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Umgang der Bahais mit Kritik
#1
Ein paar Worte zu Schaefers u.a. Desinformation als Methode.

Bezeichnend ist Schaefers vorsorgliche Anmerkung im Vorwort:

U. Schaefer schrieb:Wer ein solches (Mach-)Werk in die Welt setzt, sollte sich über Polemik nicht beklagen.

Schaefer hält Wort.

Der nahezu 700-Seiten-Wälzer ist voll von Polemik gegen den missliebig gewordenen, ehemaligen Weggefährten. Dabei bekommen auch Unbeteiligte wie der Geheimrat Goethe, K. H. Deschner, E. Drewermann, U. Ranke-Heinemann, der Wiener Journalist A. Worm, etc. ihren Rüffel ab.

Ganz besonders scheint die Bahais der Vorwurf zu kränken, sich mit System opportunistisch zu geben, wenn sie in Gesellschaften missionieren, die an den in heiligen Bahai-Texten vorgegebenen Verhaltensmustern, würden ihnen diese "im Original" unterbreitet, Anstoß nehmen müssten.

Daher hat Schaefer, dem Vorwurf Ficicchias, das Bahaitum sei geprägt von einem Hang zum Opportunismus, besonders breiten Raum eingeräumt, allerdings ohne diesen Verdacht nachvollziehbar entkräften zu können.
MfG B.
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#2
Als einzigster Baha'i hier - stell' ich mich der Kritik gerne. Ich hab' zwar 'grad zufälligerweise die "desinformation als Methode" griffbereit neben meinem Monitor liegen - aber wie Bion schon richtig angemerkt hat, sind das 700 Seiten. Ich möchte der Verständlichkeit halber darum bitten, Zitatemit Seitenangabe aus dem Buch zu posten.

Zunächst: Nicht nur Dr. Udo Schaefer hat an dem Buch mitgewirkt, sondern auch Dr. Nicola Towfigh und Ulrich Gollmer. Zwar hat jeder der drei Autoren einzelne Kapitel verfasst und sich auf je einen einzelnen Schwerpunkt konzentriert, jedoch haben die Autoren meines Wissens nach "gegenseitig Korrektur gelesen", sich gegenseitig ergänzt.

Die Geschichte, die zum Entstehen dieses Buches führte, ist voll von Missverständnissen - auf Seiten F. Ficiccia's, der mit seinem Buch "Baha'ismus - eine Monographie" den Anstoss zur "Desinformation als Methode" gab ebenso, wie auf Seiten der Autoren der "Desinformation" und der Baha'i-Instutionen, die dieses Buch "in Auftrag gaben". Rückblickend - man hätte sowohl auf Seiten Ficiccia's, als auch auf Seiten des "Universalen Hauses der Gerechtigkeit" und des "Nationalen Geistigen Rates der Baha'i in der Schweiz" einiges anders machen sollen - und es wäre nicht zu einem solchen Eklat gekommen.
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#3
(sorry, wurde gerade unterbrochen...)

Wesentliche Grundlage des Konflikts zwischen dem "Baha'ismus" und der "Desinformation" ist die Frage des Quellenstudiums. Ficiccia hält die überlieferten Ausführungen der "Azali" für glaubhafter als die ebenso überlieferten Ausführungen Baha'u'llah's. Das kann man natürlich machen - letztlich lässt sich aber die Stichhaltigkeit der Aussagen Mirza Yaha's oder die Baha'u'llah's aus dem Quellenstudium der Babi-, Baha'i- und Azali-Schriften alleine nicht wissenschaftlich "beweisen". Welcher Richtung des frühen Glaubens man letztlich folgt - ist Glaubenssache.

Gerade in dieser Frühzeit der Baha'i-Religion gab es eine Menge an hässlicher Auseinandersetzungen. Innerhalb der "offiziellen" Baha'i-Geschichte kommt die Anhängerschaft Mirza Yaha's dabei "nicht gut weg"; der frühen Geschichtsschreibung aus der Baha'i-Welkt heraus - Stichwort: "Nabil's Bericht, Band I (deutsch/englisch) und II (englisch)" kann auch der Baha'i entnehmen, dass die "Azali" ebensowenig an Baha'u'llah und dessen Anhänger "ein gutes Haar gelassen haben". Die gegenseitigen Vorwürfe und Anfeindungen der Anhänger beider Richtungen sind menschlich verständlich, taugen aber keineswegs als religionswissenschaftlicher Beweis der Richtigkeit oder Falschheit eines Anspruches.

Ficiccia bleibt den Beweis für eine mögliche Schriftmanipulation, Auslassungen oder Textänderungen (S.30, 31, DaM) schuldig - allerdings bleiben auch die Baha'i insgesamt den letztgültigen Beweis dafür, das es eben nicht zu Manipulationen gekommen sei, ebenfalls schuldig. Im Hinblick darauf, das beide Richtungen der Babi- und Baha'i-Religionen in ihrer Frühzeit buchstäblich "um's Überleben" kämpften, weniger wegen des internen Konfliktes, sondern wesentlich mehr durch die Bedrängung denen beide Gruppierungen durch die beherrschende Schicht des shiitischen Klerus ausgesetzt waren, ist es mehr als verständlich, wenn sie ihre kostbare Zeit nicht auch noch mit dem Abfassen gegenseitiger Streitschriften verbrachten.

Erst später, zum Zeitpunkt des Todes von Abdul'Baha (Sohn Baha'u'llah's, erster bevollmächtigter Ausleger der Schriften) kam die "Fälschungsthese" erneut auf. Abdul'Baha bevollmächtigte seinen Enkel Seine Arbeit weiter zu führen. Die Gegner des Glaubens hielten Shoghi Effendi für "zu jung, zu unreif" und missbilligten teilweise auch noch seine akademisch-westliche Bildung (Shoghi Effendi studierte Islamistik und Religionswissenschaft in Oxford, damals unter dem Oberbegriff Orientalistik zusammengefasst). Erst hier erfolgte erstmals in der Baha'i-Geschichte eine an wissenschaftliche Kriterien angelehnte Beweisführung für die Richtigkeit des "Wille und Testamentes" von Abdul'Baha.
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#4
t. logemann schrieb:Ich möchte der Verständlichkeit halber darum bitten, Zitatemit Seitenangabe aus dem Buch zu posten.

Auf den Vorwurf "Opportunismus als oberstes Prinzip des Bahaitums" geht Schaefer auf S. 30ff. (und im Verlauf seiner Ausführungen immer wieder) ein.

t. logemann schrieb:Zunächst: Nicht nur Dr. Udo Schaefer hat an dem Buch mitgewirkt, sondern auch Dr. Nicola Towfigh und Ulrich Gollmer.

Daher steht ja U. Schaefer u.a. (u.a. für: "und andere"). Bis zur Seite 317 zeichnet U. Schaefer verantwortlich.

t. logemann schrieb:Ficiccia bleibt den Beweis für eine mögliche Schriftmanipulation, Auslassungen oder Textänderungen (S.30, 31, DaM) schuldig - allerdings bleiben auch die Baha'i insgesamt den letztgültigen Beweis dafür, das es eben nicht zu Manipulationen gekommen sei, ebenfalls schuldig.

Eben!

Hingegen hält sich Herr Schaefer weder mit Polemik noch mit persönlichen Angriffen gegen Ficicchia zurück. Ließen Schaefer und Mitautoren die teils versteckt, teils offen vorgetragenen Bösartigkeiten weg, hätten sie das "Werk" erheblich schlanker fassen können.
MfG B.
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#5
Auch die Baha'i sind nur Menschen - und wenn man sich auf den Schlips getreten fühlt....

Bin mal gespannt, ob und was "meine lieben Freunde" hierzu sagen werden:

Die Krähen schrein und ziehen schwirrend Flugs zur Stadt:
Bald wird es schnein - Wohl dem, der jetzt noch - Heimat hat
Nun stehst du starr, schaust Rückwärts ach! Wie lange schon!
Was bist du Narr vor Winters in die Welt entflohn?
Die Welt - ein Tor zu tausend Wüsten stumm und kalt!
Wer das verlor, was du verlorst, macht nirgends halt
Nun stehst du bleich, zur Winter-Wanderschaft verflucht,
dem Rauche gleich, der stets nach kältern Himmeln sucht.
Flieg, Vogel, schnarr dein Lied im Wüstenvogel-Ton! -
Versteck du Narr, dein blutend Herz in Eis und Hohn!
Die Krähen schrein und ziehen schwirrend Flugs zur Stadt
Bald wird es schnein - weh dem, der keine Heimat hat!

-Friedrich Nietzsche-

Sehr geehrte Damen und Herren,
Liebe Freunde,

der liebevollen Art der Erklärung der Baha’i-Religion meiner geistigen Lehrer Kamran und Hossein Reyhani, Sohrab Foroughi, Martha Bauer, Heinrich Rückert und Karl Türke senior verdankte ich es im Jahr 1972 dass ich mich als Baha’i erklärte. Ich erneuerte diese Erklärung im Jahre 1974, gemäss den Baha’i-Statuten als Jugendlicher, und im Jahr 1979 als Erwachsener.

Und heute, durch körperliches Gebrechen geschwächt, geistig jedoch ungebrochen und erwartungsvoll dem Aufstieg meiner Seele in die unendlichen Welten Gottes entgegen sehend, muss ich Ihnen mitteilen, das ich nicht länger bereit bin ein willenloser Diener unter der Knute des Universalen Hauses der Gerechtigkeit zu sein.

Damit wir uns hier richtig verstehen: Ich bezeichne mich nach wie vor als Baha’i. Ich glaube nach wie vor dass die Weltordnung Baha’u’lla’s der einzigste gangbare Weg zum „Grössten Frieden“, zur Einheit der Menschheit ist. Ich bin nach wie vor der Ansicht, das Baha’u’llah der Verheissene aller Weltreligionen ist, das einzig Abdul’Baha und Shoghi Effendi die bevollmächtigten Ausleger der Heiligen Schriften waren. Aber ich bin nicht länger der Ansicht, dass das Universale Haus der Gerechtigkeit „Rechtsnachfolger“ Shoghi Effendi’s sei, das es den gleichen Stellenwert wie der Hüter selbst einnimmt.

Das Universale Haus der Gerechtigkeit hat in den letzten 25 Jahren zuviele Fehler gemacht, zuwenig Weitsicht gezeigt. Es hat den Gläubigen vorgespielt, dass der Prozess des „Geringeren Friedens“ in einem menschlich überschaubaren Maass bewältigt wird - übrig geblieben von dieser Illusion ist einzig und alleine ein sehr mühsames Zusammenwachsen der Europäischen Union, welches sich nach menschlichem Ermessen wohl noch über zwei Generationen hinziehen wird. Es hat als „Zwangsmassnahme“ das „Mutterbuch“, das „grösste und heiligste Offenbarungswerk Baha’u’llah’s, den Kitab-i-Aqdas“ verpflichtend in all seinen Bestimmungen in Kraft gesetzt, ohne dabei zu berücksichtigen das sowohl mangels Übersetzungskapazitäten, als auch mangels Kenntnisse der umfassenden Bedeutung des Kitab-iAqdas der überwiegenden Mehrzahl der Gläubigen als auch der überwiegenden Mehrzahl der am Glauben beteidigten Instutionen (Nationale Räte, lokale Räte, Ausschüsse und Beratergremien) es den Baha’i überhaupt nicht bewusst sein konnte, welche weitreichende - auch persönliche - Konsequenz sich daraus ergibt. Es hat dabei völlig ausser Acht gelassen, dass die realen Lebensumstände keineswegs einer Situation entsprechen, in der auch nur rudimentär die Vorschriften des Kitab-i-Aqdas in aller Konsequenz Anwendung finden können; es hat versucht dieses dadurch zu „kaschieren“, das es die Ruhi-Institutskurse danach und zuspät in’s Leben gerufen hat.

Das Universale Haus der Gerechtigkeit hat in einer Zeit in der schon alleine mangels überzeugter Weltbürger nicht mal daran zu denken ist, das wir einmal eine wahrhaft geeinte Welt erreichen können, sich die Kompetenz die es den Schriften nach in einer geeinten Welt unzweifelhaft hat, im Vorraus herausgenommen, um in einer nach heutigen Masstäben eher diktatorischen Art über die Handvoll ergebener Gläubiger zu bestimmnen. Ganz offenbar willig und kritiklos folgen die nationalen und lokalen Räte dieser „Regierungsform“, obwohl dem Wesen der Baha’i-Offenbarung jegliche bestimmende Diktatur, jeglicher Anflug von Theokratie oder gar Inquisition völlig fremd ist.

In der heutigen Zeit sind die Instutionen der Baha’i-Religion lediglich Verwaltungsinstrumente. Sie können, ja müssen sogar als „Ratgeber“ zur Auflösung und Vermeidung von Konflikten zwischen Glaubenswelt und säkularer Welt dienen. Sie sind aber keineswegs berechtigt in die persönliche Gewissensentscheidung des einzelnen Gläubigen einzugreifen, ihn wegen der Gewissensentscheidung zu diskreditieren, zu verunglimpfen oder gar auszustossen. Genau diese Linie aber verfolgt das Universale Haus der Gerechtigkeit seit nunmehr gut einem viertel Jahrhundert.

Als Baha’i bin ich nicht mehr dazu bereit, diese Linie „stillschweigend“ mitzutragen.

Mit freunlichen Grüssen

-Thomas Logemann-
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#6
Lieber Thomas,

Respekt für einen solchen Brief... Eusa_clap


zu diesem Nietzsche-Gedicht gibt es übrigens einen wenig bekannten zweiten Teil:

Daß Gott erbarm'!
Der meint, ich sehnte mich zurück
ins deutsche Warm,
ins dumpfe deutsche Stuben-Glück!

Mein Freund, was hier
mich hemmt und hält, ist dein Verstand,
Mitleid mit dir!
Mitleid mit deutschem Quer-Verstand!
() qilin
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#7
Ich schliesse mich qilin an. Icon_smile

() Tao-Ho
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#8
(03-11-2010, 13:49)t.logemann schrieb: Auch die Baha'i sind nur Menschen - und wenn man sich auf den Schlips getreten fühlt....

Bin mal gespannt, ob und was "meine lieben Freunde" hierzu sagen werden:

Ein Beitrag, Thomas Logemann, der mir gefällt.
MfG B.
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#9
Tja, Bion,

der Hintergrund der ganzen Sache - ich hat's hier glaube ich schon mal geschrieben, ist aber schon eine Zeit lang her - ist meine "nicht-authorisierte Heirat" einer Restfamilie, die konkret von Abschiebung bedroht war. Ich hab' mich drei Jahre lang mit den Verwaltungsgerichten 'rumgeschlagen (aus "Kostenvermeidungsgründen" dem Anwalt teilweise noch die Schriftsätze "vorgeschrieben", trotzdem hat's meine Ersparnisse aufgefressen), damit Frau und Kinder Aufenthalt bekommen und seinerzeit dem Nationalen Rat der Baha'i gesagt (sinngemäss): "Also Jungs und Mädchen, wenn die verwaltungsrechtliche Bewertung abgeschlossen ist und meine 'Frau' von meiner Religion 'begeistert' ist, dann holen wir die "Baha'i-Trauung" nach - vorläufig hab' ich den Kopf mit anderen Sachen voll"... Das hat den "Jungs und Mädchen" überhaupt nicht in den Kram gepasst - die haben mich, nachdem die Aufenthaltsituation meiner Frau und der vier Kinder endgültig geklärt war, sogar aufgefordert meinen Heiratsschritt hinsichtlich Mitmenschlichkeit "demütig zu bereuen" - da sind 'se bei mir an den "Richtigen" gekommen... Und nun versuchen sie seit etwa 10 Jahren mich "auszuschleusen"... was ihnen richtig schwer fällt, zumal nicht jeder Baha'i im deutsch- und englischsprachigen Raum die vorgebrachten Argumentationen mir gegenüber verstehen und nachvollziehen kann.

Bisher hab' ich mich immer noch zurückgehalten, habe auch gegenüber anderen Baha'i immer wieder darauf verwiesen, dass die Baha'i-Verwaltunggremien ja "wachsen, reifen" und mit der Zeit sich hier auch eine andere Sichtweise der Dinge durchsetzen wird. Nun sind aber - seit der absolutistisch geforderten "Prinzipientreue" durch das Universale Haus in Haifa - guit 25 Jahre in's Land gegangen, die Besetzungen der Instutionen haben - auch altersbedingt - gewechselt, die Fehler der "Bestimmungsdoktrin" sind offensichtlich - aber die bewegen sich kein Jota.
Die glauben "das Gesicht zu verlieren" wenn sie gemachte Fehler zugeben - stattdessen verlieren sie Gläubige an die sogenannten "Reform-Baha'i". Und anstatt sich damit auseinander zu setzen - "verordnen" sie das "Studium der Schriften", natürlich mit einem Kursprogramm dass so angelegt ist, das es die "Hörigkeit" gegenüber den Verwaltungsgremien geradezu herausfordert. Bei der Mehrheit der Baha'i klappt das - nur halt nicht bei allen...
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