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Der Koran als Quelle frühislamischer Geschichte
#61
(03-01-2011, 10:57)Vitoria schrieb: ..., wenn ich den Koran als Quelle frühislamischer Geschichte statt als sogenannte Heilige Schrift betrachte. Beides zugleich ist ja wohl kaum möglich.

Stimmt! Beides ist nicht möglich.

Die Erwartung, dass ein Muslim mit festem Glauben meinen Ausführungen zustimmend Beifall zollt, habe ich nicht.

Muslime sehen im Koran das ewige Buch göttlicher Rede. Es ist für sie "übergeschichtlich", und zwar nicht nur teilweise, sondern in vollem Umfang.

Für mich ist der Koran ein historisches Dokument, das kritisch zu lesen ist.
MfG B.
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#62
Vitoria schrieb:Gut. Dann sind ja zur Bewertung der ewiggültigen Aussagen des Korans derartige Aussagen in selbigem überflüssig und können eliminiert werden.

Wenn man alles aus heiligen Texten eliminieren würde, was historisch-kritischer Betrachtung nicht standhält, blieben recht dünne Büchlein übrig.

Vitoria schrieb:Das betrifft dann folgerichtig auch alle weiteren situationsgebundenen Aussagen. Das ist sehr praktisch, denn dann bleibt außer falsch verstandenen oder von Sektierern mitgeteilten biblischen Geschichten nicht mehr viel übrig. Was mir da spontan einfällt, ist das Paradies für die Gläubigen, die Hölle für die Ungläubigen ... und dann muss ich lange suchen.

Wie uns hier schon oftmals vorgeführt wurde, sind in der Vorstellungswelt mancher Menschen Paradies und Hölle existent.

Vitoria schrieb:Das kann's ja nicht sein, wenn ich den muslimischen Anspruch zugrunde lege, der Koran sei ewiges unerschaffenes (also bereits vor der Zeit der Anlässe der Herabsendung der Verse existentes) Gotteswort. Welch ein Widerspruch: Situationsgebundenheit und Präexistenz!

Nun, für (islamische) Theologen ist der Koran Gotteswort, wobei sie sich nicht einig sind, ob geschaffen oder ungeschaffen.

Für Historiker ist er Quelle für geschichtliche Betrachtungen.

Vitoria schrieb:Wenn ich den Koran allein als Geschichtsbuch betrachten soll, worin mir so gut wie kein Muslim folgen würde, dann ist er m.E. keine besonders vertrauenswürdige Quelle.

Ein Muslim sieht den Koran nicht als Geschichtsbuch. Ich übrigens auch nicht, sondern als Quelle, die kritisch zu hinterfragen ist.

Anna4 schrieb:Selbst wenn ich dies nicht unterstelle, dann dürfte doch von einem Muslim nicht betritten werden, daß Prophet in jeder Lebenslage Vorbild für die eigene Lebensführung ist.

Warum sollte ein Muslim das bestreiten?

Anna4 schrieb:Streitet man das allerdings ab, dann ist auch das islamische Glaubensbekenntnis "Ich bezeuge, dass es keine Gottheit außer Gott gibt und dass Mohammed der Gesandte Gottes ist.“ Ausgehebelt.

Ich streite gar nichts ab, sondern stelle Überlegungen zur frühislamischen Geschichte an. Für mich (als Agnostiker) ist Mohammed soviel "Gesandter Gottes" wie Jesus "Gottes Sohn" ist.

Anna4 schrieb:Kann jemand der Gesandte Gottes, das Siegel der Propheten sein, wenn nicht seinen (auch den außerkoranisch bezeugten) Worten und Handlungen (Sunna) exemplarische Bedeutung zukommt?

Ich gehe an solche Dinge als agnostischer Historiker heran und nicht als muslimischer Theologe.
MfG B.
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#63
(02-01-2011, 23:52)anna4 schrieb: Wer den Islam nicht annimmt, hat mit Krieg oder Erpressung zu rechnen.
Suren 22, 48 und 9.


Hm, in Sure 22 steht z.B. :

"Die Erlaubnis (, sich zu verteidigen,) ist denen gegeben, die bekämpft werden, weil ihnen Unrecht geschah - und Allah hat wahrlich die Macht, ihnen zu helfen - ,
jenen, die schuldlos aus ihren Häusern vertrieben wurden, nur weil sie sagten: "Unser Herr ist Allah." Und wenn Allah nicht die einen Menschen durch die anderen zurückgehalten hätte, so wären gewiß Klausen, Kirchen, Synagogen und Moscheen, in denen der Name Allahs oft genannt wird, niedergerissen worden. Und Allah wird sicher dem beistehen, der Ihm beisteht. Allah ist wahrlich Allmächtig, Erhaben. (22/39-40)"



Einem jeden Volke haben Wir Andachtsriten gegeben, die sie befolgen; sie sollen daher nicht mit dir über diese Sache streiten; sondern rufe (du sie) zu deinem Herrn. Wahrlich, du folgst der rechten Führung.
"Wenn sie jedoch mit dir hierüber streiten, so sprich: ""Allah weiß am besten, was ihr tut."
"Allah wird zwischen euch am Tage der Auferstehung über das richten, worüber ihr uneinig waret.""" (22/67-69)



Aber wie Bion angemerkt hat : Das geht schon von Thema frühislamische Geschichte weg.
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#64
(03-01-2011, 18:32)Bion schrieb: Wenn man alles aus heiligen Texten eliminieren würde, was historisch-kritischer Betrachtung nicht standhält, blieben recht dünne Büchlein übrig.

Und der Koran wäre besonders dünn, weil ja die vielen Wiederholungen ebenfalls wegfielen.

Bion schrieb:
Vitoria schrieb:Das betrifft dann folgerichtig auch alle weiteren situationsgebundenen Aussagen. Das ist sehr praktisch, denn dann bleibt außer falsch verstandenen oder von Sektierern mitgeteilten biblischen Geschichten nicht mehr viel übrig. Was mir da spontan einfällt, ist das Paradies für die Gläubigen, die Hölle für die Ungläubigen ... und dann muss ich lange suchen.

Wie uns hier schon oftmals vorgeführt wurde, sind in der Vorstellungswelt mancher Menschen Paradies und Hölle existent.

Sicher. Der Akzent lag aber auf dem "lange suchen".

Bion schrieb:Nun, für (islamische) Theologen ist der Koran Gotteswort, wobei sie sich nicht einig sind, ob geschaffen oder ungeschaffen.

Hm - ich dachte, die Frage sei mit der Niederlage der Mutazila erledigt?

Bion schrieb:Für Historiker ist er Quelle für geschichtliche Betrachtungen.

Nach meinem Eindruck eher nicht. Er gibt historisch einfach nicht genug her, da sind Sira und Hadith und weitere Quellen einfach ergiebiger.

Oder meinst Du speziell Religionshistoriker? Da würde ich Dir zustimmen.

Bion schrieb:
Vitoria schrieb:Wenn ich den Koran allein als Geschichtsbuch betrachten soll, worin mir so gut wie kein Muslim folgen würde, dann ist er m.E. keine besonders vertrauenswürdige Quelle.

Ein Muslim sieht den Koran nicht als Geschichtsbuch. Ich übrigens auch nicht, sondern als Quelle, die kritisch zu hinterfragen ist.

Ich weiß, dass ein Muslim den Koran nicht als Geschichtsbuch sieht, habe ich ja gesagt.
Ich sehe den Koran auch als kritisch zu hinterfragende Quelle, aber lediglich als religionshistorische und literarische. Für die Verlaufsgeschichte gibt er ja nicht besonders viel her.

Mir scheint, im Grunde haben wir keine Differenzen (wie langweilig!).

Der Unterschied ist lediglich, dass ich bei der Beschäftigung mit dem Koran immer zwei unterschiedliche Herangehensweisen im Auge habe: die westlich-kritische und die muslimisch-religiöse.

Dir geht es hier also allein um die westliche. Um weiteren Missverständnissen vorzubeugen: Worum genau geht es Dir? Um die religiösen Aussagen unter Berücksichtigung ihrer Anlässe sowie ihre historische Auswirkung (oder das Ausbleiben derselben)? Oder um die historischen Gegebenheiten, auf welche die einzelnen Verse sich beziehen, um ein Bild vom Ereignisablauf zu bekommen? (Das haben aber ja andere schon längst geleistet.)


Bion, die folgenden Zitate sind nicht von mir, sondern von @anna4!

Vitoria schrieb:Selbst wenn ich dies nicht unterstelle, dann dürfte doch von einem Muslim nicht betritten werden, daß Prophet in jeder Lebenslage Vorbild für die eigene Lebensführung ist.

Warum sollte ein Muslim das bestreiten?

Vitoria schrieb:Streitet man das allerdings ab, dann ist auch das islamische Glaubensbekenntnis "Ich bezeuge, dass es keine Gottheit außer Gott gibt und dass Mohammed der Gesandte Gottes ist.“ Ausgehebelt.

Ich streite gar nichts ab, sondern stelle Überlegungen zur frühislamischen Geschichte an. Für mich (als Agnostiker) ist Mohammed soviel "Gesandter Gottes" wie Jesus "Gottes Sohn" ist.

Vitoria schrieb:Kann jemand der Gesandte Gottes, das Siegel der Propheten sein, wenn nicht seinen (auch den außerkoranisch bezeugten) Worten und Handlungen (Sunna) exemplarische Bedeutung zukommt?

Ich gehe an solche Dinge als agnostischer Historiker heran und nicht als muslimischer Theologe.
[/quote]
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#65
(04-01-2011, 00:29)Vitoria schrieb:
Bion schrieb:Nun, für (islamische) Theologen ist der Koran Gotteswort, wobei sie sich nicht einig sind, ob geschaffen oder ungeschaffen.

Hm - ich dachte, die Frage sei mit der Niederlage der Mutazila erledigt?

Mit der dogmatischen Annahme, dass der Koran erschaffen sei, war es, nachdem sich Al-Asch'arî durchgesetzt hatte, vorbei. Heute ist weitgehend verbindliche Lehre, dass der Koran unerschaffen, wohlverwahrte Tafel und ewig sei. (Wobei auch hierzu Fragen aufgeworfen werden, beispielsweise, ob der Koran gleichermaßen ewig wie Gott ist (?) oder vielleicht doch nicht ganz so ewig.Icon_smile)

In Aufsätzen muslimischer Theologen kann man allerdings immer wieder die Frage antreffen, ob eine solche Annahme zu halten sei, und zwar insbesondere dann, wenn man gewillt ist, den Versuch zu wagen, die koranischen Texte historisch-kritisch zu befragen.

Zum Beispiel: Burhanettin Tatar, Das Problem der Koranauslegung, in: Alter Text – neuer Kontext, Herder 2006

Vitoria schrieb:Bion, die folgenden Zitate sind nicht von mir, sondern von @anna4!

Entschuldigung. Ich habe das in meinem Text richtig gestellt!

Vitoria schrieb:Dir geht es hier also allein um die westliche. Um weiteren Missverständnissen vorzubeugen: Worum genau geht es Dir? Um die religiösen Aussagen unter Berücksichtigung ihrer Anlässe sowie ihre historische Auswirkung (oder das Ausbleiben derselben)? Oder um die historischen Gegebenheiten, auf welche die einzelnen Verse sich beziehen, um ein Bild vom Ereignisablauf zu bekommen? (Das haben aber ja andere schon längst geleistet.)

Ich bewege mich damit nicht in meinem Fachgebiet und referiere daher zum guten Teil das, was andere geleistet haben.
MfG B.
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