(25-02-2017, 11:03)Haevelin schrieb: Es gibt aber einen anderen Aspekt, warum Tiere Religion haben könnten. So jagt ein Tiger ohne die physikalischen Kenntnisse zu haben, wie optimal ein Sprung ist, oder wie man beschleunigt etc.; ähnliches bei anderen Tieren. Die Gewähr, dass man als abstrakte Leistung vollziehen kann, was eigentlich Gegenstand der Wissenschaft ist, würde ich schon als eine Form des Glaubens ansehen.
Ich sehe jetzt nicht, wo da die Beziehung zwischen motorischen Leistungen und Glaube sein soll. Genau wie ein Mensch lernt der Tiger Bewegungsablaeufe durch Versuch und Irrtum, also durch Training, und die erfolgreichen Bewegungsmuster werden dann abgespeichert. Beim Menschen z.B. laeuft das so ab, dass die Lernphase vom Zusammenspiel von spezifischen Arealen des Grosshirns geleistet wird, also einen mehr oder weniger bewussten Vorgang darstellt, den wir wegen dieses bewussten Aspekts als Arbeit wahrnehmen. Haben wir herausgefunden, wie genau wir unsere verschiedenen Muskelgruppen zeitlich gestaffelt aktivieren muessen, um zum Ziel zu kommen, wird der ganze Ablauf ins Kleinhirn kopiert und steht von dort als unbewusster (und deshalb auch viel schnellerer) Automatismus zur Verfuegung, der dann nicht mehr als Arbeit empfunden wird, da das Bewusstsein nun nicht mehr gefordert ist. Beim Tiger duerfte das entsprechend ablaufen.
Uebrigens beruht auf genau diesem Vorgang eine der Hypothesen, warum das menschliche Grosshirn eigentlich so stark gewachsen ist. Die Hypothese geht davon aus, dass eine der grundlegenden Schritte auf dem Weg zur Menschwerdung die Entwicklung des gezielten Wurfes war. Die Berechnung der Flugbahn eines Steines oder Speeres auf ein bewegliches Ziel und die Umsetzung dieser Berechnung in eine koordinierte Muskelaktion erfordert eine ziemlich grosse Rechenleistung. Die Hypothese postuliert, dass sich ein grosses Gehirn also urspruenglich fuer diesen Zweck durchgesetzt hat (der Vorteil fuer Nahrungsbeschaffung und Kaempfe liegt auf der Hand) und uns deshalb dann, sozusagen als nebensaechlicher Abfall, auch fuer andere Aufgaben zur Verfuegung stand.
Bei Tieren sieht man uebrigens prinzipiell einen aehnlichen Zusammenhang zwischen der Art des Nahrungserwerbs und Intelligenz. Raubtiere sind im allgemeinen intelligenter als Pflanzenfresser. Bei Affen hat man das weiter unterschieden. Da steigt die Intelligenz von Blattfressern ueber Fruchtfresser bis zu solchen, die auch mal etwas erjagen. Je komplexer die geleisteten Probleme beim Nahrungserwerb sind, desto mehr Intelligenz steht zur Loesung von Aufgaben zur Verfuegung, die dazu keinen Bezug haben.