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Zölibat
#1
Sollten antike Vorstellungen, wonach kultische Reinheit von sexueller Enthaltsamkeit abhängt, heute nicht überholt sein?

Sollen wirtschaftliche Überlegungen, die im 11. Jh erstmals zu einem gesamtkirchlichen Verbot der Priesterehe (Reichssynode v. Pavia 1022) geführt haben, heute noch unselig wirken dürfen?

Soll der Mönch Hildebrand (Gregor VII.), dem der Zölibat ein besonderes Anliegen war (Fastensynode 1074), bis heute seine Wirkung entfalten dürfen?

Haben Priester bis 1139 (Lateransynode; kirchenrechtlich wirksamer Beschluss der zölibatären Lebensweise für Priester) unwürdig gelebt?
MfG B.
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#2
Ich denke den Zölibat sollte es schon geben, aber nur für Mönche/Nonnen.
Priester dagegen sollten nicht zölibatär leben müssen und auch heiraten dürfen.
Darüber hinaus bin ich dafür dass auch Frauen Priesterinnen werden dürfen.
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#3
(19-03-2010, 00:27)Libelle schrieb: Ich denke den Zölibat sollte es schon geben, aber nur für Mönche/Nonnen

warum eigentlich?

pflichtzölibat bedeutet ja immer zwang. schaffte man ihn ab, so könnten mönche/nonnen/priester/einfache gläubige ja immer noch freiwillig auf sex verzichten, wenn ihnen danach ist

nehmen wir die sache aber mal wörtlich, so bedeutet "zölibat" ja das freiwillig abgegebene versprechen der ehelosigkeit, also eine selbstverpflichtung. die kann, wird und soll es natürlich immer geben - wer wollte sie auch jemandem verbieten?
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#4
(19-03-2010, 11:00)petronius schrieb: pflichtzölibat bedeutet ja immer zwang. schaffte man ihn ab, so könnten mönche/nonnen/priester/einfache gläubige ja immer noch freiwillig auf sex verzichten, wenn ihnen danach ist

Sehe ich auch so. Wer ins Kloster geht, möchte in der Regel ohnehin enthaltsam leben (nicht nur auf sexueller Ebene), braucht also diesen Zwang nicht wenn er es ernst meint.

Ansonsten sehe ich keinen Grund weshalb Prister und andere Geistliche zöllibatär leben sollten.
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#5
Beim Zölibat handelt es sich um eine, für eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe eigenartige und schwierige Lebensweise, sofern der- oder diejenige starke sexuelle Wünsche in sich verspürt.

Gesellschaftliche Gruppen neigen dazu, sich durch solche "Eigenarten" von anderen abzugrenzen und zu überhöhen. Gruppenmitglieder betrachten sich allenthalben als die "besseren" Menschen. Sind die Gruppenmitglieder auch noch Priester ist der elitäre Status fest im Kopf.

Von diesen Zirkeln fühlen sich all' jene angezogen, die intelligent genug sind, um zu der Clique gehören zu können, und sie unterschätzen ihr Triebpotenzial oder haben keins. Jedenfalls verbiegt der Zwangszölibat diese Gruppe (entweder Triebunterdrückung oder Anlocken pathologischer Menschen).

Die Zugehörigkeit zu dieser elitären Gruppe ist also objektiv ein Mangelzustand im Hinblick auf das Leben der vielen anderen im Lande, ohne dies bewusst wahr zu nehmen.

Wie eine solche, sich selbst stabilisierende Struktur aufzuheben ist, ist mir schleierhaft. Denn: "ich bin hervorragend" (Stolz), ist eines der stärksten Gruppenmotive. Ich vermute sogar, dass unter diesem Zugehörigkeitszwang gegen jede Vernunft beschönigt, gelogen, betrogen und vertuscht wird (eben nicht nur auf sexuellem Gebiet!).

Bion schrieb:Sollten antike Vorstellungen, wonach kultische Reinheit von sexueller Enthaltsamkeit abhängt, heute nicht überholt sein?
Ja, sollten sie. Aber beachte den Stolz, den diese hervor ragende Besonderheit intern erzeugt.

Bion schrieb:Sollen wirtschaftliche Überlegungen, die im 11. Jh erstmals zu einem gesamtkirchlichen Verbot der Priesterehe (Reichssynode v. Pavia 1022) geführt haben, heute noch unselig wirken dürfen?
Seit Priester im Kirchendienst Gehalt beziehen, dürfte dieser Aspekt kaum mehr eine Rolle spielen. Die Versorgung der unmündigen Nachkommen und der Ehefrauen könnte ohne Weiteres wie im Beamtenrecht oder Angestelltenrecht geregelt werden.

Bion schrieb:Soll der Mönch Hildebrand (Gregor VII.), ...
Das fällt genau in die Kategorie "Stolz". So etwas auszurotten ist fast unmöglich.

Bion schrieb:Haben Priester bis 1139 (...) unwürdig gelebt?
Ich glaube, dies spielt bei "elitären Kennzeichen" keine Rolle. Genauso könnte man Fragen, ob Christen "rituelle Schmutzfinken" sind, weil sie nicht beschnitten sind.
Wir sollten generell überlegen, ob und wie wir elitäre Strukturen beachten und hochachten. Wenn ich mir die "priesterlichen Sockel" in unseren Gemeinden (auch den protestantischen!) ansehe, dann habe ich wenig Hoffnung.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#6
Ekkard schrieb:Beim Zölibat handelt es sich um eine, für eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe eigenartige und schwierige Lebensweise,… […]
Jedenfalls verbiegt der Zwangszölibat diese Gruppe (entweder Triebunterdrückung oder Anlocken pathologischer Menschen).

Ich vermute, dass der Anteil homosexuell orientierter Männer und Frauen in den Klöstern und jener der Männer im kath. Priesterberuf (erheblich?) über dem Durchschnitt der "Normalbevölkerung" liegt. Ein guter Teil von diesen verspürt darüber hinaus offenbar pädophile und andere normabweichende sexuelle Neigungen .

Solche Menschen fühlen sich von einer Gemeinschaft, für die die zölibatäre Lebensweise ein hohes Gut (weil göttliches Geschenk!) ist, geradezu angezogen.

Ekkard schrieb:Gruppenmitglieder betrachten sich allenthalben als die "besseren" Menschen. Sind die Gruppenmitglieder auch noch Priester ist der elitäre Status fest im Kopf.

Und daher empfinden pädophile Menschen zuweilen selbst ihre Abartigkeit, die sie zum Zölibats-Versprechen führt (und ihnen den Weg in eine elitäre Gesellschaft öffnet), als göttliches Geschenk.

MfG B.
MfG B.
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#7
(20-03-2010, 19:14)Bion schrieb: Und daher empfinden pädophile Menschen zuweilen selbst ihre Abartigkeit, die sie zum Zölibats-Versprechen führt (und ihnen den Weg in eine elitäre Gesellschaft öffnet), als göttliches Geschenk.
Das kann ich mir sehr gut vorstellen! Und es wird auch in den allermeisten Fällen gut gehen - aber statistisch gesehen, eben nicht in allen!
Freundliche Grüße, Ekkard
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#8
Ich hab mal eine Dokumentation über Karmeliterinnen im österreichischen Fernsehn gesehn.
Die Nonnen waren alles junge Frauen und ich hatte den Eindruck dass sie diese Lebensweise wirklich aus spirituellen Gründen gewählt haben.
Insofern kann ich mir schon vorstellen dass es Menschen gibt für die ein zölibatäres Leben eine echte Hilfe darstellt bei der Bemühung sich spirituell zu entwickeln.
Dazu fällt mir auch die Tradition im Theradvada Buddhismus von Sri Lanka ein dass sich junge Männer freiwillig für 1 Jahr in ein Kloster zurückziehen.
Das wäre vielleicht eine Alternative zum lebenslangen Pflichtzölibat der Katholischen Kirche: Zölibat ja, aber freiwillig und auf Zeit, also ohne Gelübde.
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#9
(21-03-2010, 05:33)Libelle schrieb: Die Nonnen waren alles junge Frauen und ich hatte den Eindruck dass sie diese Lebensweise wirklich aus spirituellen Gründen gewählt haben.
Insofern kann ich mir schon vorstellen dass es Menschen gibt für die ein zölibatäres Leben eine echte Hilfe darstellt bei der Bemühung sich spirituell zu entwickeln.
Dazu fällt mir auch die Tradition im Theradvada Buddhismus von Sri Lanka ein dass sich junge Männer freiwillig für 1 Jahr in ein Kloster zurückziehen.
Das wäre vielleicht eine Alternative zum lebenslangen Pflichtzölibat der Katholischen Kirche: Zölibat ja, aber freiwillig und auf Zeit, also ohne Gelübde.

ich muß jetzt zugeben, nicht wirklich nachvollziehen zu können, inwiefern einen speziell sexuelle enthaltsamkeit spirituell weiter bringt. andererseits ist es ja schon so, daß bewußte entsagung (im sinne von "fasten" u. ä.) eben auch den blick auf die dinge wie auch deren erfahrung ändert oder wenigstens ändern kann. daher scheint es mir wie dir sinnvoll zu sein, so etwas als möglichkeit zu etablieren - ohne aber daraus einen unbedingten zwang erwachsen zu lassen
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#10
Zwang ist immer schlecht, egal worum es geht.
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#11
(22-03-2010, 01:09)Libelle schrieb: Zwang ist immer schlecht, egal worum es geht.

Also weg mit allen Gesetzen und gesellschaftlichen Regeln, gell? Bissl differenziert zu denken ist auch extrem viel verlangt. Es sollte Beispielsweise den Zwang geben, Missbrauchsfälle innerhalb der Kirche zu melden.
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