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PAULUS-BRIEFE die : Zeugnisse der christlichen Urlehre ?!
#1
Guten Tag,

... die Paulus-Briefe werden immer wieder gerne zitiert in katholischen Messen insbesondere. Wenn ich mir die bibelwissenschaftlichen Ausführungen hierzu ansehe habe ich den Eindruck, dass sich primär Abschriften der Urfassung zur Verbreitung der Paulus-Botschaften genutzt wurden.

Für mich stehen in diesem Zusammenhang 3 Fragen im Zentrum meines Interesses:
a) Gibt es überhaupt einen erhaltenen Urtext von Paulus um einmal abzugleichen ob die Botschaft auch eins zu eins in Abschriften übernommen wurden ?

b) In Welcher Sprache wurden die Urtexte eigentlich verfasst ?
Ich nehme an in Altgriechisch die vom Verbreitungsgrad sich am ehesten angeboten hat.

c) Wie wahrscheinlich sind Übersetzungsfehler ?!
Durch die schlichte Sprache der Botschaften von Paulus kann ich mir gravierende
Übersetzungsunterschiede im Prinzip gar nicht vorstellen.

d) Was weiss man über die Verbreitungswege ?
> gab es bspw. Gefolgsleute die verantwortlich waren für die Abschriften und Verbreitung an die anderen Urgemeinden im damaligen römischen Einflußbereich ?!
#2
(06-02-2014, 10:56)Kreutzberg schrieb: ür mich stehen in diesem Zusammenhang 3 Fragen im Zentrum meines Interesses:
a) Gibt es überhaupt einen erhaltenen Urtext von Paulus um einmal abzugleichen ob die Botschaft auch eins zu eins in Abschriften übernommen wurden ?

Soweit ich weiss, sind die aeltesten erhaltenen Abschriften, obwohl unvollstaendig, von um 200 (Papyrus 46). Die pastoralen Epistel waren definitiv nicht in dieser Sammlung. Die meisten Bibeluebersetzungen beruhen auf den ersten vollstaendigen Neuen Testamenten (Codex Sinaiticus und Codex Vaticanus) aus der Mitte des 4. Jahrhunderts.

Die meisten Bibelforscher halten 10 Paulus-Briefe fuer authentisch. Die pastoralen Briefe gelten als im 2. Jahrhundert (oder sehr spaet im 1.) geschrieben. Hebraeer ist wohl sehr alt, aber wohl auch nicht von Paulus. Nahezu unumstritten sind 7 der Briefe (Roemer, 1-2 Korinther, Galater, Philipper, 1 Thessaloniker, Philemon), obwohl auch dort von vielen Forschern Interpolationen angenommen werden.

(06-02-2014, 10:56)Kreutzberg schrieb: b) In Welcher Sprache wurden die Urtexte eigentlich verfasst ?
Ich nehme an in Altgriechisch die vom Verbreitungsgrad sich am ehesten angeboten hat.

In Griechisch, wie alle Texte des Neuen Testaments.

(06-02-2014, 10:56)Kreutzberg schrieb: c) Wie wahrscheinlich sind Übersetzungsfehler ?!
Durch die schlichte Sprache der Botschaften von Paulus kann ich mir gravierende Übersetzungsunterschiede im Prinzip gar nicht vorstellen.

Richtige Uebersetzungsfehler sind selten, allerdings ist die Bedeutung einiger Passagen umstritten. Manchmal ist die originale Sprache halt nicht eindeutig.

Das Problem liegt eher darin, dass unsere aeltesten Abschriften halt so spaet nach dem eigentlichen Schreiben liegen, und dazwischen liegen heftigste Dispute um genau diese Texte.

(06-02-2014, 10:56)Kreutzberg schrieb: d) Was weiss man über die Verbreitungswege ?

Privatinitiative. Jemand musste eine Abschrift finanzieren, und diese konnte dann durch die Gemeinden gesandt werden. Die erste wirklich bekannte Sammlung war die von Marcion.
#3
(06-02-2014, 10:56)Kreutzberg schrieb: a) Gibt es überhaupt einen erhaltenen Urtext von Paulus um einmal abzugleichen ob die Botschaft auch eins zu eins in Abschriften übernommen wurden ?

Ich bin keine Fachfrau, habe aber zu all deinen Fragen eine persönliche Meinung, die ich kundtun werde.
Paulus werden viele Briefe zugeschrieben. Manche, so Bibelwissenschaftler, schrieb er selbst, andere schrieben andere (aus seiner Zeit oder danach). Soweit ich weiß, existieren keine Originalschriften des Paulus, wohl aber Fragmente von Abschriften. Und in den meisten Fällen stimmen sie mehr oder weniger mit den heutigen Bibelübersetzungen überein.

(06-02-2014, 10:56)Kreutzberg schrieb: b) In Welcher Sprache wurden die Urtexte eigentlich verfasst ?
Ich nehme an in Altgriechisch die vom Verbreitungsgrad sich am ehesten angeboten hat.

Paulus war ein gebildeter Jude mit römischer Staatsbürgerschaft. Er wird wohl die Sprachen benutz haben, die damals üblich waren: Griechisch, Römisch (Latein) und Hebräisch. Welche Sprache er für welchen Brief benutze, entzieht sich meiner Kenntnis.

(06-02-2014, 10:56)Kreutzberg schrieb: c) Wie wahrscheinlich sind Übersetzungsfehler ?!
Durch die schlichte Sprache der Botschaften von Paulus kann ich mir gravierende
Übersetzungsunterschiede im Prinzip gar nicht vorstellen.

Sehr wahrscheinlich, wie ich mehrmals belegen durfte. Nur ein kleines Beispiel:

In seinem 1. Korinterbrief benutzte Paulus das griechische Wort Malakoi, welches Luther mit "Lustknabe" übersetzte (meiner Meinung nach korrekt. Manche übersetzten das Wort in "Masturbation", andere in (passive) Homosexuelle. Dabei hat dieses Wort mehrere Bedeutungen:

Zitat:Das Wort "malakoi" wurde anderswo im Neuen Testament als "weich," "fein," "kränklich", "flüssig", "feige", "zart", "sanft" oder "ausschweifend" übersetzt. Ganz allgemein kann man es vielleicht als "ungezügelt" oder "schwelgerisch" übersetzen. Anderswo wird es gebraucht für Menschen, die keine Disziplin haben oder moralisch schwach sind. Es wurde nirgends in sexuellen Kontext gebraucht. Vielleicht wäre "Weichling" oder "Waschlappen" eine bessere Bedeutung.
*http://cott.lsbk.ch/1kor6.htm

Oder nehmen wir das Gegenstück von Malakoi, ARSENOKOITES, ein "Kunstwort aus den Begriffen "Mann" und "Bett". Nur, ist hier der Mann das Subjekt oder das Objekt? Viele Fundichristen übersetzen das als Homosexuelle, jedoch wurde dieses Wort (z.B. von Philo, einem Zeitgenossen von Paulus) dazu benutzt, um Tempelprostitution zu beschreiben.

(06-02-2014, 10:56)Kreutzberg schrieb: d) Was weiss man über die Verbreitungswege ?
> gab es bspw. Gefolgsleute die verantwortlich waren für die Abschriften und Verbreitung an die anderen Urgemeinden im damaligen römischen Einflußbereich ?!

Zunächst wurden die Botschaften von Mund zu Mund weitergegeben, später aufgeschrieben. Manchmal schrieb Paulus oder jemand anderes einen Brief im namen Paulus, der dann transportiert wurde.
#4
> danke für ersten Vorab-Informationen.
::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
Der Erfolg der Verbreitung der Paulusbriefe ist mir jedoch noch unklar:
In diesem Zusammenhang ergeben sich ungeachtet 2 weitere Fragen:

a) wurden die Abschriften sowohl in altgrieschich als auch in latein verfasst ?
b) gab es auch mündliche Übermittlungen der "frohen Botschaften" ?
c) waren die Urgemeinen wie bspw. in Ephesus und Antiochia denn schon so gut organisiert, dass über diese Knotenpunkte die Verbreitung ins gesamte Gebiet des römischen Reiches möglich war.
::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
d) gibt es auch noch andere Briefe die von den 12 APOSTELN verfasst wurden im Zuge
ihrer damaligen Missionierung ?
#5
a) Ich habe als frueheste lateinische Texte so etwa 200 im Kopf, aber vielleicht kann mich da jemand korrigieren. Die fruehe christliche Gemeinde in Rom war wohl auch erst griechisch-sprachig.

b) Allerdings. Das fruehe Christentum beruhte fast ausschliesslich auf muendlichen Traditionen. Diese wurden hoeher geschaetzt als schriftliche Ueberlieferungen. Noch in der Didache siehst Du, dass Wanderprediger von Ort zu Ort zogen und wirkten. In fruehen Gemeinden durfte auch jedes Mitglied aufstehen und prophezeihen. Letzteres war aber wohl schon zu Didache-Zeiten aus der Mode gekommen. Die Notwendigkeit einer schriftlichen Fixierung der Texte wurde erst gesehen, nachdem Markion sein Neues Testament (Evangelikon + Apostolikon + Antithesen) geschrieben hatte. Insofern waren Pauls Briefe eine Besonderheit, indem hier jemand sich die Muehe machte, sie aufzuschreiben. Daneben gab's natuerlich ab dem 2. Jahrhundert rege Schrifttaetigkeiten, wie es die unzaehligen christlichen Texte, die es nicht in die Bibel schafften, oder halt nur in fruehen Bibeln enthalten sind (Brief des Barnabas, Der Hirte des Hermas), belegen.

c) Da sind Legende und Wirklichkeit nur schwer auseinanderzuhalten, aber das roemische Reich war gut organisiert, so dass der Austausch von Informationen keine Schwierigkeit darstellte. Als die Namen der NT-Texte bei Irenaeus zuerst auftauchten (spaetes 2. Jahrhundert), passierte das in Lyon, in Frankreich.

d) Von irgendwelchen Briefen anderer Apostel ist nichts bekannt. Die meisten davon sind sowieso nur Karteileichen, also Namen, mit denen absolut nichts verbunden ist.
#6
Das ist schon sicherlich sehr interessant.
Ich nehme an, dass die Paulus-Briefe auf Grundlage von Abschriften als Lesungen in die katholische Grundlehre Einzug gehalten haben.

Zusatzfrage 1)
Allerdings stand bei Wikipedia auch etwas von sog. JUDAS-BRIEFEN.
Diese müssten folglich ja noch vor seinem angeblichen Suizid verfasst worden sen.

Das von den anderen JÜNGERN keine Briefe als Botschaft vorliegen finde ich insgesamt schon etwas seltsam.
Aus historischer Sicht ist zu vermuten, dass die Bildung von Urgemeinden erst nach Ableben der JÜNGER richtig Früchte getragen haben.

Zusatzfrage 2)
Über die Überzeugungsarbeit der JÜNGER / APOSTEL als Pioniere ist relativ wenig bekannt.
Es wird wohl so sein, dass einige das Schicksal von ANDREAS als Märtyrer geteilt haben. Sollte das so sein, dann wäre für eine Überlieferungskultur auch gar kein Spielraum vorhanden gewesen.

Zusatzfrage 3)
Was ich nicht richtig weiß: konnten denn einige der APOSTEL denn überhaupt lesen und schreiben ? - Das war doch im 1. Jahrhundert wahrhaftig eine Rarität !!!
#7
(10-02-2014, 12:40)Kreutzberg schrieb: Das ist schon sicherlich sehr interessant.
Ich nehme an, dass die Paulus-Briefe auf Grundlage von Abschriften als Lesungen in die katholische Grundlehre Einzug gehalten haben.

Sicher. Ab dem spaeten 2. Jahrhundert wurden Texte, die spaeter in das NT kamen, vermehrt aufgeschrieben.

(10-02-2014, 12:40)Kreutzberg schrieb: Zusatzfrage 1)
Allerdings stand bei Wikipedia auch etwas von sog. JUDAS-BRIEFEN.
Diese müssten folglich ja noch vor seinem angeblichen Suizid verfasst worden sen.

Niemand nimmt an, dass Judas Iskariot der Autor dieses Briefes ist. Die Kirchenvaeter nannten meist Judas Thaddäus als moeglichen Autor. Wie viele der katholischen Briefe, war die Authenzitaet dieses Briefes schon in der Antike umstritten, und heute werden ausser der Autorenschaft des Paulus keine Autorzuweisungen im NT mehr als gesichert angenommen.


(10-02-2014, 12:40)Kreutzberg schrieb: Das von den anderen JÜNGERN keine Briefe als Botschaft vorliegen finde ich insgesamt schon etwas seltsam.
Aus historischer Sicht ist zu vermuten, dass die Bildung von Urgemeinden erst nach Ableben der JÜNGER richtig Früchte getragen haben.

Nun, das Neue Testament hat ja eine ganze Reihe von Alibi-Briefen (die sogenannten "katholischen"), wie der genannte Judas-Brief, einen Jakobusbrief, 2 Petrus-Briefe und 3 Johannes-Briefe. Die meisten davon sind kurz (guck einfach mal in die Bibel) und waren in der Antike umstritten. Vor allem der Judas-Brief, der 2. Petrus-Brief, und der 2. und 3. Johannes-Brief hatten es sehr schwer, akzeptiert zu werden. Das liegt zum Teil daran, dass sie teilweise fast identisch sind (z.B. Judas und der 2. Petrusbrief) und/oder aus nichtkanonischen Texten zitieren (beide zitieren das Buch Enoch und eventuell die Himmelfahrt des Moses).

Ansonsten gibt es zu Hauf angebliche Texte von irgendwelchen Aposteln, und manche von denen haetten es sogar fast in die Bibel geschafft, wie die Apokalypse des Petrus, die viele Anhaenger unter den Kirchenmaennern hatte. Andere, wie das Petrus-Evangelium oder das sogenannte Thomas-Evangelium, sind wohl auch ziemlich alt, hatten aber keine Chance. Einige Texte, die in unseren fruehesten erhaltenen Neuen Testamenten enthalten waren (Mitte des 4. Jahrhunderts), wie der Brief des Barnabas oder der Hirte des Hermas, sind spaeter entfernt worden.

Was allen diesen Texten, ausser beim Thomas-"Evangelium" (eigentlich nur eine Sammlung von Spruechen) gemeinsam ist, dass sie zu spaet sind, um von den Aposteln geschrieben worden zu sein. Das gilt auch fuer Texte, die es geschafft haben. Der erste Petrus-Brief wird meist auf 80-110 geschaetzt, der 2. Brief auf 100-160. Da war Petrus jedenfalls schon lange tot.

(10-02-2014, 12:40)Kreutzberg schrieb: Zusatzfrage 2)
Über die Überzeugungsarbeit der JÜNGER / APOSTEL als Pioniere ist relativ wenig bekannt.
Es wird wohl so sein, dass einige das Schicksal von ANDREAS als Märtyrer geteilt haben. Sollte das so sein, dann wäre für eine Überlieferungskultur auch gar kein Spielraum vorhanden gewesen.

Das ist erst einmal reine Spekulation und bestenfalls Legende. Das Maertyrertum frueher Christen ist ueberhaupt groesstenteils nur Legende. Tatsaechliche Christenverfolgungen waren sehr selten.

(10-02-2014, 12:40)Kreutzberg schrieb: Zusatzfrage 3)
Was ich nicht richtig weiß: konnten denn einige der APOSTEL denn überhaupt lesen und schreiben ? - Das war doch im 1. Jahrhundert wahrhaftig eine Rarität !!!

Gute Frage. Die normale Antwort, die Apologeten geben, ist, dass sie als Juden Lesen und Schreiben gelernt haetten, und oft wird auch der Zoellner ins Feld gefuehrt. Die Bibel selbst scheint eher auf Leute hinzudeuten, die nicht schreiben konnten. Wie auch immer, es sieht jedenfalls so aus, dass sie nichts schrieben, wahrscheinlich, weil das gesprochene Wort als "authentischer" galt als Geschriebenes. Diese Bevorzugung ist auch bei Papias noch deutlich, und die Didache beschreibt die Kultur der fruehen Wanderprediger recht gut.
#8
Die letzten Erläuterungen habe ich mit großem Interesse gelesen. Ist es denn richtig, dass die Johannes und Judas-Briefe auch Bestandteil der sog. APOKRYPEN waren.

1) Intuition der APOSTEL unklar:
Aus historischer Sicht bestätigen die letzten Aussagen, dass es zw. den APOSTELN ebenfalls einen heftigen Richtungsstreit gab, so dass in Folge dessen das Pfingstfest als Geburtssymbol der Entstehung der RKK eine eindeutige Verklärung der damligen realen Ereignisse darstellt.

2) PAULUS als Master der heutigen Bibel-Exegese
Es gibt übrigens einige Bibelwissenschafter die behaupten JESUS wollte nur eine neue Glaubensrichtung innerhalb des JUDENTUMS etablieren.
Das würde jedoch in seiner letzten Konsequenz bedeuten, dass insbesondere PAULUS zentrale Inhalte der ursprünglichen Glaubenslehre entsprechend gravierend umgeschrieben hatte.

Ich verweise hierbei auch auf die 3 TV-DOKU-Reihen die seinerzeit bei ARTE liefen.
Leider fallen mir die TITEL nicht mehr auf Anhieb ein.

3) BRIEFE: die in der Konstantinischen ÄRA vernichtet wurden:
> inwiefern vor bzw. nach dem Konzil von NACIÄA (?!) Abschriften als Irrlehre dem Feuer übergeben und damit der Nachwelt entzogen wurden. Darüber wissen wir doch relativ wenig. Da jede Glaubensauslegung auch entsprechende Anhänger gefunden haben
konnten diese teilweise ja erhalten werden.
> eigentlich müsste hierzu auch etwas in den Protokollen dieses wichtigen KONZILS
zu lesen gewesen sein. Wer kann zu dieser Thematik etwas sagen ?!
> eine hieß glaube ich "apokalyptische schriften"
#9
(10-02-2014, 15:19)Kreutzberg schrieb: Die letzten Erläuterungen habe ich mit großem Interesse gelesen. Ist es denn richtig, dass die Johannes und Judas-Briefe auch Bestandteil der sog. APOKRYPEN waren.

"Apokryphen" heisst ja erst einmal nur, dass sie nicht Bestandteil des biblischen Kanons waren. Um also apokryph zu sein, muss man erst einmal einen biblischen Kanon haben, und den gab es erst sehr spaet. Richtig ist, dass die genannten Texte z.B. fuer Jahrhunderte nicht Teil der syrischen Bibel waren. Ansonsten bezeichnet man diese Texte eher als "Antilegomena", also solche, die umstritten waren, denn heute sind sie ja in der Bibel, also nicht apokryph.

(10-02-2014, 15:19)Kreutzberg schrieb: 1) Intuition der APOSTEL unklar:
Aus historischer Sicht bestätigen die letzten Aussagen, dass es zw. den APOSTELN ebenfalls einen heftigen Richtungsstreit gab, so dass in Folge dessen das Pfingstfest als Geburtssymbol der Entstehung der RKK eine eindeutige Verklärung der damligen realen Ereignisse darstellt.

Das Problem mit dem Beginn der Apostelgeschichte ist, dass er wahrscheinlich nicht historisch ist, sondern eher geschrieben wurde, um einen Richtungsstreit des 2. Jahrhunderts zu loesen. Das Ende, was ja hauptsaechlich die Reisen von Paulus betrifft, ist zuverlaessiger.

(10-02-2014, 15:19)Kreutzberg schrieb: 2) PAULUS als Master der heutigen Bibel-Exegese
Es gibt übrigens einige Bibelwissenschafter die behaupten JESUS wollte nur eine neue Glaubensrichtung innerhalb des JUDENTUMS etablieren.
Das würde jedoch in seiner letzten Konsequenz bedeuten, dass insbesondere PAULUS zentrale Inhalte der ursprünglichen Glaubenslehre entsprechend gravierend umgeschrieben hatte.

Nun, das erscheint mir historisch eine Umkehrung. Richtig ist, dass der Jesus der Evangelien fast nur von Juden redet, wenn es um Bekehrung und aehnliches geht. Leider wissen wir aber nichts ueber die urspruengliche Lehre der juedischen Sekte in Jerusalem, die angeblich die Apostel hervorbrachte. D.h., Paul hat wohl nichts umgeschrieben, weil da nichts umzuschreiben war. Wenn Du an seine Version der Geschichte denkst, wie sie im Galater-Brief dargestellt ist, hat er seine Lehre von Jesus selbst, durch eine Vision. Er ist bereits jahrelang predigend durch die Lande gezogen, bevor er das erste Mal einen Besuch in Jerusalem abstattete, und was er da vorfand, hat ihn nicht ueberzeugt.

D.h., Paulus hat nichts umgeschrieben, er hatte nur halt seine eigene Lehre verkuendet, die offensichtlich in einigen Punkten von der Jerusalemer Lehre abwich; aber es ist nun einmal Paulus, der Dinge aufgeschrieben hat und die urspruengliche Lehre des Christentums verkuendet. Insofern ist er der eigentliche Gruender des Christentums, wobei seine Lehre aber mit der heutigen auch nicht exakt uebereinstimmt. Behalte dabei im Hinterkopf, dass auch die Evangelien wohl aus griechischsprachigen Christenkreisen in post-paulinischer Tradition stammen, aber halt nach Pauls Wirken verfasst wurden.

(10-02-2014, 15:19)Kreutzberg schrieb: 3) BRIEFE: die in der Konstantinischen ÄRA vernichtet wurden:
> inwiefern vor bzw. nach dem Konzil von NACIÄA (?!) Abschriften als Irrlehre dem Feuer übergeben und damit der Nachwelt entzogen wurden. Darüber wissen wir doch relativ wenig. Da jede Glaubensauslegung auch entsprechende Anhänger gefunden haben
konnten diese teilweise ja erhalten werden.
> eigentlich müsste hierzu auch etwas in den Protokollen dieses wichtigen KONZILS
zu lesen gewesen sein. Wer kann zu dieser Thematik etwas sagen ?!
> eine hieß glaube ich "apokalyptische schriften"

Es gibt haufenweise apokryphe Texte aus der Fruehzeit des Christentums. Es gab alleine etwa 50 verschiedene Evangelien, und einige davon kennen wir (wobei die meisten davon nicht Lebensbeschreibungen Jesu sind), zumindest teilweise. Falls Du keine Angst vor Englisch hast, kannst Du hier mal stoebern:

.http://www.earlychristianwritings.com/

Wobei Funde, wie der von Nag Hammadi, wo sehr viele apokryphe Texte gefunden wurden, ziemlich einmalig sind.
#10
Das heißt die christlichen Grundprinzipien wurden dann von PAULUS in eine Alltagstauglichkeit vertiefend ausgeführt. Die Idee das durch die soziale-ethnisch übergreifende Lehre auch ein gewisses Interesse in der römischen Bevölkerung Einzug hielt hat sich dann ja auch nach dem Tod von Paulus später tatsächlich bewahrheitet.
> ein Thema das ich noch gesondert behandeln möchte ist übrigens die Frage: worin bestand den der Schlüssel zum Erfolg des Christentums ?!

Was auch noch auffällig ist wenn man mal dokumentarische Abhandlungen sieht:
> die Reisewege von PAULUS sind ja nicht vollständig rekonstruiert worden, aber immerhin besser als die von PETRUS.
> entscheidend für den Erfolg der Missionierung dürfte dann die Arbeit der Gefolgsleute nach dem Tod von Paulus sein.
> mysteriös für mich ist auch der Umstand, dass man über den Tod von Paulus auch relativ wenig weiß. Mir sind nur Mutmaßungen bekannt.
> auch sehr ungewöhnlich Paulus war sowohl römischer als auch jüdischer Staatsbürger gewesen, wenn ich das richtig sehe ?!
#11
(11-02-2014, 11:19)Kreutzberg schrieb: > ein Thema das ich noch gesondert behandeln möchte ist übrigens die Frage: worin bestand den der Schlüssel zum Erfolg des Christentums ?!

Drei Kaiser machten es zur roemischen Staatsreligion und veboten alle anderen (380). Das Edikt wurde per Todesstrafe durchgesetzt (erstmalig 385). Man kann ueber viele andere Begruendungen mutmassen, aber das hier wuerde ich als ausschlaggebenden Punkt sehen. Die Gruende waren politisch (Erhalt der Reichseinheit).

(11-02-2014, 11:19)Kreutzberg schrieb: > auch sehr ungewöhnlich Paulus war sowohl römischer als auch jüdischer Staatsbürger gewesen, wenn ich das richtig sehe ?!

Ueber Paulus weiss man wenigstens mehr als, wie Du schon sagst, Petrus, ueber den eigentlich gar nichts gross weiter bekannt ist. Ob Paulus nun roemischer Buerger war oder nicht haengt davon ab, ob man der Apg Glauben schenkt; andere Quellen gibt es dazu nicht, ausser den einschlaegigen apokryphen Texten. Was an der Apostelgeschichte auffaellt, ist, dass sie, obwohl sie hauptsaechlich ueber Paul redet, nie aus seinen Texten zitiert oder deren Existenz ueberhaupt erwaehnt, was schon etwas seltsam ist.
#12
(11-02-2014, 11:19)Kreutzberg schrieb: ...Paulus war... römischer ... Staatsbürger gewesen, ...

Das in der Apg behauptete römische Bürgerrecht des Paulus' wird von manchen Fachgelehrten neuerdings mit nachvollziehbarer Begründung angezweifelt.
MfG B.
#13
(11-02-2014, 12:10)Bion schrieb: Das in der Apg behauptete römische Bürgerrecht des Paulus' wird von manchen Fachgelehrten neuerdings mit nachvollziehbarer Begründung angezweifelt.

Ja, die Geschichte wirkt nicht echt. Paulus haette sich einiges ersparen koennen, haette er das frueher erwaehnt.
#14
(11-02-2014, 12:21)Ulan schrieb:
(11-02-2014, 12:10)Bion schrieb: Das in der Apg behauptete römische Bürgerrecht des Paulus' wird von manchen Fachgelehrten neuerdings mit nachvollziehbarer Begründung angezweifelt.

Ja, die Geschichte wirkt nicht echt. Paulus haette sich einiges ersparen koennen, haette er das frueher erwaehnt.


Paulus wollte Märtyrer sein.

Paulus wollte sich nichts "ersparen" . . . denn hätte er sich die ganzen Unbilden und Anfeindungen "ersparen" wollen, so wäre er nicht Jünger Jesu geworden. Offenbar wollte Paulus keinen Vorteil daraus ziehen, daß er römischer Bürger war. Erst als es ihm an den Kragen ging, sagte er daß er römischer Bürger ist, um sein Leben zu retten.
#15
(11-02-2014, 12:10)Bion schrieb: Das in der Apg behauptete römische Bürgerrecht des Paulus' wird von manchen Fachgelehrten neuerdings mit nachvollziehbarer Begründung angezweifelt.

Ja ? Sag mir drei. Aber bitte mit Begründung.


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