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Religionskritisches
#1
ich weiss nicht, ob man solche themen hier diskutieren darf. ein derzeit nicht besonders beliebter mensch hat mal folgendes geschrieben. aus meiner sicht eine ziemlich richtige bestimmung der religion. meinungen?

"Das Fundament der irreligiösen Kritik ist: Der Mensch macht die Religion, die Religion macht nicht den Menschen. Und zwar ist die Religion das Selbstbewußtsein und das Selbstgefühl des Menschen, der sich selbst entweder noch nicht erworben oder schon wieder verloren hat. Aber der Mensch, das ist kein abstraktes, außer der Welt hockendes Wesen. Der Mensch, das ist die Welt des Menschen, Staat, Sozietät. Dieser Staat, diese Sozietät produzieren die Religion, ein verkehrtes Weltbewußtsein, weil sie eine verkehrte Welt sind. Die Religion ist die allgemeine Theorie dieser Welt, ihr enzyklopädisches Kompendium, ihre Logik in populärer Form, ihr spiritualistischer Point-d'honneur [Ehrenpunkt], ihr Enthusiasmus, ihre moralische Sanktion, ihre feierliche Ergänzung, ihr allgemeiner Trost- und Rechtfertigungsgrund. Sie ist die phantastische Verwirklichung des menschlichen Wesens, weil das menschliche Wesen keine wahre Wirklichkeit besitzt. Der Kampf gegen die Religion ist also mittelbar der Kampf gegen jene Welt, deren geistiges Aroma die Religion ist.

Das religiöse Elend ist in einem der Ausdruck des wirklichen Elendes und in einem die Protestation gegen das wirkliche Elend. Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volks.

Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks. Die Forderung, die Illusion über seinen Zustand aufzugeben, ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf. Die Kritik der Religion ist also im Keim die Kritik des Jammertales, dessen Heiligenschein die Religion ist.

Die Kritik hat die imaginären Blumen an der Kette zerpflückt, nicht damit der Mensch die phantasielose, trostlose Kette trage, sondern damit er die Kette abwerfe und die lebendige Blume breche. Die Kritik der Religion enttäuscht den Menschen, damit er denke, handle, seine Wirklichkeit gestalte wie ein enttäuschter, zu Verstand gekommener Mensch, damit er sich um sich selbst und damit um seine wirkliche Sonne bewege. Die Religion ist nur die illusorische Sonne, die sich um den Menschen bewegt, solange er sich nicht um sich selbst bewegt."
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#2
Die Kritik stammt von Karl Marx und ist im Netz leicht zu finden (vielleicht auch noch ausführlicher; ich hab nicht recherchiert!)
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#3
(12-08-2003, 11:08)Guest schrieb: "Sie [die Religion] ist die phantastische Verwirklichung des menschlichen Wesens, weil das menschliche Wesen
keine wahre Wirklichkeit besitzt."

Hier hat Marx einen Unsinn geschrieben.
In seiner Euphorie hat er viel geschrieben, es sprudelte aus ihm heraus.

Wie es aussieht, hat Marx hier leichtfertig etwas aufs Papier geschrieben und den Satz kein zweites Mal gelesen.

Marx streitet dem Menschen den Besitz der wahren Wirklichkeit ab.

Wer wäre dann (nach Marx) im Besitz der wahren Wirklichkeit ?
Die Tiere ?

Das ist ein Widerspruch, denn laut Marx sind ja auch die Menschen Tiere.

. . . .

Und wenn das "menschliche Wesen" keine wahre Wirklichkeit besitzt, dann besitzt auch Karl Marx keine wahre Wirklichkeit. Denn auch er war ein menschliches Wesen. Oder meinte er, etwas anderes zu sein ? Ein mal'ak ?
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#4
Hallo Sinai,
ich habe mir auf deinen Einwand hin den marxschen (Neben-) Satz nochmals durchgelesen. Danach entspricht dem menschlichen Wesen keine wahre Wirklichkeit. Du meinst, das sei Unsinn. Die Frage ist eben, was Karl Marx damit meinte. Er war Philosoph, daher kann ich mir nicht vorstellen, dass er solche Sätze ohne Bedacht hinschreibt, und dann auch noch stehen lässt.

M. E. liegt die Betonung auf Wesen, das die Anschauung des Menschen von sich selbst bedeutet. Der physische Mensch ist nach positivistischer Auffassung von "wahrer Wirklichkeit" umgeben, von der wir unsere Sinneseindrücke erhalten. Aber die Selbst-Anschauung, d. h. unsere Meinung über uns selbst, unser Wesen, ist durch alles Mögliche und nicht nur durch unsere Sinneseindrücke geprägt. Objektiv "wahr" wäre dieses Konglomerat von Erfahrenem und Gelerntem nur, wenn dieses Wesen immer und überall messbar und nicht von individuellen Erfahrungen beeinflusst wäre. Und das ist nicht der Fall.
Also hat das menschliche Wesen keine 'wahre Wirklichkeit' - im Sinne einer einheitlichen, wenigstens intersubjektiven Wirkung!

Dass von einer geistigen Welt ("jene Welt") die Rede ist, belegt der nachfolgende Satz von Marx: "Der Kampf gegen die Religion ist also mittelbar der Kampf gegen jene Welt, deren geistiges Aroma die Religion ist."
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#5
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#6
(24-09-2013, 16:15)Ekkard schrieb: Objektiv "wahr" wäre dieses Konglomerat von Erfahrenem und Gelerntem nur, wenn dieses Wesen immer und überall messbar und nicht von individuellen Erfahrungen beeinflusst wäre.

Hallo Ekkard,
Karl Marx war ein Gelehrter. Er verfügte über ein "Konglomerat von Erfahrenem und Gelerntem".

Wer kann sagen, daß sein Konglomerat "wahr" ist ?
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#7
Niemand! Nur, was er da schreibt, drückt eine (vielfach) bekannte Erfahrung aus. Mithin ist, was dort steht, "intersubjektiv" nachvollziehbar und plausibel. (Mehr natürlich nicht.)
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#8
(24-09-2013, 16:15)Ekkard schrieb: Dass von einer geistigen Welt ("jene Welt") die Rede ist, belegt der nachfolgende Satz von Marx: "Der Kampf gegen die Religion ist also mittelbar der Kampf gegen jene Welt, deren geistiges Aroma die Religion ist."

Jo, geistigen Genüssen auch nicht abgeneigt:
„nächtlichen Lärmens und Trunkenheit“ verurteilt wurde und gegen ihn wegen „Tragens eines Säbels“ ermittelt wurde. (wiki)
Man könnte ja auch noch anführen, das er Zeit seines Lebens seinen Sohn verleugnet hat.

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