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Joseph und die dürftigen historischen Beweisstücke
#1
Werte Forenfreunde und Forenfachleute,

... die Geschichte von Joseph der als Sklave Karriere macht ist natürlich ein Traum für alle Theologen die an Bibeldeutungen interessiert sind. Im Kern scheint es darum zu gehen dass Treue und Talente sich im Leben doch auszahlen können. Das Problem ei dieser Geschichte besteht wohl aber darin, dass diese Schilderungen auf Grund der konkreten Angaben leider historischen Überprüfungen bis dato nicht stand gehalten haben.

Durch die besagten Namen müsste der Vorfall zeitlich eingrenzbar sein, was sehr hilfreich für die gesamte Geschichte des AT wäre. Das hier keine Hieroglyphen gefunden wurden sagt aber nicht viel aus, denn nicht alle ägyptischen Texte sind wohl erhalten worden.

Dennoch sind die Funde relativ sperrlich und nähren die Argumente, dass dieser Fall deutlich übertrieben erzählt wird. Das AT als Werk von inhaltlichem wahren Kern mit schrecklich überhöhten Übertreibungen ist ein Argument der Gegner. Am Ende bewegt sich hier nicht viel wegen der ausgesprochen schwierigen Überprüfbarkeit im historischen Kontext.

Für den Glaubensgrundsatz das sich Treue auszahlt ist das Gleichnis aber allemal tauglich wie ich meine ...
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#2
(28-01-2017, 15:03)Kreutzberg schrieb: Dennoch sind die Funde relativ sperrlich und nähren die Argumente, dass dieser Fall deutlich übertrieben erzählt wird.


Lieber Kreuzberg

Die Quellenlage ist hier bei dieser Erzählung äußerst dürftig.
Aber auch bei viel näheren Geschichten - auch aus der Zeit Metternichs oder sogar der Zeitgeschichte - ist dies oft der Fall

Wenn wir hier anfangen, nachträglich eine juristische Beweisführung zu verlangen, dann sähe es aber sehr oft Mau aus
Der Schuß kann nach hinten losgehen !
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#3
Noch deutlicher wird es, wenn es um die Folge geht. Der angebliche Auszug von Mose samt tausenden von Israeliten inklusive Plagen und dem Tod von tausenden von Ägyptern findet weder in ägyptischen Aufzeichnungen noch in solchen von benachbarten Ländern irgendwelche Hinweise.

Alles was man dokumentieren kann ist ein gewisser, sich über Jahrhunderte erstreckender Austausch einzelner Familienclans zwischen Ägypten und dem "heilige Land", wobei es aber Bewegungen in beide Richtungen gab. Ein Exodus ist das aber nicht.

Ich persönlich denke, daß das Mosesmärchen eine Familiengeschichte darstellt, die von Generation zu Genration phantastischer ausgeschmückt wurde. Eventuell hat also mal eine Familie Ägypten verlassen und der Vater hieß Moses und auf der Reise gab es Schwierigkeiten zu überwinden. Den Urenkeln wurde dann unter Verklärung der Umstände der Urgroßvater erst als Held dargestellt, später sogar als Prophet eines Gottes.
Um dann zu erklären, wie die Familie überhaupt nach Ägypten kam, hat man dann wohl Joseph und seine Brüder erfunden und möglicherweise mit einem anderen Mythos (Abraham+Sarah+Isaak) verbunden.

Ohne historisch prüfbare Fakten ist das aber reine Spekulation. Nur meine Hypothese.
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#4
(28-01-2017, 17:25)HJS6102 schrieb: 1.)  Alles was man dokumentieren kann ist ein gewisser, sich über Jahrhunderte erstreckender Austausch einzelner Familienclans zwischen Ägypten und dem "heilige Land", wobei es aber Bewegungen in beide Richtungen gab.

2.)  Ich persönlich denke, daß das Mosesmärchen eine Familiengeschichte darstellt, die von Generation zu Genration phantastischer ausgeschmückt wurde. Eventuell hat also mal eine Familie Ägypten verlassen und der Vater hieß Moses und auf der Reise gab es Schwierigkeiten zu überwinden. Den Urenkeln wurde dann unter Verklärung der Umstände der Urgroßvater erst als Held dargestellt, später sogar als Prophet eines Gottes.
Um dann zu erklären, wie die Familie überhaupt nach Ägypten kam, hat man dann wohl Joseph und seine Brüder erfunden


ad 1)  Das ist reine Spekulation

ad 2)  Eine reichlich naive Story
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#5
(28-01-2017, 15:03)Kreutzberg schrieb: ... die Geschichte von Joseph der als Sklave Karriere macht ist natürlich ein Traum für alle Theologen die an Bibeldeutungen interessiert sind. Im Kern scheint es darum zu gehen dass Treue und Talente sich im Leben doch auszahlen können. Das Problem ei dieser Geschichte besteht wohl aber darin, dass diese Schilderungen auf Grund der konkreten Angaben leider historischen Überprüfungen bis dato nicht stand gehalten haben.

Interessanterweise haelt die Genesis-Geschichte auch innerbiblisch nicht immer einer Ueberpruefung stand, wie ich in folgendem Thread neulich dargelegt habe: Die Söhne des Joseph in der 1. Chronik. Es ist klar, dass die Stammesgeschichte in der 1. Chronik mit einem Aegyptenaufenthalt nicht vereinbar ist.

Die Mosesgeschichte hat wahrscheinlich einen separaten Ursprung und ist bei der Neu-Redaktion von Genesis und Exodus mit der urspruenglich separaten Stammvatergeschichte (die Abrahamsgeschichte) verknuepft worden. Dabei wurden die "Stammvaeter" in die Aegyptengeschichte eingebaut, um Moses daran anzuknuepfen.
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#6
(28-01-2017, 20:36)Ulan schrieb: Interessanterweise haelt die Genesis-Geschichte auch innerbiblisch nicht immer einer Ueberpruefung stand, wie ich in folgendem Thread neulich dargelegt habe: Die Söhne des Joseph in der 1. Chronik. Es ist klar, dass die Stammesgeschichte in der 1. Chronik mit einem Aegyptenaufenthalt nicht vereinbar ist.

Du hast dort in Beitrag #19 aber nur die zwei Stämme Ephraim und Manasse erwähnt
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#7
(28-01-2017, 20:49)Sinai schrieb: Du hast dort in Beitrag #19 aber nur die zwei Stämme Ephraim und Manasse erwähnt

... die auch zusammen als der Stamm (oder auch das Haus) Joseph bekannt sind  Icon_cheesygrin . Und um den geht's ja hier primaer.

Wobei ich natuerlich auch mehr Staemme erwaehnt und den Schluss fuer alle Staemme gezogen habe. Benjamin wird uebrigens auch manchmal in das Haus Joseph gezaehlt.

Das Haus Joseph ist der Schluesselpunkt in der (innerbiblischen) Beurteilung der Historiziaet dieser Aegypten-Geschichte. Manche Alttestamentler haben durchaus versucht, die biblischen Geschichten im Pentateuch dadurch mit dem archaeologischen Befund zu versoehnen, dass sie vorgeschlagen haben, dass nur das Haus Joseph (Efraim, Manasse, plus evtl. Benjamin und/oder Levi) in Aegypten war, waehrend der Rest der Israeliten in Kanaan blieb. Die 1. Chronik widerspricht aber genau in diesem Punkt dem Pentateuch.
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#8
Uebrigens ist ein weiterer Hinweis darauf, dass der Aegypten-Exkurs gar nicht versucht, Geschichte zu erzaehlen, der Punkt, dass kein einziger Pharao, egal ob es um Abraham, Joseph oder Moses geht, in der Bibel einen Namen traegt.
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#9
(29-01-2017, 00:31)Ulan schrieb:
(28-01-2017, 20:49)Sinai schrieb: Du hast dort in Beitrag #19 aber nur die zwei Stämme Ephraim und Manasse erwähnt

... die auch zusammen als der Stamm (oder auch das Haus) Joseph bekannt sind  Icon_cheesygrin . Und um den geht's ja hier primaer.

Wobei ich natuerlich auch mehr Staemme erwaehnt und den Schluss fuer alle Staemme gezogen habe. Benjamin wird uebrigens auch manchmal in das Haus Joseph gezaehlt.

Das Haus Joseph ist der Schluesselpunkt


Das Ganze riecht mir nach einem Aufstand einer alten im Judentum eingebetteten Priesterfamilie gegen den Stamm Joseph

Wenn Du Dich hier plötzlich so auf den Stamm Joseph einschießt, hat das sicher einen Grund . . .

Ich hingegen bin durchaus objektiv und schrieb in Deinem durchaus hochinteressanten Thread Die Söhne des Joseph in der 1. Chronik in Beitrag #18 "Deine These, daß ein Stamm niemals die Luft des Niltals geschmeckt hat, finde ich jedoch wie gesagt hochinteressant"

Ich werde jetzt an haGalil zur Rubrik "Fragen an den Rabbi" eine Anfrage schicken
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#10
(29-01-2017, 07:14)Sinai schrieb: Das Ganze riecht mir nach einem Aufstand einer alten im Judentum eingebetteten Priesterfamilie gegen den Stamm Joseph

Wieso sollte das "gegen Joseph" gerichtet sein? In der Chronik kommen die Staemme, die im sogenannten Nordreich lebten, weitaus besser weg als im deuteronomistischen Geschichtswerk, das oft sehr judazentrisch ausgerichtet ist.

(29-01-2017, 07:14)Sinai schrieb: Wenn Du Dich hier plötzlich so auf den Stamm Joseph einschießt, hat das sicher einen Grund . . .

Es war ein interessantes Detail, weiter nichts. Ausserdem sagt das nichts Negatives ueber den Stamm Joseph aus, sondern eher ueber die Geschichte, wie sie im Pentateuch erzaehlt wird.

(29-01-2017, 07:14)Sinai schrieb: Ich hingegen bin durchaus objektiv und schrieb in Deinem durchaus hochinteressanten Thread Die Söhne des Joseph in der 1. Chronik in Beitrag #18 "Deine These, daß ein Stamm niemals die Luft des Niltals geschmeckt hat, finde ich jedoch wie gesagt hochinteressant"

Es waere noch weitaus objektiver, wenn Du den Thread richtig zusammenfassen wuerdest. Ausserdem ist die Frage zum Stamm Joseph zentral zur gesamten Frage des Aufenthalts in Aegypten. Was bleibt denn von der Genesis-Geschichte uebrig, wenn Joseph nicht in Aegypten war?

(29-01-2017, 07:14)Sinai schrieb: Ich werde jetzt an haGalil zur Rubrik "Fragen an den Rabbi" eine Anfrage schicken

Der wird doch wohl eher die Sache aus der Sichtweise des Glaubens und weniger auf historischer Grundlage aufrollen?
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#11
(29-01-2017, 14:57)Ulan schrieb:
(29-01-2017, 07:14)Sinai schrieb: Ich werde jetzt an haGalil zur Rubrik "Fragen an den Rabbi" eine Anfrage schicken

Der wird doch wohl eher die Sache aus der Sichtweise des Glaubens und weniger auf historischer Grundlage aufrollen?


Das glaube ich nicht einmal.  Rabbi Dr. Gabriel Miller in Frankfurt gilt im Judentum als extrem liberal, dies ist auch an seiner Kleidung zu erkennen.
Er ist für seine universitätlich fundierten Antworten bekannt, schließlich will er sich ja keine Blöße geben.

Um es auf den Punkt zu bringen: er glaubt nicht daran, daß sich die Sonne um die Erde dreht.
Somit verwirft er prinzipiell den Standpunkt der Thora - auch wenn er so manche Passagen aus der Thora in seine Reden einflicht. Er wird von den echten Juden angefeindet, was ja kein Wunder ist.
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#12
(29-01-2017, 20:21)Sinai schrieb: Er wird von den echten Juden angefeindet, was ja kein Wunder ist.

Der Rabbi ist also Deiner Ansicht nach ein "unechter Jude"?

Du schreibst schon Sachen zusammen...
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#13
Es gibt in der Überlieferung einige konkrete Bezugspunkte die durch ägyptische Hieroglyphen nicht belegt wurden.
Allerdings gibt es hierfür möglicherweise Gründe welche das plausibel machen könnten:

> bspw. könnte Joseph auch einen ägyptischen Namen angenommen haben. Das ist nicht überprüfbar wenn in
den ägyptischen Quellen kein Bezug zu finden ist.

> eine Lobpreisung eines Juden war möglicherweise den späteren Pharaonen zu wider. Auslöschung von Namen
in Chroniken war in der Altägyptischen Geschichte wohl keine Seltenheit.

Am Ende bleibt dann wohl der Rest bis heute nur Kaffee-Satzleserei.
Das ist das Leben !!!
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#14
(04-02-2017, 11:38)Kreutzberg schrieb: Es gibt in der Überlieferung einige konkrete Bezugspunkte die durch ägyptische Hieroglyphen nicht belegt wurden.
Allerdings gibt es hierfür möglicherweise Gründe welche das plausibel machen könnten:

> bspw. könnte Joseph auch einen ägyptischen Namen angenommen haben. Das ist nicht überprüfbar wenn in
den ägyptischen Quellen kein Bezug zu finden ist.

> eine Lobpreisung eines Juden war möglicherweise den späteren Pharaonen zu wider. Auslöschung von Namen
in Chroniken war in der Altägyptischen Geschichte wohl keine Seltenheit.


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Bin vollinhaltlich einverstanden
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#15
(04-02-2017, 11:38)Kreutzberg schrieb: > bspw. könnte Joseph auch einen ägyptischen Namen angenommen haben.

Man könnte sogar weiter gehen, und sagen:
> bspw. könnte Joseph auch einen anderen ägyptischen Namen angenommen haben.

Denn der Name Joseph klingt sehr ägyptisch.  Daß Joseph in der Folge ein beliebter Name bei den Hebräern wurde, sagt noch gar nichts
Die Hebräer übernahmen gerne Namen, die ihnen gefielen
Nehmen wir unseren Aaron:
"Er gilt als der Begründer des Aaronitischen Priestertums und Namensgeber des Aaronitischen Segens. Die Herkunft des Namens ist höchstwahrscheinlich ägyptisch [ 1]"
Aaron – Wikipedia

[ 1]  Duden: Das große Vornamenlexikon. Dudenverlag, Mannheim u. a. 2007, ISBN 978-3-411-06083-2, S. 35.



Man denke auch an den Pharao Pepi I., der in der 6. Dynastie im Alten Reich von 2295-2250 regierte.
Lange bevor der erste Proto-Hebräer ins Niltal kam.

Aber es gab im Tanach auch altpersische und babylonische Einflüsse:
Die wahre Herkunft des Namens der berühmten jüdischen Königin Esther ist umstritten:
"Der etymologische Ursprung des Namens Esther ist unklar. Möglicherweise ist er altpersischen Ursprungs und bedeutet „Stern“."
Esther – Wikipedia
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