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Gibt es einen Grund für religiöse Zuversicht?
#16
(26-05-2014, 12:44)Gundi schrieb: Aber die Zuversicht (um wieder zum eigentlichen Thema zu kommen) speist sich wohl eher aus einem Vertrauen an die Existenz eines Gottes und weniger aus einem logischen, in sich stimmigen Gottesbild.

Das ist mir irgendwie zu wenig. Zumindest mal in Hinblick auf die (meine) eigentliche Ausgangsfrage. Zuversicht speist sich aus Vertrauen --> das ist letztendlich doch ziemlich zirkulär. Die Frage ist, wieso vertrauen Menschen? Wie kommen wir auf die Idee, dass es einen Gott gibt? (Ich merke an: Damit meine ich grade ein Gottesbild mit zugeschriebenen Eigenschaften, nicht den Lückenbüßerurgrund des Universums.) Wir Menschen sind ja offensichtlich nicht dazu fähig, eigenständig etwas über einen Gott herauszufinden oder unsere Informationen über selbigen zu prüfen. Woher dann das Vertrauen, dass er (unter allen denkbaren Möglichkeiten) ausgerechnet so ist, wie ich ihn mir vorstelle?
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)
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#17
(26-05-2014, 20:52)Keksdose schrieb:
(26-05-2014, 12:44)Gundi schrieb: Aber die Zuversicht (um wieder zum eigentlichen Thema zu kommen) speist sich wohl eher aus einem Vertrauen an die Existenz eines Gottes und weniger aus einem logischen, in sich stimmigen Gottesbild.

Das ist mir irgendwie zu wenig. Zumindest mal in Hinblick auf die (meine) eigentliche Ausgangsfrage. Zuversicht speist sich aus Vertrauen --> das ist letztendlich doch ziemlich zirkulär.

Aber menschlich. Wer von uns schöpft denn zb. nicht Zuversicht aus dem Vertrauen an einen geliebten Menschen. Als Kinder sind das unsere Eltern, später unser Partner oder Freunde.
Und ich denke in diese Richtung geht auch bei vielen Gläubigen ihre Zuversicht aus der Religion heraus.
Allerdings natürlich mit dem Unterschied (und den finde ich schon auch recht wichtig), dass Gott keine Interaktion mit uns in dem Sinne hat, wie dies Menschen haben.

(26-05-2014, 20:52)Keksdose schrieb: Die Frage ist, wieso vertrauen Menschen? Wie kommen wir auf die Idee, dass es einen Gott gibt? (Ich merke an: Damit meine ich grade ein Gottesbild mit zugeschriebenen Eigenschaften, nicht den Lückenbüßerurgrund des Universums.)

Unsere Entwicklung, unsere Geschichte. Ekkard spricht häufig von gesellschaftsbildender Funktion des Glaubens und der Religion. Und ich denke in früheren Zeiten war das auch ein maßgeblicher Zweck des Glaubens. Die Menschen selber werden sich das vermutlich gar nicht so bewusst gewesen sein, aber ein Glaube schafft Gemeinsamkeit (Gruppenzugehörigkeit); gibt Regeln, die auch nicht (da von höherer Stelle) einfach mal über den Haufen geworfen werden können; erklärt bis dato unerklärliche Phänomene...

(26-05-2014, 20:52)Keksdose schrieb: Wir Menschen sind ja offensichtlich nicht dazu fähig, eigenständig etwas über einen Gott herauszufinden oder unsere Informationen über selbigen zu prüfen. Woher dann das Vertrauen, dass er (unter allen denkbaren Möglichkeiten) ausgerechnet so ist, wie ich ihn mir vorstelle?

Klar, heute sehen wir vieles anders. Wir haben aber auch schon ein paar Jahrtausende Philosophie und Wissenschaft hinter uns, in denen wir uns konkret mit uns, unser Welt und unserem Bezug zu dieser Welt auseinandersetzten.

Dass es aber immer noch religiöse Menschen gibt, zeigt aber auch, dass Glaube/Religion immer noch Funktionen erfüllt, die von einigen gebraucht werden (Hoffnung, Trost, Erklärung der Welt...)
Hinzukommt die Erziehung, also das selbstverständliche "An-Gott-glauben". Wer in Gebieten aufwächst mit großer Religiösität, wer in Familien lebt, in welcher Glauben einen hohen Stellenwert einnimmt, für den wird es auch nicht so einfach sein, das "Selbstverständliche" mal wirklich kritisch zu hinterfragen oder sogar zu verwerfen.
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#18
(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb: Was wussten denn schon Leukipp, Demokrit, Epikur und Dalton über Atome? Offenbar ebenfalls nichts. Es war lediglich ein abstraktes Konzept, eine Vorstellung im Kopf der Atomisten. Wissen über Atome konnten erst die Chemiker und Atomphysiker in der jüngeren Vergangenheit erlangen, aber erst nachdem sie das Etikett 'Atom' auf etwas empirisch Gegebenes draufgeklebt hatten, was Pi mal Daumen als 'Atom' bezeichnet werden konnte

da wurde kein "Etikett 'Atom' auf etwas empirisch Gegebenes draufgeklebt", um damit den antiken vorstellungen realität zu verleihen, sondern lediglich ein begriff übernommen

das "abstrakte Konzept" hat nichts mit der naturwissenschaftlichen atomtheorie gemein als eben den begriff "atomos - unteilbar" (der ja der naturwissenschaftlichen atomtheorie gar nicht mehr gerecht wird und also rein traditionell noch verwendet wird, ohne tatsächlich unteilbarkeit ausdrücken zu wollen)

(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb: Was genau sind nun die unzweifelhaften Eigenschaften Gottes? Wie gesagt sprechen wir hier nicht über empirisch Gegebenes, sondern über ein Konzept, wie es etwa auch die Atome einst waren

aber was genau soll dein "Konzept" denn eigentlich besagen?

daß man als synonym bzw. abkürzung für "Ursprung allen Seins" den in sich inhaltsleeren begriff "gott" verwendet, ist noch kein "Konzept" denn es besagt weiter nichts, als daß man von einem "Ursprung allen Seins" ausgeht

(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb: Die Kernidee hinter Gott drückt sich also u.a. vornehmlich dadurch aus, dass es etwas gibt, aus dem alles andere hervorgeht, aber selbst unverursacht ist - ein primum movens, sozusagen.
Dass es so etwas gibt, dafür gibt es gute und vernünftige Argumente

das läßt sich bestreiten

was wäre denn dein "gutes und vernünftiges Argument", die kausalität einfach irgendwo willkürlich für außer kraft gesetzt zu erklären?

und noch mal: was soll daraus folgen?

(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb: Die Frage nach Gott ist die Frage nach dem Ursprung des Kosmos bzw. der Ordnung

auf die es aber keine antwort gibt, die mehr als bloßes wunschdenken wäre

(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb:
(26-05-2014, 11:33)Keksdose schrieb: Ah, ich glaub jetzt versteh ich was du meinst. Nur wie lässt sich aus der Tatsache, dass unser Universum irgendwie entstanden ist (denn mehr Inhalt hat dieser Gottesbegriff ja irgendwie nicht) religiöse Zuversicht ableiten?
Bestenfalls über zwei, drei Ecken, vermutlich aber gar nicht.

eben

warum also gibst du eine solche antwort auf die frage nach der rechtfertigung religiöser zuversicht

(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb:
(26-05-2014, 11:33)Keksdose schrieb: Ich widerspreche, in Hinblick auf meine Lebenserfahrung, die trotz fehlender religiöser Zuversicht höchst erfüllend ist. Aber das wirst du mir einfach so glauben müssen
Nu entscheide dich doch mal, ob du über Zuversicht, über religiöse Zuversicht oder über Zuversicht und Vertrauen auf Gott sprechen möchtest...

es geht um zuversicht

die man aus verschiedenen quellen schöpfen kann, und hier gehts eben speziell darum, worin sich zuversicht aus religiösen motiven heraius begründet

du bist es doch, der ständig unterstellt, es könne keine andere geben

(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb: Du urteilst hier außerdem aus der Sicht des einzelnen Subjekts - aus deiner Sicht - ich urteile aus der Sicht Aller, gewissermaßen kollektivistisch, altruistisch

oho!

wer hat dich persönlich ermächtigt, für alle zu sprechen?

(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb: Mag ja schon sein, dass du (und zumindest bis jetzt) ein erfülltes Leben hast - herzlichen Glückwunsch. Doch wie viele Menschen - über alle Erdteile und Epochen zusammengezählt - können das von sich behaupten?!

eine ganze menge, denke ich

(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb: Welche Zuversicht hat bspw. ein sterbenskrankes Kind im Kinderhospiz, welches nicht einmal ein niedriges, zweistelliges Lebensalter erreichen wird?!

ja, welche gewinnt es denn durch einen postulierten"ursprung allen seins"?

du mußt dich jetzt schon mal entscheiden, was für dich nun "gott" sein soll. schlicht der "urgrund allen seins" oder eine lebensversicherung post mortem?

und erst behauptest du, du willst "aus der Sicht Aller, gewissermaßen kollektivistisch, altruistisch" werten, und dann berufst du dich auf extreme einzelbeispiele...Eusa_naughty

(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb: Woher man sich diese Zuversicht nimmt...? Keine Ahnung, man nimmt sie sich einfach! Denn offenbar ist es völlig wurscht: Sollte man sich bzgl. der Annahme, dass das Leben mit dem Tod nicht endgültig vorbei ist, irren, würde man sich jenes Irrtums offenkundig eh nie bewusst werden.

und was hat man von dieser annahme, "dass das Leben mit dem Tod nicht endgültig vorbei ist"?

für mich wär das eher eine horrorvorstellung
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#19
(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb:
(25-05-2014, 10:22)Keksdose schrieb: Was weißt du denn von Gott, was mir bisher verborgen blieb?
Nichts, so sich a-priori-Vorstellungen per se nun einmal nicht auf empirisch Gegebenes beziehen können. Das ist aber trivial und war bspw. auch schon bei den sog. 'Atomen' so. Was wussten denn schon Leukipp, Demokrit, Epikur und Dalton über Atome? Offenbar ebenfalls nichts. Es war lediglich ein abstraktes Konzept, eine Vorstellung im Kopf der Atomisten. Wissen über Atome konnten erst die Chemiker und Atomphysiker in der jüngeren Vergangenheit erlangen, aber erst nachdem sie das Etikett 'Atom' auf etwas empirisch Gegebenes draufgeklebt hatten, was Pi mal Daumen als 'Atom' bezeichnet werden konnte.

Der Vergleich hinkt doch wieder. Gottesglaube ist ja kein wissenschaftliches Vorgehen, bei dem wir uns nur in Vorbereitung für Experimente mit empirischer Beweiskraft befinden. Wenn Leukipp, Demokrit, Epikur und Dalton nichts über Atome wussten, aber sich darauf verlassen hätten, dass diese mysteriösen Atome ihr Leben in Ordnung bringen, wäre das ja wohl auch kaum nachvollziehbar gewesen.

(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb: Es gibt keine allgemeingültige und für jeden verbindliche Vorstellung von Gott, an die sich alle zu halten haben. Etliche Begriffe haben im Laufe der Geschichte auch immer wieder mal einen Bedeutungswandel erfahren (darunter selbst naturwissenschaftliche Begriffe wie 'Arbeit', 'Kraft', 'Energie'...).

Ganz klar. Aber keiner von ihnen wusste, alle glaubten. Oder mit andern Worten: Sie spekulierten, denn offensichtlich gibt es doch keine unzweifelhafte oder auch nur besonders glaubwürdige Quelle für Informationen über die Seinsweise Gottes. Ich könnte jedem einzelnen von ihnen die selbe Frage stellen: Wie kommt ihr auf die Idee, dass ihr euch auf den da oben verlassen könnt? (Woher nehmt ihr eure Zuversicht?)

(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb: Die Kernidee hinter Gott drückt sich also u.a. vornehmlich dadurch aus, dass es etwas gibt, aus dem alles andere hervorgeht, aber selbst unverursacht ist - ein primum movens, sozusagen.

Was hat das mit religiöser Zuversicht zu tun?

(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb: Und beim Theodizee-Problem landest du, wenn du nun noch weitere Zusatzannahmen über Gott machst und ihn/es dir insbesondere als eine Art 'allmächtiges, allgütiges, allwissendes Fabelwesen' vorstellst. Aber derartige Zusatzannahmen sind eher optional, kommen ggf. oben mit drauf, müssen noch einmal zusätzlich begründet werden und sind auch getrennt von der eigtl. Grundannahme, alles Seiende ginge auf ein höchstes Sein zurück, zu betrachten.

Ich gehe deshalb von den Zusatzannahmen aus, weil ich der Ansicht bin, dass Eigenschaftszuschreibungen für Gott (vor allem in eine Richtung, die ihn zu einem Beschützer oder gerechtem Richter macht) eine Grundlage für Zuversicht sein könnten, so sie denn verlässlich wären. Sind sie aber nicht. Das höchste Sein, wie du es nennst, veranlasst mich doch auch nicht zur Zuversicht. Zuversicht worauf überhaupt?

(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb:
(25-05-2014, 10:22)Keksdose schrieb: Es gibt mindestens drei Unterschiede zwischen der Sonne und Gott.
Ach, ja... die alte rhetorische Taktik... Man bringt eine Analogie und jemand fängt an, irgendwelche Unterschiede - die es übrigens bei JEDEM Vergleich gibt, sonst wäre es ja keiner mehr! - aufzuzählen. *gähn*

Tut mir sehr leid, aber ich kann nichts dafür, dass dein Vergleich so ungünstig war.

(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb: Du bist - Achtung, Gedankenexperiment - lediglich eine arme, kleine, blinde Azteken-Keksdose, du kennst nur Geschichten über die Sonne bzw. Huitzilopochtli. Und dass Wissenschaft eines Tages und in ferner Zukunft feststellen wird, dass Huitzilopochtli lediglich ein großer, brennender Gasball ist, ist dir ebenfalls fremd, genauso, wie dir gegenwärtig fremd ist, was Wissenschaft in ferner Zukunft über Gott bzw. den "Anfang von Allem" herauszufinden vermag.

Gedankenexperiment angenommen. In diesem Fall wäre ich doch wirklich schön blöd mich auf diese sogenannte Sonne zu verlassen oder Zuversicht aus der spekulativen Annahme ihrer Existenz zu ziehen. Oder fändest du das nachvollziehbar?

(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb: Für mich wiederum ist es unmöglich, über die Sonne zu sprechen, ohne dass du damit gleich Huitzilopochtli assoziierst. Und gleichsam ist es unmöglich, über Gott zu sprechen, ohne dass du damit gleich ein "allmächtiges, allwissendes, allgütiges Fabelwesen" assoziierst.

Es stimmt zwar, dass ich in der Unterhaltung mit einem Menschen, von dem ich annehme, dass er Theist ist, von einem theistischen Gottesbild ausgehe. Allerdings liegst du falsch, wenn du denkst, etwas anderes wäre mir unmöglich. Mir würde sich die Threadfrage gar nicht stellen, würde ich nicht prinzipiell von einem Gottesbild ohne anthopomorphistische Eigenschaftszuschreibungen ausgehen. Der "liebe Gott" liefert allerhand Gründe für Zuversicht, nur scheitert er an der Realität, und ist deshalb hier von vorneherein vom Tisch.

(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb:
(26-05-2014, 11:33)Keksdose schrieb: Ah, ich glaub jetzt versteh ich was du meinst. Nur wie lässt sich aus der Tatsache, dass unser Universum irgendwie entstanden ist (denn mehr Inhalt hat dieser Gottesbegriff ja irgendwie nicht) religiöse Zuversicht ableiten?
Bestenfalls über zwei, drei Ecken, vermutlich aber gar nicht.

Darf ich das als deine Antwort auf die Threadfrage verstehen?

(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb:
(26-05-2014, 11:33)Keksdose schrieb: Gibt es wirklich einen guten Grund, anzunehmen, dass am Ende alles gut wird?
Nein, dann würden wir ja von 'Wissen' sprechen. Aber wie ich ebenfalls schon sagte: Was wäre hierzu denn überhaupt die Alternative?! Fatalismus?

Warum muss man daraus gleich eine ganze Weltanschauung machen? Das fehlen religiöser Zuversicht hätte imho keine Konsequenz außer dem Fehlen religiöser Zuversicht. So wie bei Atheisten, bspw. bei mir. Dann gilt das eigene Leben eben als selbstverantwortlich, ohne Happy-End-Garantie, aber doch durchaus mit der Möglichkeit (und eben der Verantwortung!), mein Leben selbst gelingend zu gestalten. Es ist ja nicht so, dass man sich zwischen Gottesglaube und Verzweiflung zu entscheiden hätte. Ich weiß nicht genau, was für eine "Alternative" du da suggerieren möchtest.

(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb: Nu entscheide dich doch mal, ob du über Zuversicht, über religiöse Zuversicht oder über Zuversicht und Vertrauen auf Gott sprechen möchtest...

Dem Threadtitel kannst du entnehmen, dass ich religiöse Zuversicht meinte. Genauer bezeichne ich damit die Zuversicht bzw. die Hoffnung auf einen Gott, der mir entweder hilft oder mich am Ende in den Himmel lässt oder sonst etwas tut oder verspricht was Gegenstand meiner Zuversicht sein könnte.

(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb: Du urteilst hier außerdem aus der Sicht des einzelnen Subjekts - aus deiner Sicht - ich urteile aus der Sicht Aller, gewissermaßen kollektivistisch, altruistisch: Mag ja schon sein, dass du (und zumindest bis jetzt) ein erfülltes Leben hast - herzlichen Glückwunsch. Doch wie viele Menschen - über alle Erdteile und Epochen zusammengezählt - können das von sich behaupten?! Welche Zuversicht hat bspw. ein sterbenskrankes Kind im Kinderhospiz, welches nicht einmal ein niedriges, zweistelliges Lebensalter erreichen wird?!

Ich verstehe nicht ganz genau, was du damit sagen möchtest. Ich würde nie bestreiten, dass (religiöse) Zuversicht unheimlich positive Konsequenzen haben kann, aber ich fragte ja nach etwas ganz anderem. Nämlich, ob sie begründet ist. Sterbende Kinder sind absolut tragisch, aber haben mit dieser Frage erstmal nichts zu tun (es sei denn, du willst das Faktum ihrer Existenz dazu nutzen, die Frage zu verneinen, was aber wohl auch recht kurz gegriffen wäre).

(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb: Woher man sich diese Zuversicht nimmt...? Keine Ahnung, man nimmt sie sich einfach! Denn offenbar ist es völlig wurscht: Sollte man sich bzgl. der Annahme, dass das Leben mit dem Tod nicht endgültig vorbei ist, irren, würde man sich jenes Irrtums offenkundig eh nie bewusst werden.

Dir mag es wurscht sein, dann musst du ja nicht mitdiskutieren. Ich finde das spannend und würde es sehr gerne erörtern. Was vermutlich, wie so oft, eine illusorische Annahme ist, da wir ohnehin kaum auf einen gemeinsamen Nenner kommen Icon_wink Aber grade solche Gedankenexperimente wie deines mit der Sonne sind doch interessant. Letztendlich stellt sich ja auch einfach die Frage, wie glaubwürdig Religion überhaupt ist (und nicht, wie nützlich sie ist, obwohl natürlich auch das eine legitime Frage ist).
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)
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#20
(26-05-2014, 21:14)Gundi schrieb: Wer von uns schöpft denn zb. nicht Zuversicht aus dem Vertrauen an einen geliebten Menschen. Als Kinder sind das unsere Eltern, später unser Partner oder Freunde.
Und ich denke in diese Richtung geht auch bei vielen Gläubigen ihre Zuversicht aus der Religion heraus.
Allerdings natürlich mit dem Unterschied (und den finde ich schon auch recht wichtig), dass Gott keine Interaktion mit uns in dem Sinne hat, wie dies Menschen haben.

Ich denke auch, dass das ein wichtiger Unterschied ist. Ein Kind greift ja auch auf die alltägliche Erfahrung mit seinen Eltern zurück, die Zuversicht besteht also darin, dass dieser Status erhalten bleibt. Religiöse Zuversicht richtet sich imho nach vorne, in die Zukunft, hin zu einem (dann erstmaligen?) Eingreifen Gottes und dass dann endlich alles gut wird. Das hat einen hochgradig spekulativen Charakter, oder eben gute Gründe (die ich aber nicht kenne).

(26-05-2014, 21:14)Gundi schrieb: Die Menschen selber werden sich das vermutlich gar nicht so bewusst gewesen sein, aber ein Glaube schafft Gemeinsamkeit (Gruppenzugehörigkeit); gibt Regeln, die auch nicht (da von höherer Stelle) einfach mal über den Haufen geworfen werden können; erklärt bis dato unerklärliche Phänomene...

Ganz klar; Religion kann sehr nützlich sein. Aber das sind ja eher Gründe, sich der Religionsgemeinschaft zugehörig zu fühlen, als dahinter tatsächlich Tatsachen zu vermuten. Das macht zwar aus der Religion u.U. eine bessere Pfadfindergruppe, aber die funktioniert ja auch ohne theologischen Überbau ganz gut (was dann aber natürlich auch keine religiöse Zuversicht zulassen würde). Erklärungen zu liefern für bisher unerklärte Phänomene dürfte heute auch weniger eine Rolle spielen als früher.

(26-05-2014, 21:14)Gundi schrieb: Hinzukommt die Erziehung, also das selbstverständliche "An-Gott-glauben". Wer in Gebieten aufwächst mit großer Religiösität, wer in Familien lebt, in welcher Glauben einen hohen Stellenwert einnimmt, für den wird es auch nicht so einfach sein, das "Selbstverständliche" mal wirklich kritisch zu hinterfragen oder sogar zu verwerfen.

Stimmt natürlich. Das ist eine Art der inneren Legitimation religiösen Glaubens. Nach außen (für mich z.B.) lässt das die dahinter vermuteten Tatsachen allerdings natürlich nicht glaubwürdiger erscheinen. Wobei der Punkt trotzdem gut ist.
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#21
(26-05-2014, 20:39)petronius schrieb:
(26-05-2014, 11:06)Keksdose schrieb: Allerdings könnten dann, wenn ich dich richtig verstehe, nur die gläubig sein, die eine persönliche Gotteserfahrung hinter sich haben. Und dürften das nicht eher die wenigsten sein?

das ist jedenfalls meine definition von "wirklichem glauben", ich kann und will sie nicht anderen vorschreiben. und zwar ist sie es deshalb, weil sie eben keinem begründungs- und rechtfertigungszwang unterliegt, dem sich jene gläubigen aussetzen, die ihren glauben irgendwie rational nachvollziehbar darstellen und sich daher zwangsläufig in widersprüche verwickeln

(Entweder wir wissen wie Gott ist, dann scheitert seine Kontinuität an unserer Realität (s. Theodizee). Oder wir wissen nicht wie Gott ist, dann gibt es auch keinen Grund anzunehmen, er wäre ein guter/böser/strafender/verzeihender/wie auch immer gearteter Gott und religiöse Zuversicht hätte keine Basis mehr)

ob das "die wenigsten" sind - ja, mag sein. "eine persönliche Gotteserfahrung" stell ich mir übrigens nicht unbedingt als spektakuläres damaskus-erlebnis vor, nur um das zu präzisieren. ich schließe auch nicht aus, daß jenes gefühl des "sich in gottes hand befinden" (um mal in kirchliche phraseologie zu verfallen) nicht traditionell vermittelt wird. die in der von mir angesprochenen art gläubigen in meinem umfeld haben in der regel sehr wohl einen religiösen familiären hintergrund, auch wenn sie sich diesem in seiner dogmatik nicht mehr verpflichtet fühlen

Mhm, jetzt versteh ich dich. Da machst du einen wirklich guten Punkt. Muss ich mir mal durch den Kopf gehen lassen. Dankeschön.
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#22
(26-05-2014, 21:14)Gundi schrieb: Allerdings natürlich mit dem Unterschied (und den finde ich schon auch recht wichtig), dass Gott keine Interaktion mit uns in dem Sinne hat, wie dies Menschen haben.

Diese "Interaktion" geschieht durch den Mitmenschen.
"Gott" wirkt als gemeinsames Bekenntnis zu "guter Gesinnung", auf die wir uns beim anderen verlassen können wollen.

(26-05-2014, 21:14)Gundi schrieb: Wir haben aber auch schon ein paar Jahrtausende Philosophie und Wissenschaft hinter uns,

Zu der auch viele gläubige Menschen beigetragen haben und beitragen.


(26-05-2014, 21:14)Gundi schrieb: Dass es aber immer noch religiöse Menschen gibt, zeigt aber auch, dass Glaube/Religion immer noch Funktionen erfüllt, die von einigen gebraucht werden

Ich denke, dass so ziemlich alle Menschen diese "Funktionen" brauchen. Sie kommen nur in anderer Form daher.

Und dem Punkt, dass religiöser Glaube quasi "automatisch" mit Bildungsdefiziten in Verbindung gebracht werden kann und auf kritisches Fragen verzichtet, möchte ich doch widersprechen.
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#23
(26-05-2014, 21:40)Keksdose schrieb:
(26-05-2014, 21:14)Gundi schrieb: Wer von uns schöpft denn zb. nicht Zuversicht aus dem Vertrauen an einen geliebten Menschen. Als Kinder sind das unsere Eltern, später unser Partner oder Freunde.
Und ich denke in diese Richtung geht auch bei vielen Gläubigen ihre Zuversicht aus der Religion heraus.
Allerdings natürlich mit dem Unterschied (und den finde ich schon auch recht wichtig), dass Gott keine Interaktion mit uns in dem Sinne hat, wie dies Menschen haben.

Ich denke auch, dass das ein wichtiger Unterschied ist. Ein Kind greift ja auch auf die alltägliche Erfahrung mit seinen Eltern zurück, die Zuversicht besteht also darin, dass dieser Status erhalten bleibt.

Die Zuversicht besteht imho für ein Kind vor allem darin, dass da jemand ist, der "es schon richten wird". Als Kind kann mir nichts passieren, da meine Eltern auf mich aufpassen. Ihnen vertraue ich voll und ganz und ohne jeden Zweifel.
Zumindest bis zur Pubertät Icon_cheesygrin
Vieleicht religiöse Zuversicht als quasi vorpubertäre Sicht (ohne abwertend gemeint zu sein)?

(26-05-2014, 21:40)Keksdose schrieb: Religiöse Zuversicht richtet sich imho nach vorne, in die Zukunft, hin zu einem (dann erstmaligen?) Eingreifen Gottes und dass dann endlich alles gut wird. Das hat einen hochgradig spekulativen Charakter

Ja, den hat es. Aber sieht das auch der Gläubige so?

(26-05-2014, 21:40)Keksdose schrieb:
(26-05-2014, 21:14)Gundi schrieb: Hinzukommt die Erziehung, also das selbstverständliche "An-Gott-glauben". Wer in Gebieten aufwächst mit großer Religiösität, wer in Familien lebt, in welcher Glauben einen hohen Stellenwert einnimmt, für den wird es auch nicht so einfach sein, das "Selbstverständliche" mal wirklich kritisch zu hinterfragen oder sogar zu verwerfen.

Stimmt natürlich. Das ist eine Art der inneren Legitimation religiösen Glaubens. Nach außen (für mich z.B.) lässt das die dahinter vermuteten Tatsachen allerdings natürlich nicht glaubwürdiger erscheinen.

Nein. Aber ich denke du wirst auf deine Frage auch keine logische Antwort erhalten. Ich denke für einen Gläubigen ist es nicht relevant, ob sein Glaube in sich stimmig ist. Sein Glaubensbild verlangt das nicht von ihm.
Man könnte vieleicht fragen, warum Menschen immer noch Glauben, welchen Grund sie dafür haben? Ist es fehlendes Wissen? Ein Schicksalschlag? Schlicht ein gutes Gefühl? Ersatz von etwas anderem?

Studierst du nicht Psychologie? Ist das nicht ein Thema, dass auch im Studium mal anklingt?
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#24
Sicher kommen sie das, Götternotwendigkeit entbehrt
also jeder als notwendig betrachteten Grundlage.

Bekannterweise haben Religionen bis jetzt immer mit Anderen Religionen
oder zwischen sich selbst zu Mord und Totschlag incl.
Fortschrittsbehinderung geführt solange es um größere
Gruppen ging.

Innerhalb von Familie, Gemeinde mag das ja funktioniert haben,
wenn Religion sich politisch verhielt wurde es finster.

Religion ist für Gefühlsleben zuständig, nicht um Staaten zu lenken,
da zählt Glaube an irgendwas nicht besonders viel.

Mit Glaube baut man auch keine Strasse oder ein Auto.
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#25
(26-05-2014, 21:43)Mustafa schrieb:
(26-05-2014, 21:14)Gundi schrieb: Allerdings natürlich mit dem Unterschied (und den finde ich schon auch recht wichtig), dass Gott keine Interaktion mit uns in dem Sinne hat, wie dies Menschen haben.

Diese "Interaktion" geschieht durch den Mitmenschen.
"Gott" wirkt als gemeinsames Bekenntnis zu "guter Gesinnung", auf die wir uns beim anderen verlassen können wollen.

oh-oh...

und wer nicht dassselbe glaubensbekenntnis teilt, dem ist dann folglich zu unterstellen, er habe keine "gute Gesinnung"?

denn das folgt ja wohl daraus...

ich z.b. gehe erst mal bei jedem menschen davon aus, daß er es gut meint (innerhalb bestimmter grenzen, das meint keine blauäugigkeit), und dabei interessiert mich nicht, was oder woran er glaubt. ich gebe einen grundsätzlichen vertrauensvorschuß und bin damit grosso modo gut gefahren

(26-05-2014, 21:43)Mustafa schrieb:
(26-05-2014, 21:14)Gundi schrieb: Dass es aber immer noch religiöse Menschen gibt, zeigt aber auch, dass Glaube/Religion immer noch Funktionen erfüllt, die von einigen gebraucht werden

Ich denke, dass so ziemlich alle Menschen diese "Funktionen" brauchen. Sie kommen nur in anderer Form daher

oft behauptet, nie belegt

ich sehe z.b. schon einen grundsätzlichen unterschied darin, einem menschen vertrauen entgegen zu bringen, oder einem unsichtbaren freund. und fühle mich entsprechend vereinnahmt, wenn diese positive herangehensweise mit religion gleichgesetzt oder -gewertet wird
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#26
Was diese Vereinnahmung betrifft sind die Religiösen ganz groß.
Kaum werden irgendwelche sozialen Erkenntnisse fortschrittlicher Art
etabliert, hat man sie schon immer in den Schriften gehabt, nur nicht so
interpretiert.
Aufgrund der Schwammigkeit des Textes nicht weiter schwer.

Koran ist da wissenschaftlich ganz super, sofort wenn eine größere Theorie sich durchgesetzt
hat , hat das schon immer, verklausuliert natürlich, im Koran gestanden.

Merkwürdigerweise merkt man das immer erst hinterher, trotz 1500 Jahre
heftigster Koranstudien, die Sunna /Shia... geben da erst recht nichts her.

EIne Menge Trittbrettfahrerei.
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#27
Harpya schrieb:Bekannterweise haben Religionen bis jetzt immer mit Anderen Religionen
oder zwischen sich selbst zu Mord und Totschlag incl.
Fortschrittsbehinderung geführt solange es um größere
Gruppen ging.
Fortschrittsbehinderung? Das ist nicht dein Ernst, oder?

Das alte Rom, das alte Griechenland, das mittelalterliche Baghdad und Cordoba... meinste das sind fortschrittsbehindernde gesellschaften gewesen?
End ek swerio in allum fernan Landsidun,
in Woden ende Thunar ende Sahsnot
ende allum them Holdum, the hira Genotas sint...
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#28
Ja, Fortschritt ist zwar nicht aufzuhalten aber beliebig zu verlangsamen.

Sicher gab es ausgeklügelte Bewässerungssysteme, die gabs aber schon lange vorher.
Was war an Bhagdad revolutionär, Kanalisatin sicher nicht.
Cordobe ist recht nett aber nur Verfeinerung alter Sachkenntnisse.

Die Bauwerke und Anderes waren Resultate von Trial und Error.

Auch im Mittelalter wurde mit einfachsten Hilfsmitteln gebaut.
Es gab keine großflächige gezielte Forschung, nur verbesserte Erfahrungswerte.

Die damaligen Gesellschaften haben ihre Fortschritte meist von
überrannten Kulturen erbeutet, nicht geschaffen.

Ein ganz gutes Beispiel ist Spanien, wo nach der islamischen Eroberung die Elite von
Wissenschaft , Handel und Handwerk aus dem Land getrieben, unterjocht oder
getötet wurde.
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#29
(26-05-2014, 20:28)petronius schrieb:
(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb:
(25-05-2014, 10:22)Keksdose schrieb: Gibt es wirklich einen nachvollziehbaren Grund für (religiöse) Zuversicht?
Gegenfrage: Was wäre denn die Alternative? Enttäuschung, Frustration, Verbitterung, Verzweiflung...? Da bleib' ich lieber zuversichtlich...
die alternative ist einsicht in die realität
Falsches Dilemma. Seit wann schließt denn das eine das andere aus?!

Und so wie ich das sehe, bist eher du es, der hier die Realität verkennt.

(26-05-2014, 20:28)petronius schrieb: das tut nicht zwangsläufig weh...
Ach komm', spar' dir doch deine Blödeleien.

(26-05-2014, 20:28)petronius schrieb: ...schon gar nicht führt es zwingend zu "Enttäuschung, Frustration, Verbitterung, Verzweiflung"
Doch, in vielen Fällen genau das. Und zwar gerade als Folge der Einsicht in die Realität, die nämlich für unzählige Menschen größtenteils Leid, Ungerechtigkeit und ein unsägliches Lebensschicksal bedeutet, lediglich mit der Aussicht auf den Gnadenakt eines endgültigen Todes.

(26-05-2014, 20:28)petronius schrieb:
(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb:
(25-05-2014, 10:22)Keksdose schrieb: Wenn wir davon ausgehen, dass keine Frage zur Seinsweise Gottes irgendwie sinnvoll beantwortbar ist, dann bedeutet das doch, dass wir nichts von ihm wissen können.
Wir...?! Du vielleicht, ja
wer denn nicht, und auf welcher grundlage?
Auf welcher Grundlage wird denn zunächst erst einmal die Feststellung getroffen, "dass keine Frage zur Seinsweise Gottes irgendwie sinnvoll beantwortbar ist"...? Und die zweite Frage, die sich hier unmittelbar aufdrängt: Ist diese 'Transzendenz' Gottes lediglich vorläufig zu verstehen, etwa aufgrund gegenwärtiger Grenzen unserer Erkenntnis und unseres Wissens, oder ist sie eher prinzpiell zu verstehen?

(26-05-2014, 20:28)petronius schrieb:
(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb: Nö, da bringst du gehörig was durcheinander. Also erstens mal ist Gott nicht allein dadurch erklärt, ein Fabelwesen zu sein
anscheinend aber auch - oder wie meinst du "nicht allein dadurch"?
Nein, ich meinte es in dem Sinne, dass es sich hier noch einmal um eine weitere Zusatzannahme handelt. Ich sprach ja von Gott als bloßem 'primum movens', 'Anfang von Allem', 'höchstes Sein' usf. - diese Funktion hat Gott ja bspw. auch in den abrahmitischen Religionen inne, als Schöpfergott. Darüberhinaus kommt aber noch der ganze mythologisch-anthropomorphe Ballast hinzu, also die Vorstellung, dass es nicht nur eine Entität gibt, welche als 'Anfang von Allem' fungiert, sondern darüberhinaus auch als omnipotentes Fabelwesen charakterisiert ist.

(26-05-2014, 20:28)petronius schrieb: und wie erklärt man "gott" sonst?
Als "Anfang von Allem", "höchstes Sein, aus dem alles andere Sein hervorgeht" etc. pp. - sagte ich ja schon. Was das da nun genau sein soll, welche weiteren Eigenschaften, Attribute usf. dieses Etwas da hat, ob es sich dabei womöglich um eine Art omnipotentes Fabelwesen handelt, das überlasse ich den Kaffeesatzlesern, zumal mit jeder weiteren Zusatzannahme auch die Wahrscheinlichkeit des Irrtums steigt.

(26-05-2014, 20:28)petronius schrieb:
(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb: Du argumentierst hier quasi wie eine Blinde, welche zwar vllt. die Wärme der Sonne wahrzunehmen vermag, die Existenz derselbigen allerdings leugnet, da die Existenz der Sonne - für dich als Blinde - erstens gar nicht belegbar sei
falscher vergleich
Nö, dein Einwand demonstriert lediglich, dass du nicht wirklich verstanden hast, worauf ich mit meiner Analogie hinauswollte. Ich hatte hierzu ja noch einige Zeilen geschrieben. Falls es nun immer noch nicht klar ist, musste wohl halt noch a bissl nachsitzen - aber nicht bei mir. Eusa_snooty

Naja, gut, hierauf geh' ich noch ein:
(26-05-2014, 20:28)petronius schrieb: das wärmegefühl läßt sich also durchaus auf der erkenntnis zugängliche phänomene zurückführen, nicht aber "gott" - siehe oben: "Wenn wir davon ausgehen, dass keine Frage zur Seinsweise Gottes irgendwie sinnvoll beantwortbar ist, dann bedeutet das doch, dass wir nichts von ihm wissen können"
Klar, auch Fragen zur Seinsweise von bspw. Huitzilopochtli lassen sich nicht wirklich sinnvoll beantworten. Aber vllt. könnte man wenigstens endlich mal zur Kenntnis nehmen, dass:
(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb: Die Vorstellung von Huitzilopochtli ist reichlich absurd und es ist auch richtig, sich von solchen Personifikationen zu verabschieden, nur sollte man dabei nie vergessen, WAS genau hier eigentlich - etwa im Falle von Huitzilopochtli oder dem christlichen Schöpfergott - personifiziert wird. Solange man das nicht versteht, bleibt man auf dem Holzweg.
-
(26-05-2014, 20:28)petronius schrieb:
(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb: Gott bezeichnet nichts weiter als den Ursprung allen Seins, aus dem die gesamte Wirklichkeit - unterschieden von der bloßen Möglichkeit - hervorgeht
ja, fein

dieses begriffssynonym ("gott" als "Ursprung allen Seins" usw.) erklärt aber auch nichts und läßt schon gar nicht irgendwelche schlüsse auf daraus folgendes zu

klar, irgendwo muß alles seinen anfang gehabt haben (oder war halt schon immer da). und was weiter?
Wie "was weiter"...? Ich versteh' die Frage nicht... Anfang bedeutet Anfang, da kommt nix mehr.

(26-05-2014, 20:28)petronius schrieb: (abgesehen davon, daß die erste annahme in den infiniten regress der herkunft "gottes" mündet)
Nein, es ist ja gerade erst der Ausschluss des infiniten Regress, der zum Postulat von Gott führt. Siehe etwa die Argumente des Th. v. Aquin - auch "Gottesbeweise" genannt.

(26-05-2014, 20:28)petronius schrieb: was aber sollte daran warum tröstlich sein?
Warum fragst du mich das...? Eusa_eh

(26-05-2014, 20:28)petronius schrieb:
(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb: Wie kam es dann in Laufe der Geschichte überhaupt zu jenem 'Vertrauen in Gott'...? Ein 'atheistisches Vakuum' hatten wir ja schon - etwa im Neolithikum
und das weißt du woher?

ich würde eher annehmen, daß der druck, sich die dinge irgendwie zu erklären, und - mangels besseren wissens - sich daher naturgeister und "götter" zu konstruieren, sehr viel größer war als heute
Was voraussetzt, dass es diese Konstrukte und Vorstellungen vorher eben noch nicht gab. Häuser und Hütten wurden auch früher schon gebaut, doch in der Vergangenheit muss es auch irgendwann einmal die ersten Häuser und Hütten gegeben haben, davor herrschte ein "Hütten-Vakuum" - metaphorisch gesprochen.

(26-05-2014, 20:28)petronius schrieb:
(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb: Ob man sein Vertrauen in Gott steckt... in die Natur der Dinge... oder in das Schicksal... halte ich übrigens für Jacke wie Hose. Es ist nicht so wichtig, worin man sein Vertrauen steckt, es ist eher das Vertrauen selbst, das meines Erachtens eine gewisse Religiösität ausmacht: Das Urvertrauen, dass, völlig egal, welch' Schicksalsschläge Einen im Leben schon getroffen haben oder noch treffen mögen, am Ende alles gut werden wird
dazu muß ich nicht religiös sein. es entspricht schlicht meiner lebenserfahrung, daß letztlich noch alles irgendwie "gut geworden ist". nicht unbedingt so, wie ich es mir gewünscht hätte, aber es paßt schon. ich habe vertrauen darauf, alles irgendwie zu meistern - natürlich im rahmen meiner möglichkeiten
Sicher. Nur, wie ich später noch sagen werde:
(26-05-2014, 19:34)Noumenon schrieb: Du urteilst hier außerdem aus der Sicht des einzelnen Subjekts - aus deiner Sicht - ich urteile aus der Sicht Aller, gewissermaßen kollektivistisch, altruistisch: Mag ja schon sein, dass du (und zumindest bis jetzt) ein erfülltes Leben hast - herzlichen Glückwunsch. Doch wie viele Menschen - über alle Erdteile und Epochen zusammengezählt - können das von sich behaupten?! Welche Zuversicht hat bspw. ein sterbenskrankes Kind im Kinderhospiz, welches nicht einmal ein niedriges, zweistelliges Lebensalter erreichen wird?! Welche Zuversicht hat noch ein Mensch, der angesichts seines Lebensschicksals mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, dass ihm eine jegliche Erfüllung in seinem scheinbar einzigen und einmaligen Leben verwehrt bleiben wird?! So wie ich das sehe, bspw. lediglich die Zuversicht, dass es eben nicht das einzige Leben gewesen sein wird.
Dein Weltbild ist egozentrisch und fast schon zynisch, mein Weltbild hingegen berücksichtigt auch jene, die nicht das Glück oder Privileg, geschweige denn auch nur die Aussicht darauf haben, dass sich in ihrem Leben letztendlich alles irgendwie noch zum Positiven wenden wird.
Klar, geh' ruhig mal - zum Bleistift - ins Kinderhospiz, lass' die Kinder und Jugendlichen dort an deiner tollen "Einsicht in die Realität" teilhaben, erzähle ihnen ruhig, dass ihre klägliche Existenz mit dem baldigen Tod endgültig enden und alles gewesen sein wird, klatsch' in die Hände und ruf' ganz laut "Tschakka!" - Jaaaaa, das spendet doch sicherlich 'ne Menge Trost und Zuversicht! Icon_rolleyes

Ich persönlich werde zu jenen Menschen - sofern sie mir im Leben begegnen - hingehen und sagen, dass wir gewiss nicht das Privileg genießen, in einer Epoche geboren worden zu sein, in der das Wissen über die Natur und den Kosmos nahezu vollständig erschlossen worden wäre; dass unser Wissen und unsere Erkenntnis begrenzt sind, Weltbilder nur verläufig und sich viele Fragen gegenwärtig nicht abschließend beantworten lassen; dass es diverse Vorstellungen über das Leben und den Tod gibt, obgleich es sich hierbei lediglich um Vermutungen handeln möge, weshalb sich wiederum jeder selbst entscheiden könne, ob und was er hier glauben oder nicht glauben tut. Auch wenn es immer gern und polemisch als "Wunschdenken" verschrien wird, so vermag so manche Annahme auch Zuversicht und Trost zu spenden: Was, wenn dieses Leben überhaupt nicht das einzige war, sondern nur eines von unzähligen vielen? Welches Gewicht hat schon ein missglückter Tag vor dem Hintergrund unzähliger anderer schönen Tage? Und welches Gewicht hätte schon ein unsägliches Lebensschicksal vor dem Hintergrund unzähliger anderer erfüllten Leben? Die Glaubenswahl und das sich genaue Ausmalen derartiger Vorstellungen überlasse ich dann letztendlich jedem selbst.
Andere Menschen scheinen es sich hingegen zur Aufgabe gemacht zu haben, allernorts das Dogma der Einmaligkeit des Lebens zu propagieren und jegliche Zweifel daran bereits im Keim zu ersticken. Jeder lebe halt nur einmal, der eine hat dabei eben Glück und ein erfülltes Leben, während des anderen Leben halt ein Griff ins Klo ist. Ist halt so. Und solange man selbst auf der Gewinnerspur fährt, ist es natürlich auch ein Leichtes, ein missgünstiges und zynisches Dogma zu vertreten, nicht wahr...?

(26-05-2014, 20:28)petronius schrieb:
(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb: Mangelnde Zuversicht mündet in einem phlegmatischen und lethargischen Zustand der Resignation und Ohnmacht. Genügt das als Grund für (religiöse) Zuversicht...?
nein - siehe oben
Oben? Da sehe ich nur meine Zimmerdecke...
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#30
(26-05-2014, 22:27)petronius schrieb: und wer nicht dassselbe glaubensbekenntnis teilt, dem ist dann folglich zu unterstellen, er habe keine "gute Gesinnung"?

denn das folgt ja wohl daraus...

Nein, das folgt nicht daraus. Du willst dir das nur anscheinend so zurechtinterpretieren.
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