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Ist die Welt aus einem Nichts entstanden?
#1
Vor geraumer Zeit habe ich ein Büchlein zur Hand genommen, das lange Jahre unbeachtet in meiner Bibliothek gestanden hat. Es heißt "Die Herkunft der Sterne" und wurde 1947 (!) von einem Physiker namens Pascual Jordan geschrieben.

Ein Absatz hat mich aufmerken lassen.

P. Jordan schreibt:

Die Summe der Einzelenergien aller Elementarteilchen ist größenordnungsmäßig gleich dem Betrage ihrer wechselseitigen Gravitationsenergie; und es liegt nahe diese empirische Größenordnungsgleichheit hypothetisch zu verschärfen zu der Annahme einer Gesamtenergie Null für das Weltall.

Ist es denkbar, dass die Welt – auf welche Weise immer - aus einem Nichts entstanden ist?
MfG B.
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#2
Hallo Bion und alle Mitleser!
Pascual Jordan ist unter Fachkollegen ein sehr bekannter Physiker (Professor in Rostock, Berlin und Hamburg; er hat mit M. Born und W. Heisenberg die so genannte "Matrizenmechanik", eine Rechenmethode der Quantenphysik, entwickelt, Naturphilosoph, Vertreter einer positivistischen Erkenntnistheorie). Die von Bion zitierte Aussage ist bekannt, aber eben auch umstritten. Namentlich in neuerer Zeit käme das angegebene Gleichgewicht nicht mehr hin, weil wir (durch unsere Astrophysiker) inzwischen wissen, dass die gewöhnliche Materie bei weitem nicht alles ist, was im Kosmos etwas wiegt.
(11-06-2011, 18:42)Bion schrieb: Ist es denkbar, dass die Welt – auf welche Weise immer - aus einem Nichts entstanden ist?
Gleichwohl kann unsere Welt auf einem Ungleichgewicht beruhen, das sich allmählich "verbraucht" zu einem Zustand, in dem es bestenfalls noch einige Fluktuationen im Sinne von kurzzeitig entstehenden und wieder vergehenden Teilchen oder Strahlungsquanten gibt. Wenn es keine weit reichenden Informationsflüsse mehr gibt, dann "sieht" und "spürt" ein möglicher Beobachter nichts mehr, was wie Raum, Materie oder Strahlung "aussieht" und mit dem man Zeit messen könnte (Ende der Zeit).

Denkbare Endszenarien sind in dem wissenschaftlichen Artikel "Das Ende der Zeit" in Spektrum der Wissenschaft in diesem Jahr genauer beschrieben (Spektrum, Mai 2011, S. 36-44, *www.spektrum.de/artikel/1067443).

Worauf ich hinaus will: Wenn es zu einem solchen Ausgleich hin zu einem 0-Zustand kommen kann, dann war vor unserer Zeit ein (zeitloser) 0-Zustand dieser Art vorhanden, der sich auf eine uns unbekannte Weise in einen extrem gespannten Ungleichgewichtszustand aufgespalten hat - möglicherweise durch eine dimensionale Auftrennung (Explosion) eines höherdimensionalen Raumes, dessen einer Teil unser Raumzeitkontinuum ist.

Diese Überlegungen haben insofern Charme, als der zweite Hauptsatz der Wärmelehre in dieser Situation nicht gilt (kein Zeitablauf). Es mag zwar beliebig unwahrscheinlich sein, dass die genannten Fluktuationen sich ausrichten und auftrennen. Aber es gibt ja keine Zeit in unserem Sinne. Was möglich ist, z. B. Entrollen von kleinen Raumdimensionen, Vereinigung derselben geschieht - in unserem Sinne "irgendwann in dieser Ewigkeit".

Langer Rede Sinn: Ja.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#3
Vielen Dank für die Erläuterungen!
MfG B.
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#4
Anmerkung:
In manchen Religionen geht man von zyklischen Schöpfungen seit ewigen Zeiten aus. Das ist im vorgenannten Sinne sowohl richtig als auch falsch.

Unsere Vorstellung streikt einfach, wenn von einem Zustand ohne Zeitablauf die Rede ist.
Wenn unser Welt aus einem zeitlosen 0-Zustand entsteht und schließlich wieder darin versinkt, dann handelt es sich um einen vollkommen äquivalenten Vorgang. Denn es gibt durch diesen 0-Zustand hindurch keinen Informationsfluss, weil dieser eng mit der Zeit verbunden ist. Der 0-Zustand ist also dadurch gekennzeichnet, dass er keine Informationen preisgibt, also weder ob sich da etwas wiederholt noch dessen Gegenteil.

Wir haben einfach für solche Vorgänge an den extremen Nahtstellen unserer Welt keine geeigneten Denkwerkzeuge. Mathematische Formeln oder Worte tragen immer eine Zeitstruktur in sich in etwa so, wie man sie liest.
Die von mir beschriebenen "Zyklen" sind aber vollkommen ununterscheidbar, weil die Natur uns die Informationen über diese Zyklen vorenthält.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#5
Ich lese zeitweise gerne von solchen Dingen. Übertrieben wäre es zu behaupten, all das auch zu verstehen.

In Erstaunen versetzte mich allerdings, dass die Idee vom zeitlosen Raum, der durch Quantenfluktuation den Übergang zu einem Kosmos mit Zeit- und Raumdimension erfährt (Hawking), bei Jordan offenbar schon vorhanden gewesen sein musste?
MfG B.
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#6
Nun ja, Jordan war einer der Entwickler der Quantentheorie. Nachdem man dieses Werkzeug einmal hatte, wurden die philosophischen (und religiösen) Implikationen natürlich unter dem neuen Blickwinkel auch neu gestellt.

Die Denkprobleme mit zeitlosen Strukturen finden sich im Übrigen schon bei Kant. Und wirklich überwinden kann man sie wahrscheinlich nicht - zumindest noch nicht (solange keine zeitfreien mathematisch-physikalischen Strukturen vorliegen. Von deren Entwicklung war in dem zitierten Artikel die Rede. Mir sind allerdings keine bekannt, oder ich habe sie nicht verstanden.)
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#7
Mir ist dazu folgender Gedanke gekommen: Zeit ist ja durch den Menschen erst definiert(im Sinne von messbar), d.h wir kategorisieren "Zeit" zu einem linearen Gebilde mit messbaren Einheiten,...Zeit wird als Konstante betrachtet, gemessen, bzw hergeleitet von der Konstante der Lichtgeschwindigkeit,..nach neusten Forschungen ist ebendiese aber nicht unbedingt konstant,..ergo ist Zeit auch keine unverrückbare Konstante,..wenn man von Hawkins Theorie der Paralleluniversen ausgeht, so könnte es ebenso Parallelzeiten geben,..
dies nur als kleiner Einwurf,...

Allein die Fragestellung des Threads wirft einige Fragen auf: zB Wie definieren wir das Nichts? Nach Westlicher Betrachtungsweise oder als "Nirwana" der östlichen Sichtweise?
Aut viam inveniam aut faciam
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#8
Weiterführend kann man also auch die Frge aufwerfen, ob es nur einh Nichts gibt, oder, anbetrachts der Paralleltheorie, auch "parallelnichts",...so gesehen würden wir uns ei dieser diskussion erst mal um eine Definition zu bemühen haben, um über die definierten Parameter diskutieren zu können ;)
Aut viam inveniam aut faciam
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#9
Null ist eine göttliche Zahl. Der Mann könnte recht haben.

Theodora
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#10
(12-06-2011, 11:12)d.n. schrieb: Mir ist dazu folgender Gedanke gekommen: Zeit ist ja durch den Menschen erst definiert(im Sinne von messbar)
Nach neuester Lesart "beobachten" (oder messen) sich die verschiedenen Teilsysteme unserer Welt gegenseitig. Das gilt auch für quantenphysikalische Systeme, deren Mischzustände allein schon dadurch "zerfallen", dass sie an Felder ihrer Umgebung koppeln und wenn es nur das Gravitationsfeld ist.

(12-06-2011, 11:12)d.n. schrieb: Allein die Fragestellung des Threads wirft einige Fragen auf: zB Wie definieren wir das Nichts? Nach Westlicher Betrachtungsweise oder als "Nirwana" der östlichen Sichtweise?
Der von mir zitierte 0-Zustand ist dadurch gekennzeichnet, dass die in Fluktuationen entstehenden (und nach einer Eigenzeit wieder zerfallenden) Subsysteme (Quanten) nichts finden, das ihre Eigenzeit zu messen im Stande ist. Im weitesten Sinne braucht es periodische Strukturen z. B. rotierende oder schwingende Ladungen oder Wechselfelder, die sich innerhalb eines nicht allzu großen (momentanten) Abstandes befinden.

Das (physikalische) Nichts ist also durch Fluktuationen gekennzeichnet, die lokal eine "flüchtige Welt" darstellen und wieder vergehen. Spekulieren wir mal weiter: Wir leben (wahrscheinlich) in einer solchen Fluktuation, die für uns (im Inneren) messbare Ausdehnung hat.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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