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Religion und Toleranz
#1
Unter Toleranz verstehe ich die Akzeptanz des Handelns, der Tradition, der Bräuche, der Religionen bzw. des Agnostizismus/Atheismus eines jeden Menschen bis zu einer Grenze, die niemand überschreiten darf. Diese Grenze ist dann überschritten, wenn jemand einem Dritten oder der Gesellschaft insgesamt einen irdischen (nicht jedoch einen gedachten himmlischen!) Schaden zufügt und dabei spielt es keine Rolle, ob das Zufügen eines Schaden mit dem Willen des gedachten Schöpfers begründet wird oder aber purem Egoismus zu verdanken ist.

Religion praktizierte und praktiziert diese Art von Toleranz keineswegs immer, wie Geschichte und teils auch Gegenwart zeigen.

Der Ursprung aller gegenwärtigen Religionen war der Animismus, der Glaube an Geister, die Bäume und Tiere bewohnen und an Schamanen, die mit diesen Geistern in Verbindung standen. Da die Schrift bei Entstehung dieser Religionen nicht bekannt war, sind darüber natürlich keine zeitgenössischen schriftlichen Quellen vorhanden. Naturvölker im Amazonasgebiet und in den Urwäldern und Steppen Afrikas praktizieren jedoch noch Religionen, die diesem Ursprung sehr nahe sind. Zumindest dass Gläubige dieser Religionen religiöse Kriege geführt hätten oder auf andere Art und Weise Andersdenkenden ihren Glauben aufzwingen wollten, scheint mir sehr, sehr unwahrscheinlich zu sein.

Auch der dem Animismus entwachsene Polytheismus praktizierte Toleranz gegenüber anderen Religionen. Wo man selbst viele Götter verehrte, war die Akzeptanz der Verehrung anderer Götter relativ einfach – oder man übertrug die Mythen fremder Götter evtl. abgeändert in die eigene Mythenwelt (Beispiele: Zeus gleichgesetzt mit Jupiter, Wotan mit Merkur).

Aus dem ägyptischen Polytheismus entstand im 14. Jh. vuZ die erste uns bekannte Religion, die man als Monolatrie (=einziger Gott eines Volkes) mit monotheistischen Tendenzen deuten kann. Ein ehemals polytheistischer Sonnengott, Aton, mutierte zum beherrschenden Gott. Die Löschung der Namen anderer wichtiger Götter wurde versucht, gelang auch weitgehend während Regierungszeit des den Aton-Kult fördernden Pharaos Echnaton (14. Jh vuZ), weshalb man mit einigem Recht diesem Pharao die frühesten uns bekannten Aktivitäten religiöser Intoleranz bescheinigen kann.

Ebenfalls aus dem Polytheismus nomadisierender Stämme entsprang die hebräische Monolatrie, in der Jahwe, ursprünglich wahrscheinlich Gott des Vulkans Sinai (nicht identisch mit dem heute Sinai genannten Berg), als alleiniger Gott eines später Israel genannten Stammeskonglomerats verehrt wurde. Jahwe wurde als eifersüchtiger Gott gedacht. Tanach und Bibel lassen ihn das selbst bekennen. Er straft die seinen Geboten Zuwiderhandelnden hier im Diesseits (signifikant: Sintflut, Sodom & Gomorra), schenkt seinen Verehrern Land, welches sie jedoch zuerst erobern müssen (Kanaan), rechtfertigt den Mord an Andersgläubigen (Kalbsanbeter) und fordert den Genozid an den ihr Land verteidigenden Medianitern, die ihre Frauen schickten, um die hebräischen Krieger zu verführen und so eroberungsunwillig zu machen. Das lässt die religiöse Intoleranz des Echnaton geradezu harmlos erscheinen. Natürlich wissen wir heute nicht, was sich im 13. Jh vuZ wirklich ereignete, ob da ein Mann, vielleicht tatsächlich Mose genannt, eine Gruppe von Zwangsarbeitern nomadischer Abstammung bei einer vielleicht wirklich stattgefundenen Flucht von den Baustellen der Stadt Piramesse (Ramsesstadt) anführte, sie vielleicht tatsächlich über ein Schilfmeer führte, in dem möglicherweise 2, 3 Streitwagen der verfolgenden ägyptischen Truppen versanken – auf uns überkommene ägyptische Quellen existieren nicht -, aber selbst wenn es so gewesen wäre, Wunder wären das natürlich keine und wichtig für die Zeit und z.T. noch heute ist allemal das, was geglaubt wurde und wird, dass geschehen sei.

Die hebräische Monolatrie wandelte sich im Lauf der Jahrhunderte zum Monotheismus. Jahwe wurde zum einzigen existenten Gott des Universums erklärt. Aber Tanach und Bibel geben noch immer Hinweise auf den polytheistischen Ursprung Jahwes (z.B. Göttersöhne, die Menschenfrauen begehrten). Der hebräische Monotheismus bewirkte natürlich keine größere religiöse Toleranz, als die vorangegangene Monolatrie, allerdings schwand die militärische Überlegenheit der Hebräer. Sie mussten sich u.a. Babylon und später dem römischen Imperium unterwerfen, was ihre Möglichkeit, religiöse Intoleranz zu üben, wesentlich beschnitt

Christentum: In den hebräischen Monotheismus hineingeboren wurde Jesus, möglicherweise unehelich gezeugt, und im Sinn des in Nazaret (seinem wahrscheinlichen Geburtsort – nicht Bethlehem) herrschenden jüdischen Glaubens erzogen. Was er wirklich lehrte, wenn er überhaupt lehrte, können wir heute nicht mit Sicherheit wissen. Jedenfalls lebte er in einer wundergläubigen Zeit in einem wundergläubigen Land und war nicht der einzige im Palästina der Zeitenwende, dem man die Vollbringung von Wundern nachsagte. Was wir wissen, ist das, was zeitnahe verklärende christliche Quellen über ihn berichten. Nichtchristliche zeitnahe Quellen, so es die je gegeben haben sollte, sind nicht auf uns überkommen. Die christlichen Quellen stellen Jesus zumeist als toleranten Gläubigen seiner Religion dar (Verhinderung der Steinigung einer Ehebrecherin, Aufforderung zur Mission, aber auch zum „Staub von den Füßen schütteln“ und weiter ziehen, wenn Botschaft nicht auf Gegenliebe stößt). Die ihm nachgesagte Aufforderung zur Nächstenliebe (nach heutiger Interpretation ist jeder Mensch der jedermanns Nächster) und zur Feindesliebe scheint mir den Federn weltfremder Philanthropen zu entspringen, ist aber keineswegs intolerant. Und trotzdem lebte das Christentum Intoleranz extrem, nachdem es zur Staatsreligion erklärt wurde (nach der konstantinischen Wende, 4. Jh nuZ). Es akzeptierte in dem von ihm beherrschten Gebiet keinen anderen Glauben als den christlichen, was u.a. die Sachsenschlächterei Karls d. Gr. (um 800 nuZ) belegt, die allerdings nicht auf die uneingeschränkte Zustimmung aller zeitgenössischen Theologen stieß. Kreuzzüge wurden geführt, nicht ausschließlich um von Muslimen eroberte Gebiete des byzantinischen Reichs zurückzuerobern, sondern auch gegen slawische und finnische Heiden (letzterer n.b. geführt von einem meiner NamenspatroneIcon_smile, dem Nationalheiligen Schwedens, Erik IX – 12. Jh nuZ), gegen die christlichen Katharer (auch Albigenser genannt, frühes 12. Jh nuZ) Südfrankreichs, deren Ausrottung bewirkt wurde, gegen Bauern um Bremen (12. Jh nuZ), die in das Heidentum zurückzufallen drohten und damit ja alle Westeuropäer der heiligen römischen Kirche treu blieben, wurde die Inquisition eingeführt, die später auch gegen die Hexerei vorging und Geständnisse mittels Folter erpresste. Die Scheiterhaufen loderten überall in Westeuropa, u.a. auch für den Christen Jan Hus (frühes 15. Jh), der mit einem Geleitbrief des Kaisers das Konzil zu Konstanz aufsuchte, um für seine Thesen zu werben und Luther wäre es ebenso ergangen, hätten ihn die ausgesandten Häscher dingfest machen können. Der 1618 bis 1648 im Reich tobende 30-jährige Krieg war ein Glaubenskrieg, dem mit einem Drittel der Gesamtbevölkerung (nach manchen Schätzungen mehr) relativ mehr Deutsche zum Opfer fielen als im 1. und 2. Weltkrieg zusammen, wenn auch nicht alle durch direkte Kriegseinwirkung, viele durch die sich krigesbedingt in großer Geschwindigkeit verbreitende Pest. Kurz – Europa durchlebte über Jahrhunderte extremste religiöse Intoleranz, die erste Einbrüche durch die Aufklärung fand, und Machtverlust durch die frz. Revolution und deren Auswirkungen auf die restlichen Staaten Westeuropas. Weil diese Intoleranz nicht durch Aussagen der kanonisierten Evangelien gerechtfertigt werden kann, wird sie wohl mit dem AT begründet worden sein.

Aus jüdischen und christlichen Mythen formte Mohammed im 7. Jh. den Islam, wobei heute wohl niemand mit Sicherheit sagen kann, ob er glaubte, seine Botschaft in Visionen empfangen zu haben, oder ob er in der neuen Religion ein Mittel zur Machtgewinnung und später zum Machterhalt sah. Vielleicht war es beides. Jedenfalls zeigen Koran und vor allem die Sunna nicht die Toleranz der Evangelien. Die Sunna erzählt u.a. vom Genozid an dem jüdischen Stamm der Banu Quraiza, von Füße und Beine abhacken, Augen ausstechen und die als Folge dieser Folter nach Wasser schreienden Sterbenden auch noch bis zum Tod dürsten zu lassen. Auch der Koran enthält Gewaltsuren. Trotzdem praktizierte der Islam mehr Toleranz als das Christentum, bevor im Abendland die Aufklärung ihren Siegeszug antrat. Er ließ immerhin die „Leute des Buches“ leben (Christen, Juden, Zoroastrier – unter den Mogulen wurden zeitweise auch in Hindus Leute des Buches gesehen), allerdings nicht gleichberechtigt mit den Muslimen, aber doch relativ sicher, weshalb viele Juden nach erfolgreicher Reconquista aus Spanien in die islamisch dominierten Gebiete Nordafrikas flohen. Der Islam konnte jedoch im Gegensatz zum Christentum jede aufklärerische Aktivität bis heute erfolgreich abwürgen und das Frühmittelalter herrscht noch in vielen islamisch dominierten Staaten in Form des islamischen Rechts, Fiqh, meist mit Scharia gleichgesetzt. Und da, wo es nicht mehr in Gänze gilt, wird es z.T. durch freie Wahl wieder in Kraft gesetzt, wenn auch nicht immer auf Dauer, wie der erfolgreiche militärische Putsch in Ägypten gerade unter Beweis stellte. Dieses Recht ist, obwohl toleranter als früheres Christentum, zutiefst intolerant, widerspricht der Gleichberechtigung der Weltanschauungen und der beiden Geschlechter, widerspricht der Glaubensfreiheit (Tod den Apostaten!) und bestraft, was den Staat meiner Überzeugung nach einen feuchten Kehricht angeht (Homosexualität, vorehelicher Sex, Ehebruch) und das z.T. mit Mitteln, die Westler heute an finsterste barbarische Zeiten erinnern (Steinigung, Hände abhacken, Auspeitschen). Auch ist der Glaubenskrieg zwischen islamischen Konfessionen wieder ausgebrochen (Sunna vs. Schia) und, wäre es militärisch möglich, würde der Islam wohl auch seine Eroberungsgeschichte fortsetzen, wozu er allerdings allenfalls noch in Afrika auf Erfolg hoffen könnte. Der Islam ist definitiv die intoleranteste Religion der Gegenwart.

Wird expliziter Intoleranz zu viel Toleranz entgegengebracht, stirbt notwendig die Toleranz, weshalb ich der Meinung bin, dass auch Religion nicht nur kritisiert werden darf, sondern sogar kritisiert werden muss, auch wenn dadurch Befindlichkeiten der Gläubigen hervorgerufen werden, wenn verhindert werden soll, dass religiöse Überzeugung politische Macht gewinnt und ich wende mich entschieden gegen jeden Kompromiss zwischen westlichen und islamischen Werten.

(uff, ein ungewohnt langer Beitrag von mir!Icon_smile)
#2
(28-06-2014, 21:19)Erich schrieb: (uff, ein ungewohnt langer Beitrag von mir!)

Die ganzen Abhandlungen über Religionsgeschichte hättest du dir m.E. auch sparen können.

Was du letztlich ausdrücken wolltest ist wohl deine Behauptung, dass der Islam "definitiv" die intoleranteste Religion der Gegenwart sein soll.

Aber deine religionsgeschichten Deutungen bieten m.E. keine wirklichen Argumente für deine These.
#3
(28-06-2014, 21:19)Erich schrieb: Unter Toleranz verstehe ich die Akzeptanz des Handelns, der Tradition, der Bräuche, der Religionen bzw. des Agnostizismus/Atheismus eines jeden Menschen bis zu einer Grenze, die niemand überschreiten darf. Diese Grenze ist dann überschritten, wenn jemand einem Dritten oder der Gesellschaft insgesamt einen irdischen (nicht jedoch einen gedachten himmlischen!) Schaden zufügt und dabei spielt es keine Rolle, ob das Zufügen eines Schaden mit dem Willen des gedachten Schöpfers begründet wird oder aber purem Egoismus zu verdanken ist.

Religion praktizierte und praktiziert diese Art von Toleranz keineswegs immer, wie Geschichte und teils auch Gegenwart zeigen

ja, das dürfte allgemein bekannt sein

wie auch sonstige, völlig religionsfreie toleranzdefizite, z.b. migranten, politisch andersdenkenden oder überhaupt minderheiten gegenüber
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
#4
(28-06-2014, 22:10)Mustafa schrieb:
(28-06-2014, 21:19)Erich schrieb: (uff, ein ungewohnt langer Beitrag von mir!)

Die ganzen Abhandlungen über Religionsgeschichte hättest du dir m.E. auch sparen können.

Was du letztlich ausdrücken wolltest ist wohl deine Behauptung, dass der Islam "definitiv" die intoleranteste Religion der Gegenwart sein soll.

Aber deine religionsgeschichten Deutungen bieten m.E. keine wirklichen Argumente für deine These.

Ich gab einen unvollständigen Überblick über in der Geschichte praktizierte monolatrische und monotheistische Intoleranz, z.T. extremster Art, und zeigte auf, wo und wie diese Intoleranz noch heute praktiziert wird. Und da ist tatsächlich an allererster Stelle der Islam zu nennen, dann kommt lange, lange nix und dann folgen einige andere Religionen. Die islamische Intoleranz der Gegenwart ist ja wohl zweifelsfrei und ausreichend belegt. Die Presse berichtet täglich darüber und das nicht etwa aus bösem Willen gegenüber einer Religion, die den meisten westlichen Journalisten, außer dass sie Gewalt übt, vollkommen gleichgültig ist, sondern aufgrund der von Muslimen geschaffenen Fakten.
#5
(28-06-2014, 22:15)petronius schrieb:
(28-06-2014, 21:19)Erich schrieb: Unter Toleranz verstehe ich die Akzeptanz des Handelns, der Tradition, der Bräuche, der Religionen bzw. des Agnostizismus/Atheismus eines jeden Menschen bis zu einer Grenze, die niemand überschreiten darf. Diese Grenze ist dann überschritten, wenn jemand einem Dritten oder der Gesellschaft insgesamt einen irdischen (nicht jedoch einen gedachten himmlischen!) Schaden zufügt und dabei spielt es keine Rolle, ob das Zufügen eines Schaden mit dem Willen des gedachten Schöpfers begründet wird oder aber purem Egoismus zu verdanken ist.

Religion praktizierte und praktiziert diese Art von Toleranz keineswegs immer, wie Geschichte und teils auch Gegenwart zeigen

ja, das dürfte allgemein bekannt sein

wie auch sonstige, völlig religionsfreie toleranzdefizite, z.b. migranten, politisch andersdenkenden oder überhaupt minderheiten gegenüber

Das stimmt, selbstredend. Nur entschuldigt das eine natürlich nicht das andere und es relativiert auch nicht religiöse Intoleranz.
#6
(28-06-2014, 22:33)Erich schrieb: Ich gab einen unvollständigen Überblick über in der Geschichte praktizierte monolatrische und monotheistische Intoleranz

Du gabst einen Überblick über deine Deutung der Religionsgeschichte, die ich für höchst einseitig und tendenziell halte.

Es ist unbestritten, dass es islamische Intoleranz in der Gegenwart gibt.
Aber deine Rückschlüsse zum Islam, die du aus der Religionsgeschichte zu ziehen glaubst, teile ich nicht.

Es mag das Bild sein, welches du dir machst, weil ja in der "Presse" so viele schlimme Dinge aus islamischen Ländern berichtet werden.

Die Tatsache, dass die allermeisten Muslime (ja, auch in islamistischen Ländern) eben keine gewaltbereiten Terroristen sind, und durchaus Toleranz und andere moralische Werte kennen, blendest du ebenso aus, wie die Auswirkungen von Politik und Wirtschaft.
#7
(28-06-2014, 22:50)Mustafa schrieb: Es mag das Bild sein, welches du dir machst, weil ja in der "Presse" so viele schlimme Dinge aus islamischen Ländern berichtet werden.

Die Tatsache, dass die allermeisten Muslime (ja, auch in islamistischen Ländern) eben keine gewaltbereiten Terroristen sind, und durchaus Toleranz und andere moralische Werte kennen, blendest du ebenso aus, wie die Auswirkungen von Politik und Wirtschaft.

Solange die gewaltbereiten die anderen für ihre Zwecke rekrutieren,
ausnützen, über ihre Mittel verfügen und in Marsch setzen können
nützt das nur wenig.
Ob ein zwangsrekrutierter Kämpfer oder ein fanatischer
auf einen feuert soll verlässlichen Berichten nach ziemlich egal sein.
#8
(28-06-2014, 22:50)Mustafa schrieb:
(28-06-2014, 22:33)Erich schrieb: Ich gab einen unvollständigen Überblick über in der Geschichte praktizierte monolatrische und monotheistische Intoleranz

Du gabst einen Überblick über deine Deutung der Religionsgeschichte, die ich für höchst einseitig und tendenziell halte.

Ich versuchte einen Überblick über von Religion praktizierte Intoleranz zu geben und das, was ich da zum Ausdruck brachte, sind großteils Fakten, die noch nicht `mal von sonst erzkonservativen katholischen Theologen bestritten werden, sowohl, was die Entwicklung monotheistischer Religionen aus dem Polytheismus betrifft, als auch die extremen Verstöße des Christentums gegen die eigentlich eher zur Toleranz auffordernden Evangelien.

(28-06-2014, 22:50)Mustafa schrieb: Es ist unbestritten, dass es islamische Intoleranz in der Gegenwart gibt.
Aber deine Rückschlüsse zum Islam, die du aus der Religionsgeschichte zu ziehen glaubst, teile ich nicht.

Es mag das Bild sein, welches du dir machst, weil ja in der "Presse" so viele schlimme Dinge aus islamischen Ländern berichtet werden.

Die Tatsache, dass die allermeisten Muslime (ja, auch in islamistischen Ländern) eben keine gewaltbereiten Terroristen sind, und durchaus Toleranz und andere moralische Werte kennen, blendest du ebenso aus, wie die Auswirkungen von Politik und Wirtschaft.

Ich sprach nicht von ISIS, Boko haram oder Al Quaida obwohl zumindest die beiden erstgenannten Nichtsunniten mit extremem Terror überziehen und Al Quaida allein in den USA den Tod von 3000 Nichtkombatanten verursachte. Wozu man aber schon beide Augen geradezu zupressen muss, um es nicht zu erkennen, ist der im Dar al-Islam zu beobachtende Trend zurück zur Scharia und damit zur Intoleranz gegenüber Andersgläubigen, zur Missachtung der Religionsfreiheit u.v.a.. Und dieser Trend ist nur selten aufgezwungen, sondern entspricht dem Willen der Mehrheit der Bewohner islamisch dominierter Staaten. Zuletzt zeigte sich das glasklar in Ägypten, im Libanon und auch in Tunesien gibt`s diese Tendenz. In den Golfstaaten einschließlich Saudi-Arabien ist die Scharia ebenso Gesetz wie im Sudan, in Somalia, in von den Koranschülern (Taliban) beherrschten Teilen Afghanistans, in Provinzen Pakistans, in Malaysia, in Teilen Indonesiens, in Nordnigeria und in einigen anderen islamischen Staaten verhinderten und verhindern Militärs eine Wende zurück, in Algerien z.B. oder gerade kürzlich durch Putsch in Ägypten.

Und die "Auswirkungen von Politik und Wirtschaft" auf religiöse Überzeugung mag es ja indirekt geben. Nur kann man m.E. nicht früheren Kolonialismus für den gegenwärtig zu beobachtenden Trend im Dar al-Islam verantwortlich machen, was gern geschieht, aber nichts ist, was westliche Geschichte von der des Islam unterscheiden würde und die wirtschaftliche Not einiger islamischer Staaten kann auch nicht durch den Westen beseitigt werden.
#9
(28-06-2014, 21:19)Erich schrieb: Unter Toleranz verstehe ich die Akzeptanz des Handelns, der Tradition, der Bräuche, der Religionen bzw. des Agnostizismus/Atheismus eines jeden Menschen bis zu einer Grenze, die niemand überschreiten darf. Diese Grenze ist dann überschritten, wenn jemand einem Dritten oder der Gesellschaft insgesamt einen irdischen (nicht jedoch einen gedachten himmlischen!) Schaden zufügt ...
Nur, diese Toleranz tut bisweilen weh und bedeutet Verzicht auf die eigene Machtbasis beispielsweise jener Mehrheit, der ich angehöre.

Das Argument, eine Ein-Gott-Lehre verführe zur Intoleranz oder erzwinge sie geradezu, hört bzw. liest man öfters - auch bereits hier im Forum. Dies wird mit der Intoleranz dieses einen Gottes gegenüber den anderen Göttern begründet. Hier stimme ich Mustafa zu: Diese Ansicht lässt sich nicht halten. Es mag zwar im Römischen Reich um die Zeitenwende viele Götter gegeben haben, aber irgend eine Toleranz der Römer ist nicht erkennbar. Die unterlegenen Völker hatten sich gefälligst zu fügen, auch religiös. (Sie durften bestenfalls irgendwo ein weiteres Altärchen aufstellen. Das ist ein Pflästerchen aber keine Toleranz!)

Der heutige Monotheismus ist zudem geradezu verseucht mit Staatsideologien, die gar nichts mit dem Einen Gott oder den vielen Göttern zu tun haben, sondern mit jener Dominanz, die bereits die polytheistischen Römer (und andere Hegemonial-Mächte) an den Tag legten.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
#10
(28-06-2014, 23:46)Erich schrieb: Wozu man aber schon beide Augen geradezu zupressen muss, um es nicht zu erkennen,

Deine Schlussfolgerungen aus den aktuellen politischen und gesellschaftlichen Geschehnissen kann ich nicht teilen, aber sicher nicht, weil ich meine Augen zupresse.

Ich halte wie gesagt deine Argumentation für höchst einseitig und tendenziös.

Auch die Religionsgeschichte ist weit komplexer als du hier bei deinen Deutungen zum Monotheismus berücksichtigst.
#11
Hallo Erich
Dein Eröffnungsbeitrag ist zwar lang, aber auch sehr interessant !
Vor allem was Du über den Aton-Kult schreibst.

Einige Anmerkungen:

Du sagst mit einigem Fug und Recht, daß die drei abrahamitischen Religionen Judentum, Christentum, Islam nicht tolerant sind, und bringst im Gegenzug alte amerikanische Religionen:
(28-06-2014, 21:19)Erich schrieb: . . . Naturvölker im Amazonasgebiet . . .
Aber praktizieren die nicht die Kopfjägerei ?

Die Negerstämme Zentralafrikas waren die brutalsten Sklavenjäger aller Zeiten. Gibt es ja immer noch den Namen "Sklavenküste".
Sie überfielen Negerdörfer, wo eben andere Ethnien lebten (zB Pygmäen), erschlugen die Hälfte der Männer, vergewaltigten die Frauen, verschleppten dann die Überlebenden und verkauften sie im Norden an Mohammedaner und im Westen an US-Amerikaner. Wo diese dann bis zur "Negerbefreiung" 1865 als Sklaven leben mußten . . .

Und die Azteken ? Auch keine biblische Religion. Berüchtigt für ihre Menschenopfer . . .

Atheisten fordern gerne Toleranz. Aber Toleranz ist keine Einbahnstraße. 1917 bis 1941 und 1956 bis 1964 führten sich die Atheisten in der UdSSR ärger auf wie Tiere . . .

Was Du über Echnaton geschrieben hast, ist sehr interessant. Ich würde ihn als ersten Atheisten der Geschichte werten. Er verstieß alle Götter und verehrte lediglich Aton, die Sonnenscheibe. Was wäre da viel Unterschied zu Marx, der die Materie verehrte ? Na gut, Echnaton hatte einen ausgeprägten Kult. Aber Kult gab es auch in der Sowjetunion (Leninmausoleum). Dieser "Ketzerpharao" wurde dann erschlagen, weil er die zahlreichen Priesterschaften entmachtet hatte.

Zur monotheistischen Religion der Hebräer schreibt der Ägyptologe Jan Assmann, daß diese aus dem ägyptischen Aton-Kult entstand. Auch Sigmund Freud geht davon aus. Klingt alles sehr plausibel, denn die Hebräer hielten sich ja in Ägypten auf.

Zum Christentum:
Du sprichst die Sachsenkriege an. Wußtest Du, daß Karl der Große in den heutigen Schulbüchern des Staates Israel als großer Wohltäter des Judentums genannt wird ? Soo intolerant war er also wohl doch nicht . . . jedenfalls nicht zu allen

Das Christentum wurde von zahlreichen extrem intoleranten Religionen angegriffen.
Es wehrte sich mit militärischen und polizeilichen Mitteln, das ist nachvollziehbar. Hätte es die Dschihadisten mit Blumen an der Grenze begrüßen sollen . . . ?
Und hätte es die Brandstifter im Inneren (zB die Hussiten) freundlich bewirten sollen ?

Du hast recht, daß der Islam in den eroberten Gebieten relativ tolerant war, denn immerhin lebte die Familie des berühmten Rabbi Maimonides ganz gut in Ägypten

Daß der Islam die Familie schützt, kann man ihm schwer vorwerfen.

Laß Dich nicht in die Irre führen. Du hast recht: der Islam ist derzeit die intoleranteste Religion weltweit. Wer anderer Meinung ist, soll eine intolerantere Religion nennen . . .
Alle Moslems die ich kenne, empfinden es keineswegs beleidigend, wenn man sagt, daß der Islam intolerant ist. Sind noch stolz darauf.

Natürlich wirst Du in Europa den einen oder anderen mehr oder weniger abgefallenen Moslem finden, der Bier trinkt oder als Homosexueller mit einem Mann zusammenwohnt. Diese Menschen sind tolerant, sind aber nicht stellvertretend für den Islam. In Saudi Arabien oder im Iran würde es ihnen schlecht ergehen.
Interessanterweise essen aber solche "toleranten" Moslems kein Schweinefleisch, das ist die Grenze. Bier, ja. Aber Wein und Schnaps wird abgelehnt, und ganz strikt wird der Genuß von Schweinefleisch abgelehnt. Ich hatte beruflich mit Nordafrikanern zu tun und da fiel mir das auf. Die meisten waren Antialkoholiker, wie es der Koran befiehlt. Einzelne soffen aber wie die Löcher, echte Bierliebhaber ! Vier Liter an einem Abend waren keine Seltenheit. Aber Schweinefleisch lehnten auch diese kategorisch ab
#12
(28-06-2014, 23:49)Ekkard schrieb: . . . Dies wird mit der Intoleranz dieses einen Gottes gegenüber den anderen Göttern begründet. Hier stimme ich Mustafa zu: Diese Ansicht lässt sich nicht halten. Es mag zwar im Römischen Reich um die Zeitenwende viele Götter gegeben haben, aber irgend eine Toleranz der Römer ist nicht erkennbar. Die unterlegenen Völker hatten sich gefälligst zu fügen, auch religiös. (Sie durften bestenfalls irgendwo ein weiteres Altärchen aufstellen. Das ist ein Pflästerchen aber keine Toleranz!)

Die Römer waren extrem tolerant !
Sie ließen den Juden ihren Tempel. Im jerusalemer Tempel wurde zur Zeit des Pontius Pilatus der mosaische Tempelkult mit allem Pomp und allen Tieropfern vom jüdischen Hohepriester durchgeführt. Das war kein "Altärchen" das irgendwo verschämt aufgestellt wurde !
#13
diejenigen die mit dieser toleranz-keule fahrlässig rum schwingen, selbst gern intolerant sind.
dann, wenns um die selber geht, kommen die scheuklappen.
das ist meistens so.
so ein einseitiges toleranz-gebilde, bringt letztens nicht wirklich viel, bis nichts.

dahinter verbergen sich gern irgendwelche erwartungen, zugeschnitten auf sich selbst.
#14
(28-06-2014, 23:49)Ekkard schrieb: Das Argument, eine Ein-Gott-Lehre verführe zur Intoleranz oder erzwinge sie geradezu, hört bzw. liest man öfters - auch bereits hier im Forum. Dies wird mit der Intoleranz dieses einen Gottes gegenüber den anderen Göttern begründet. Hier stimme ich Mustafa zu: Diese Ansicht lässt sich nicht halten.

Einspruch.
Du sollst keine Götter neben mir haben reicht schon,
in der Langform wird ja sofort der erbarmungslose Rächer dargestellt.
Dazu Missionierung.

Da braucht man garnicht abwiegeln oder auf andere ablenken.
Das die toleranter waren muss ja nicht zwingend sein.

Ausserdem zeigt die Geschicht wenig Toleranz,
auch gegenüber Glaubensbrüdern.
Da gibts nicht schönzureden.
Wie kommts denn das die Gläubigen heute überall ein zerstrittener Haufen sind.

Wenn der Papst mal Mursi oder Imam Chomeini
heiratet kann man mal über religiöse Toleranz/Akzeptanz reden.
#15
dein text ist wohl auch nicht gerade von toleranz gespickt, aber um toleranz predigen..
finde das ist immer eine recht skurrile form, mit dem begriff toleranz irgendwie werbung zu machen.


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