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Wahrheit in der Mythologie ?
#1
Mythologische Geschichten werden oft gerne ins Reich der Phantasieerzählungen abgeschoben.
Auf der anderen Seite stehen religiöse Menschen, die in ihren Mythen nicht weniger als eine zutreffende Erklärung der Welt sehen.

Wie kann man da zusammenkommen ?

Der Philosoph Kurt Hübner stellt in seinem Werk "Die Wahrheit des Mythos" "den Mythos" der Wissenschaft gegenüber, und stellt fest, daß dieser ebenso wie die Wissenschaft ein Erfahrungssystem darstellt, das auf bestimmten Axiomen beruht.

Ich möchte das mal genauer betrachten.
Zuerst kommt man dabei nicht drumherum, über das Realitätsverständnis an sich zu sprechen.

Wir hatten das schon hier im Forum, deshalb in aller Kürze :

Im wissenschaftlichen Sinne wird von einer "objektiven" Realität ausgegangen und versucht, den Standpunkt einer dritten Person, also eines Beobachters von außen einzunehmen.

Im religiös/mythologischen Realitätsverständnis aber wird diese Position lediglich "Gott" oder irgendeiner "Überordnung" zugesprochen.
Ansonsten wird das persönliche Erleben des Menschen und seine subjektive Weltsicht ins Zentrum gerückt.
"Real" ist demnach das, was sich im Bewusstsein des Menschen abspielt.

Es geht in mythologischen Geschichten nicht darum, die "objektive" Realität zu vermitteln, sondern das persönliche Erleben des Menschen in bestimmten Situationen, Gefühlswelten, etc.

Dabei wird versucht, dieses Erleben mit Bildern und Symbolen zum Ausdruck zu bringen.

Hier erkenne ich einen wesentlichen Vorteil des mythologischen Weltbildes :
Es vermittelt auch emotionale Informationen, die den Empfänger nachfühlen lassen, worum es geht, und die in wissenschaftlichen Beschreibungen auf der Strecke bleiben.

Dafür fehlt hier natürlich die Objektivität und genaue Beobachtung der Wissenschaft.
Außerdem funktioniert es nur, wenn die Bilder und Symbole beim Empfänger verinnerlicht sind.

Wenn man etwa die Frage stellt, ob es die ganzen Götter aus Polytheismen gibt, so kann ich das nur bejahen.
Diese Götter existieren sehr wohl, nur eben nicht als prominente Personen, sondern als abstrakte Personifizierungen von als wirksam empfundenen Kräften und Prinzipien.
Götter stehen sowohl für Phänomene, die dem Menschen in der Natur begegnen als auch für sein inneres Empfinden und sind immer da vor Ort, wo entsprechendes stattfindet.

Den "einen Gott" sehe ich auch als solche Personifikation, vielleicht des unfassbaren "großen Ganzen da draußen".
Es hat nichts mit Physik zu tun, vermittelt aber menschliches Empfinden in dieser Welt, gibt ihm eine Rolle und ordnet ihn ein.

"Wahr" ist es deshalb, weil es im Bewusstsein ist, und mit den persönlichen Erfahrungen mit der Außenwelt in Einklang steht.

Eine Religion ist demnach ein Erfahrungs-und Symbolsystem, welches im Rahmen des obengenannten Realitätsverständnisses "Wahrheit" vermittelt.

Es ist etwas schwierig, das auszudrücken, deshalb ein Beispiel zum Realitätsverständnis:
Nehmen wir ein gesellschaftliches Ereignis, vielleicht ein Konzert, was ist da "Realität" und wie wird diese vermittelt ?

Aus naturwissenschaftlicher Sicht kommt es da zu physikalischen Vorgängen bei den Instrumenten, den Verstärkern, Lautsprechern, etc.
Außerdem sind bei den Menschen biologisch/chemische Abläufe festzustellen.

Aber ist das die Realität ?
Ich denke, daß niemand ein Konzert so beschreiben würde.
Vielmehr geht es um "das Empfinden". Plötzlich sind da "Götter" auf der Bühne, und es kommen einem allerlei Bilder in den Sinn.

Und um so eine Realität geht es im "Mythos".
So sind etwa Paradies und Hölle keine räumlich erreichbaren Orte, sondern Beschreibungen innerer Zustände.
Ebenso die bildlichen Beschreibungen von Dingen wie Hoffnung, Vertrauen, Angst, Glück,etc.

Bei "fremder" Mythologie kann man den Inhalt der Geschichte kaum verstehen, aber wenn man entsprechende Symbole verinnerlicht hat, so erfährt man direkt das Beschriebene.
Ich denke, daß menschliche Begegnungen mit Gott hier einzuordnen sind, und daß man sich auf diese Weise dem Religionsverständnis am ehesten nähern kann.
Zumindest mehr, als wenn man ständig nur versucht darzulegen, wie falsch doch die religiösen Geschichten in Sachen Wissenschaft liegen.
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#2
Danke, ich kann dieser Klarstellung "Mythologischer Wahrheit" eine ganze Menge abgewinnen! Vor allem scheint mir die narrative (erzählende) Form mythischer Geschichten wichtig. Der Mythos wird damit zu einer Parallelen der eigenen Erlebniswelt - vor allem auf dem Gebiet der Emotionen.

Es ist ganz klar, dass man bei "objektiven Sachberichten" zuerst deren Bedeutung (im eingenen Inneren) erzeugen muss, ehe man sie "versteht". So kommt es, dass man beispielweise quantenphysikalisch "nur noch rechnen" kann. Die Quantenphysik bleibt aber "unverstanden" (in einem emotionalen Sinn).
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#3
@melek
Interessanter Post. Deine Ansicht, dass es ein Fehler ist, die Religion aus wissenschaftlicher Sicht
mit Anspruch auf Objektivität in ihre Einzelteile zu zerlegen deckt sich mit der meinen.
Bei Deiner Betrachtungsweise mit dem Glauben als Guide durch die eigenen Gefühle dürfte so ein
Versuch (in der heutigen Zeit) auch ziemlich schwer fallen.
Das selbe gilt auch umgekehrt. Jeder Anspruch der Religion, eine durch Schöpfer erklärte,
"wissenschaftliche" Beschreibung der Welt abzugeben, geht an der Sache vorbei. Als Beispiele
seien hier die Schöpfungsgeschichte Genesis und das Weltbild mit der Erde im Zentrum zu nennen.

Wenn ich Dich richtig verstehe, beschreibst Du Götter also als nicht greifbare, seelische Zustände des
Menschen - also bestimmte Gefühlswelten. Und diese Beschreibung kann man nicht als falsch abhaken.
Ordnet man einem Gott, einer Religion, einem Glauben einer bestimmten, seelischen (besser: psychologischen,
die Existenz einer Seele halte ich für nicht erwiesen bis höchst unwahrscheinlich) Situation zu, so
erlangt man im besten Fall ein besseres Verständnis für die eigenen Gefühle oder zumindest Hilfe bei
der Aufgabe, diese einzuordnen. Eine objektive Beschreibung der Realität als für den Menschen nicht
möglich hinzustellen geht auch keineswegs an der Realität vorbei. Messdaten sind zwar objektiv,
nicht aber die Interpretation selbiger durch den subjektiven Menschen, der jeden Umweltreiz
der ihn erreicht automatisch im Gehirn nach Wichtigkeit bewertet und dementsprechend filtert. Dass in
der Wissenschaft dennoch brauchbare Ergebnisse für eine objektive Beschreibung der Welt entstehen
liegt weniger am subjektiven, fehlbaren Individuum sondern mehr am Prinzip der Wissenschaft selbst
(Try & Error, experimentelle Überprüfbarkeit von aufgestellten Theorien) und dem großen Kollektiv
an Wissenschaftlern aus verschiedensten Fachrichtungen und Ländern, das sich selbst kritisch beäugt
und überprüft.

Eine Interessante Darstellung der Mythologie.


@Ekkard
Die Quantenphysik ist nicht nur der Mathematik sondern auch Messungen zugänglich. Die dabei entdeckten
Effekte wirken sich zwar nicht direkt auf unsere Lebenswelt (Alltag) aus, weshalb Du mit deiner Aussage,
die Quantenphysik würde sich uns nur auf eine abstrakte Weise, nicht aber emotional, greifbar, erschliessen
richtig liegst. Allerdings wird schon heute weltweit ein Drittel des Umsatzes mit Produkten und Dienstleistungen
erwirtschaftet, bei denen quantenphysikalische Effekte berücksichtigt werden müssen. Das könnte
uns im Laufe der Jahrzehnte zu einem inneren Verständnis der Theorie führen (Auch wenn ein bekannter
Spruch lautet: "Wer behauptet, die Quantenphysik zu verstehen - der versteht sie nicht!")
Ein noch besseres Beispiel ist die Stringtheorie. Der Ansatz lässt hoffen, die Standardtheorien
der Physik inklusive Gravitation in einer Theorie zu vereinen. Allerdings sind Strings wirklich nur
mathematisch fassbar und werden uns nie vor die Augen kommen. Heutige Atomkraftmikroskope können die
Materie schon bis auf das Niveau einzelner Atome zerlegen und beschreiben. Schon diese einzelnen Atome
bestehen aus einem winzigen Atomkern und noch viel kleineren Elektronen, die in gewaltigem Abstand um
ersteren "kreisen". Welcher wiederum aus unfassbar kleinen Protonen und Neutronen besteht. Welche
wiederum aus Quarks bestehen... und so weiter. Die Stringtheorie versucht, bis auf die kleinste Ebene
allen Seins vorzudringen und die Existenz aller Materie mit winzigen Energiesträngen (=Strings) zu
erklären, deren unterschiedliche Schwingungen zur Existenz von verschiedenen Partikeln führt.
Die Theorie ist mathematisch berechenbar. Allerdings ist das Größenverhältnis eines solchen Strings
im Vergleich zum schon winzigen Atomkern das selbe, wie das Größenverhältnis eines einzelnen Atomkerns
zum gesamten Sonnensystem... im wahrsten Sinne des Wortes UNFASSBAR :bduh:

Abgeschweift... mal wieder... sorry... :tard:
Der Wissenschaftler denkt über seine Umwelt nach, entwirft eine Theorie die sie erklären soll, überprüft seine Theorie anhand von Experimenten an der Realität, verwirft sie wenn sie sich als falsch erweist und sucht nach einer besseren Erklärung.
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#4
(02-04-2010, 13:20)elwaps schrieb: Wenn ich Dich richtig verstehe, beschreibst Du Götter also als nicht greifbare, seelische Zustände des Menschen - also bestimmte Gefühlswelten.

Auch, aber nicht nur.
Es geht schon auch um die Dinge der Außenwelt, aber eben im Hinblick auf die direkte menschliche Erfahrung mit derselben.

Klar : im Endeffekt ist auch jede Beschreibung der Außenwelt etwas, das es nur im Kopf des Menschen gibt. Das gilt aber auch für jedes naturwissenschaftliche Modell.

Die Wissenschaft versucht, einen objektiven Standpunkt einzunehmen, und ist darin auch sehr erfolgreich. Natürlich ist es nicht völlig möglich, da jeder Mensch subjektiv betrachtet.
Aber in der Beschreibung selbst haben Gefühle und persönliche Sichtweisen keinen Platz, während es in der Mythologie in erster Linie um eben Empfindungen geht und kaum um objektivierbare Tatsachen (obwohl ein gewisser Grad der Objektivierung aufgrund menschlicher Gemeinsamkeiten und ähnlicher Erfahrungen natürlich trotzdem vorhanden ist).

Es ist ein anderer Blickwinkel auf die Realität.
Ist die von uns postulierte physikalische Welt, die auch ohne den Menschen auskommt, die eigentliche Realität, oder ist Realität immer das, was sich im menschlichen Bewusstsein abspielt...
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#5
@Elwaps
Vielleicht ist die Abschweifung gar nicht so weit weg, wie du meintest zum Ausdruck bringen zu müssen.

Wenn wir von "Teilchen" oder "Strings" reden, dann sprechen wir eigentlich über "Ideen"; denn diese symbolisieren nur, was im Grunde Zusammenfassungen sind von Hunderten oder gar Tausenden von Messdaten. Den "Ideen" ordnen wir also Erfahrungen zu. So ähnlich machen das auch die Mythen allerdings mit dem Unterschied, dass sie auf das Gemüt wirkende Umstände zusammenfassen und nicht Wirkungen auf Messinstrumente.

(02-04-2010, 13:20)elwaps schrieb: Allerdings wird schon heute weltweit ein Drittel des Umsatzes mit Produkten und Dienstleistungen erwirtschaftet, bei denen quantenphysikalische Effekte berücksichtigt werden müssen. Das könnte
uns im Laufe der Jahrzehnte zu einem inneren Verständnis der Theorie führen ...
Ich will das nicht rundweg ausschließen. Allerdings leben wir in einer "Mittelwelt", auf die unser Wesen biogenetisch geprägt ist. Du schreibst selbst, wie unfassbar klein Strings seien. Richtig: Wenn wir nämlich über diese Objekte nachdenken, dann tun wir dies in "normalgroßen Bildern", in denen uns bestimmte Aspekte verdeutlicht werden, andere definitiv nicht. Für die "anderen" Aspekte brauchen wir weiter Modellvorstellungen. Und manchmal - so auch in der Quantenphysik - widersprechen sich die Teilmodelle.

(02-04-2010, 13:20)elwaps schrieb: Die Stringtheorie versucht, bis auf die kleinste Ebene allen Seins vorzudringen und die Existenz aller Materie mit winzigen Energiesträngen (=Strings) zu erklären, deren unterschiedliche Schwingungen zur Existenz von verschiedenen Partikeln führt.
Na ja, kann man vielleicht so sagen.
Ich wäre etwas vorsichtiger: Die Stringtheorie geht von sehr allgemeinen (mathematischen) Axiomen aus. Diese können mit dem Stichwort "Symmetrien" gekennzeichnet werden. Danach muss ein Naturgesetz so formuliert werden, dass es sich gegen eine bestimmte Klassen von Transformationen invariant verhält.
Alte Bekannte sind z. B. Drehungen, Spiegelungen, Translationen verschiedener Geschwindigkeit, Umformulierung von einem in ein anderes Bezugssystem. In allen diesen Fällen, so eins der zentralen Axiome, "darf sich die Physik nicht ändern".

Niemand kann uns Physikern sagen, ob dies immer der Fall ist, und warum das so sein sollte. Es ist einfach der (relativistische) Mythos der modernen Physik - das Paradigma.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#6
(01-04-2010, 21:59)melek schrieb: Es geht in mythologischen Geschichten nicht darum, die "objektive" Realität zu vermitteln, sondern das persönliche Erleben des Menschen in bestimmten Situationen, Gefühlswelten, etc.

Dabei wird versucht, dieses Erleben mit Bildern und Symbolen zum Ausdruck zu bringen.

Mythen bergen Wahrheiten in sich. Ohne Zweifel ist das so. Es sind allerdings ganz persönliche Wahrheiten, die Mythen vermitteln, für manche offensichtliche, für andere nicht nachvollziehbare. Wie wäre es sonst möglich, dass Milliarden von Menschen ihre Wahrheiten aus Mythen schöpfen, andere aber solche Wahrheiten belächeln und ablehenen.

Muslime in aller Welt hängen dem Mythos eines göttlichen Buches an, das (seit ewigen Zeiten m Himmel wohlverwahrt) Gottes Wort birgt und über Gabriel und Mohammed zu den Menschen kam.

Christen finden ihre Wahrheit im Mythos, wonach der Gottessohn getötet wird, aufersteht und die Menschheit erlöst.

Auch die Philosophie hat im Mythos immer nach Wahrheiten gesucht. Das war schon bei Platon so und später im deutschen Idealismus (Hegels Forderung nach einer "neuen Mythologie"; die Vorlesungen Schellings "über die Philosophie der Mythologie", etc.).

In der Philosophie des 20. Jhs hat sich Ernst Cassirer intensiv mit der Rolle des Mythos als einer "symbolischen Form des philosophischen Denkens" auseinandergesetzt. Auch an Horkheimer und Adorno sei erinnert, die in ihrer "Dialektik der Aufklärung" den "mythischen Charakter des begrifflichen Denkens" zu erklären versuchten.
MfG B.
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#7
@melek

Sehr interessantes Thema das du hier gestartet hast. Der Denkweise das Mythen und somit auch Religion bewust eine Verbindung zwischen Mensch und Außenwelt herstellen (was die moderne Naturwissenschaft ja versucht zu umgehen), so also vor allem versuchen die Wirkung (Gefühle, Emotionen...) die etwas auf den Menschen hat zu erklären kann ich sehr viel abgewinnen.
Ich denke in Religion spiegelt sich sehr viel das in Bildern wieder was der Mensch bestimmten Dingen und Sachverhalten gegnüber empfindet (z.B. seiner eigenen Endlichkeit) bzw. was er ihnen beimisst.




(02-04-2010, 17:36)melek schrieb: Es ist ein anderer Blickwinkel auf die Realität.
Ist die von uns postulierte physikalische Welt, die auch ohne den Menschen auskommt, die eigentliche Realität, oder ist Realität immer das, was sich im menschlichen Bewusstsein abspielt...

Ich denke die Antwort darauf liefert die Position die der Mensch in beiden Realitäten einnimmt. In der physikalischen versucht er, wie du schon sagtest, ein außenstehender Beobachter zu sein. Also eine Realität unabhängig vom Menschen zu beschreiben. In der anderen Realität versucht er diese zu erklären wie sie auf ihn wirkt. Der Mensch selbst steht dabei im Mittelpunkt und ordnet die Welt nach dem Empfinden welches er hat.
Er nimmt dabei auch eine Wertung vor. Er schafft eine Realität, die im Gegensatz zu der physikalischen nur für den Menschen gilt.
Ich denke auch das es durchaus Berührungspunkte zwischen diesen beiden Realitäten gibt.
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#8
(01-04-2010, 21:59)melek schrieb: Im religiös/mythologischen Realitätsverständnis aber wird diese Position lediglich "Gott" oder irgendeiner "Überordnung" zugesprochen.
Ansonsten wird das persönliche Erleben des Menschen und seine subjektive Weltsicht ins Zentrum gerückt.
"Real" ist demnach das, was sich im Bewusstsein des Menschen abspielt.

Es geht in mythologischen Geschichten nicht darum, die "objektive" Realität zu vermitteln, sondern das persönliche Erleben des Menschen in bestimmten Situationen, Gefühlswelten, etc.

das ist ja recht nett, nur hat dann halt jeder seine eigene realität, die mit der der anderen nicht kompatibel ist

imho auch eine art von (schlampigem) solipsismus

Zitat:Hier erkenne ich einen wesentlichen Vorteil des mythologischen Weltbildes :
Es vermittelt auch emotionale Informationen, die den Empfänger nachfühlen lassen, worum es geht

nö - tun sie nicht

ich höre die geschichte vom brennenden dornbusch und denk mir: "was für eine story" - aber was moses fühlte (war er erschrocken, ergriffen, oder hat er nur überlegt, mit welcher räuberpistole er die israeliten für sich gewinnen könnte?), kann ich deshalb nicht nachfühlen
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#9
(03-04-2010, 21:29)Gundi schrieb: Ich denke in Religion spiegelt sich sehr viel das in Bildern wieder was der Mensch bestimmten Dingen und Sachverhalten gegnüber empfindet (z.B. seiner eigenen Endlichkeit) bzw. was er ihnen beimisst

ein mensch. meinetwegen auch viele menschen. aber nicht der mensch. sonst gäbe es z.b. nicht viele, einander widersprechende religionen
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#10
(03-04-2010, 23:46)petronius schrieb: das ist ja recht nett, nur hat dann halt jeder seine eigene realität, die mit der der anderen nicht kompatibel ist

Ganz genau genommen hat ja jeder seine eigene Realität im Kopf.
Aber wenn Mythen in einer Gesellschaft Allgemeingut sind, verbinden sie Realitätsvorstellungen.
Und da Menschen zahlreiche gleiche und ähnliche Erfahrungen machen, gibt es Gemeinsamkeiten in den Erfahrungeswelten und damit bei den mythischen Bildern.

(03-04-2010, 23:46)petronius schrieb: nö - tun sie nicht

ich höre die geschichte vom brennenden dornbusch und denk mir: "was für eine story" - aber was moses fühlte (war er erschrocken, ergriffen, oder hat er nur überlegt, mit welcher räuberpistole er die israeliten für sich gewinnen könnte?), kann ich deshalb nicht nachfühlen

Um es "nachzufühlen" müsste man sich über die Bedeutung Gedanken machen, diese verinnerlichen, und natürlich irgendwie auch davon betroffen sein.
Wenn man sich darauf einlässt, dann löst es Assoziationen in Form von inneren Bildern und Gefühlen aus.
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#11
(04-04-2010, 22:49)melek schrieb:
(03-04-2010, 23:46)petronius schrieb: das ist ja recht nett, nur hat dann halt jeder seine eigene realität, die mit der der anderen nicht kompatibel ist

Ganz genau genommen hat ja jeder seine eigene Realität im Kopf.
Aber wenn Mythen in einer Gesellschaft Allgemeingut sind, verbinden sie Realitätsvorstellungen

was heißt "allgemeingut sein"?

nur weil ich auch den biblischen schöpfungsmythos kenne, messe ich ihm nicht denselben stellenwert zu wir z.b. ein gläubiger christ. ich wüßte also nicht, welche realitätsvorstellung wir daher gemeinsam haben sollten

Zitat:Und da Menschen zahlreiche gleiche und ähnliche Erfahrungen machen, gibt es Gemeinsamkeiten in den Erfahrungeswelten und damit bei den mythischen Bildern

es machen aber nicht alle menschen die gleichen und ähnlichen erfahrungen, die sich mit mythen verbinden

Zitat:Um es "nachzufühlen" müsste man sich über die Bedeutung Gedanken machen, diese verinnerlichen, und natürlich irgendwie auch davon betroffen sein

sag ich doch

das ist eben nicht der fall

Zitat:Wenn man sich darauf einlässt, dann löst es Assoziationen in Form von inneren Bildern und Gefühlen aus.

klar - nur welche, das ist die frage. wie ich ja auch beschrieben habe
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#12
Ich denke, eine Gemeinschaft pflegt gemeinsame Mythen, zu denen ich auch alle möglichen Paradigmen zähle. Die Realität, das heißt die abgebildete Erlebniswelt, zählt im Grunde auch dazu.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#13
@ petronius :

Um mal einem Mißverständnis vorzubeugen :

Es geht hier nicht um die Aussage, daß alle Mythen auf alle Menschen (und damit auch dich) wirken, sondern um die Frage, wie sie wirken, wenn sie das tun.

Ich bin grundsätzlich schon der Ansicht, daß Mythen auch "leer" werden können, nämlich dann,wenn sie den Menschen nichts mehr sagen .

Mythen aus anderen Kultur-bzw. Denkkreisen werden ja auch nicht verinnerlich.
Das gilt aber auch allgemein für wissenschaftliche Aussagen, die vielen Menschen schlichtweg nichts sagen, weil sie in der Materie nicht drin sind.
Damit spielen sie in der Realitätsvorstellung dieser Menschen keine Rolle.
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#14
Du meinst so wie etwa zB das Gilgamesch -Epos? Mythen daraus sagen heute ja auch fast keinem mehr was,..
Aut viam inveniam aut faciam
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#15
(05-04-2010, 11:56)melek schrieb: Es geht hier nicht um die Aussage, daß alle Mythen auf alle Menschen (und damit auch dich) wirken, sondern um die Frage, wie sie wirken, wenn sie das tun

ja, wo mythen wirken, wirken sie, indem sich menschen von ihnen angesprochen fühlen

dem würde wohl niemand widersprechen
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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