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Der Galaterbrief – Abfassungszeit und Entstehungsort
#1
helmut schrieb:
Bion schrieb:Nochmals:
Der Galaterbrief wurde irgendwann in den Jahren 55/56 nC geschrieben. Also lange nachdem das Apostelkonzil stattgefunden hatte. So legt es die Textanalyse nahe, so berichtet überwiegend die einschlägige Fachliteratur.

Die einschlägige deutschsprachige Fachliteratur, ich habe die englischsprachige Fachliteratur als Argument dagegen gestellt. Für die Frühdatierung spricht u.a.:

• Eine Analyse des Gebrauchs von geographischen Bezeichnungen in der Antike (allgemein, und auch speziell bezüglich "Galatien"/"Galater")

• Die Beobachtung, dass in Apg 16,6 vom phrygischen Teil der Provinz Galatien bzw. dem galatischen Teil der Landschaft Phrygien die Rede ist, und folglich in Apg 16 und 18,23 wieder von dem gleichen Gebiet die Rede ist, das Paulus auch in Apg 13+14 besucht hat, also nie in der Landschaft Galatiens war.

•damit deutet gal 1,6 auf einen relativ frühen Zeitpunkt hin, um 55 oder so war der Satz kaum sinnvoll.

•Dass sich mit einer Frühdatierung die "Auswahl", die Paulus von seiner Biographie bietet, von allein erklärt, während es bei eibner späteren Datierung nicht recht klar ist, warum Paulus einige Dinge erwähnt und andere nicht

Und vor allem hat man mit diesen Annahmen den abweichenden paulinischen Bericht zum Apostelkonzil aus der Welt geschafft.

Auf welche englischsprachige Fachliteratur greifst Du zur Befestigung Deiner Behauptungen zurück?

Die Meinung v. M. Theobald zu diesen Fragen habe ich ja auszugsweise zur Verfügung gestellt. Das deckt sich mit meinen Ansichten in der Sache.

Hier nochmals zur Befestigung und als Diskussionsgrundlage:

Ebener/Schreiber, Einleitung in das NT, Kohlhammer 2008, S.359:

M. Theobald schrieb:Zeit und Ort der Abfassung

Ernsthaft in Frage kommt nur eine Spätdatierung des Briefs, wobei der zeitliche Spielraum gering ist: Entweder hat Paulus den Brief noch in Ephesus verfasst - gegen Ende seines dreijährigen Aufenthalts dort (Apg 20,31), und zwar nach l Kor -, oder bereits während seiner Kollektenreise durch Makedonien nach Griechenland (vgl. Apg 20, l f.). Folgende Indizien haben wir:

(a) Die Kollektennotizen l Kor 16,1 und Gal 2,10: Wenn Paulus den Korinthern von Ephesus aus (l Kor 16,1) seine praktischen Regelungen zur Kollekte in Galatien als vorbildhaft hinstellt, dürfen wir annehmen, dass er diese erst vor kurzem "angeordnet" hat (während seines zweiten Besuchs dort [Apg 18,23]) und dass zur Zeit der Abfassung von l Kor noch gutes Einvernehmen zwischen ihm und den galatischen Christen herrschte. Und wenn er in Gal 2,10 zu der beim Jerusalemer Treffen übernommenen Verpflichtung für "die Armen" betont, er sei ihr voll und ganz nachgekommen, und das Thema im Schreiben danach nicht mehr berührt, dann deutet das darauf hin, dass es darüber mit den Fremdmissionaren nicht zum Dissens gekommen war. Weil die Galater das Geld bereits beisammen hatten, war für sie das Thema zunächst erledigt. Gal 2,10 setzt wohl auch schon die Bemühungen des Paulus für die Kollekte voraus, die 2 Kor 8f. dokumentieren, was eine Datierung des Gal nach diesen "Kollektenschreiben" nahelegt, also auf seinen Aufenthalt in Makedonien (vgl. 2 Kor 8,1). -

(b) Die Nähe des Gal zu Rom ist beachtlich! Rom (verfasst im Winter 56/57 in Korinth) liest sich wie eine Retractatio des Gal (vgl. M. THEOBALD, Studien 255-274). Dabei fällt auf, mit welchen Sorgen Paulus vor seiner geplanten Reise nach Jerusalem erfüllt ist (vgl. Rom 15,30-32). Wird die von ihm organisierte Kollekte seiner heidenchristlichen Gemeinden "den Heiligen" dort überhaupt "willkommen" sein? Man begreift die Gemütslage des Apostels besser, wenn man mit möglichen Verhärtungen dort rechnet und auch damit, dass die Krise in Galatien von Jerusalemer Kreisen verursacht worden und die Vorgänge samt der Reaktion des Paulus in der Heiligen Stadt sattsam bekannt waren.

Es sprechen also gute Gründe für die Annahme, dass die schlechten Nachrichten aus Galatien Paulus gegen Ende seines Ephesusaufenthalts oder während seiner Reise durch Makedonien erreichten und dass er den Galatern dann von dort aus seinen Brief schrieb (55/56 n. Chr.).
MfG B.
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#2
(23-03-2012, 18:42)Bion schrieb:
helmut schrieb:• Eine Analyse des Gebrauchs von geographischen Bezeichnungen in der Antike (allgemein, und auch speziell bezüglich "Galatien"/"Galater")
• Die Beobachtung, dass in Apg 16,6 vom phrygischen Teil der Provinz Galatien bzw. dem galatischen Teil der Landschaft Phrygien die Rede ist, und folglich in Apg 16 und 18,23 wieder von dem gleichen Gebiet die Rede ist, das Paulus auch in Apg 13+14 besucht hat, also nie in der Landschaft Galatiens war.
•damit deutet gal 1,6 auf einen relativ frühen Zeitpunkt hin, um 55 oder so war der Satz kaum sinnvoll.
•Dass sich mit einer Frühdatierung die "Auswahl", die Paulus von seiner Biographie bietet, von allein erklärt, während es bei eibner späteren Datierung nicht recht klar ist, warum Paulus einige Dinge erwähnt und andere nicht
Und vor allem hat man mit diesen Annahmen den abweichenden paulinischen Bericht zum Apostelkonzil aus der Welt geschafft.
Inwiefern sind die die vier genannten Punkte Annahmen? Dass Paulus nie in der Landschaft Galatien war, ist eine Annahme, aber die Argumente dazu doch größtenteils nicht. Der Sprachgebrauch lässt sich feststellen, wie sinnvoll Gal 1,6 ist, wenn wir von den in Ap0g 13/14 gegründeten Gemeinden als Empfänger ausgehen, und dass sich der Umfang des Berichts in Gal 1+2 bei einer Frühdatierung von selbst erklärt, kann jeder nachvollziehen, bzw. darüber kann diskutiert werden. Somit bleibt von den obigen Punkten nur der zweite als Annahme übrig.

M. Theobald schrieb:Zeit und Ort der Abfassung

Ernsthaft in Frage kommt nur eine Spätdatierung des Briefs [...] Folgende Indizien haben wir:
(a) Die Kollektennotizen l Kor 16,1 und Gal 2,10
Da haben wir die Annahme, dass es beide mal um die gleiche Kollekte geht.


M. Theobald schrieb:(b) Die Nähe des Gal zu Rom ist beachtlich!
Da haben wir die Annahme, dass inhaltliche Nähe zeitliche Nähe anzeigt. das muss aber nicht5 so sein, wenn sich Konstellationen wiederholen. Weiß ich aus eigener Erfahrung.

Ich kann nicht sehen, dass diese Annahmen (und die übrigen Argumente in dem Text) besser sind als das, was ich ins Feld geführt habe.

Und der Text, den du zitiert hast, ist offensichtlich nicht dazu geschrieben, um über die Punkte zu diskutieren, über die wir uns uneins sind - die werden vielmehr als gegeben vorausgesetzt, und es geht eigentlich nur um Details einer Datierung auf der Grundlage der Landschaftshypothese. Weshalb es mich auch nicht wundert, dass da keine Argumente zur Widerlegung der Provinzhypothese auftauchen.

Vielleicht zitierst du besser einen Text, der sich explizit mit der Streitfrage befasst, statt sie (wie der Text von Theobald) auszublenden. Warum sollen wir annehmen, dass Paulus in der Landschaft Galatien war? Was spricht gegen die Identifizierung des Treffens in Gal 2,1-11 mit Apg 12?

Und bitte nicht einfach mit Autorität ("das sagen alle" o.ä.), sondern mit Sachargumenten antworten!

Zur Literatur: mit theologischer Literatur zu Gal habe ich mich nicht besonders beschäftigt, ich kenne mich eher bei Literatur zur Apg aus. bei den Aussagen zur angelsächsischen Literatur habe ich mich v.a. auf Breytenbach gestützt - und was der sagte stützte den Eindruck, den ich durch Literatur zur Apg hatte.
Relativismus: "du hast deine Wahrheit, ich habe meine, beide sind richtig"
Toleranz: "was du sagst ist falsch, aber du hast das Recht, es zu sagen"
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#3
helmut schrieb:Inwiefern sind die die vier genannten Punkte Annahmen?

Ich sehe ein, ich werde Dich nicht überzeugen können.

Ich zitiere jetzt der Einfachheit halber aus dem Lexikon der Antike von J. Irmscher:

Zitat:Galạtien: nach den in der 1. Hälfte des 3. Jh. v. u. Z. eingewanderten kelt. Galatern (Galliern) genannte Landschaft im steppenartigen zentralen Hochland Kleinasiens um Ankyra. Die in die 3 Stämme der Trokmer, Tolistoagier (-bogier) und Tektosagen gegliederten Galater beunruhigten lange als Söldner und durch Raubzüge ihre Umgebung. Siege der Fürsten von Pergamon über sie verherrlichen Plastiken wie der »Sterbende Gallier«; auch der Zeusaltar in den Staatl. Museen in Berlin ist Symbol eines solchen Sieges. Trotz Hellenisierung und später Romanisierung (25 v. u. Z. röm. Provinz) hielten die Galater noch lange an kelt. Rechtsbräuchen fest. Zur röm. Provinz G. gehörten noch weitere Gebiete; daher ist schwer zu entscheiden, ob die Adressaten von Paulus' Brief die Bewohner der ganzen Provinz oder nur die Galater im eigentl. Kernland sind.


helmut schrieb:Ich kann nicht sehen, dass diese Annahmen (und die übrigen Argumente in dem Text) besser sind als das, was ich ins Feld geführt habe.

Was heißt besser?

Ich sag es gerne nochmals: Mit Deinen Annahmen ist der abweichende paulinische Bericht zum Apostelkonzil und damit auch der sich daraus ergebende Widerspruch aus der Welt geräumt.

Da ich, was das Ergebnis anlangt, ohne Wünsche bin, ist Theobalds Annahme für mich plausibler!
MfG B.
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#4
helmut schrieb:Dass Paulus nie in der Landschaft Galatien war,…

Wird wohl nicht möglich sein, wenn man annimmt, dass er dort die galatischen Christengemeinden geründet hat.

helmut schrieb:…bei einer Frühdatierung von selbst erklärt, kann jeder nachvollziehen,…

Offenbar nicht, wie das aus den meisten Publikationen zu dieser Frage unmissverständlich hervorgeht.

Natürlich kann man fragen, ob Paulus an Gemeinden im Siedlungsgebiet der Kelten – also an solche im Gebiet um das heutige Ankara – schreibt oder an nichtkeltische Stämme in der römischen Provinz Galatia.

Ich gehe wie die große Mehrheit der an europäischen Universitäten etablierten Fachgelehrten davon aus, dass Paulus in seinem Zirkularbrief (Gal 3, 1) die Kelten anspricht und gebe der sog. nordgalatischen Hypothese (bzw. Landschaftshypothese) den Vorzug.

Da die Galater im römischen Reich einen denkbar schlechten Ruf hatten, hätten es sich die nichtkeltischen Stämme der römischen Provinz Galatia verbeten, als Galater angesprochen zu werden.

Es gibt darüber hinaus keine vernünftige Erklärung dafür, warum Paulus bei den offensichtlich gravierenden Problemen, die in den Galater-Gemeinden auftraten, nicht unverzüglich zu ihnen aufgebrochen wäre, hätte er sich (wie das die Provinz- bzw. südgalatische Hypothese – samt Frühdatierung - voraussetzt), als ihm die Probleme zu Ohren sind, am Orontes (48 od. 49 nC) und damit in relativer Nähe befunden.
MfG B.
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#5
Sorry, hatte Probleme mit PC und Mäil, die jetzt hoffentlich im Wesentlichen behoben sind ...

Wird aber was dauern, bis ich Alles, was liegen geblieben ist (in diversen Foren & im richtigen Leben) abgearbeitet habe, gewöhne dich mal dran, relativ selten von mir zu hören Tard

(30-03-2012, 01:51)Bion schrieb: Ich sehe ein, ich werde Dich nicht überzeugen können.
Hängt natürlich davon ab, wie weit du auf meine Argumente eingehst, statt immer nur zu sagen, dass die Autoritäten das anders sehen.

(30-03-2012, 01:51)Bion schrieb: IIch zitiere jetzt der Einfachheit halber aus dem Lexikon der Antike von J. Irmscher:
In dem, was du zitiert, steht noch Nichts, dem ich widersprechen würde.

Nur warum hältst du die Annahme, dass Paulus in der Landschaft Galatien war, für besser begründet als die Annahme, dass er nie da war?
  • es gibt vor dem 5.Jh. keine Belege für jüdische Präsenz da, anders als in "Süd"galatien
  • es gibt auch erst relativ spät Evidenz für christliche Gemeinden dort, anders als in "Süd"galatien
  • ein Blick auf Landkarten zeigt, dass die Deutung von Apg 16,6-8 mit Galatien als Landschaft zu einem merkwürdigen Resultat führt, während die Deutung von "Phrygien und Galatien" auf den galatischen Teil der Landschaft Phrygien (bzw. den phrygischen Teil Galatiens) zu dem Schluss führt, dass Paulus von Jesus bzw. dem Heiligen Geist auf dem kürzesten Weg nach Makedonien geführt wurde.
  • bei der Geldsammlung, die Paulus auf seiner letzten Reise nach Jerusalem bringt (und die Lukas so gut wie verschweigt!), ist ein Vertreter aus Phrygisch-Galatien (genauer: Derbe), aber kein Vertreter aus der Landschaft Galatien

Was spricht eigentlich für die Landschaftshypothese? Ich meine ein Argument, für das es kein vergleichbares Argument in die andere Richtung gibt?

(30-03-2012, 01:51)Bion schrieb: I
Zitat:daher ist schwer zu entscheiden, ob die Adressaten von Paulus' Brief die Bewohner der ganzen Provinz oder nur die Galater im eigentl. Kernland sind.
Weshalb dann beide Möglichkeiten geprüft werden sollten, und die wahrscheinlichere genommen werden sollte. Ich hab oben Gründe dafür genannt, dass die Provinzhypothese die wahrscheinlichere ist.

(30-03-2012, 01:51)Bion schrieb: Ich sag es gerne nochmals: Mit Deinen Annahmen ist der abweichende paulinische Bericht zum Apostelkonzil und damit auch der sich daraus ergebende Widerspruch aus der Welt geräumt.
Und mit der Landschaftshypothese wird die mit manchen theologischen Konzepten nicht kompatible Frühdatierung des Apostelkonzils aus dem Weg geräumt. Schon wieder zwei Argumente, die sich gegenseitig aufheben,.

Dem Gegner Wünsche unterstellen mag zwar subjektiv die eigene Position stärken, nur kann das im Prinzip jeder (wie ich eben gezeigt habe) Icon_cheesygrin
Relativismus: "du hast deine Wahrheit, ich habe meine, beide sind richtig"
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#6
(30-03-2012, 12:18)Bion schrieb:
helmut schrieb:Dass Paulus nie in der Landschaft Galatien war,…
Wird wohl nicht möglich sein, wenn man annimmt, dass er dort die galatischen Christengemeinden geründet hat.
Diese Annahme gründet sich auf die Annahme, dass es damals schon dort Gemeinde gab, wofür es keinen Beleg gibt (der Galaterbrief scheidet hier aus, denn du kannst nicht davon ausgehen, dass er in die Landschaft Galatien gerichtet ist, um ein Argument zu begründen, das dazu dient zu belegen, dass er in diese Landschaft und nicht nach Antiochia bei Pisidien etc. gerichtet war!).

(30-03-2012, 12:18)Bion schrieb:
helmut schrieb:…bei einer Frühdatierung von selbst erklärt, kann jeder nachvollziehen,…
Offenbar nicht, wie das aus den meisten Publikationen zu dieser Frage unmissverständlich hervorgeht.
Die schreiben meist das ab, was vor ihnen schon gesagt wurde, und sind sachlich auf dem Stand von vor 40 Jahren. Wer einen Blick auf Karten antiker Straßen wirft (z.B. im ANRW), der findet sehr schnell Aussagen, die unsinnig wirken. Etwa wenn Ankyra genannt wird: um zu diesem "Hauptort" der Galater zu kommen, hätte Paulus über Pessinus reisen müssen, und wäre dann auf dem Weg nach Mysien wieder über Pessinus (auch ein "Hauptort" der Galater) gekommen. Da sagt mit Occams razor, dass Ankyra als Reiseziel eine überflüssige Annahme ist. Das spricht jetzt nicht gegen die Landschaftshypothese, aber gegen die Kompetenz mancher Leute, die sie vertreten.

(30-03-2012, 12:18)Bion schrieb: Ich gehe wie die große Mehrheit der an europäischen Universitäten etablierten Fachgelehrten davon aus, dass Paulus in seinem Zirkularbrief (Gal 3, 1) die Kelten anspricht und gebe der sog. nordgalatischen Hypothese (bzw. Landschaftshypothese) den Vorzug.
Nur was spricht eigentlich für diese Annahme, von der du ausgehst?

(30-03-2012, 12:18)Bion schrieb: Da die Galater im römischen Reich einen denkbar schlechten Ruf hatten, hätten es sich die nichtkeltischen Stämme der römischen Provinz Galatia verbeten, als Galater angesprochen zu werden.
Bei Hemer kannst du nachlesen, dass das nicht stimmt.

Es fängt schon damit an, dass du galatoi mit "Galater" wiedergibst. Dieser Sprachgebrauch war erst im 3.Jh. so vorhanden. Im 1.Jh. bezeichnete galatoi Kelten, also z.B. auch die Bewohner Galliens (in 2.Tm 4,10 hat ein Abschreiber zu recht oder Unrecht vermutet, dass mit galatia Gallien gemeint war, und den Text dann an den neuen Sprachgebrauch angepasst). - Und das mit dem schlechten Ruf war im 1.Jh. auch schon längst Geschichte.

(30-03-2012, 12:18)Bion schrieb: Es gibt darüber hinaus keine vernünftige Erklärung dafür, warum Paulus bei den offensichtlich gravierenden Problemen, die in den Galater-Gemeinden auftraten, nicht unverzüglich zu ihnen aufgebrochen wäre, hätte er sich (wie das die Provinz- bzw. südgalatische Hypothese – samt Frühdatierung - voraussetzt), als ihm die Probleme zu Ohren sind, am Orontes (48 od. 49 nC) und damit in relativer Nähe befunden.
Natürlich gibt es vernünftige Erklärungen dafür, in Ephesus ist Paulus auch nicht immer gleich nach Korinth geeilt. Such dir eine Erklärung aus:
  • Der Brief soll einen Besuch vorbereiten
  • Paulus musste sich erst die Mittel für so eine Reise besorgen
  • Er war gerade in Antiochia mit Problemen beschäftigt, die es nicht möglich machten, von da wegzuziehen (tl. Apg 15,1ff)
  • Es zeichnete sich bereits ab, dass er demnächst nach Jerusalem gehen würde

Es kann natürlich noch ganz anders gewesen sein, wir wissen zu wenig, um mehr zu tun als darüber zu spekulieren, was der tatsächliche Grund war. Aber dass es keine vernünftigen Gründe gibt, ist einfach nicht wahr.
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#7
(17-04-2012, 10:54)helmut schrieb:
(30-03-2012, 12:18)Bion schrieb:
helmut schrieb:Dass Paulus nie in der Landschaft Galatien war,…
Wird wohl nicht möglich sein, wenn man annimmt, dass er dort die galatischen Christengemeinden geründet hat.
Diese Annahme gründet sich auf die Annahme, dass es damals schon dort Gemeinde gab, wofür es keinen Beleg gibt (der Galaterbrief scheidet hier aus, denn du kannst nicht davon ausgehen, dass er in die Landschaft Galatien gerichtet ist, um ein Argument zu begründen, das dazu dient zu belegen, dass er in diese Landschaft und nicht nach Antiochia bei Pisidien etc. gerichtet war!).

Ich habe Dir nun schon mehrmals gesagt, dass ich mich der Mehrheitsmeinung zu dieser Frage angeschlossen habe.

Für eine Endlosschleife der Argumente stehe ich jedenfalls nicht zur Verfügung!

helmut schrieb:
(30-03-2012, 12:18)Bion schrieb:
helmut schrieb:…bei einer Frühdatierung von selbst erklärt, kann jeder nachvollziehen,…
Offenbar nicht, wie das aus den meisten Publikationen zu dieser Frage unmissverständlich hervorgeht.

Die schreiben meist das ab, was vor ihnen schon gesagt wurde, und sind sachlich auf dem Stand von vor 40 Jahren.

Und Du schreibst das ab, was sich Hemer - der mit der Frühdatierung von Gal so ziemlich alleine steht - dazu zusammengereimt hat, weil es Dir ins Konzept passt.

helmut schrieb:
(30-03-2012, 12:18)Bion schrieb: Da die Galater im römischen Reich einen denkbar schlechten Ruf hatten, hätten es sich die nichtkeltischen Stämme der römischen Provinz Galatia verbeten, als Galater angesprochen zu werden.
Bei Hemer kannst du nachlesen, dass das nicht stimmt.

Hemer irrt!

Wenn Du Dich an der Minderheitenmeinung orientieren willst, ist das Deine Sache.

Und jene, die der nordgalatischen Hypothese nichts abgewinnen können (zB P. Pilhofer) datieren Gal in der Regel noch später (nach 56 nC).

helmut schrieb:
(30-03-2012, 12:18)Bion schrieb: Es gibt darüber hinaus keine vernünftige Erklärung dafür, warum Paulus bei den offensichtlich gravierenden Problemen, die in den Galater-Gemeinden auftraten, nicht unverzüglich zu ihnen aufgebrochen wäre, hätte er sich (wie das die Provinz- bzw. südgalatische Hypothese – samt Frühdatierung - voraussetzt), als ihm die Probleme zu Ohren sind, am Orontes (48 od. 49 nC) und damit in relativer Nähe befunden.
Natürlich gibt es vernünftige Erklärungen dafür, in Ephesus ist Paulus auch nicht immer gleich nach Korinth geeilt. Such dir eine Erklärung aus:
  • Der Brief soll einen Besuch vorbereiten
  • Paulus musste sich erst die Mittel für so eine Reise besorgen
  • Er war gerade in Antiochia mit Problemen beschäftigt, die es nicht möglich machten, von da wegzuziehen (tl. Apg 15,1ff)
  • Es zeichnete sich bereits ab, dass er demnächst nach Jerusalem gehen würde

Es kann natürlich noch ganz anders gewesen sein, wir wissen zu wenig, um mehr zu tun als darüber zu spekulieren, was der tatsächliche Grund war. Aber dass es keine vernünftigen Gründe gibt, ist einfach nicht wahr.

Auch hierzu gehe ich auf keine Endlosschleife der Argumentation ein.
MfG B.
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#8
(17-04-2012, 13:56)Bion schrieb: Ich habe Dir nun schon mehrmals gesagt, dass ich mich der Mehrheitsmeinung zu dieser Frage angeschlossen habe.
Und nicht bereit bist, auf Argumente darüber einzugeben, warum diese Mehrheitsmeinung meiner Ansicht nach falsch ist.

(17-04-2012, 13:56)Bion schrieb: Und Du schreibst das ab, was sich Hemer - der mit der Frühdatierung von Gal so ziemlich alleine steht - dazu zusammengereimt hat, weil es Dir ins Konzept passt.
Inwiefern ist das, was Hemer geschrieben hat, zusammengereimt und nicht sorgfältig recherchiert?

Das Argument mit den Landkarten hab ich z.B. mit Hilfe des ANRW nachgeprüft, ich weiß gar nicht mehr, was Hemer zu dem Punkt geschrieben hat, ich hab nur noch die entsprechenden Landkarten (auch die, die ich später bei Breytenbach gesehen habe) im Kopf.

(17-04-2012, 13:56)Bion schrieb:
helmut schrieb:Es kann natürlich noch ganz anders gewesen sein, wir wissen zu wenig, um mehr zu tun als darüber zu spekulieren, was der tatsächliche Grund war. Aber dass es keine vernünftigen Gründe gibt, ist einfach nicht wahr.
Auch hierzu gehe ich auf keine Endlosschleife der Argumentation ein.
Wenn dir als einzige Reaktion die Endlosschleife "Aber die Autoritäten, denen ich vertraue, sehen das anders" einfällt ...

Du könntest auch anerkennen, dass ich einige nicht unplausible Erklärungen aufgelistet habe, oder eben darauf eingehen, warum sie (insbesondere Angesichts der von mir erwähnten Parallele zu den Korintherbriefen) deiner Meinung nach nicht plausibel sind.
Relativismus: "du hast deine Wahrheit, ich habe meine, beide sind richtig"
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#9
(29-03-2012, 19:44)helmut schrieb: Was spricht gegen die Identifizierung des Treffens in Gal 2,1-11 mit Apg 12?

Die Absicht des Autors der Apostelgeschichte, genau diesen Eindruck beim Leser erwecken zu wollen, um zu guter Letzt den Galater ganz "auszuhebeln" und einen judaisierenden Paulus zu präsentieren.

Zitat:Gal 3,1f: O ihr unverständigen Galater! Wer hat euch bezaubert, denen doch Jesus Christus vor die Augen gemalt war als der Gekreuzigte? Das allein will ich von euch erfahren: Habt ihr den Geist empfangen durch des Gesetzes Werke oder durch die Predigt vom Glauben?
Gal 5,1ff: Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen! Siehe, ich, Paulus, sage euch: Wenn ihr euch beschneiden lasst, so wird euch Christus nichts nützen. Ich bezeuge abermals einem jeden, der sich beschneiden lässt, dass er das ganze Gesetz zu tun schuldig ist. Ihr habt Christus verloren, die ihr durch das Gesetz gerecht werden wollt, und seid aus der Gnade gefallen.

Zitat:Apg 21,21ff: Ihnen ist aber berichtet worden über dich, dass du alle Juden, die unter den Heiden wohnen, den Abfall von Mose lehrst und sagst, sie sollen ihre Kinder nicht beschneiden und auch nicht nach den Ordnungen leben. Was nun? Auf jeden Fall werden sie hören, dass du gekommen bist. So tu nun das, was wir dir sagen. Wir haben vier Männer, die haben ein Gelübde auf sich genommen; die nimm zu dir und lass dich reinigen mit ihnen und trage die Kosten für sie, dass sie ihr Haupt scheren können; so werden alle erkennen, dass es nicht so ist, wie man ihnen über dich berichtet hat, sondern dass du selber auch nach dem Gesetz lebst und es hältst. ... Da nahm Paulus die Männer zu sich und reinigte sich am nächsten Tag mit ihnen und ging in den Tempel und zeigte an, dass die Tage der Reinigung beendet sein sollten, sobald für jeden von ihnen das Opfer dargebracht wäre.

alberner Versuch Icon_cheesygrin
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#10
(22-09-2014, 13:27)Kunigunde Kreuzerin schrieb:
(29-03-2012, 19:44)helmut schrieb: Was spricht gegen die Identifizierung des Treffens in Gal 2,1-11 mit Apg 12?

Die Absicht des Autors der Apostelgeschichte, genau diesen Eindruck beim Leser erwecken zu wollen, um zu guter Letzt den Galater ganz "auszuhebeln" und einen judaisierenden Paulus zu präsentieren.

Da setzt du aber schon voraus, was du beweisen willst. Denn im Römerbrief redet Paulus schon weniger absolut als im Galaterbrief. Wenn sich Paulus an das Apostelkonzil gehalten hat, konnte er danach nicht mehr so formulieren wie im Galaterbrief.

Außerdem,. wenn ich mir die beiden Textstellen ansehe:

Zitat:Gal 3,1f: O ihr unverständigen Galater! Wer hat euch bezaubert, denen doch Jesus Christus vor die Augen gemalt war als der Gekreuzigte? Das allein will ich von euch erfahren: Habt ihr den Geist empfangen durch des Gesetzes Werke oder durch die Predigt vom Glauben?
Gal 5,1ff: Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen! Siehe, ich, Paulus, sage euch: Wenn ihr euch beschneiden lasst, so wird euch Christus nichts nützen. Ich bezeuge abermals einem jeden, der sich beschneiden lässt, dass er das ganze Gesetz zu tun schuldig ist. Ihr habt Christus verloren, die ihr durch das Gesetz gerecht werden wollt, und seid aus der Gnade gefallen.

Hier geht es um die Beschneidung von Erwachsenen, die offensichtlich keine Juden sind.

Zitat:Apg 21,21ff: Ihnen ist aber berichtet worden über dich, dass du alle Juden, die unter den Heiden wohnen, den Abfall von Mose lehrst und sagst, sie sollen ihre Kinder nicht beschneiden und auch nicht nach den Ordnungen leben. Was nun? Auf jeden Fall werden sie hören, dass du gekommen bist. So tu nun das, was wir dir sagen. Wir haben vier Männer, die haben ein Gelübde auf sich genommen; die nimm zu dir und lass dich reinigen mit ihnen und trage die Kosten für sie, dass sie ihr Haupt scheren können; so werden alle erkennen, dass es nicht so ist, wie man ihnen über dich berichtet hat, sondern dass du selber auch nach dem Gesetz lebst und es hältst. ... Da nahm Paulus die Männer zu sich und reinigte sich am nächsten Tag mit ihnen und ging in den Tempel und zeigte an, dass die Tage der Reinigung beendet sein sollten, sobald für jeden von ihnen das Opfer dargebracht wäre.

Hier geht es um die Beschneidung von Kindern jüdischer Eltern. Und Paulus schreibt ja selber:

Zitat:1.Kor 9,20 Den Juden bin ich wie ein Jude geworden, damit ich die Juden gewinne. Denen, die unter dem Gesetz sind, bin ich wie einer unter dem Gesetz geworden - obwohl ich selbst nicht unter dem Gesetz bin -, damit ich die, die unter dem Gesetz sind, gewinne.

Das passt doch zu dem Verhalten, das Lukas beschreibt! Oder wie stellst du dir "werden wie einer unter dem Gesetz" vor?

(22-09-2014, 13:27)Kunigunde Kreuzerin schrieb: alberner Versuch Icon_cheesygrin

Ja, ich finde auch, es ist albern, aus deinen beiden Stellen einen Gegensatz zu konstruieren Icon_cheesygrin
Relativismus: "du hast deine Wahrheit, ich habe meine, beide sind richtig"
Toleranz: "was du sagst ist falsch, aber du hast das Recht, es zu sagen"
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#11
(23-09-2014, 11:26)helmut schrieb: Ja, ich finde auch, es ist albern, aus deinen beiden Stellen einen Gegensatz zu konstruieren Icon_cheesygrin
Dann lass uns in aller Ruhe schauen, wie viele ich aufzeigen (meine Sicht) /konstruieren (Deine Sicht) kann.

1. Punkt: Paulus behauptet im Galater ein Evangelium direkt von Jesus Christus empfangen zu haben. Die Apostelgeschichte bestreitet das inzident, indem Jesus nichts anderes tut, als Paulus anzuweisen, nach Damaskus zu gehen. Dort empfängt er erste Unterweisungen von Hananias.
Zitat:Gal 1,11f: Denn ich tue euch kund, liebe Brüder, dass das Evangelium, das von mir gepredigt ist, nicht von menschlicher Art ist. Denn ich habe es nicht von einem Menschen empfangen oder gelernt, sondern durch eine Offenbarung Jesu Christi.
Zitat:Apg 9,3ff: Als er aber auf dem Wege war und in die Nähe von Damaskus kam, umleuchtete ihn plötzlich ein Licht vom Himmel; und er fiel auf die Erde und hörte eine Stimme, die sprach zu ihm: Saul, Saul, was verfolgst du mich? Er aber sprach: Herr, wer bist du? Der sprach: Ich bin Jesus, den du verfolgst. Steh auf und geh in die Stadt; da wird man dir sagen, was du tun sollst.

Fazit: keine private Direktoffenbarung in der Apostelgeschichte für Paulus
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#12
Die Apostelgeschichte möchte Paul herunterschrumpfen, indem sie ihm unter anderem den Apostel-Titel wegnimmt, seine Visionen bagatellisiert und ihm originäres Wissen abspricht. Zusätzlich will sie über Differenzen drüberbügeln, indem sie Peters und Pauls Charakterere, wie sie im Galater-Brief deutlich werden, vertauscht. Ein hochpolitisches Stück zum Ausbügeln von Grabenkämpfen auf dem Weg zur Orthodoxie also.
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#13
Hallo Kunigunde
ein bisschen ist das so wie,wenn ein Blinder versuchte von Farben zu reden....

Nur wer  Offenbarung empfängt,weiß was das ist.
Paulus bestreitet gar nicht von Hananias Unterweisung erhalten zu haben
Gott hat schon immer durch Menschen gesprochen.Die ganze Bibel ist Gottes Offenbarung durch Menschenwort.
Der Unterschied ist;es ist keine von menschen erdachte Weisheit,sondern göttliche Wahrheit.

Für mich sieht es so aus als habe Paulus sowohl Unterweisung von Hananias und den Brüdern erhalten,im Galater steht "erste" Unterweisung als auch direkte Unterweisung bzw. Offenbarung von Jesus,denn in Apg.9 steht auch

16 Ich will ihm zeigen, wie viel er leiden muss um meines Namens willen.

Also kein Wiederspruch.
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#14
(24-09-2014, 22:13)bridge schrieb: Nur wer  Offenbarung empfängt,weiß was das ist.
Paulus bestreitet gar nicht von Hananias Unterweisung erhalten zu haben
Gott hat schon immer durch Menschen gesprochen.Die ganze Bibel ist Gottes Offenbarung durch Menschenwort.
Der Unterschied ist;es ist keine von menschen erdachte Weisheit,sondern göttliche Wahrheit.

Weisst du was Offenbarung ist ?
Halluzinationen und Eingebungen gibts in jeder Zeit.

Die Menschen behaupten, Gott hätte durch sie gesprochen.
Wie soll auch ein Paulus feststellen ob das der Gott der Inkas oder Shiva war ?

Galaterbrief ist eine akademische Diskussion ohne realen Gottesbezug.
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#15
(24-09-2014, 22:13)bridge schrieb: Paulus bestreitet gar nicht von Hananias Unterweisung erhalten zu haben...

Wie sollte Paulus bestreiten, wovon er nichts weiß?

(24-09-2014, 22:13)bridge schrieb: Für mich sieht es so aus als habe Paulus sowohl Unterweisung von Hananias und den Brüdern erhalten,…

Das ist die lukanische Version. Paulus hingegen berichtet:

…ich ging auch nicht nach Jerusalem hinauf zu denen, die vor mir Apostel waren, sondern ich ging sogleich fort nach Arabien…
MfG B.
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