Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Querschnittslähmung als Strafe
#46
Richard Bastian:

Du meinst also, Verbrechen sind erlaubt, entschuldbar oder gar geboten, wenn der Ausführende als Prophet oder Gottgesandter gilt und anderen Leuten einreden kann, Gott stünde hinter diesen Verbrechen oder habe sie sogar selbst befohlen?

Oder - noch schlimmer: Du glaubst, Gott hätte diese Verbrechen wirklich befohlen, und zumindest einige der Opfer (wie dieser Adoni-Besek in deinem ersten Beispiel) hätten das auch als berechtigt eingesehen? Dann hoffe ich sehr, dass du mit dieser Meinung allein stehst! Solche Vorstellungen haben, wenn sie verbreitet waren, schon sehr viel Unheil angerichtet. Verbrechen und Kriegsgreuel bleiben Verbrechen und Kriegsgreuel, selbst wenn Gott sie tatsächlich befohlen haben sollte.

Wenn diese Geschichten nicht reine Erfindung sein sollten, wurden sie zumindest im Sinne dieser "Gottgesandten" umgeschrieben. In irgendeiner Geschichte (habe keine Lust, die Stelle jetzt rauszusuchen, kann ich aber nachholen, wenn du willst) beklagt sich ja zum Beispiel der ägyptische Pharao, dass "der Herr" ihm viel Leid wegen Sara angetan hätte, obwohl er, der Pharao, gar nicht gewusst habe, dass Sara Abrahams Frau war. Die ägyptische Religion hatte aber mit der hebräischen nicht viel zu tun, und die Vorstellung, dass der Pharao (!) sich vom fremden Gott eines Fremden bedroht fühlte, ist nicht gerade glaubwürdig. Das gilt daher auch für diese ganze Abraham-Pharao-Episode und vermutlich auch für die von dir aufgeführten Geschichten.
Zitieren
#47
(10-04-2013, 18:05)paradox schrieb:
(10-04-2013, 13:39)Harpya schrieb: Die tatsächliche Tat ist nun mal passiert.

Statt gleichartiger Rache findet man hier andere Ansätze, zum Beispiel die Opferentschädigungsrente, falls gesundheitliche Einschränkungen bestehen gibt es noch Ansprüche aud Schwerbehindertenrente.
Dazu kommen auch noch Ausgleichszahlungen vom Täter direkt.

Das ist auch das Mindeste!
Aber kein Geld der Welt wird das lebenslange Leiden des Opfers wieder rückgängig machen.

(10-04-2013, 13:39)Harpya schrieb: Ich glaube damit ist dem Opfer mehr geholfen.

Glaubst du? Da gibts Vergewaltigungsopfer, die den Gedanken nicht ertragen können, dass der Täter nach einigen Jahren wieder herauskommen wird.
Wie mag wohl der Querschnittsgelähmte in seinem Fall denken? Sein Peiniger kann nach der Haft wieder versuchen ein normales Leben zu führen, eine Familie haben usw. Ihm selbst wird dies bis zu seinem Lebensende verwehrt bleiben. Ich kann mir schon vorstellen, dass der Querschnittsgelähmte dem Täter Gleiches wünschen könnte.
Mit Geld löst man leider nicht alles.
Wie ist denn dem Opfer mit einerQuerschnittslähmung geholfen ?
Wieso kann sich der Täter freikaufen, hat er genug Geld kann er sich alles erlauben ?
Hier wird einmal zivilrechtlich gurteilt und strafrechtlich.
Im entsprechenden Fall zahlt der Täter und wird trotzdem selbst bestraft, durch Freiheitsentzug.
Sind die deutsche Gestzte für dich zu hart ?

Vergewaltigung ?
Gut Auge um Auge.
Der Täter wird auch vergewaltigt, dauert vielleicht 5 Minuten und geht dann
nach Hause.
Bischen fremd die Auffassung.
Zitieren
#48
(10-04-2013, 18:39)Harpya schrieb: Wie ist denn dem Opfer mit einerQuerschnittslähmung geholfen ?
Wieso kann sich der Täter freikaufen, hat er genug Geld kann er sich alles erlauben ?
Hier wird einmal zivilrechtlich gurteilt und strafrechtlich.
Im entsprechenden Fall zahlt der Täter und wird trotzdem selbst bestraft, durch Freiheitsentzug.
Sind die deutsche Gestzte für dich zu hart ?
Eher nicht.

(10-04-2013, 18:39)Harpya schrieb: Vergewaltigung ?
Gut Auge um Auge.
Der Täter wird auch vergewaltigt, dauert vielleicht 5 Minuten und geht dann
nach Hause.
Bischen fremd die Auffassung.

Vergewaltigung sollte wohl eher mit höherer Freiheitsstrafe sanktioniert werden.

Wie gesagt, wenn man sich mit manchen Opfern von Gewaltverbrechern unterhält, so hört man dann schon, dass sie sich mehr Strafe für den Täter wünschen. Vll. solltest du denen das ins Gesicht sagen, dass sie ja nichts davon haben?
with great power comes great responsibility

Entscheidungen machen uns zu denen, die wir sind. Und wir haben immer die Wahl, das Richtige zu tun.
Zitieren
#49
(10-04-2013, 19:22)paradox schrieb: wenn man sich mit manchen Opfern von Gewaltverbrechern unterhält, so hört man dann schon, dass sie sich mehr Strafe für den Täter wünschen.

Eine Grundsatzfrage: Wer sollte eigentlich über das Maß einer Strafe entscheiden? Menschen, die noch zu einigermaßen objektiven Urteilen fähig sind (also bestenfalls Unbeteiligte) oder Menschen, die emotional hoch verstrickt in die Sache sind und entsprechend emotionale Urteile fällen? Im zweiten Fall öffnet man der Rache Tür und Tor. Das hat nichts mit Gerechtigkeit zu tun, das ist Vergeltung.
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)
Zitieren
#50
(10-04-2013, 19:59)Keksdose schrieb:
(10-04-2013, 19:22)paradox schrieb: wenn man sich mit manchen Opfern von Gewaltverbrechern unterhält, so hört man dann schon, dass sie sich mehr Strafe für den Täter wünschen.

Eine Grundsatzfrage: Wer sollte eigentlich über das Maß einer Strafe entscheiden? Menschen, die noch zu einigermaßen objektiven Urteilen fähig sind (also bestenfalls Unbeteiligte) oder Menschen, die emotional hoch verstrickt in die Sache sind und entsprechend emotionale Urteile fällen? Im zweiten Fall öffnet man der Rache Tür und Tor. Das hat nichts mit Gerechtigkeit zu tun, das ist Vergeltung.

Ja, das wäre es vermutlich.
Aber mal anders betrachtet:
Da entscheidet jemand über einen Fall, der persönlich nicht involviert ist und dem es absolut egal ist, wie lange der Täter in Haft ist. Hauptsache man kann den Täter wieder irgendwie wieder in die Gesellschaft zurückgewinnen. Was die Interessen/Bedenken des Opfers dabei sind, ist dieser Person auch völlig egal.

Ich finde, es sollte ein Kompromiss zwischen einem unabhängigen Richter und aber auch Opferinteressen und nicht unbedingt Täterinteressen sein.
with great power comes great responsibility

Entscheidungen machen uns zu denen, die wir sind. Und wir haben immer die Wahl, das Richtige zu tun.
Zitieren
#51
Hallo Paradox,
wenn du die Sache schon so betrachtest (Kompromiss), dann bitte auch so, wie es den Religionen nach sein soll: Aussöhnung, Täter-Opfer-Ausgleich, schließlich Barmherzigkeit.
Niemand verlangt Vernunft von den Opfern, solange sie nicht in der Lage sind, das Leid zu verarbeiten. Aber das ist es ja gerade: Das Leid muss bearbeitet, die Trauer geleistet und der momentane Hass gemildert werden. Dem Täter muss Gelegenheit zur Sühne gegeben werden - natürlich im Rahmen seiner Möglichkeiten und nicht durch ein staatlich verordnetes Verbrechen, das absolut gar nichts bringt. Denn weder Geld noch diese "Strafe" führen zu einem modus vivendi von Opfer und Täter. Beide verharren in gegenseitiger Schuldzuweisung und Hass ohne die geringste Chance von Aussöhnung und (partieller) Wiedergutmachung.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Zitieren
#52
(09-04-2013, 21:09)Lelinda schrieb: Meinst du wirklich, das Durchführen von Steinigungen, Auspeitschungen und Hand-Abhacken wäre ein Zeichen besonderer Gläubigkeit, die Gott besonders erfreuen würde? Wenn ja, müsste man sich wohl von seiner Barmherzigkeit verabschieden, die doch auch im Islam ständig betont wird. Aber vielleicht habe ich dich ja auch falsch verstanden.

Ich dachte immer, ein "wirklich" gläubiger Mensch (egal, ob Christ, Moslem, Jude, Buddhist oder was auch immer) müsste als allererstes die Menschenwürde achten. Und dazu passen solche Gesetze nicht. Auch nicht, wenn sie in religiösen Schriften stehen. Denn diese wurden immer noch von Menschen geschrieben.

Ja, ich glaube, dass es ein Zeichen besonderer Gläubigkeit worüber Gott besonders erfreuen würde. Aber dass heißt nicht, dass ich diese brutale Strafe befürworte, immer und überall einzusetzen:

Eine Straftat übt man bewußt oder unbewußt. Manche sind leicht und manche Straftaten grausam. Hälst du dass für gerecht, wenn Assad, der syrische Präsident in einem Gefängnis für lebenslang gefangen wird und sein Lebensunterhalt von dem Geld finanziert wird, das mir der DEMOKRATISCHER Staat von meinem (eigenen Anteil) als "Steuer" abgezogen hat?
Was sagt du zum Breivik, der innerhalb zwei Stunden mehr als 90 Menschen erschossen hat? Die eine war für mich Mutter, die eine Schwester, und einer Bruder, der wegen seine schewere Verletzung von Schuss langsam unter das Wasser singt.

Ich bin nicht dagegen, wenn man bald alle Strafen abschaft und damit Verbrechensrate vermindern kann. Aber wenn ich mir immer Dokus ansehe, wo man zeigt, Gefängnisse mit "Luxus" eingerichtet und Verbrecher, die sagen, ich kann immer wieder zurük, das ist mir wie mein Zuhause, dann tut es mir für meine Mitmenschen leid, sogar sehr leid! Warum geht der Alter der Sträflinge deutlich zurück, also man ist mit 10 schon KIller. Kannst dazu vielleicht googlen.

Über Menschenwürde soll eher der Täter denken, bevor er was tut. Keiner hat ihm doch Recht gegeben, j-m Leid tun.

Warum weniger Gefängnisse im Osten als im Westen? Weil Osten sie nicht finanzieren kann?

Grüße
verstehe dich nicht. du forderst beiweismaterial aus nichtmuslimischer quelle. gehst du, wenn dein pc kaputt ist, zum arzt und nicht zum pc-service?
Zitieren
#53
(10-04-2013, 21:31)Ekkard schrieb: Hallo Paradox,
wenn du die Sache schon so betrachtest (Kompromiss), dann bitte auch so, wie es den Religionen nach sein soll: Aussöhnung, Täter-Opfer-Ausgleich, schließlich Barmherzigkeit.
Niemand verlangt Vernunft von den Opfern, solange sie nicht in der Lage sind, das Leid zu verarbeiten. Aber das ist es ja gerade: Das Leid muss bearbeitet, die Trauer geleistet und der momentane Hass gemildert werden. Dem Täter muss Gelegenheit zur Sühne gegeben werden - natürlich im Rahmen seiner Möglichkeiten und nicht durch ein staatlich verordnetes Verbrechen, das absolut gar nichts bringt. Denn weder Geld noch diese "Strafe" führen zu einem modus vivendi von Opfer und Täter. Beide verharren in gegenseitiger Schuldzuweisung und Hass ohne die geringste Chance von Aussöhnung und (partieller) Wiedergutmachung.

In manchen Fällen wird das sicher möglich sein.

Aber wie stellst du dir das bei einer Vergewaltigung, Mord oder bei einem Kinderschänder vor?
Das vergewaltigte Opfer muss durch einen mühsamen Prozess und muss den Täter dort wieder erleben, und in Anwesenheit dessen noch um sein Recht kämpfen, also die Richter überzeugen. (Geht heutzutage auch teilweise über seperaten Raum)
Bei einem Mordopfer kann man sowieso nichts mehr "wiedergutmachen". Da wurde das Leben eines Menschen widerrechtlich komplett ausgelöscht und der Täter kann aber sein Leben nach wie vor weiterführen, auch wenn er es nicht bereut, was er getan hat. Das spielt letztlich auch keine Rolle, ob er dann noch Reue zeigt, weil es schlicht egal ist.
Und bei einem Kinderschänder wird es dem (erwachsen gewordenen) Kind gerade darauf ankommen, dass dieser Täter auch rechtskräftig verurteilt wird, was ja bei den Mißbrauchsfällen der Kirche gerade nicht hatten. Da weiß ich nicht, ob es dem (erwachsen gewordenen) Kind etwas bringt, wenn der Täter dann Reue zeigt und Widergutmachung leisten will. Wie soll diese Wiedergutmachung denn überhaupt aussehen?

Daneben wird es aber sicher Täter geben, deren Reue aufrichtig ist und die vll. aus nachvollziehbaren Gründen ein Verbrechen begangen haben. Diese Täter möchte ich auf keinen Fall mit den oben genannten in einen Topf schmeißen.
Aber man muss hier aufhören, so zu tun, als ob jeder Täter Reue zeigen möchte oder etwas wiedergutmachen möchte. Manchen ist es einfach egal und sie würden wieder und wieder Menschen Schaden zufügen. Zu dieser Gattung Täter zähle ich zb Charles Manson oder Marc Dutroux, dessen eigene Mutter davor warnt, ihn wieder in die Gesellschaft zurückkehren zu lassen.
with great power comes great responsibility

Entscheidungen machen uns zu denen, die wir sind. Und wir haben immer die Wahl, das Richtige zu tun.
Zitieren
#54
paradox:

Ich glaube, Wiedergutmachung ist der falsche Ansatz. Einfach weil es unmöglich ist. Würde unser Strafmaß darauf beruhen, dem Täter seine eigene Tat zurückzugeben, dann müsste dafür immer ein anderer zum Täter werden, was eine schreckliche Gewaltspirale zur Folge hätte. Deshalb muss man sich fragen: Was kann eigentlich das Ziel einer Strafe sein, wenn es schon unmöglich ist, ihm seinen zugefügten Schmerz selbst zuzufügen? Die Opfer einer Vergewaltigung würden sagen: Kastriert ihn, quält ihn, bringt ihn um - um ihrem Schmerz, ihrer Wut und der Demütigung Luft zu machen. In diesem Fall würde das Strafmaß durch die derzeitige Kreativität des Opfers bestimmt, weil das garantiert das schlimmste fordern wird, das ihm einfällt. Zunächst. Wenn Taten jahrelang zurückliegen und es die Opfer tatsächlich schaffen, ihr Leben weiterzuleben, nimmt auch der Wunsch nach blutiger Rache ab. Diese Menschen hätten nachträglich absolut nichts davon, wenn ihrem Peiniger ein Körperteil fehlt oder er nicht mehr lebt. Im Gegenteil, es gibt nur eine Sache die verhindern könnte, dass auf ihr Schmerzenskonto auch noch die Schuld einer grausamen Tat fällt: Verdrängung.

Statt Rachegelüsten Raum zu schaffen sollen Strafen doch eigentlich etwas ganz anderes tun: Die Gesellschaft vor dem Täter schützen und ihn sowie Andere vor ähnlichen Taten abschrecken. Deshalb werden Täter ins Gefängnis gesteckt oder in die geschlossene forensische Psychiatrie (die übrigens, entgegen mancher Berichterstattung im Fernsehen, alles andere als Luxus ist - strenger und abgeschlossener als jedes Gefängnis und zusätzlich psychiatrische oder therapeutische Maßnamen) nicht um die Täter der Gesellschaft wieder anzunähern, sondern um die Gesellschaft vor einem potentiellen Täter zu beschützen. Ich stimme dir im Übrigen absolut zu, dass das Strafmaß in Deutschland oft viel zu gering ist. Leider weiß ich persönlich von einigen Fällen, da Vergewaltiger beispielsweise mit einer Bewährungsstrafe davon kommen, also nicht mal einen Tag hinter Gittern sitzen. Und das ist natürlich furchtbar. Aber unser Rechtssystem lebt nach dem Motto: Lieber einen zuwenig als einen zuviel bestrafen. Und darüber hinaus behält jeder Mensch seine unveräußerliche Menschenwürde - und das ist auch verdammt gut so. Einen auch noch so schlimmen Täter der Willkür eines Geschädigten mit einer psychischen Störung (Traumafolgestörung bspw) auszusetzen, wäre grausam, nicht rechtsstaatlich - und es würde nicht zu weniger Täter führen, sondern eindeutig zu mehr. Nur dass unser Rechtssystem dann einer dieser Täter wäre.
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)
Zitieren
#55
(10-04-2013, 13:12)paradox schrieb: Hier schneidet das Thema ja unabhängig vom Glauben auch ein Gerechtigkeitsproblem auf.
Was ist die gerechte Strafe für jemanden, der einen anderen mit Vorsatz so geschadet hat, dass er nun querschnittsgelähmt ist?
Oder die gerechte Strafe für Mord, Vergewaltigung, Kinderschänder?
Ich halte es jedenfalls nicht für gerecht, wenn so ein Täter einige Jahre wegen Körperverletzung absitzen muss und danach wieder ein freier Mensch ist, während sein Opfer für sein Leben lang an ein Stuhl od. Bett gefesselt ist und quasi für sein Leben gestraft ist

sondern?

"gerechtigkeit" in dem sinn, daß alle sie so empfinden, kann es nie geben

(10-04-2013, 13:12)paradox schrieb: Prinzipiell muss man sich dann die Frage stellen, ob man für oder gegen die Todesstrafe ist (wenn wir mal Folter und dergleichen außer Acht lassen).
Auf beiden Seiten gibt es gute Argumente, über die man sich mal Gedanken machen sollte.

warum "Folter und dergleichen außer Acht lassen"?

wenn man doch schon bei körperlichen strafen ist...

ich denke mal, die meisten werden sich dazu durchaus schon gedanken gemacht haben. ich z.b. finde keine "guten Argumente" für körperstrafen



(10-04-2013, 18:05)paradox schrieb: Aber kein Geld der Welt wird das lebenslange Leiden des Opfers wieder rückgängig machen

leiden des täters auch nicht

(10-04-2013, 18:05)paradox schrieb: Da gibts Vergewaltigungsopfer, die den Gedanken nicht ertragen können, dass der Täter nach einigen Jahren wieder herauskommen wird.
Wie mag wohl der Querschnittsgelähmte in seinem Fall denken? Sein Peiniger kann nach der Haft wieder versuchen ein normales Leben zu führen, eine Familie haben usw. Ihm selbst wird dies bis zu seinem Lebensende verwehrt bleiben. Ich kann mir schon vorstellen, dass der Querschnittsgelähmte dem Täter Gleiches wünschen könnte

der wunsch mag verständlich sein - aber hilft seine erfüllung dem opfer tatsächlich?
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Zitieren
#56
(10-04-2013, 21:35)derwegisteins schrieb:
(09-04-2013, 21:09)Lelinda schrieb: Meinst du wirklich, das Durchführen von Steinigungen, Auspeitschungen und Hand-Abhacken wäre ein Zeichen besonderer Gläubigkeit, die Gott besonders erfreuen würde? Wenn ja, müsste man sich wohl von seiner Barmherzigkeit verabschieden, die doch auch im Islam ständig betont wird
...

Ja, ich glaube, dass es ein Zeichen besonderer Gläubigkeit worüber Gott besonders erfreuen würde

grad heute kam ich an einem plakat vorbei:

"muhammad, prophet der barmherzigkeit"

eigentlich zum lachen, wenns nicht so traurig wär

(10-04-2013, 21:35)derwegisteins schrieb: Aber dass heißt nicht, dass ich diese brutale Strafe befürworte, immer und überall einzusetzen

zu gütig...

(10-04-2013, 21:35)derwegisteins schrieb: Eine Straftat übt man bewußt oder unbewußt. Manche sind leicht und manche Straftaten grausam. Hälst du dass für gerecht, wenn Assad, der syrische Präsident in einem Gefängnis für lebenslang gefangen wird und sein Lebensunterhalt von dem Geld finanziert wird, das mir der DEMOKRATISCHER Staat von meinem (eigenen Anteil) als "Steuer" abgezogen hat?

ja

man kann sich natürlich auch mit assad auf eine stufe stellen und genauso unmenschlich handeln...

(10-04-2013, 21:35)derwegisteins schrieb: Ich bin nicht dagegen, wenn man bald alle Strafen abschaft und damit Verbrechensrate vermindern kann. Aber wenn ich mir immer Dokus ansehe, wo man zeigt, Gefängnisse mit "Luxus" eingerichtet und Verbrecher, die sagen, ich kann immer wieder zurük, das ist mir wie mein Zuhause, dann tut es mir für meine Mitmenschen leid, sogar sehr leid!

ich glaube nicht, daß man ein system anhand solcher drastischen einzel- und ausnahmefälle (sofern sie denn überhaupt tatsächlich so existieren) beurteilen kann

(10-04-2013, 21:35)derwegisteins schrieb: Warum geht der Alter der Sträflinge deutlich zurück, also man ist mit 10 schon KIller

ist das denn so?

(10-04-2013, 21:35)derwegisteins schrieb: Warum weniger Gefängnisse im Osten als im Westen? Weil Osten sie nicht finanzieren kann?

wie kommst du auf so was?
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Zitieren
#57
(10-04-2013, 21:31)Ekkard schrieb: Niemand verlangt Vernunft von den Opfern, solange sie nicht in der Lage sind, das Leid zu verarbeiten. Aber das ist es ja gerade: Das Leid muss bearbeitet, die Trauer geleistet und der momentane Hass gemildert werden. Dem Täter muss Gelegenheit zur Sühne gegeben werden - natürlich im Rahmen seiner Möglichkeiten und nicht durch ein staatlich verordnetes Verbrechen, das absolut gar nichts bringt. Denn weder Geld noch diese "Strafe" führen zu einem modus vivendi von Opfer und Täter. Beide verharren in gegenseitiger Schuldzuweisung und Hass ohne die geringste Chance von Aussöhnung und (partieller) Wiedergutmachung.

Das ist nun das andere Extrem, das leider in unserer Rechtsprechung sehr beliebt ist und sicher mit dafür sorgt, dass viele Leute solche Praktiken wie die Scharia in anderen Ländern gutheißen.

Wieso sollte der Täter (!) in Schuldzuweisung und Hass gegenüber dem Opfer verharren? Wer hat den wen geschädigt, und wer hat denn überhaupt das Recht, auf den anderen wütend zu sein? Ich verstehe nicht, warum du hier Täter und Opfer auf eine Stufe stellst! Der Täter hatte (es gibt sicher Ausnahmen, aber diese festzustellen, ist Aufgabe des Gerichts) die Wahl, das Opfer dagegen ist plötzlich in die Situation gekommen und war ihm ausgeliefert. Das sollte doch wohl nicht weggeredet werden! Auch wenn es gerade modern ist, bei Konflikten jeder Art die Schuld auf beide zu verteilen.

Und warum „muss“ das Opfer das Leid verarbeiten und seinen Hass „mildern“, soll sich also mit Gewalt zur Vergebung und „Verarbeitung“ zwingen? Weil Psychologen das behaupten? Oder weil (was wahrscheinlicher ist) die Umwelt nicht wahrhaben will, dass viele Täter nur aus Langeweile oder aus Spaß an der Freude handeln und sie nicht immer irgendwelche tiefenpsychologischen Gründe haben, für die jeder (Nichtbetroffene) Verständnis hat – und weil es die heile Welt der Nicht-Betroffenen ins Wanken bringt, nach der jeder, auch der größte Sadist, eigentlich lieb und gut ist und nicht der Täter, sondern das Opfer stört? Sei es, weil es nicht verhindern konnte, dass es zum Opfer wurde, oder weil es sich darüber aufregt?

Diese Sicht ist leider in unserer Gesellschaft sehr verbreitet und fängt spätestens im Kindergarten an. Dabei ist sie genauso unfair und menschenfeindlich wie die Rechtsprechung mit Körper- und Todesstrafen. Nur gegenüber der anderen Partei, dem Opfer.

Der Täter hat das Recht auf menschenwürdige Behandlung und Schutz vor Lynchjustiz. Darum bin ich gegen solche Praktiken wie die Scharia. Trotzdem muss klar bleiben, dass er ein Verbrechen begangen hat, für das er – möglichst mit Wiedergutmachung – geradezustehen hat. Und genauso sollte es klar sein, dass das Opfer jedes Recht auf Wut und Kummer hat, und dass es seine (des Opfers) Entscheidung sein sollte, ob und wann es dem Täter verzeihen will (oder auch nicht) und nicht die der Umwelt. Psychischer Druck durch die Umwelt auf das Opfer, weil diese Umwelt mit der Wahrheit, dass es eben Gewalt und Grausamkeit gibt, nicht fertig wird, ist eine zusätzliche Demütigung des Opfers.
Zitieren
#58
Also abgesehen davon, das ich die Todesstrafe für effizient halte,(wenn sie rasch nach urteilsverkündung vollstreckt wird) wenn es um Tötungsdelikte geht, so sind körperstrafen doch innefizient,..da empfiehlt es sich doch, die Täter zu langfristigen Gefängnisstrafen mit verpflichtenden Arbeitsdiensten zu verurteilen, um die Kosten die durch ihre Taten entstanden (incl Schmerzensgeld in entsprechender Höhe) zu erwirtschaften...

Körperstrafen, insbesondere verstümmelnde sind daher aus wirtschaftlichen Erwägungen abzulehnen, da sie die Arbeitskraft des Täters schmälern
Aut viam inveniam aut faciam
Zitieren
#59
(11-04-2013, 10:45)d.n. schrieb: Körperstrafen, insbesondere verstümmelnde sind daher aus wirtschaftlichen Erwägungen abzulehnen, da sie die Arbeitskraft des Täters schmälern
Ich wäre dafür, dass man Straftäter, in riesigen Kraftwerken, auf ein energieproduzierendes Fahrrad setzt und sie ihre Strafen in Kilowattstunden abstrampeln müssen.
Zitieren
#60
(11-04-2013, 09:18)Keksdose schrieb: paradox:

Ich glaube, Wiedergutmachung ist der falsche Ansatz. Einfach weil es unmöglich ist. Würde unser Strafmaß darauf beruhen, dem Täter seine eigene Tat zurückzugeben, dann müsste dafür immer ein anderer zum Täter werden, was eine schreckliche Gewaltspirale zur Folge hätte. Deshalb muss man sich fragen: Was kann eigentlich das Ziel einer Strafe sein, wenn es schon unmöglich ist, ihm seinen zugefügten Schmerz selbst zuzufügen? Die Opfer einer Vergewaltigung würden sagen: Kastriert ihn, quält ihn, bringt ihn um - um ihrem Schmerz, ihrer Wut und der Demütigung Luft zu machen. In diesem Fall würde das Strafmaß durch die derzeitige Kreativität des Opfers bestimmt, weil das garantiert das schlimmste fordern wird, das ihm einfällt. Zunächst.

Deinen Gedankengang kann ich absolut nachvollziehen. Es sollte keinesfalls allein in der Hand der Opfer liegen, wie die Strafe für den Täter auszusehen hätte. Das würde wohl zu ewiger Rache führen.

(11-04-2013, 09:18)Keksdose schrieb: Wenn Taten jahrelang zurückliegen und es die Opfer tatsächlich schaffen, ihr Leben weiterzuleben, nimmt auch der Wunsch nach blutiger Rache ab. Diese Menschen hätten nachträglich absolut nichts davon, wenn ihrem Peiniger ein Körperteil fehlt oder er nicht mehr lebt. Im Gegenteil, es gibt nur eine Sache die verhindern könnte, dass auf ihr Schmerzenskonto auch noch die Schuld einer grausamen Tat fällt: Verdrängung.

Das wird aber nicht auf jedes Opfer zutreffen. Viele leben mit der Wut und dem Hass bis an ihr Lebensende. Es wird ihr Lebensbegleiter.
Da gabs gestern eine Doku zu bekannten Justizfällen in der Geschichte.
Genannt wurde der Fall des OJ Simpsons, der in den 90ern angeklagt wurde seine Frau und deren Freund Ron Goldman ermordet zu haben.
Er kam frei, aber er wird dennoch als sehr wahrscheinlicher Täter gesehen.
2008 wurde OJ Simpson jedenfalls wegen Raubes und Entführung mit einem Strafmaß von 33 Jahren verurteilt.
Im Verhandlungssaal saßen auch die Angehörigen der Getöteten und sahen das Urteil als Genugttung für den damaligen Mord an:
Die Familie des 1994 ermordeten Ronald Goldman zeigte sich erfreut über das Urteil. Für ihn sei es ein "bittersüßer Moment", sagte Ronalds Vater Fred. "Wir haben die Befriedigung, dass dieses Monster jetzt dort ist, wo es hingehört: hinter Gitter."

(11-04-2013, 09:18)Keksdose schrieb: Statt Rachegelüsten Raum zu schaffen sollen Strafen doch eigentlich etwas ganz anderes tun: Die Gesellschaft vor dem Täter schützen und ihn sowie Andere vor ähnlichen Taten abschrecken.

Ich glaube, da werden sowieso die meisten zustimmen.
Allerdings wenn man nur darauf abstellt, erscheint es dann manchmal auch sinnlos.
Der Fall Fritzl bspw zeigt, dass er im Grunde wohl mit seinem hohen Alter für niemanden mehr eine Gefahr darstellen wird.
Oder der Fall eines früheren KZ-Aufsehers, der sich freiwillig zu dem Dienst gemeldet haben soll und jetzt im hohen Alter und nach Ende des Nazi-Regimes wohl keine Gefahr mehr für jemanden sein wird.

Eventuell schreckt es ja andere davor ab, allerdings ist ja selbst die Todesstrafe selbst offenbar nicht abschreckend genug, so dass man sich die Frage stellen kann, ob dann eine Haftstrafe abschreckend genug sein kann.
Was letztlich bleibt, ist dass eine Strafe einfach als "Strafe" im wahrsten Sinn des Wortes, nämlich als hinzunehmendes Übel für eine strafrechtlich verpönte Tat, verstanden werden sollte.
Sonst könnte man auch meinen, wenn keine Gefahr für die Gesellschaft bestehe, oder auch eine Abschreckung nicht (möglich) nötig sei, man ja dann keinen Grund mehr zum Strafen hätte.


(11-04-2013, 09:18)Keksdose schrieb: Deshalb werden Täter ins Gefängnis gesteckt oder in die geschlossene forensische Psychiatrie (die übrigens, entgegen mancher Berichterstattung im Fernsehen, alles andere als Luxus ist - strenger und abgeschlossener als jedes Gefängnis und zusätzlich psychiatrische oder therapeutische Maßnamen) nicht um die Täter der Gesellschaft wieder anzunähern, sondern um die Gesellschaft vor einem potentiellen Täter zu beschützen.

Auch das ist - jedenfalls für mich - nicht problematisch, solange eben der Täter auch in Haft für eine angemessene Zeit kommt.

(Bzgl. Luxusgefängnis gibt es da eine im österreich. Leoben und in Berlin Heidering wollte man ebenfalls eine bauen:
*http://www.krone.at/Oesterreich/In_Leoben_bleibt_man_freiwillig._da_bricht_keiner_aus-Luxus_hinter_Gittern-Story-188802

*http://www.news.at/nw1/gen/slideshows/slide/show;chronik/inland/haefn_liebe/design_knast/;kid;10?flags=nopop;1

Im ersten Artikel steht auch, bspw welche Täter da gelandet sind.


(11-04-2013, 09:18)Keksdose schrieb: Ich stimme dir im Übrigen absolut zu, dass das Strafmaß in Deutschland oft viel zu gering ist. Leider weiß ich persönlich von einigen Fällen, da Vergewaltiger beispielsweise mit einer Bewährungsstrafe davon kommen, also nicht mal einen Tag hinter Gittern sitzen. Und das ist natürlich furchtbar. Aber unser Rechtssystem lebt nach dem Motto: Lieber einen zuwenig als einen zuviel bestrafen. Und darüber hinaus behält jeder Mensch seine unveräußerliche Menschenwürde - und das ist auch verdammt gut so. Einen auch noch so schlimmen Täter der Willkür eines Geschädigten mit einer psychischen Störung (Traumafolgestörung bspw) auszusetzen, wäre grausam, nicht rechtsstaatlich - und es würde nicht zu weniger Täter führen, sondern eindeutig zu mehr. Nur dass unser Rechtssystem dann einer dieser Täter wäre.

Aber auf der anderen Seite, wo bleibt die Würde des Opfers, wenn ein reicher od. ein besonderer Angeklagter sich "freikaufen" kann?
Jeder kennt den Fall des U-Bahnschlägers, der eine sehr hohe Strafe erhalten hat.
Da gabs dann aber auch einen Sohn eines Anwalts, der eine vergleichbare Tat begangen hat, aber mit zwei Jahren Haft davongekommen ist.
Oder in einem Fall, wo ein Farbiger in einer Polizeizelle lebendig verbrannt ist, und die aufsehenden Polizisten nichts gewusst haben wollen, und damit auch freikommen.
Mag sein, dass dann die Würde dieser Täter gewahrt bleibt, wenn sie nicht verurteilt werden, aber die Würde der Opfer wurde mit Füßen getreten. Und die Ungerechtigkeit stinkt bis zum Himmel.
with great power comes great responsibility

Entscheidungen machen uns zu denen, die wir sind. Und wir haben immer die Wahl, das Richtige zu tun.
Zitieren


Möglicherweise verwandte Themen…
Thema Verfasser Antworten Ansichten Letzter Beitrag
Question Welche Strafe droht bei Verweigerung der Hochzeit Snowcastor 6 5900 12-09-2019, 23:49
Letzter Beitrag: Karl_Toffel
  Schützt unwissenheit vor strafe ? Joe 4 6826 12-08-2009, 08:40
Letzter Beitrag: Marlene

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 2 Gast/Gäste