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Das AT als Geschichtswerk
#31
Moin,

ich bin immer höchst skeptisch bei solchen kurzen Zitaten. Sie werden -gerade was den Talmud angeht- schon seit sehr langer Zeit oft sinnentstellend gegen das Judentum verwendet.

Sinnentstellend deshalb, weil der Talmud immer in Gänze gelesen und verstanden werden muss. Und intensiv studiert und nicht einfach Bruchstücke daraus genommen. Der Talmud ist ja in Teilen sogar als These-Antithese geschrieben. Nimmt man da nun die These heraus, ist das eben oft konträr zum Sinn, weil sich im Talmud dann ja oft die Antithese als die richtige darstellt.

Ich kenne jetzt nicht den Kontext dieser Zitate (und kann insofern damit auch so nichts anfangen), aber wie ich hier ja auch schon verlinkt habe: Die Anwendung dieser Gesetze war oft eben eine völlig andere als der Wortlaut, eben weil sie im Kontext ausgelegt werden müssen.

forum.hagalil.com/board-a/messages/1744/17830.html?1098258096

Tschüss

Jörg

PS: Sicherheitshalber eine Klarstellung: Ich unterstelle Dir eine solche sinnentstelltende Darstellung hier nicht. Es könnte allerdings -weil es eben kurze Zitate ohne Kontext sind- bei Lesern, die sich nicht mit den Grundlagen des Talmuds-Verständnisses auskennen, ein falscher Eindruck entstehen. Eben so einen falschen Eindruck, wie ihn manche Internetseiten bewusst mit ähnlichen Zitaten verbreiten. Davor möchte ich warnen, weil das -wie Du wahrscheinlich wissen wirst, eine ziemlich üble Sache ist.
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#32
(09-01-2013, 11:42)Bion schrieb: Den Grundstock der Mischna bildete die Überlieferung des Rabbi Akiba ben Josef (ca. 50-135). Er war es, der die Schriftauslegung in Midrasch-Halachot und Midrasch Aggadot systematisierte.

Moin,

eben. Wie Du selbst schreibst, Rabbi Akiba systematisierte.

Die mündliche Lehre war deutlich älter.

Tschüss

Jörg
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#33
(08-01-2013, 23:57)Bion schrieb: Es gibt keine Belege aus vorrabbinischer Zeit, die diese Ansicht stützen.
Wie auch keine Belege welche andere Ansichten stützen.

Ich wollte nur aufzeigen, dass die hier gemachte allgemeine Behauptung aufgrund der vorliegende Belege so falsch ist.
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#34
(09-01-2013, 14:14)Jakow schrieb: Wie auch keine Belege welche andere Ansichten stützen.

Belege für meine Position gibt es sehr wohl! Es sind die zum Teil recht unappetitlichen biblischen Gesetzestexte zur Halsgerichtsbarkeit.

Belege, die die Behauptung stützen, diese Gesetze wären nie angewandt worden, gibt es aus vorrabbinischer Zeit hingegen nicht!

Jakow schrieb:Ich wollte nur aufzeigen, dass die hier gemachte allgemeine Behauptung aufgrund der vorliegende Belege so falsch ist.

Dann nenne bitte ein paar dieser "vorliegenden Belege". Der talmudische Mischnakommentar ist dafür kein geeigneter Beleg. Kommentare, die die Mischnatexte entschärfen, sind (das sagt auch die rabbinische Tradition) überwiegend erst im 4. u. 5. Jh nC entstanden.

Dass Glaubenswahrheiten und historische Wahrheiten nur selten zusammengehen, ist ein ander Ding.
MfG B.
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#35
(09-01-2013, 12:13)Flat schrieb: ich bin immer höchst skeptisch bei solchen kurzen Zitaten. Sie werden -gerade was den Talmud angeht- schon seit sehr langer Zeit oft sinnentstellend gegen das Judentum verwendet.

Gegen Versuche, sinnentstellte Talmud-Zitate in diesem Forum unterzubringen, bin ich bisher immer konsequent aufgetreten.

Flat schrieb:Sinnentstellend deshalb, weil der Talmud immer in Gänze gelesen und verstanden werden muss.

Es geht aber um die Zeit, in der die Mischna (ohne die talmudischen Entschärfungen) Geltung hatte. Der Mischna-Text lag ja bedeutend früher als die talmudischen Kommentare vor.

Flat schrieb:Wie Du selbst schreibst, Rabbi Akiba systematisierte.
Die mündliche Lehre war deutlich älter.

Eben! Noch weniger kann der Talmud zur Erläuterung der Rechtspflege der vorrabbinischen Zeit dienen.

Flat schrieb:Ich kenne jetzt nicht den Kontext dieser Zitate (und kann insofern damit auch so nichts anfangen),

Woraus ich zitiert habe, habe ich angemerkt (Mischna, 4. Ordnung, 4. Sanhedrin - Gerichtswesen).

Sag mir welche der (wie Du meinst, zu kurz geratenen) Zitate Du ergänzt haben möchtest. Ich reiche sie, wenn ich wieder in Wien bin (voraussichtlich am kommenden Sonntag), gerne nach.

Flat schrieb:…aber wie ich hier ja auch schon verlinkt habe:
forum.hagalil.com/board-a/messages/1744/17830.html?1098258096

Verlinkungen zu anderen Foren interessieren mich nicht.

Gib Deinen Wissenstand mit eigenen Worten und nach eigenem Verständnis wieder. Wenn Du aus der wissenschaftlichen Literatur exzerpierst, mit entsprechenden Verweisen auf diese.

Flat schrieb:PS: Sicherheitshalber eine Klarstellung: Ich unterstelle Dir eine solche sinnentstelltende Darstellung hier nicht. Es könnte allerdings -weil es eben kurze Zitate ohne Kontext sind- bei Lesern, die sich nicht mit den Grundlagen des Talmuds-Verständnisses auskennen, ein falscher Eindruck entstehen. Eben so einen falschen Eindruck, wie ihn manche Internetseiten bewusst mit ähnlichen Zitaten verbreiten. Davor möchte ich warnen, weil das -wie Du wahrscheinlich wissen wirst, eine ziemlich üble Sache ist.

Gegen eine solche Unterstellung würde ich mich auch entschieden zur Wehr setzen!
MfG B.
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#36
(10-01-2013, 02:18)Bion schrieb: Eben! Noch weniger kann der Talmud zur Erläuterung der Rechtspflege der vorrabbinischen Zeit dienen.

Moin,

den Einwand musst Du mir mal erläutern.

Wenn der Talmud (u.a.) die Systematisierung und Verschriftlichung schon vorher bestehnder mündlicher Überlieferungen (also die mündliche Thora) ist, ist er dann nicht gerade eine hervorragende Quelle zur Erläuterung der Rechtspflege in vorherigen Zeiten?

(10-01-2013, 02:18)Bion schrieb: Sag mir welche der (wie Du meinst, zu kurz geratenen) Zitate Du ergänzt haben möchtest. Ich reiche sie, wenn ich wieder in Wien bin (voraussichtlich am kommenden Sonntag), gerne nach.

Danke für das Angebot. Ich besitze allerdings eine vollständige Übersetzung des Talmuds.

Das nutzt mir nur nichts (selbst wenn ich derzeit die mehreren Stunden aufbringen könnte, um diese Stellen im engeren Zusammenhang zu lesen).

Um den Talmud zu verstehen, ist ein lebenslanges Studium notwendig. Selbst ein Lesen des unmittelbaren Zusammenhangs bringt ja keine gesicherte Erkenntnis.

Genau aus diesem Grund ist es meines Erachtens für einen Nichtjuden, der nicht die Zeit hat, sich jahrelangen wenn nicht jahrzehntelangen Talmudstudien hinzugeben (und das unter jüdischer Anleitung), der einzige Weg, sich gut zu informieren, der, jüdische Sekundärquellen zu benutzen.

Deine Vorgehensweise, hier Auszüge rein zu stellen, ist unjüdisch, was das Verständnis angeht und insofern kann es auch nicht zielführend sein für ein Verständnis des jüdischen Rechts.

(10-01-2013, 02:18)Bion schrieb: Verlinkungen zu anderen Foren interessieren mich nicht.

Schade.

Tschüss

Jörg
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#37
Flat schrieb:den Einwand musst Du mir mal erläutern.

Wenn der Talmud (u.a.) die Systematisierung und Verschriftlichung schon vorher bestehnder mündlicher Überlieferungen (also die mündliche Thora) ist, ist er dann nicht gerade eine hervorragende Quelle zur Erläuterung der Rechtspflege in vorherigen Zeiten?

Erstens ist die "mündliche Tora" eine rabbinische Erfindung und zweitens gilt die Legende von der mündlichen Tora für den Mischna-Text (und nicht für die rund 10.000 Seiten talmudischer Kommentare).

Dazu eine Anmerkung des Judaisten G. Stemberger (der bei uns in Wien lehrt):
Zitat:Alle genannten Kommentare sind der Tradition verpflichtet. Das bedeutet, dass die Mischna im Lichte des Talmud gedeutet wird. Die Erörterungen sind gewöhnlich in Glossen gehalten, die sprachliche oder halachische Details betreffen und praktisch nie einen größeren Textzusammenhang berücksichtigen; an den Realien des Lebens in mischnaischer Zeit und seinem historischen Zusammenhang sind sie im Allgemeinen nicht interessiert.

G. Stemberger: Einleitung in Talmud und Midrasch, 8. Aufl. Verl. H.C. Beck, S. 152

Zitat:Danke für das Angebot. Ich besitze allerdings eine vollständige Übersetzung des Talmuds.

Das nutzt mir nur nichts (selbst wenn ich derzeit die mehreren Stunden aufbringen könnte, um diese Stellen im engeren Zusammenhang zu lesen.
Um den Talmud zu verstehen, ist ein lebenslanges Studium notwendig.)

Das ist dann wohl die billigste Ausrede, wenn man nicht in der Lage ist, auf das Problem, das solch ekelhafte Texte mit sich bringen, einzugehen.

Was Du offenbar nicht zu verstehen bereit bist, ist, dass man historisch betrachtet, Talmud und Mischna auseinanderzuhalten hat.

Flat schrieb:Deine Vorgehensweise, hier Auszüge rein zu stellen, ist unjüdisch, was das Verständnis angeht und insofern kann es auch nicht zielführend sein für ein Verständnis des jüdischen Rechts.

Ich gehe an derlei Texte nicht jüdisch, sondern historisch heran. Dass sich die Rabbinen die problematischen Texe über die Jahrhunderte schöngeredet haben, ist mir bekannt.
MfG B.
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#38
(10-01-2013, 11:39)Bion schrieb: Talmud und Mischna auseinanderzuhalten hat.

Moin,

die Mischna als mündliche Thora ist der wesentliche Teil des Talmuds.

Zitat:Erstens ist die "mündliche Tora" eine rabbinische Erfindung
Und die Thora selbst? Aus Nichtgläubiger Sicht ist alles eine Erfindung.

In der Tat, so macht es keinen Sinn.

Tschüss

Jörg
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#39
(09-01-2013, 16:07)Bion schrieb: Belege für meine Position gibt es sehr wohl! Es sind die zum Teil recht unappetitlichen biblischen Gesetzestexte zur Halsgerichtsbarkeit.
LOL, auf einmal sind die Texte als Beleg doch gut genug?

(09-01-2013, 16:07)Bion schrieb: Belege, die die Behauptung stützen, diese Gesetze wären nie angewandt worden, gibt es aus vorrabbinischer Zeit hingegen nicht!
Was eben auch niemand so behauptet hat.

(09-01-2013, 16:07)Bion schrieb: Der talmudische Mischnakommentar ist dafür kein geeigneter Beleg. Kommentare, die die Mischnatexte entschärfen, sind (das sagt auch die rabbinische Tradition) überwiegend erst im 4. u. 5. Jh nC entstanden.
Nu, einige Jahrhunderte sind mir Beleg genug gegen die ursprüngliche Behauptung.

(09-01-2013, 16:07)Bion schrieb: Dass Glaubenswahrheiten und historische Wahrheiten nur selten zusammengehen, ist ein ander Ding.
Bezieht sich dieses nun auf die ursprüngliche Behauptung? Diese war auch nicht mehr als ein Glauben... Icon_wink
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#40
(10-01-2013, 11:39)Bion schrieb: Dass sich die Rabbinen die problematischen Texe über die Jahrhunderte schöngeredet haben, ist mir bekannt.
Oh, so wird nun der jahrhundertelange Antijudaimus welcher im destruktiven Antisemitimus endete nun schön geredet?

Nicht mehr die falschen Auslegungen sind das "historische" Problem, sondern die Antworten darauf werden als "schöngeredet" hingestellt... Icon_sad
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#41
(10-01-2013, 14:28)Jakow schrieb:
(09-01-2013, 16:07)Bion schrieb: Belege für meine Position gibt es sehr wohl! Es sind die zum Teil recht unappetitlichen biblischen Gesetzestexte zur Halsgerichtsbarkeit.
LOL, auf einmal sind die Texte als Beleg doch gut genug?

Dass die Texte im AT vorhanden sind, ist ein Faktum, dass sie niemals zur Anwendung gekommen waren, ist eine talmudisch gestützte Behauptung.
MfG B.
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#42
(10-01-2013, 14:33)Jakow schrieb:
(10-01-2013, 11:39)Bion schrieb: Dass sich die Rabbinen die problematischen Texe über die Jahrhunderte schöngeredet haben, ist mir bekannt.
Oh, so wird nun der jahrhundertelange Antijudaimus welcher im destruktiven Antisemitimus endete nun schön geredet?

Nicht mehr die falschen Auslegungen sind das "historische" Problem, sondern die Antworten darauf werden als "schöngeredet" hingestellt... Icon_sad

Dass die problematischen biblischen Texte erst rund 1000 Jahre nach ihrem Enstehen entschärft wurden, ist auch ein Faktum, oder nicht?

Ich bitte Dich, die Unterstellung von Antisemitimus, für den Fall, dass man Deine Meinung nicht teilt, zu unterlassen.
MfG B.
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#43
Flat schrieb:die Mischna als mündliche Thora ist der wesentliche Teil des Talmuds

Der Text der Mischna lag im Wesentlichen um 200 nC, jener des babylonischen Talmud samt Minschakommentar um 500 nC vor. Historisch gesehen ist beides auseinanderzuhalten. Die einschlägige Wissenschaft nennt jene Zeit, in der der Talmud noch nicht vorlag, die Mischna hingegen schon, "mischnaische Zeit". Wie weit die "mischnaische Zeit" zurückreicht, dazu herrscht unter den Fachgelehrten keine Übereinstimmung.

Günter Stembergers Anmerkung dazu habe ich zur Verfügung gestellt. Entweder Du verstehst den Text nicht oder Du willst ihn nicht verstehen.

Flat schrieb:Und die Thora selbst? Aus Nichtgläubiger Sicht ist alles eine Erfindung.

Erfindung ist das falsche Wort. Bei den Erzählungen der Tora handelt es sich zum guten Teil um theologisch aufbereitete Mythologie.

Zur Erinnerung: Wir befinden uns im Forum "Religions- und Kulturgeschichte", wo die Texte nicht aus gläubiger, sondern aus historischer Sicht beurteilt werden sollten.

Die Anfrage, wo im AT Texte zu finden sind, die, wie Du behauptet hast, den historiographischen Texten Caesars gleichzuhalten sind, wurde ja erwartungsgemäß nicht beantwortet.

Flat schrieb:In der Tat, so macht es keinen Sinn.

Dann lass es doch einfach, aus historischer Sicht beschriebene Sachverhalte, durch das Entgegenhalten von Glaubenswahrheiten infrage zu stellen.
MfG B.
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#44
(07-01-2013, 08:56)Flat schrieb: die Bibel, sowohl die christliche wie auch die jüdische, ist sicherlich kein Geschichtsbuch im wissenschaftlichen Sinn

sie ist überhaupt kein geschichtsbuch (welchen "sinn" gäbe es denn auch sonst noch als den in bezug auf die geschichtswissenschaft, also eine zutreffende historische tatsachenbeschreibung?)

(07-01-2013, 08:56)Flat schrieb: Gleichwohl ist es als Zeitdokument und insbesondere der Tanach wegen der sehr peniblen Weitergabe auch von historischem Wert

natürlich haben zeitdokumente historischen wert, sind deshalb aber noch lang keine geschichtsbücher oder gar historische tatsachenberichte
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#45
(08-01-2013, 06:42)Flat schrieb: Mienes Wissens wurden die Kapitalstrafen weitestgehend sehr zurückhaltend angewendet

du warst live dabei?
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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