(18-06-2010, 08:54)Ekkard schrieb: Als antike Glaubensquelle dürfte diese Art der Echtheit keine nennenswerte Rolle spielen. [...] Statt zweifelhafte Fragen nach der "Echtheit" zu stellen, sollten inhaltliche Fragen gestellt werden:
Bei Texten, die als Glaubensquelle dienen, ist es in der Tat unerheblich, wer sie verfasst hat. Von zehn Paulusbriefen abgesehen, sind, wie allgemein bekannt ist, keiner der Texte des NTs einer historisch fassbaren Person zuordenbar.
Allerdings bestehen insbesondere schriftorientiere Gläubige oft darauf, dass die Namen, die für Texte stehen, auch die tatsächlichen Verfasser benennen. Nur in diesem Sinne, das räume ich gerne ein, kann man die Texte als gefälscht bezeichnen, wobei der Fachterminus
Pseudepigraphen, wenn Namen auf historische Personen verweisen, die Sache besser trifft.
Ekkard schrieb:Immerhin wurde diese Quelle als hinreichend bedeutungsvoll erachtet, in die Schriftform des Neuen Testaments aufgenommen zu werden.
Natürlich. Der Brief gehört zum Kanon. Allerdings war er, bevor er kanonisch wurde, heftig umstritten.
Schon Origenes bezweifelte seine "Echtheit". Warum, das verrät er nicht. Deutlicher äußerte sich Eusebius. Er stellte unmissverständlich fest (Kirchengeschichte III, 3, 1), dass 2Petr
nicht zur Bibel gehöre. Er reiht den Brief unter die
"bestrittenen" ein (Kirchengeschichte III, 25, 3). Allerdings sagte Eusebius auch, dass der Brief
vielen als lehrreich erscheint. Didymus (der Blinde) bezeichnete den Brief als Fälschung. Und zwar aus inhaltlichen Gründen. Er meinte, seine kosmologischen Aussagen (3,5-7) würden über Jesus hinausgehen.
Nachdem das Konzil von Laodizea (360), Athanasius, Basilius d. Gr., Gregor von Nazianz, Cyrill v. Jerusalem und Epiphanius alle sieben katholischen Briefe als "echt" anerkannt hatten, setzte sich 2Petr (bis auf einen Teil der syrischen Kirche) im Osten durch. Nach dessen Anerkennung durch Hilarius, Ambrosius, Hieronymus und (den Spanier) Priscillian auch im Westen.
Ekkard schrieb:- Gibt es Unterschiede zu anderen Briefen
Nun, als herausragender Unterschied zu anderen Briefen des NTs fällt die schon im Präskript vorgestellte Vergöttlichung Jesu (1,1 …durch die Gerechtigkeit
unseres Gottes und Retters Jesus Christus) auf.
Formal ist der Brief paulinisch: 1,1f. Präskript, 1,3-11 Prooemium, 3,14-18 Postskript mit Mahnung und Segen.
Ekkard schrieb:- Widersprüche zu den Evangelien
Widersprüche zu den Evangelien sind mE nicht auszumachen.
Ekkard schrieb:- Ergänzungen z. B. die Frage nach "falschen Lehren"
Wer die "falschen Lehrer" gewesen sein könnten, lässt sich nur spekulativ beantworten. Solche werden, wie Helmut schon angemerkt hat, zB auch in 2Kor angesprochen. Wenn ich hinter diesen bei 2Petr (zumindest zum Teil) Gnostiker oder Pneumatiker vermutete, passt das bei 2Kor mit der Zeit des Entstehens des Textes nicht gut zusammen.
Ekkard schrieb:- besondere Vorstellungen vom Heilsweg
Interessant sind für mich die heilsökonomischen Vorgaben aus 1,3-4.
Die beiden Verse sind ein Satz. Dieser Satz benennt ein zweifaches Geschenk: alles, was zur christlichen Lebensführung dient (Vers 3), und die Verheißung der Heilsvollendung (Vers 4).
Die beiden Verse drücken sich in "griechischer Religiosität" aus. Es wird vom
Göttlichen (und nicht vom persönlichen Gott) gesprochen, von der
göttlichen Macht und vom
Teilhaben an der göttlichen Natur.
Ein nahezu stoisch-pantheistischer Gedanke.
Die in Aussicht gestellte Teilhabe am göttlichen Wesen (und an seinen Kräften), der Vergottung der menschlichen Seele also, das Erreichen einer gottähnlichen (gottgleichen?) Unvergänglichkeit, steht anstelle der urchristlichen Erwartung der künftigen Vollendung.
Jesus als epiphan gewordene göttliche Macht ist Garant für die Erfüllbarkeit der versprochenen Verheißungen.
Das, was den Brief darüber hinaus zum überwiegenden Teil ausmacht, die Verteidigung des Parusieglaubens also, ist nicht mehr aktuell. Bekannterweise hat die Parusie, die im 2. Jh von den Christengemeinden gläubig erwartet wurde, nicht stattgefunden.
MfG B.
MfG B.