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Christentum und Rhetorik, eine gelungende Verbindung?
#4
(09-03-2016, 02:17)Philosophist schrieb: Am liebsten wäre mir aber auch, wenn man dies auch anhand einiger historischer Figuren diskutieren könnte (die ich ja genannt habe wie Gregor von Nazianz oder Johannes Chrysostomos, um nur die bekanntesten christlichen Redner-Theologen/Prediger zu nennen). Mein Eindruck ist, dass alle bekannten Theologen/Prediger mit Rhetorik mehr oder weniger zu tun hatten.

Gregor von Nazianz d. Ä. entstammte einer begüterten Familie. Wie die meisten Söhne der Oberschicht studierte er Grammatik, Rhetorik und Dialektik. Nach Abschluss seiner Studien bekleidete er verschiedene Staatsämter. Als er sich auf Drängen seiner Frau, Nonna, dem Christentum zuwandte,  war er etwa 45 Jahre alt. 325 wird er (von Leontios v. Caesarea) getauft, 329 wird er Bischof v. Nazianz.

Sein Sohn, Gregor von Nazianz d. J., wurde nach byzantinischer Tradition um 300 geboren, die moderne Historiographie meint hingegen, dass seine Geburt zwischen 325 und 330 anzunehmen ist. Er wurde christlich erzogen, studierte in Caesarea die üblichen Fächer (Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Geometrie, Arithmetik, Musiktheorie und Astronomie) und begab sich zum Abschluss seiner Studien nach Athen. Seine Mitschüler waren Basilius v. Caesarea und der spätere Kaiser Julian gewesen.

In Athen lehrte er bis etwa 355 (vielleicht auch etwas länger) Rhetorik, um sich danach nach Kappadokien zurückzubegeben. Dort verfasste er seine ersten Reden, u.a. auch jene gegen seinen ehemaligen Mitstudenten Julian, in denen er die Rückkehr desselben zum Heidentum kritisierte und (anlässlich seiner Priesterweihe) einen Traktat über das Priestertum.

Wen sollte es wundern, dass der ehemalige Rhetoriklehrer Gregor seine Schriftsätze und Reden mit höchster rhetorischer Kunstfertigkeit verfasste?

Johannes Chrysostomos war ein begnadeter Redner gewesen, ein Ausnahmetalent sozusagen. Da er der stoischen Schultradition entstammte, hochgebildet und mit der Kunst der Diatribe vertraut war, waren seine Texte nicht nur mit höchster rhetorischer Kunstfertigkeit verfasst, sondern überaus originell und unterhaltsam gewesen.

Hohe rhetorische Kunstfertigkeit war bei den antiken christlichen Rednern und Schriftstellen, die zudem überwiegend der Oberschicht entstammten und daher einen vergleichbaren Bildungsweg vorzuweisen hatten, eher die Regel als die Ausnahme gewesen.

Tertullian, in heidnischem Milieu aufgewachsen, war zweisprachig und verfügte über eine umfassende philosophische und rhetorische Bildung.

Cyprian war (wie Hieronymus berichtet) Rhetoriklehrer gewesen.

Basilius wurde in Athen und Konstantinopel zum Rhetor ausgebildet.

Augustinus wirkte vor seiner Taufe als Rhetoriklehrer.

Etc., etc.
MfG B.
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RE: Christentum und Rhetorik, eine gelungende Verbindung? - von Bion - 09-03-2016, 18:11

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