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Falschübersetzung Bibel?
#1
Hallo Leute,

habe kürzlich in einem Buch (mit dem so bezeichnenden Titel: "Irrtümer der Allgemeinbildung") beim Durchblättern gelesen, dass das Gebot "Du sollst nicht töten" wohl ungenau übersetzt wurde und im Original "Du sollst nicht töten, außerhalb des Gesetzes" heißen müsste.
Da ich weiß, dass wir hier einige fähige Leute haben wollte ich mal fragen ob jemand Näheres diesbezüglich weiß? Und auch wie es ganz generell mit Fehlübersetzungen in der Lutherbibel ausschaut?
Gerade bei obigen Beispiel wäre ein solcher Zusatz ja doch von Bedeutung. Allerdings ist meine Quelle nun auch nicht gerade die seriöseste Icon_cheesygrin

Besten Dank schon mal.
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#2
(02-01-2013, 17:31)Gundi schrieb: habe kürzlich in einem Buch (mit dem so bezeichnenden Titel: "Irrtümer der Allgemeinbildung") beim Durchblättern gelesen, dass das Gebot "Du sollst nicht töten" wohl ungenau übersetzt wurde und im Original "Du sollst nicht töten, außerhalb des Gesetzes" heißen müsste.
Im orginal Text steht eigentlich nur: "Morde nicht". In diesem Sinne wird hier eigentlich zwischen einem Mord (ausserhalb des Gesetzes) und einer Tötung (innerhalb des Gesetztes) unterschieden. Die falsche Übersetzung ist also dieses "töten", was sich ja auch durch den ganzen Kontext des Textes selbst zeigt, wo an anderen Stellen sehr wohl Tötungen von G'tt befohlen werden.

(02-01-2013, 17:31)Gundi schrieb: Gerade bei obigen Beispiel wäre ein solcher Zusatz ja doch von Bedeutung.
Die meisten Übersetzungen enthalten den Kontext des Übersetzers, also bei christlichen Übersetzungen eben den ganzen christlichen Kontext, wodurch es teilweise zu vom Text völlig abweichenden Übersetzungen kommt, wenn diese durch das NT bedingt sind.
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#3
Buber/Rosenzweig übersetzt die angefragte Stelle mit "Morde nicht".

רְצָֽ֖ח (rāẓaḥ) steht für unrechtmäßiges Töten eines einzelnen Menschen, also für Mord (Erläuterung Elberfelder Studienbibel).

Dazu auch noch folgende Erläuterung in Herders theologischem Kommentar zum AT (Exodus 19-40, S. 122):
Zitat:Der erste der nun folgenden objektlosen Kurzprohibitive scheint so allgemein formuliert zu sein, dass häufig sogar von einem "Tötungsverbot" gesprochen wird. Doch Wortfelduntersuchungen und konkrete Verwendungsbereiche grenzen das nur 47mal im AT begegnende Verb רְצָֽ֖ח auf eine Grundbedeutung ein, die ein "gewalttätiges, schuldhaftes Töten" (F.-L. Hossfeld, ThWAT 7, 654) meint, so dass im Deutschen die Bedeutung "morden" im Vordergrund steht.
MfG B.
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#4
Dank euch beiden.

Finde diesen Unterschied recht interessant.
Dachte bisher eigentlich dass dieses Gebot, zumindest heute, das Töten eines anderen Menschen generell untersagt und somit das Leben (als Geschenk Gottes) als generell unantastbares Gut verstanden wird.
Dies lässt sich nun ja allerdings so nicht wirklich sagen.
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#5
(02-01-2013, 22:53)Gundi schrieb: Dachte bisher eigentlich dass dieses Gebot, zumindest heute, das Töten eines anderen Menschen generell untersagt und somit das Leben (als Geschenk Gottes) als generell unantastbares Gut verstanden wird.
Dies lässt sich nun ja allerdings so nicht wirklich sagen.

Moin,

genau aus diesem Grund haben viele Christen z.B. auch kein Problem damit, Soldat zu sein.

Zu Recht, wenn man den Wortlaut nimmt.

Tschüss

Jörg
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#6
(02-01-2013, 22:53)Gundi schrieb: Dachte bisher eigentlich dass dieses Gebot, zumindest heute, das Töten eines anderen Menschen generell untersagt und somit das Leben (als Geschenk Gottes) als generell unantastbares Gut verstanden wird.
Dies lässt sich nun ja allerdings so nicht wirklich sagen.

Trotzdem hast Du in gewisser Weise mit Deiner Vermutung ja auch recht, weil eben heute das ursprünglich eher eng gefasste "Mord-Verbot", das (wie auch die anderen Ge-/Verbote des Dekalogs) nur das Verhalten der Judäer untereinander regeln sollte (sehr aufschlussreich dazu: M. Köckert, Die Zehn Gebote, München 2007 [C.H.Beck]), eigentlich von allen Religionen, die sich darauf beziehen, universaler verstanden wird und die meisten Christen Deine Auslegung wahrscheinlich unterschreiben würden. Eine solche Ausweitung ist allerdings schon im AT selbst enthalten, z.B. Lev 24,17.21, wo nur noch von Menschen die Rede ist, nicht mehr von Angehörigen des Volkes Israel. (Interessanterweise wird dort wiederum die Tötung eines Menschen mit der Todesstrafe geahndet, was aber für die damalige Zeit eben durchaus "logisch" und legitim war und keine unrechtmäßige Tötung darstellte.)
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#7
Hallo Batseba,

vorerst ein herzliches Willkommen in unserer Runde.

Vielen Dank für den Hinweis auf Matthias Köckert. Das Büchlein ist preiswert und fachlich von hohem Wert.

Dazu zwei Textbeispiele für jene, die die Frage erweitert interessiert:

Zitat:Du sollst nicht töten

Die folgenden drei Kurzverbote stellen uns vor besondere Probleme. Schon ihre Abfolge ist unterschiedlich überliefert. Die Reihenfolge in der hebräischen Bibel schützt zuerst das Leben, dann die Familie, zuletzt den Besitz. Die griechische Übersetzung, die Septuaginta, stellt den Ehebruch voran und lässt dann Diebstahl und Mord (in Ex 20) bzw. Mord und Diebstahl (in Dtn 5) folgen. Sie bildet mit der Abfolge von den Eltern zur Ehe einen Schwerpunkt Familie und schützt sie gegen Bedrohungen von innen (Eltern - Kinder) und von außen (Ehebruch).

[…]

Schon die Wahl des Verbs im Tötungsverbot ist aufschlussreich. In welchen Zusammenhängen begegnet das sonst relativ selten gebrauchte Verb rāẓaḥ? Nie erscheint Gott als Subjekt des Verbs, stets sind es Menschen. Als Objekt begegnen ebenfalls mir Menschen, niemals Tiere. Das Verb wird im Alten Testament weder für das Töten aus Notwehr (Ex 22,1) oder im Krieg noch für die Vollstreckung der Todesstrafe gebraucht.

Auch beim Töten von Menschen, die man im Kampf erbeutet hat, um sie der Gottheit zu weihen (Bann), fehlt das Verb. Das Töten im Krieg, aber auch die Selbsttötung und das Schlachten von Tieren, die ohnehin nie als Objekt des Verbs erscheinen, liegen außerhalb des Horizonts dieses Verbots, da der Dekalog das Verhalten der Judäer untereinander regelt.

M. Köckert, Die Zehn Gebote, Verl. Beck, 75f.
MfG B.
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#8
(26-02-2013, 13:47)Bion schrieb: Schon ihre Abfolge ist unterschiedlich überliefert. Die Reihenfolge in der hebräischen Bibel schützt zuerst das Leben
Die Reihenfolge ist doch völlig unerheblich. Ob man lügt, stiehlt oder mordet, alles ist gegen Gott. Wenn jemand nun Gott missachtet indem er lügt, wieso sollte er Hemmungen haben zu stehlen oder zu morden?
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#9
Ist für dich Lügen und Morden vergleichbar?
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#10
(10-03-2013, 15:32)Lelinda schrieb: Ist für dich Lügen und Morden vergleichbar?
Wer lügt, der stiehlt und wer stiehlt der mordet weil er sich durch Gott nicht daran hindern lässt.
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#11
(10-03-2013, 20:13)indymaya schrieb: Wer lügt, der stiehlt und wer stiehlt der mordet

?

Also, so eine Aussage könnte man gut und gerne im Deutschunterricht an einem Gymnasium analysieren. Hat ja beinahe etwas Surrealistisches, diese Logik.

Oh, da fällt mir ein: Ist Ironie nicht auch so eine Art "Lüge"? Würde mal gerne wissen, wen ich damit nun ermordet habe.
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)
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#12
Ganz sicher muss es "morden" statt "töten" heißen.

Denn der Gott des Alten Testaments befiehlt ja oft genug selber, dass irgendwer getötet werden solle.

Dann würde er sich selber ja widersprechen.
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#13
(11-03-2013, 09:28)Silvan schrieb: Ganz sicher muss es "morden" statt "töten" heißen.

Denn der Gott des Alten Testaments befiehlt ja oft genug selber, dass irgendwer getötet werden solle.

Dann würde er sich selber ja widersprechen.
Genau deshalb kann es nicht das Wort Gottes sein. Was Jesus, als das Wort Gottes auch bestätigt. "Du sollst nicht töten" ist klar. "Du sollst nicht morden" ist menschliche Zutat.
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#14
Eigentlich heißt es ja auch du sollst nicht falsch Zeugnis reden, gemeint war vor Gericht die Wahrheit bezeugen. Es gibt genug Beispiele in der Bibel (z.B. Abraham, Isaak) wo gelogen wird und es wird nicht von Gott bestraft.
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#15
(14-03-2013, 18:49)indymaya schrieb: "Du sollst nicht töten" ist klar. "Du sollst nicht morden" ist menschliche Zutat.


Falsch, andersrum, "ratsah" - "morden", so steht das in der Bibel:[Bild: mordengmu6w.jpeg] "Du sollst nicht morden"


"Ich bin es, der tötet (harag) und der lebendig macht" (5. Buch Moses 32,39), das ist eindeutig, einfach und auch sehr leicht zu verstehen.
Dass damit Pazifisten und Abtreibungsgegner ihre Probleme haben ist ja bekannt, dennoch steht dort "Du sollst nicht morden", die Todesstrafe ist erlaubt.
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