(09-03-2016, 21:14)Philosophist schrieb: Die Frage ist allerdings, ob man in Bezug auf die (Spät) Antike von einer Konkurrenz zwischen heidnischer und christlicher Rhetorik (im Bildungswesen) sprechen kann oder ob beide Seiten sich da gegenseitig ignoriert haben usw.
In Rom hatte die Rhetorik mit dem Untergang der Republik ihre Bedeutung verloren. Die Zeit, in der man im Senat mit kunstvoll vorgetragenen Reden Politik machen konnte, war vorbei. Seinen Standpunkt überzeugend vorzutragen, gleichgültig ob es sich um Wahrheit oder um Unwahrheit handelte, war nur mehr im Prozesswesen von Wert.
Der Kunst der Rhetorik wurde sowohl von den christlichen Predigern als auch von den (neu)platonischen Philosophen überwiegend kein besonders hoher Stellenwert beigemessen.
Beide Seiten haben sich ihrer zwar bedient, doch war man sich durchaus einig, dass "die Wahrheit keiner kunstfertigen Rede bedürfe", um überzeugend vorgetragen werden zu können und dass unmoralisch sei, mittels rhetorischer Kunstgriffe "die schwächere Sache zur stärkeren zu machen".
Die Platoniker beriefen sich dabei auf Platon, der im "Georias" tadelte, dass Rhetorik auch eingesetzt werden könne, Unrecht durchzusetzen (vgl. Georgias 456 b,c).
Griechische und lateinische Väter warnten vor dem Missbrauch rhetorischer Kunstgriffe, obgleich sie die Methoden der heidnischen Rhetoren und Sophisten mehrheitlich durchaus wirkungsvoll weiter angewandt hatten (dazu auch: Augustin, De doctrina Christiana, 4. Buch).
MfG B.