(14-11-2012, 19:09)Gundi schrieb: Folglich, so sage ich, ging der Mensch davon aus, dass es real ist. Bitte vernachlässige nicht die Anfangsthese, nach der ein wirklicher Blick auf die Realität für den Menschen nicht möglich ist und er nur die Welt so wahrnimmt wie sie ihm erscheint.Ich sehe, was du meinst, und vielleicht ist nicht deutlich geworden, wo die Differenz unserer Auffassungen liegt.
Real ist der Lichteinfall, der morgens im Osten beginnt und abends im Westen endet. Unsere Vorstellung davon, wie diese durchaus reale Erscheinung funktioniert, gehört in die Welt der Interpretation und Vorstellungen; der Physiker spricht von einem Modell. Modelle sind nie real.
Du denkst und argumentierst viel zu kompliziert (Erkenntnisgewinn, geozentrisches Weltbild, momentane Realität etc.). Die Sache ist viel einfacher! Das, was offensichtlich alle wahrnehmen – hier der sich wandelnde Lichteinfall – ist die Realität. Alles andere also z. B. der Erkenntnisgewinn, die Modellvorstellung, der (geistige) Blick auf die Welt gehört zu den Abbildungsleistungen (Interpretationen) unseres Gehirns. Das ist nie anders gewesen.
(14-11-2012, 19:09)Gundi schrieb: Wäre denn dann ein Erkenntnisgewinn (eben dass sich die Erde um die Sonne) nicht einfach ein genaueres Hinschauen, dass aber ebenso wie das geozentrische Weltbild nur "momentan real" sein könnte und durch folgende Generationen eventuell anders beschrieben wird (eben wenn wir mehr Erkenntnisse und somit einen anderen Blick auf die Welt haben)?Nein, wie gesagt! Ein Erkenntnisgewinn, ein Weltbild ist nicht die Realität, sondern eine (jederzeit änderbare) Deutung der von der Realität ausgehenden Informationen.
(14-11-2012, 18:25)Ekkard schrieb: Das aber ist anhand der Wissenschaftsgeschichte nur im Volksglauben "real" gewesen.
(14-11-2012, 19:09)Gundi schrieb: Das aber wussten die Menschen früherer Zeiten nicht. Sie beobachteten und sprachen von Realität, so wie wir es heute auch tun.Ich sag‘ ja, dass im Volk Realität und Modell durchaus vermischt werden. Aber das ist falsch.
(14-11-2012, 18:25)Ekkard schrieb: Anderenfalls hätte es nie Forscher gegeben (Kepler, Galilei, Newton), die verstehen wollten, in welcher Beziehung Erde und Sonne (allgemein die Gestirne) zueinander stehen.
(14-11-2012, 19:09)Gundi schrieb: Und das meine ich, wenn ich von der (scheinbaren) Realität in Abhängigkeit von der Entwicklung des Menschen spreche. Der Mensch versucht sich die Welt zu ordnen und schärft dabei seinen Blick.Ja, natürlich verhalten wir uns so. Wir glauben quasi unseren Modellen. Gleichwohl besteht keine Identität zwischen Modell (etwas Gedachtes, Veränderbares) und Realität. Du merkst doch selbst an deinem Adjektiv „scheinbar“, dass das Vertrauen in ein Modell nur bedingt oder vorläufig ist.
(14-11-2012, 14:43)Gundi schrieb: Fazit: wirkliche Realität kann der Mensch nicht erkennen, sondern nur eine scheinbare Realität, abhängig vom Menschen selbst.Diesen Schluss halte ich (nach wie vor) für lückenhaft. Anderenfalls würden wir nicht überleben.
(14-11-2012, 19:09)Gundi schrieb: Das verstehe ich nicht. Für unser Überleben ist es doch unerheblich ob unsere Realität nur scheinbar ist oder auch unabhängig von uns existent ist. Wichtig ist dass wir uns zurechtfinden und die Welt für uns ordnen.Natürlich nicht. Denn anderenfalls führt eine beliebige Scheinbarkeit zu beliebig letalen Folgen. Wir brauchen das aber auch gar nicht zu diskutieren. Denn es genügt festzuhalten: Unsere Modelle sind nicht identisch mit der Wirklichkeit, sondern nur revidierbare Vorstellungen und Abbildungen – mehr nicht.
(14-11-2012, 19:09)Gundi schrieb: Aber das Beispiel mit der Erde-Sonne war doch keine gedachte, sondern eine beobachtete "Realität".Du verwechselst permanent Beobachtung (den Verlauf des täglichen Lichtfalls) mit der Vorstellung, „wie“ das passiert, also mit der Deutung.
(14-11-2012, 19:09)Gundi schrieb: Genauso wie der Mensch beobachtet, dass es Nachts dunkel wird.Ja; der zyklische Verlauf einer elektromagnetischen Strahlung wäre unbezweifelbar messbar also real.
Und um mal ganz theoretisch zu werden: Gäbe es kein Sehvermögen, wäre dann die Dunkelheit der Nacht noch Realität?
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Ekkard