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Landpachtung in Entwicklungsländern
#1
Ist akzeptabel, dass reiche Länder in ärmeren Ländereien pachten, die oft mangels notarieller Dokumente den sie z. Zt. bearbeitenden Bauern weggenommen werden um für die eigene Bevölkerung Nahrungsmittel zu erzeugen?
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#2
Ich habe dazu folgenden Zeit-Artikel im Internet gefunden:

*zeit.de/wirtschaft/2010-10/landkauf-afrika

Zitat:Wie sich reiche Investoren in armen Ländern Flächen sichern

Viele westliche Investoren kaufen große Flächen in Afrika auf, um Lebensmittel oder Agrarsprit zu produzieren. Die einfache Landbevölkerung wird verdrängt.

Diese Praxis ist m.E. im höchsten Maße Menschenverachtend und sollte unbedingt mit allen möglichen angemessenen Mitteln verhindert werden.

Ich habe aber auch gelesen, dass sich Staaten wie China an der Praxis beteiligen.
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#3
Aus dem obigen Artikel zitiert:

Zitat:Die Argumente, endlich werde wieder ins Land investiert, effizient produziert, und es würden auch noch Arbeitsplätze geschaffen, werden zwar von den Regierungen vorgetragen, die solche Landgeschäfte abschließen. Doch die Kleinbauern verlieren in der Regel mit dem Land auch ihre Existenz. Das gilt in besonderem Maße für chinesische Landkäufe. Denn wie bei den industriellen Investitionen auch bringen die chinesischen Landkäufer die Bauern zur Bewirtschaftung meistens gleich mit. Einheimische Arbeiter erhalten eher selten Jobs.

Die meisten Investoren in Afrika, aber auch Südostasien und Lateinamerika kommen aus China, Saudi-Arabien und Großbritannien. Chinesische und saudi-arabische Investoren wollen meist Lebensmittel und manchmal auch Agrartreibstoffe anbauen und nach Hause exportieren. Im Falle von Großbritannien geht es eher um Investmentsfonds, die aus spekulativen Gründen Land kaufen, um es bei steigenden Preisen weiterzuverkaufen.

Davon hört man im Fernsehen gar nichts. Man möchte es wohl nicht sehen, oder ...
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#4
Nein, dass ist auf keinen Fall akzeptabel.
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#5
Das ist mal wieder ein Beispiel für das durchaus falsche Denken, dass man mit allem, also auch mit Lebensgrundlagen, Handel treiben dürfe.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#6
Auf der einen Seite verkaufen skrupelose Herrscher die Lebensgrundlage der eigenen Bevölkerung und auf der anderen Seite herrscht skrupelloses Gewinnstreben, welches keinerlei Rücksicht selbst auf Grundrechte/Grundversorgung von Menschen nimmt. Für solche Unternehmen sollte es eine schwarze Liste geben. Die sollten keine Kunden bekommen.
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#7
Man sollte auch hier nicht vorschnell urteilen, sondern differenzieren. Land produziert nicht einfach so, frei nach dem Motto, jetzt kaufe ich mir ein Stück Land in Brasilien und dann sehe ich vom fernen Europa aus zu, was da wächst. Es muß ständig (!) jemand da sein, der es bearbeitet, sprich ein Bauer samt Helfern, die - je nach Zustand des Bodens und der Frucht, die angebaut wird - mindestens einmal wöchentlich, während der Ernte sogar tagtäglich von früh bis spät vor Ort sein und schuften müssen. Solange es sich bei diesen Bauern um einheimische Pächter handelt, die für ihre Arbeit einen (ortsgemäß?) gerechten Lohn erhalten und vom Auftraggeber auch die benötigten Arbeitsmittel (Maschinen, Bewässerung, geeignetes Saatgut etc.) gestellt bekommen, so daß sie vernünftige Arbeit leisten und sich und die Ihren davon ernähren können, ist da nichts dagegen zu sagen. Was anderes ist es, wenn den Einheimischen zusammen mit der Übernahme des Landes auch gleich die Fremdarbeiter vor die Nase gesetzt werden, wie es z. B. die Chinesen bei ihren Interessen in Afrika so gerne machen. Statt der (pauschal als faul deklarierten) Einheimischen werden da lieber gleich ein paar "fleißige" Inder oder Pakistani mitgeliefert.
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#8
Rao, kann es denn richtig sein, dass Leute, die "ihr" kleines Stück Land bewirtschaften und davon Leben dann von diesem Stückchen Land vertrieben werden, also ihrer Existenzgrundlage beraubt werden damit Konzerne und andere Länder dann ihr großes Geschäft machen?
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#9
Ich bin in meinem Post Nr. 7 von legal erworbenem Land ausgegangen. Das Problem ist, daß es in vielen Entwicklungsländern so etwas wie Grundbücher und andere "legale" Bescheinigungen, die beweisen, daß dem Bauern XY dieses Stückchen Land gehört, gar nicht existieren. Dann kann logischerweise jeder dahergehen und sagen, XY und seine ganzen Nachbarn sitzen illegal auf dem Land (das sie vielleicht tatsächlich mehr oder weniger illegal aus einem Stück Urwald gerodet haben...) und die Firma Z übernimmt jetzt kurzerhand alles - und ohne Entschädigung selbstverständlich. Bei uns ginge sowas nicht, Grundbuch, Flurstücksverzeichnis & Co. sei Dank. Die so vielgehaßte Bürokratie bei uns ist halt hin und wieder auch die Waffe des kleinen Mannes...
Aber selbst China, das m.E. längst zu den Industriestaaten gehört und kein Entwicklungsland mehr ist, ist nicht in der Lage, die für Großvorhaben enteigneten Bauern angemessen zu entschädigen, durch Geld oder qualitätsgleiche Ersatzflächen (die für Bauern wichtiger wären als Geld), weil da sämtliche Entschädigungen "irgendwo unterwegs" in korrupten Taschen landen und die um alles betrogenen Bauern, wenn sie sich aufregen, ganz fix hinter Gittern landen. Typisch kommunistisches Bonzen- und Korrupti-Reich halt...
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#10
Auch bei uns ist Enteignung gängiges Rechtsmittel.

Woher sollen Ureinwohner, indigene Völker - die nicht mal über eine Schrift verfügen -, Dokumente bzw. ihre Besitzansprüche beweisen können? Manche Dorfgemeinschaften werden oftmals einfach von ihrem Land vertrieben, wobei vor Gewalt nicht zurückgeschreckt wird. Und warum? Weil die 1. Welt Rohstoffe braucht, zum Beispiel Palmöl. Unsere Zivilisation ist das Problem, wir schaffen Probleme...
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#11
"Bei uns" sind der Enteignung strenge Grenzen gesetzt. Schließlich ist das Recht auf Eigentum sogar im Grundgesetz festgeschrieben (etwas, was es in einer Reihe von Ländern nicht gibt - insbesondere in kommunistischen, wo ja angeblich jedem alles gehört...). Falls doch eine Enteignung im Raum steht, hat jeder die Möglichkeit, sich dagegen zu wehren (das fängt eben schon beim Grundbucheintrag an, der deutlich sagt, daß dieses Grundstück dem XY gehört und eben nicht dem Staat oder der Firma Z, geht weiter zur Möglichkeit eines ordentlichen Klageverfahrens...), und wenn sich dann doch das Recht der Allgemeinheit bzw. die Interessen einer Firma als stärker herausstellt, muß eine entsprechende Entschädigung gestellt werden, die - wichtig - auch beim richtigen Empfänger ankommen muß. Die meisten "gütlichen Einigungen" zu Enteignungsverfahren, von denen ich so gehört habe, scheitern nicht an der Widerrechtlichkeit der "fiesen" Parteien, die sich das Land unter den Nagel reißen wollen, sondern mehr daran, daß die Noch-Besitzer schlicht den Hals nicht vollkriegen können... (Millionenentschädigungen für ein paar Quadratmeter? Das gibt´s nicht mal im Stadtgebiet von Tokio, geschweige denn für eine Umgehungsstraße einer durchschnittlichen Kleinstadt in Deutschland...)
Genau das Problem der nichtvorhandenen Schrift/nichtvorhandener Dokumente ist es, das Ureinwohner ins Abseits stellt. Unter Ureinwohnern gelten mündliche Überlieferungen, mündliche Vereinbarungen, aber nach westlichem Recht ist halt nur was wert, was auch festgeschrieben und amtlich gestempelt ist... übrigens hat man dieses Problem mittlerweile erkannt und geht allmählich dagegen an. Z. B. indem in Afrika und Asien die (bisher weitgehend rechtlose) Landbevölkerung überhaupt in ihrer "Existenz" (!) bestätigt wird, indem man den Leuten Geburtsurkunden (sehr wichtig!!!!!!) erteilt. Oder eben durch schriftliche und amtliche Festlegung der bisher nur mündlich beurkundeten Besitzansprüche für Land und andere Rechte.
Aber das dauert natürlich. Die Erde ist nun mal verdammt groß, und Wüsten, Steppen, Urwälder sind bis heute weitgehend rechtsfreie Räume...
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#12
Die U.S. Amerikaner haben die größte Landfläche von den "Indianern" "gepachtet".
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#13
Da hast Du wohl Rech, da war in der Vergangenheit auch grobes Unrecht im Spiel.
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#14
Unrecht, das aus einem groben Mißverständnis entstand, was Landbesitz angeht. Ureinwohner (nicht nur die amerikanischen Indianer) kennen oft keinen festen Landbesitz im Sinne von "die fünf Quadratmeter rechts von der großen Palme und links vom Felsen gehören mir". Land wird nur vorübergehend genutzt (kein Wunder, ist ja in der Regel dünn besiedelt und deshalb genug davon da - wenn man hier nicht mehr glücklich wird, zieht man einfach anderswohin um) und gilt deshalb als Allgemeingut, auf das keine individuellen Besitzurkunden ausgestellt werden können. Deshalb war es so einfach, die Indianer (und nicht nur die) um ihr Land zu betrügen, sie verstanden oft nicht einmal, was die Urkunden der Weißen eigentlich bedeuteten.
Da dieses Verständnis von Land als frei verfügbarem Allgemeingut eigentlich überall mit dem anderen Verständnis von Land als festem (Familien-) Eigentum aufeinanderprallt, wo Nomadenvölker auf seßhafte Völker treffen, gab und gibt es diese Probleme eigentlich überall auf der Welt, in Afrika, Australien, Amerika und sogar in Europa (man denke an die "Zigeuner" alias neudeutsch "Landfahrer"). Nur dort, wo Landeigentum schon sehr, sehr lange eingeführt ist und schon lange kein "freies" Land mehr zur Verfügung steht (was identisch ist mit dicht besiedelten Gebieten, wie die meisten heutigen Länder Europas), gibt es diese Probleme nicht mehr - mangels "Nomaden". Zigeuner könn(t)en heute immer noch wandern, aber es ist ihnen klar, daß jedes Stück Erde, auf dem sie sich niederlassen, jemand anderen gehört. Rechtliche Freiräume gibt´s hier nicht mehr.
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#15
(25-08-2011, 17:10)Rao schrieb: Deshalb war es so einfach, die Indianer (und nicht nur die) um ihr Land zu betrügen, sie verstanden oft nicht einmal, was die Urkunden der Weißen eigentlich bedeuteten.
Wenn keiner lesen und schreiben kann ist es eben leicht sich Besitzurkunden auszustellen.

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