 23:55)Praytes schrieb: Wem diente das "weite Treiben einiger Kirchenväter" noch, außer ihnen selbst, ihrer Sache und denen, die sich ihnen anschlossen?

Soll ich mal einen Vorschlag zur Güte machen? Wir beenden den Antijudaismus von Paulus, Markus, Matthäus, vor allen Dingen Johannes, Chrysostomos, Luther & Co! Die Claims sind abgesteckt, eine Annäherung nicht in Sicht. 

Wir haetten starke Verbuendete: Sowohl beim II Vaticanum als auch bei der EKD sind die Judenpogrome aus kirchlicher Feder beider Konfessionen zugegeben worden.

Das reicht doch. Oder?

MfG
#37
(15-11-2020, 01:10)Davut schrieb: Wir haetten starke Verbuendete: Sowohl beim II Vaticanum als auch bei der EKD sind die Judenpogrome aus kirchlicher Feder beider Konfessionen zugegeben worden.

Das reicht doch. Oder?
Nun in Sachen Federführung den Antijudaismus betreffend, geht das zumindest mal in eine richtige Richtung.
#38
(18-11-2020, 22:18)Geobacter schrieb: Selbstveständlich   Icon_lol .. genau so, wie auch dein eigener Senf in dem du dich nicht weniger begeistert wälzt.

Natürlich, nur dass mein Senf ganz ohne "künstliche Zusatzstoffe" und "Aromen" in Form von angeblichen Widersprüchen auskommt. Icon_cheesygrin

Aber: Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich nicht streiten... Eusa_boohoo
#39
.

Das Thema des vorliegenden Threads heißt: "Luther und die Juden"

Wenn man ins WIKIPEDIA schaut, dann fällt auf, daß der alte Luther anders war als der junge Luther:

"1523 verlangte er als erster maßgebender christlicher Theologe eine gewaltfreie Judenmission und gesellschaftliche Integration der Juden."
"1543 forderte er die evangelischen Fürsten zur Versklavung oder Vertreibung der Juden auf."
Martin Luther und die Juden - Wikipedia
#40
Einige Beitraege abgetrennt nach hier.
#41
(19-11-2020, 00:47)Sinai schrieb: Wenn man ins WIKIPEDIA schaut, dann fällt auf, daß der alte Luther anders war als der junge Luther:

"1523 verlangte er als erster maßgebender christlicher Theologe eine gewaltfreie Judenmission und gesellschaftliche Integration der Juden."
"1543 forderte er die evangelischen Fürsten zur Versklavung oder Vertreibung der Juden auf."
Martin Luther und die Juden - Wikipedia

Hallo Sinai,

... der "junge" Luther war den Juden zunächst freundlich gesonnen, schließlich gehörte ja auch Jesus zu den semitischen Stämmen. So wetterte Luther auch ernsthaft von der Kanzel gegen die immer wieder aufflackernden Pogrome in seiner Zeit, welche mancher Schuldner, der beim Juden Geld geliehen hatte, schnell dazu nutzte, um das Haus seines Geldverleihers (mitsamt seinen unterzeichneten Schuldbriefen!) abzufackeln. Der mit diesen Ausschreitungen einhergehende große Tumult machte eine spätere Kontrolle durch die Justiz unmöglich. Für den zündelnden Schuldner aber war sicher - er war von heute auf morgen "schuldenfrei"!

Die Redewendung "Ich gehe zur Bank" soll daher rühren, dass manche Geldverleiher (wohlgemerkt, nicht nur Juden!) tatsächlich auf der Bank vor ihrem Haus saßen, weil sie von den Zinsen ihrer Schuldner leben konnten.

Von jüd. Kaufleuten soll der Spruch stammen: "Hab' ich a' Gewinnspanne, brauch' ich nicht werden a' Krimineller..."
Diese alte Erkenntnis galt/gilt aber auch seit jeher für jeden nichtjüdischen Kaufmann!

Der Sozialpsychologe, Erich Fromm, formulierte zu seiner Zeit: "Die Sünde steckt im Groß- und Einzelhandel..."
(Schaut man auf die hohen Gewinnspannen, die sich in manchen Produkten verstecken, so versteht man diese Kritik.)

Luther versuchte zunächst lange und beharrlich (so die Meinung von Historikern), die Juden in sein "Glaubensboot" holen zu können.
Als er sich jedoch später eingestehen musste, dass diese an ihrem Mosaischen Glauben festhielten, verwandelte sich seine anfängliche Geduld zu einer schroffen Ablehnung gegenüber diesen Fremdlingen im Glauben, die in Jesus lediglich einen Propheten aus "ihren Reihen" sahen.
Der christl. Kirche waren die Juden stets ein Dorn im Auge, denn sie unterhöhlten das röm. Dogma, besuchten ihre Synagogen und die Lehre des Christentums kümmerte sie wenig.
Über Jahrhunderte achteten die Juden auch sehr darauf, dass keine "Mischehen" geschlossen wurden. Heiratete eine Jüdin od. ein Jude eine "andersgläubige Personen", wurden sie von ihrer Familie in der Regel gemieden, waren zumindest eine große Schande!

Gruß von Reklov

>> Gott schuf den Menschen nach seinem "Bilde" und hat noch immer schwer daran zu schaffen. <<
#42
(22-04-2021, 13:43)Reklov schrieb: Der christl. Kirche waren die Juden stets ein Dorn im Auge

Und vice versa
#43
(23-04-2021, 00:51)Sinai schrieb:
(22-04-2021, 13:43)Reklov schrieb: Der christl. Kirche waren die Juden stets ein Dorn im Auge

Und vice versa

Hallo Sinai,

richtig, aber ... zu "leiden" hatten/haben meistens die "Minderheiten", welche ihren Glauben in einem von "Andersgläubigen/Andersdenkenden" dominierten Umfeld pflegen wollen.

Bereits die ersten englischen Siedler in Neuengland, die "Pilgerväter", welche damals (1620) England auf der "Mayflower" verließen, suchten deshalb das Weite, weil sie ihr Bibelverständnis in der engl. Heimat nicht auf ihre Weise leben konnten/durften.

Gruß von Reklov

>> Gott schuf den Menschen nach seinem "Bilde" und hat noch immer schwer daran zu schaffen. <<
#44
(23-04-2021, 11:58)Reklov schrieb: Bereits die ersten englischen Siedler in Neuengland, die "Pilgerväter", welche damals (1620) England auf der "Mayflower" verließen, suchten deshalb das Weite, weil sie ihr Bibelverständnis in der engl. Heimat nicht auf ihre Weise leben konnten/durften.

Und sie drehten sich dann schon 1638 herum und taten dasselbe religioesen "Abweichlern" in ihren Reihen an, weshalb wir Rhode Island gleich neben Massachusetts haben. Religioese Verfolgung ist dem Monotheismus halt als Geburtsfehler in die Wiege gelegt, da es nur einen Gott und folglich nur eine richtige religioese Meinung geben kann. Insofern reiht sich Luther da nahtlos in die lange Geschichte solcher Auseinandersetzungen ein.
#45
(23-04-2021, 13:26)Ulan schrieb: Religioese Verfolgung ist dem Monotheismus halt als Geburtsfehler in die Wiege gelegt, da es nur einen Gott und folglich nur eine richtige religioese Meinung geben kann. Insofern reiht sich Luther da nahtlos in die lange Geschichte solcher Auseinandersetzungen ein.

Der erste in der Kette war General Josua


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