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Was ist ein Idol?
#1
Auf die Vielfalt moderner Bedeutungszuordnungen will ich nicht weiter eingehen, vielleicht werden entsprechende Hinweise von Mitdiskutanten eingebracht.

raimund-fellner schrieb:Das in Wahrheit geliebte Mädchen, das vollkommen kompatibel ist, dem somit der wahre Eros gilt, wird in meiner Philosophie das Idol genannt.

Wogegen nichts einzuwenden ist!

Wer (s)eine Philosophie entwickelt, kann einem Begriff per Definition einen neuen Rahmen geben. Das ist im Laufe der Philosophiegeschichte nicht selten passiert und zulässig.

raimund-fellner schrieb:Aus dem griechische Wort "eidolon" für "Bildchen" wurde das deutsche Fremdwort "Idol".

Mit der Einschränkung, dass εἴδωλον nicht nur für "Bildchen" stehen kann, ist das korrekt.

raimund-fellner schrieb:Ich werde die Entstellung frühchristlicher Schriftsteller der platonischen Begriffe noch explizit in meinen Text einarbeiten.

Nicht zulässig ist es meiner Meinung nach, Termini ihre historisch gewachsenen Mehrfachbedeutungen – mit welchen Begründungen auch immer – abzusprechen, indem man solche als "Falschbezeichnungen" abtut.

Als kulturgeschichtlicher Begriff beispielsweise – insbesondere in der Ur- und Frühgeschichte - ist Idol ein Terminus technicus für mehr oder weniger bearbeitete, nicht immer vollfigürlich ausgeformte Darstellungen tier- oder menschenbildlicher Ausformung aus Stein, Knochen, Holz, Ton, etc. in einer Größenordnung bis etwa 20 cm.

Auf die Vieldeutigkeit von εἴδωλον im klassischen Griechisch und im Koine-Griechisch sei kurz verwiesen:

εἴδωλον ἀμαυρόν bei Homer Abbild (Il. 5,449f) und Traumbild (Od. 4, 824), oder Trugbild εἴδωλον ποίησε, δέμας δ' ἤϊκτο γυναικί (Od. 4, 796); auch für ein (seelenloses) Schattenbild der Toten im Hades (Od. 11, 476) kann εἴδωλον stehen.

Selbst Platon verwendet den Begriff in verschiedenen Bedeutungen, zB im Theaitetos (150 c) im Sinne von Trugbild (εἴδωλον καὶ ψεῠδος).

Auf den Gebrauch von εἴδωλον im Sinne von "Götze" (zB LXX, Jes 48,5) und im griechischen Grundtext des NTs (zB 1Kor 10,19) sei kurz hingewiesen. Ebenso auf die Verwendung von idolum als Götzenbild oder Götzentempel und die Verehrung der heidnischen Götter als idol(ol)atria in Texten frühchristlicher Schriftsteller (Tertullian, Laktanz, Hieronymus, Augustinus, etc.).

Beispiel:

"Idolum autem est simulacrum quod humana effigie factum est." (Ein Idol aber ist ein Götzenbild, das nach menschlichem Aussehen verfertigt worden ist.) (Isidor v. Sevilla, Etym. VIII, XI, 11f.).
MfG B.
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#2
Gerade Schattenbild für die Geliebte im Hades bei Homer, ist schon genau die wahre Bedeutung von Idol, nämlich die romantisch Geliebte.
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