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Rabbi (pl. Rabbinen)
#1
Vor der Zerstörung des ↗Zweiten Tempels war die Anrede Rabbi (hebr. mein Meister) für Tora-Gelehrte nicht üblich1, sondern ein reiner Ehrentitel, mit dem Jünger ihren Lehrer bzw. Meister ansprachen2.

Nach Zerstörung des Tempels war der Titel für ordinierte ↗Tannaiten und ↗Amoräer ↗Palästinas reserviert, während die babylonischen Gelehrten den Titel Raw (Rab) (hebr. groß; Herr, Meister) führten.

Der Titel Rabban (aram. unser Meister) war dem ↗Patriarchen in Palästina als Ehrentitel vorbehalten.

Das politische Oberhaupt der Juden in ↗Babylonien führte den Titel Exilfürst (↗Exilarch, aram. Resch-Galuta). Dieser war einer der Würdenträger des Persischen Reichs gewesen und nahm im Rang nach dem König den vierten Rang ein3. Als Ehrentitel wurde vom Exilarchen der (aus dem Syrischen entlehnte) Titel "Mar" = "Herr"" geführt.

Wer ein Rabbi werden wollte, hatte eine Lehrzeit bei einem Meister zu absolvieren. Die Zeit als Jünger dauerte einige Jahre. In der Regel wohnten die Schüler bei ihren Lehrern und hatten diesen zu "dienen". Nur wer die Zeit als Jünger bei einem Meister hinter sich gebracht hatte, galt als vollwertiges Mitglied der rabbinischen Gesellschaft (bTalm, Sota 21b-22a). Die Ordination erfolgte durch Handauflegen (Semikha4). Als Vorbild dafür diente Moses, der Joshua als Nachfolger einsetzte, indem er ihm die Hände auflegte (Num 27,22f.; Dtn 34,9). Neben seiner Position als Gelehrter hatte ein Rabbi einem Beruf nachzugehen.

Im ↗Hochmittelalter gewann der Rabbi in jüdischen Gemeinden allmählich eine feste Funktion als Lehrer, Prediger und als Ratgeber in Fragen der ↗Halacha. Das besoldete Amt des ↗Gemeinderabbiners ist ab dem Spätmittelalter nachweisbar5.

1) G. Stemberger. Das klassische Judentum. 2009 München, Verl. C.H. Beck, S. 79

2) dazu H. Graetz: in Geschichte der Juden, Bd 4, S. 398:
Vor der Tempelzerstörung kommt der Titel Rabbi nicht vor, wie überhaupt keine Ehrenbenennung üblich war. Mit richtigem historischen Takt stellt daher ↗Scherira (Anm. Rab Scherira ↗Gaon, Leiter einer ↗Talmud-Akademie in Babylonien im 10. Jh) auf, dass dieser Titel erst seit Rabbi ↗Jochanan ben Sakkaï in ↗Jabne in Gebrauch kam. Man wird daher die Benennung Rabbi, welche in den Evangelien (mit Ausnahme des Lukasevangeliums) Johannes dem Täufer und Jesus beigelegt werden, als einen Anachronismus anzusehen haben.

3) H. Graetz, Geschichte der Juden, Bd 4, S. 252
4) Von Semikha (Handauflegen) ist allerdings nur in babylonischen Texten die Rede, in palästinensischen Texten stand der Ausdruck minnui (Ernennung) in Verwendung.
5) Johann Maier. Das Judentum. 1988 Bindlach. Gondrom Verlag. S. 402



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MfG B.
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