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Wie übt Ihr?
#1
Was mich interessieren würde: Wie übt Ihr? Wie setzt Ihr Eure religiösen, philosophischen und/oder psychologischen Erkenntnisse in die Praxis um?
Es ist ja ohne Zweifel so, dass wir hier in Westeuropa eine überwiegend veräußerlichte Kultur haben. Reden wir über 'Entwicklung', dann meinen wir meist gute Autos (und sie sich leisten können), hoher Bildungsabschluß, neuerdings regenerative Energien, usw. Ich meine, wenn wir eine Fremdsprache lernen wollen, gehen wir zumindest 1x die Woche zum vhs-Kurs. Aber für unsere innere Entwicklung tun wir nicht einmal das. Ich finde es daher eine sehr wichtige Frage.
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#2
Hallo 'eddyman', ich versuche zu verstehen, was dir am Herzen liegt. Die persönliche Entwicklung ist aus meiner Sicht ein permanenter Prozess, ein Prozess des allmählichen Bewusstseinswandels zur Anpassung an die Lebenssituation. Da wäre erst einmal die Berufswahl, weiter die Partnerwahl, die Wahl des Wohnortes, der Gemeinde, der Freunde. Da kann man doch nicht einfach eine Philosophie darüberstülpen und "einüben".
Vielleicht zählst du ja zum Üben auch die Gottesdienst-, Bibelkreis- und Forenbesuche oder die Besuche der gemeindlichen Freundeskreise. Ähnliches gilt für das Vereinsleben (Schützen, Feuerwehr, Züchter) oder Mitarbeit beim Roten Kreuz, bei der Tafel, oder ... Auch in solchen Kreisen wandelt sich allmählich das Bewusstsein für die Probleme unserer Zeit. Gehört vielleicht auch Zeitunglesen dazu? Ich meine, es gibt sehr viele Wege des sozialen Miteinanders, die automatisch eine Übung darstellen.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#3
Hallo Eddy,

endlich mal ein wesentliches Thema! Danke. Die tagtägliche Praxis ist das Übungsfeld, Momente der Stille und Begegnungen jeder Art. Damit beantworte ich Dir Deine Frage auf einfach Weise. Beim Tun und in der Kontemplation. Aber auch jede Form der Selbsterfahrung - die argen und beglückenden -, in denen ich mir fern oder auch nah bin, findet dieses Wachstum statt. Bewusstsein und Reflexion, Pflege des Geistes, Kultur, Ästhetik. In der Pflege, Einüben des guten Umganges, Buddhisten sprechen von Achtsamkeit. Das wäre doch ein prima Schulfach: Kultur des Umgangs. Inneres Wachstum wird zum Beispiel bei den Exerzitien gefördert.
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#4
Bezieht sich das jetzt explizit auf die Gläubigen unter uns, meint also, wie sie sich mit ihrem Glauben beschäftigen, oder schließt das alle ein und meint generell den Umgang mit sich?
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#5
(18-02-2012, 13:52)eddyman schrieb: Was mich interessieren würde: Wie übt Ihr? Wie setzt Ihr Eure religiösen, philosophischen und/oder psychologischen Erkenntnisse in die Praxis um?

genau so

ich praktiziere sie und verschwende meine zeit nicht mit rituellen trockenübungen
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#6
Indem ich einfach meinen Weg gehe und ihn lebe
Aut viam inveniam aut faciam
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#7
Interessant dass Ihr den Alltagsbezug sehr stark betont.

Ich persönlich meinte die Frage konkreter und intensiver. Die buddhistische Achtsamkeit kann sicherlich auch in der Küche beim Karottenschneiden geübt werden, das ist sehr praktisch gedacht! Aber da muss ich auch noch auf anderes achten, auf welche Größe ich die Stücke zuschneide, etc. Gerade im Buddhismus gibt es ja dann immer auch Meditation in Reinform (und wenn dann der Zen-Meister verlangt im Lotos-Sitz, Rücken kerzengerade zu sitzen - nach spätestens einer halben Stunde hast du deine Intensität... Icon_redface)

Vielleicht im konkreteren Sinn die Frage an die "Autonomen" (z.B. petronius, ekkard), weil Ihr wohl hier im Forum recht stark vertreten seid: Euch scheint sehr viel daran gelegen selber zu denken, und das ist ja gut. Aber wie erreicht Ihr es, dass Euer Denken auch die nötige Kraft besitzt, damit es nicht einfach weit vor dem Ziel aufhört? Wie reinigt Ihr Euer Denkorgan, um sicherzugehen dass es nicht mal falsch abbiegt?
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#8
Du wirst wohl erläutern müssen, was du mit "falsch abbiegen" meinst?
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#9
auf deinem persönlichen Weg kannst du nicht falsch abbiegen,..du kannst nur eine interessante "Abkürzung" wählen Icon_wink
Aut viam inveniam aut faciam
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#10
Nach meiner Erfahrung wirkt ausgelebter Ärger am schlimmsten. Und durch das Feedback auch auf einen selbst. Am besten gegen eine solche Abbiegung wirkt - zumindest hier im Forum - das Streichen aller Nickeligkeiten und das Lesen des übrig Bleibenden. Der cooling effect ist erstaunlich!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#11
(20-02-2012, 14:23)eddyman schrieb: Aber wie erreicht Ihr es, dass Euer Denken auch die nötige Kraft besitzt, damit es nicht einfach weit vor dem Ziel aufhört? Wie reinigt Ihr Euer Denkorgan, um sicherzugehen dass es nicht mal falsch abbiegt?

ich verstehe die frage bzw. sehe das problem nicht

warum sollte mein denken irgendwo aufhören und wovon gereinigt werden müssen?

im übrigen sehe ich auch mein gehirn als eine art muskel, den es zu trainieren gilt
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#12
Das war nur eine Konkretisierung meiner Eingangsfrage.
Da mir schien dass von Wissen, Fühlen und Wollen bei vielen das Wissen überwiegt (wie bei mir auch), also der Erkenntnis-Weg, mag sich die Frage stellen, inwiefern das Denkorgan die nötige Kondition hat, bzw. wie man diese praktisch verbessern könnte (die Frage war ja "wie übt ihr").
Muss nicht, nur eine Frage.
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#13
Ich sehe hier einfach folgendes Grundproblem (das mich wohl auch ärgerlich macht, wie Ekkard meinte):
Jede Religion beruht auf absoluter Existenz, besagt es gibt etwas Ewiges, Ungeborenes und Unsterbliches, etwas aus sich Selbst seiendes;
also etwas das nicht von dieser Welt ist, nicht nur zeitlich und in Abhängigkeit existiert, das nichts schlechter oder besser machen kann, nichts das entstanden ist, erhalten wird und vergeht...
Wenn es so etwas nicht gibt, dann macht das alles hier auch keinen Sinn. Muss es auch nicht, könnte man einwenden.
Aber wenn es doch eine absolute Wahrheit gibt, dann muss sie ja hin und wieder von Menschen erkannt, verwirklicht, durch ihr Leben zum Ausdruck gebracht worden sein. Und das ist schlichtweg der Fall (ja, das waren auch nur Menschen, aber eben noch mehr).

Wenn man das nicht mitgeht, wird es natürlich schwierig in einem "Religionsforum". Was ich so gelesen habe kreist viel von dem Meinungsaustausch eher um "Religionskritik", da ist dann ganz schnell Stop. Und auch mit dieser Frage laufe ich wieder ins Leere, denn wenn es keine absolute Existenz (neben Körper, Gedanken und Gefühlen) gibt, dann ist es überflüssig daraufhinzuüben oder sich dessen bewusst zu werden.
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#14
Ja, es geht um die Kritik an den jeweiligen weltanschaulichen Standpunkten. Du selbst sprichst davon, dass Religionen von "absoluter Existenz", vom Ewigen, Unvergänglichen usw. ausgeht. Dahinter steckt die Auffassung, dass es Universalien (allgemeine Eigenschaften) gebe. Die umgekehrte Auffassung ist der Naturalismus, der alle Eigenschaften immer nur konkreten Objekten in ihrer Zeit zuordnet. Beide Extreme sind vermutlich in Reinkultur nicht durchzuhalten - ein alter philosophischer Streit. Wir (Laien) werden's nicht endgültig klären können, es sei denn wir nähmen den univeralistischen Standpunkt ein. Das aber wäre eine a priori-Entscheidung, und wir brauchten gar nicht mehr weiter zu überlegen (und diskutieren).

Mir ist immer noch nicht klarer geworden, was du üben willst; es sei denn, du stellst dich auf die Seite des Ewigen, Unvergänglichen, die Seite von "Gut und Böse", wie es in der Bibel heißt, also Universalien. Dann ist es sinnvoll, das gute Dasein anzustreben und bestimmte Rezepte des Wohlverhaltens einzuüben - meinetwegen so, wie das in den fernöstlichen Religionen geschieht.

Meine Beobachtung geht allerdings in die Richtung, dass es den Menschen dort im Durchschnitt nicht besser ergeht als im so genannten "christlichen Abendland". Gewiss, es gibt Einzelne und einzelne Gemeinschaften, die durch meditative Versenkung zufriedener und ausgeglichener werden, denen mit anderen Worten die materielle Armut nichts mehr ausmacht. Dieselben Einzelnen finden sich sicher auch bei uns im christlichen Umfeld.

Was das bedeutet, scheint mir klar zu sein: Für Einzelne mag ein solcher Weg der Richtige sein, für die Allgemeinheit aber nicht. Die christliche Haltung ist die der sozialen Teilnahme, der Solidarität - und die hängt von den Umständen ab also beispielsweise auch davon, wie jemand in Not geraten ist und welche eigenen Anstrengungen er/sie bereit ist, selbst zu leisten. Diesen Weg halte ich für bedeutend schwieriger, als meine eigene Welt (meine Zufriedenheit, meine Gelassenheit, meinen Frieden mit dem Ewigen) in Ordnung zu halten.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#15
(21-02-2012, 10:43)eddyman schrieb: mag sich die Frage stellen, inwiefern das Denkorgan die nötige Kondition hat, bzw. wie man diese praktisch verbessern könnte (die Frage war ja "wie übt ihr")

das denken übe ich, indem ich denke - wie denn auch sonst?

ich glaube, ich verstehe immer noch nicht, um was es dir geht
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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