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Die Beseitigung des Wissens um die Reinkarnation
#1
Origenes von Alexandria

Das Wissen um das Karma (Aktion-Reaktionsgesetz)- und Reinkarnationsgesetze war zur Zeit Jesu noch selbstverständlich und es gehörte wohl auch zum urchristlichen Gedankengut. Wir müssen uns daher an dieser Stelle fragen, wie es dazu kam, dass dieses Wissen später verloren ging. Und wenn wir zur Beantwortung dieser Frage die Geschichte des Reinkarnationsgedankens im Frühchristentum untersuchen wollen, so müssen wir uns zunächst auch über die folgende wichtige Tatsache, die heute oft vergessen wird, im klaren sein:

Das frühe Christentum kannte in den ersten Jahrhunderten nach Jesus noch keine festen Lehrsätze (Dogmen), wie sie heute als unumstößliches Fundament der katholischen Kirchenlehre gelten. Als Glaubensgrundlage dienten in erster Linie die Originalhandschriften des Neuen Testaments, wobei zu beachten ist, dass es darin noch keine systematische Aufstellung irgendwelcher Lehren und keine ausformulierten Abhandlungen über irgendwelche Grundsätze in Religion und Philosophie gab, sondern nur fragmentarische Erzählungen mit geringem Bemühen um eine chronologische Ordnung sowie kurze Gespräche und Briefe.

Daneben galten auch die etwas systematischeren Schriften der Kirchenväter oder Kirchenlehrer als maßgeblich, welche jedoch die unterschiedlichsten Themen behandelten und dabei durchaus nicht in allen Punkten übereinstimmten.
Unter dem Begriff der Kirche wurde auch noch keine feste Organisation oder Institution verstanden, sondern sie stellte vielmehr eine lockere Gruppe oder Gemeinschaft derer dar, die bestrebt waren, die von Jesus und seinen Anhängern verkündete Botschaft zu verstehen und dementsprechend zu leben.

Wichtig ist ebenfalls die Tatsache, daß es im Urchristentum noch keine Trennung in eine griechische und eine römische Kirche gab und daß die ersten großen Kirchenlehrer allesamt dem griechischen Kulturkreis entstammten und der im Entstehen begriffenen christlichen Lehre folglich zuweilen eine deutlich griechische Prägung gaben. (Die Streitigkeiten zwischen der römischen und der griechischen Kirche führten erst später, im Jahre 1054, zum großen Schisma, d.h. zur Kirchenspaltung in die griechisch-orthodoxe und römisch-katholische Kirche.)

In den ersten Jahrhunderten nach Jesus war die Entwicklung der Kirchenlehre also maßgebend bestimmt von den theologischen Lehrsätzen, die von den führenden Kirchengelehrten in speziellen Kirchenversammlungen festgelegt wurden. Doch je mehr sich das aufstrebende Christentum in den kommenden Jahrhunderten zu einer wirtschaftlich und politisch mächtigen Weltreligion entwickelte, desto mehr gingen auch viele der ursprünglichen Grundgedanken verloren, und an ihre Stelle traten oft eher »weltliche« Überlegungen - um es gelinde auszudrücken.

Es ist daher augenscheinlich, daß uns grundlegende theologische Untersuchungen unweigerlich ins Urchristentum führen, denn die ersten Christen waren, wie sich zeigen wird, nicht nur zeitlich »näher bei Christus«.
Diesen Sachverhalt möchte ich in der Folge am Beispiel der wohl herausragendsten und einflußreichsten Persönlichkeit des Urchristentums illustrieren: Origenes von Alexandria (185-254), dessen Name gerade im Zusammenhang mit dem Reinkarnationsgedanken immer wieder genannt wird - und dies zurecht.
Origenes ist der erste und einer der größten Gelehrten und Bibelkenner, die das Christentum je gekannt hat.

Er war ein Wissenschaftler, der alle weltlichen Ehren der damaligen griechischen Bildungswelt errungen hatte. Um alle seine Aussagen auf ein breites biblisches Fundament abzustützen, erstellte er sich eine umfassende Textausgabe des Alten Testaments (die »Hexapla«), so daß er seine Lehren immer auf diese Grundlage beziehen konnte. Er beherrschte neben der griechischen Sprache auch Hebräisch (die Sprache der alttestamentarischen Urtexte), und erlernte darüber hinaus sogar eigens die Muttersprache Jesu, Aramäisch, um auch die Texte jener Autoren im Original lesen zu können, die Jesus persönlich gekannt und sein Leben und seine Lehren schriftlich festgehalten hatten.
Origenes kann also, ohne Übertreibung, als Universalgelehrter von Weltrang bezeichnet werden.

Er ist »Zeuge höchsten christlichen Wissens und dessen überragender Lehrer. Seine literarische Hinterlassenschaft stellt bis ins 20. Jahrhundert die umfassendste und tiefste Erschließung der Bibel dar.« (aus der Einleitung des Buches »Origenes der Diamantene« von Robert Sträuli).[/b]
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#2
Origenes war zudem der Leiter der berühmten Katechetenschule von Alexandria (im heutigen Ägypten), wo sich auch die größte Bibliothek des Altertums befand, mit der umfangreichsten Schriftensammlung der gesamten damaligen Welt.

Viele Fachkenner sind sich darüber einig, daß sich mit größter Wahrscheinlichkeit dort auch zahlreiche vedische Originaltexte in Sanskrit befanden, denn es herrschte bereits damals ein reger kultureller und philosophischer Austausch zwischen den Gelehrten der griechischen, persischen und indischen Hochkulturen.

Diese höchst bedeutende Bibliothek wurde indes im Jahre 389 von einem christlichen Glaubensfanatiker, dem Patriarchen Theophilus, in Brand gesteckt.
Durch diese bedauernswerte Tat wurde wertvollstes Wissen unwiederbringlich zerstört, was die historische Forschung heute erheblich erschwert. Es ist jedoch wichtig zu beachten, daß aufgrund dieser Tatsache keiner der späteren Kirchengelehrten nach Origenes solche Voraussetzungen für seine wissenschaftliche Arbeit hatte wie Origenes - auch nicht jene, die später versuchten, seine Lehren zu widerlegen.

Kurzum: Origenes hatte also Kenntnis sämtlicher verfügbaren Originaldokumente des Christentums, sowohl der heiligen Schriften der Juden als auch der Evangelien und Apostelbriefe und der heute als apokryph (»unecht«) bezeichneten Schriften, und er verfügte außerdem über fundiertes Wissen der griechischen, persischen und vermutlich auch der vedischen Philosophie. Er hatte Pythagoras, Platon und Plotin gelesen und war ein persönlicher Schüler des großen Gelehrten Ammonius Sakkas aus Alexandria (175-242), des Begründers der neuplatonischen Lehre.

Die umfassende Gelehrsamkeit des Origenes auf theologischem Gebiet veranlaßte den damaligen Bischof von Alexandria, Demetrius, diesen einmaligen Sachkenner auf Missionsreisen zu schicken, insbesondere wenn es darum ging, Meinungsstreitigkeiten unter Theologen zu widerlegen. Wie erwähnt, vertraute er Origenes auch die Leitung der blühenden Katechetenschule an, verlieh ihm also ein kirchliches Lehramt.

Der gleiche Bischof Demetrius aber war später auch der erste, der Origenes der Irrlehre bezichtigte, wobei seiner Handlungsweise jedoch offensichtlich ein rein egoistisches Motiv, nämlich gekränkte Eitelkeit und Neid, zugrunde lag: Als die Bischöfe in Caesarea (Palästina), wo sich Origenes längere Zeit zu Lehrzwecken aufhielt, diesen aufgrund seiner Beliebtheit und Gelehrsamkeit zum Presbyter (Priester) weihten, sah Demetrius darin einen Eingriff in seine Rechte und veranlaßte in Origenes' Abwesenheit die Aberkennung seiner Priesterwürde und seine Verbannung (dies im Jahre 231).

Dieser »Fall Origenes« ist in der christlichen Kirchengeschichte wahrscheinlich das erste Beispiel eines Konfliktes zwischen einem unabhängigen christlichen Gelehrten und der Autorität der über ihm stehenden kirchlichen Behörde - das erste Beispiel also für den Kampf um die Wahrheit gegen den Kampf um die Macht im hierarchischen System. Leider, so muß man allerdings sagen, bei weitem nicht das einzige und letzte.

In den folgenden Jahrhunderten wurden die Lehren dieses größten aller Kirchengelehrten, der zu seinen Lebzeiten keinen Sachkenner gleichen Ranges gekannt hatte, immer wieder der Häresie (Ketzerei) bezichtigt. Dennoch vertraten einige führende Theologen auch nach Origenes' Tod weiterhin seine Ansichten, so daß die theologischen Streitigkeiten um seine Lehren mit einem für die heutige Zeit unvorstellbaren Fanatismus ausgetragen wurden.

Weil, vor allem in Palästina, bis ins 6. Jahrhundert (also 300 Jahre nach seinem Tode) teilweise bürgerkriegsähnliche Zustände unter den betroffenen Mönchsgruppen herrschten, übergaben einige Origenes-Gegner dem im Jahre 542 in Palästina weilenden päpstlichen Gesandten Pelagius eine Klageschrift an den herrschenden Kaiser Justinian I. in Konstantinopel (Byzanz). Diese Schrift wie auch andere Motive führten in der Folge dazu, daß die Lehren des Origenes offiziell aus der aufstrebenden christlichen Kirche verbannt wurden. Ich werde im Anschluß noch auf den genauen Verlauf der Beseitigung seiner Lehren zu sprechen kommen.

Vorerst wollen wir aber diese sogenannt »ketzerischen« Ansichten, die zu derartig tiefgehenden Streitigkeiten und zu solch blutigen Auseinandersetzungen in der frühchristlichen Geschichte führten, etwas genauer betrachten.
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#3
Origenes' Lehre

Origenes verfaßte insgesamt rund 2000 Schriften, die später leider alle größtenteils zerstört wurden. Seine bis in die heutige Zeit überlieferten Werke lagen zudem lange Zeit nicht im Original, sondern nur in der lateinischen Übersetzung des Rufinus von Aquileja vor, der in der Einleitung selbst zugibt, daß er bei der Übertragung vom Griechischen ins Lateinische gezwungen war, gewisse Korrekturen im Sinne der kirchlichen Dogmen vorzunehmen.

Erst vor wenigen Jahrzehnten wurden in Ägypten einige Originale von Origenes' Schriften gefunden, die sich in der Tat von der Übersetzungen des Rufinus an wichtigen Stellen teilweilse deutlich unterscheiden. Dennoch können wir anhand der überlieferten Textstellen die Grundzüge seiner Lehre skizzieren:

Origenes lehrte, daß es eine Rangordnung unter den Wissenschaften gebe, an deren Spitze nicht mehr die Philosophie, sondern vielmehr die Theologie, die Wissenschaft über Gott, zu stehen habe: »Wenn die Söhne der Weltweisen von Geometrie, Musik, Grammatik, Rhetorik und Astronomie sagen, sie seien die Mägde der Philosophie, so können wir von der Philosophie in ihrem Verhältnis zur Theologie dasselbe sagen.« Folglich verlangte er von den Theologen, sämtliche verfügbaren alten philosophischen und wissenschaftlichen Schriften zu kennen und durchzuarbeiten und allem ein gerechtes Ohr zu leihen, wofür er selbst das beste Beispiel gab.

In seinen Lehren nimmt Origenes denn auch eine weitgehende, ja für die Kirchenmacht zu weit gehende Verschmelzung christlicher mit neuplatonischen Gedanken vor. In seinem Hauptwerk »De principiis« (»Von den Grundlehren«) beschrieb er, gleich den Neuplatonikern, das Verhältnis zwischen Gott und den Menschen (d.h. den Seelen) wie jenes zwischen der Sonne und dem Glanz, der von ihr ausstrahlt - ein Vergleich übrigens, der sich, wie erwähnt, bereits in den vedischen Schriften findet (Visnu Purana 1.22.53) findet. Jesus steht dabei als Gottes Sohn in gleichem Abstand von beiden zwischen Gott und den Menschen als Vermittler.

Weiter lehrte Origenes, daß die gesamte Schöpfung - also sowohl die unvergängliche spirituelle Welt als auch die zeitlich begrenzte körperliche (materielle) Welt - von Gott geschaffen wurde und daß »kein Wesen existiert, das nicht von Ihm sein Dasein erhalten hätte«. Mit anderen Worten, alle Vernunftwesen (von Origenes Logika genannt) gehen ewig aus Gott hervor und sind demzufolge selbst auch ewig, da sie mit Gott verwandt sind. Im Urzustand waren alle Logika nichtmaterielle Wesen und gaben sich der unmittelbaren Schau ihres gemeinsamen Vaters hin.

Die individuellen Unterschiede zwischen den »himmlischen, irdischen oder unterirdischen Wesen«, so lehrte Origenes, sind erst durch das Abfallen von Gott entstanden. Grund und Ursache dieses Falles sind demnach nicht im Schöpfer zu suchen, sondern in den Lebewesen selbst, da, wie er schreibt, »die Ursache der Verschiedenheit und Mannigfaltigkeit unter den einzelnen Geschöpfen von ihren eigenen Bewegungen herrührt, die teils lebhafter, teils träger sind, entsprechend ihrer Tugend und Schlechtigkeit, nicht aber aus ungleicher Behandlung durch den Ordner der Welt.«

Gemäß Origenes ist bestimmend für den Ort, an dem sich ein Vernunftwesen aufgrund seiner »eigenen Bewegung« befindet, sein eigener freier Wille, den ihm der Schöpfer als größtes Geschenk mitgegeben hat und durch den es der Seele möglich ist, sich für oder gegen Gott zu entscheiden. Er schreibt:

Denn der Schöpfer gewährte den Intelligenzen, die er schuf, willensbestimmte, freie Bewegungen, damit in ihnen eigenes Gut entstehe, da sie es mit ihrem eigenen Willen bewahrten. Doch Trägheit, Überdruß an der Mühe, das Gute zu bewahren, und Abwendung und Nachlässigkeit gegenüber dem Besseren gaben den Anstoß zur Entfernung vom Guten.

Auch bei einem anderen großen Kirchengelehrten, dem frühen Dalmatier Hieronymos (347-419), dessen größte Leistung die erste lateinische Bibelübersetzung (die »Vulgata«) war, vereinigen sich klassisch-griechische und biblische Überlieferungen. In seinen »Epistulae« heißt es:

Alle körperlosen und unsichtbaren vernünftigen Geschöpfe gleiten, wenn sie in Nachlässigkeit verfallen, allmählich auf niedere Stufen herab und nehmen Körper an je nach Art der Orte, zu denen sie herabsinken: zum Beispiel erst aus Äther, dann aus Luft, und wenn sie in die Nähe der Erde kommen, umgeben sie sich mit noch dichteren Körpern, um schließlich an menschliches Fleisch gefesselt zu werden ... Dabei wechselt der Mensch seinen Körper ebensooft, wie er seinen Wohnsitz beim Abstieg vom Himmel zur Erde wechselt.
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#4
Und in einem Brief an Demetrius schreibt Hieronymos, daß »die Reinkarnationslehre unter den ersten Christen als geheime, den Laien nicht offenbarte Überlieferung behandelt und nur den Auserlesenen erklärt wurde.«

Aus diesen Zeugnissen geht hervor, daß sowohl Origenes als auch andere bedeutende frühchristliche Theologen, Philosophen und Kirchenlehrer - so zum Beispiel auch Justinus der Märtyrer (100-165), Tatian (2. Jhd.), Clemens von Alexandria (150-214), Gregorios von Nyssa (334-395), Synesios von Kyrene (370-413), der Hl. Augustinus (354-430) und der Bischof Nemesios von Emesa (um 400-450) - die Ansicht vertraten, daß die Seelen der Menschen schon vor der Entstehung der materiellen Welt vorhanden waren. Mit anderen Worten, all diese frühen Kirchenlehrer waren von der später so umstrittenen Präexistenz der Seele vollständig überzeugt. Diese wiederum ist, wie bereits dargelegt, eine wichtige Voraussetzung für die Reinkarnationslehre und wird außerdem durch die folgende Bibelstelle bestätigt:

Das Wort des Herrn erging an mich: Noch ehe ich dich im Mutterleib formte, habe ich dich ausersehen, noch ehe du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt, zum Propheten für die Völker habe ich dich bestimmt. (Jer 1,4-5)

In »De principiis« vertritt Origenes denn auch ganz direkt die Prinzipien von Karma und Reinkarnation. Es heißt dort beispielsweise:

Wenn man wissen will, weshalb die menschliche Seele das eine Mal dem Guten gehorcht, das andere Mal dem Bösen, so hat man die Ursache in einem Leben zu suchen, das dem jetzigen Leben voranging. Jeder von uns eilt der Vollkommenheit durch eine Aufeinanderfolge von Lebensläufen zu. Wir sind gebunden, stets neue und stets bessere Lebensläufe zu führen, sei es auf Erden, sei es in anderen Welten. Unsere Hingabe an Gott, die uns von allem Übel reinigt, bedeutet das Ende unserer Wiedergeburt.

Und an einer anderen Stelle schreibt er:

Aufgrund einer Anziehung an das Böse nehmen bestimmte Seelen Körper an, zunächst einen menschlichen. Nachdem ihre Lebensspanne als Mensch dann abgelaufen ist, wechseln sie aufgrund irrationaler Begierden in einen Tierkörper über, von wo sie auf die Ebene von Pflanzen sinken. Aus diesem Zustand erheben sie sich wieder, indem sie die gleichen Stufen durchlaufen, und kehren zu ihren himmlischen Orten zurück.

Nach Origenes besteht also letztlich der Sinn und Zweck allen Lebens innerhalb der materiellen Welt darin, daß sich die Seelen durch viele Inkarnationen hindurch läutern und veredeln, bis alle, durch Befolgen der Gebote Jesu und durch ihre Liebe und Hingabe zu Gott, schließlich wieder in die ewige Gemeinschaft Gottes gelangen:

Denn Gott lenkt die Seelen nicht nur im Hinblick auf die, sagen wir, fünfzig oder sechzig Jahre dieses irdischen Lebens, sondern auf die unendliche Ewigkeit; denn Er hat die geistige Substanz unvergänglich gemacht und Ihm selbst verwandt, und die vernünftige Seele ist nicht von der Heilung ausgeschlossen, als wäre sie auf das Leben hier auf Erden beschränkt ...

Diese [Rückkehr zu Gott] muß mam sich aber nicht als ein plötzliches Geschehen vorstellen, sondern als ein allmähliches, stufenweise im Lauf von unzähligen und unendlich langen Zeiträumen sich vollziehendes, wobei der Besserungsprozess langsam den einen nach dem anderen erfaßt; einige eilen voraus und streben rascher zur Höhe, andere folgen in kurzem Abstande, und wieder andere weit hinten; und so gibt es zahllose Stufen von Fortschreitenden, die aus der Feindschaft zur Versöhnung mit Gott kommen, und am Ende steht der »letzte Feind«, welcher der »Tod« genannt wird, und der ebenfalls vernichtet wird, auf daß er nicht länger ein Feind sei.

Diese letzte Aussage bezieht sich auf die Bibelstelle 1 Kor 15,26, die Origenes wie folgt erklärt:

Die Vernichtung des letzten Feindes ist aber so zu verstehen, daß nicht seine von Gott geschaffene Substanz vergeht, sondern seine feindliche Willensrichtung, die nicht von Gott, sondern von ihm selbst stammt. Er wird also vernichtet, nicht um künftig nicht zu sein, sondern um künftig nicht mehr »Feind« und »Tod« zu sein.

Auch gemäß der vedischen Theologie besteht die einzige Möglichkeit für die Seele, aus dem Kreislauf der Seelenwanderung auszubrechen - also »den letzten Feind, welcher der Tod genannt wird« zu bezwingen -, darin, daß sie sich von ihrer feindlichen Gesinnung Gott gegenüber abwendet und sich Ihm wieder zuwendet:

Diejenigen, die Mich verehren, die all ihre Tätigkeiten Mir weihen, Mir ohne Abweichung hingegeben sind, sich im hingebungsvollen Dienen beschäftigen und immer über Mich meditieren, indem sie ihr Bewußtsein fest auf Mich richten - sie befreie Ich sehr schnell aus dem Ozean von Geburt und Tod. (Bhagavadgita. 12.6-7)
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#5
Die Beseitigung des Wissens um die Reinkarnation

Wie gesagt ist es höchst bedauerlich, daß das Gesamtwerk der Lehren Origenes' nicht mehr in vollem Umfang und im Original vorliegt, sondern aus den Schriften anderer, die teilweise seine Gegner waren, rekonstruiert werden mußte. Die Zeugnisse des Wissens um Karma und Reinkarnation sind jedoch trotzdem noch so zahlreich, daß es verwundert, daß und wie es gelingen konnte, sie später bis in die heutige Zeit als bedeutungslos hinzustellen oder zu verschweigen.
Hier finden wir ein Beispiel dafür, wie viel die institutionalisierte Kirche im Laufe der Zeit vom ursprünglichen Gedankengut wegschnitt und abtrennte, um ihr eigenes, enges, selbstgeschaffenes Lehrgebäude zu errichten.

Ja, sie beraubte das Christentum, dessen Verwalter sie zu sein behauptet, um Teile des grundlegenden Wissens über die Zusammenhänge, die den Unterweisungen Jesu Christi für die Menschheit erst Sinn geben. Und die herausgebrochenen Teile dieses Fundaments wurden dann notdürftig mit fragwürdigen Dogmen ersetzt.
Bei der exakten Untersuchung dieser Sachverhalte steht die heutige historische Wissenschaft vor dem Problem, daß zahlreiche Glaubensfanatiker der Vergangenheit oftmals bedenkenlos historische Zeugnisse vernichtet und verfälscht haben und ihre Meinungsgegner nicht nur mit geistigen, sondern vor allem mit politischen oder kriegerischen Mitteln bekämpften.

Der aus einem solchen Kampf hervorgegangene Sieger pflegte dann seine Anschauung als die alleingültige Wahrheit zu verkünden. Will man daher heute feststellen, ob die Lehre der Reinkarnation tatsächlich im Urchristentum enthalten war, muß man auch die politischen Hintergründe jener Zeit aufhellen.

Wie bereits ausgeführt, hatte das frühe Christentum in der Zeit des Origenes noch keine festen Dogmen gekannt, und unter dem Begriff der Kirche wurde noch keine feste Institution verstanden. Die Entwicklung der Kirchenlehre war also hauptsächlich von gewissen theologischen Lehrsätzen bestimmt gewesen, die an Kirchenversammlungen festgelegt worden waren. Erst nachdem das Christentum im 4. Jahrhundert römische Staatsreligion geworden war, entstanden die ersten Dogmen, wobei der Entstehung dieser kirchlichen Glaubenssätze bekanntlich keine innere Systematik zugrunde lag.

Sie wurden nicht als allgemeingültige Glaubenswahrheiten verfaßt, sondern waren ursprünglich Leitsätze zur Abwehr gewisser Glaubensauffassungen, die mit kirchlichen Interessen nicht übereinstimmten und daher zu Irrlehren erklärt werden mußten.
Offiziell nach dem Konzil zu Nicäa (dem ersten großen Konzil der Kirchengeschichte) im Jahre 325 - aber, wie anzunehmen ist, auch schon vorher - begann die bewußte Abänderung oder gar Ausmerzung mißliebiger oder unverstandener Stellen in den Schriften des Neuen Testaments.

Von kirchlichen Behörden eigens zu diesem Zwecke ernannte Corrctores wurden bevollmächtigt, Schrifttexte im Sinne dessen zu »korrigieren«, was nach Ansicht der Machthaber als richtig galt. Es ist wahrscheinlich, daß in jener Zeit zahlreiche Stellen des Neuen Testaments, welche die Reinkarnationslehre betrafen, entfernt wurden.

Diese Praxis wurde auch durch die folgenden drei ökumenischen Konzilien nicht aufgehalten - Konstantinopel (381), Ephesus (431) und Chalcedon (451). Im Gegenteil: Diese arbeiteten Jesus Christus immer klarer als den einzigen Erlöser unseres Zeitalters heraus und stellten jedem »wahren« Christen die Befreiung aus der Sterblichkeit des materiellen Körpers alleine durch das Annehmen Christi - und seiner Kirche! - in Aussicht. Dadurch wurde natürlich die Lehre der Reinkarnation zusehends verdrängt, da sie für den »wahren« Christen nicht mehr zutreffend (und auch nicht mehr erwünscht) war, bis sie schließlich auf dem nächsten, dem fünften Konzil (Konstantinopel, 553) endgültig abgeschafft wurde.

Liest man die Geschichte der Konzilien und der Entstehung der Dogmen nach, muß man zudem feststellen, daß diese vielfach von heftigen Auseinandersetzungen über den rechten Glauben begleitet war. Hierbei ging es meist nicht so sehr um die Grundsätze der Religion oder um das Wohl der Gläubigen, als vielmehr um die Führungsrolle und den Einfluß der Kirche.

Da es sich also letztlich um eine politische Entscheidung handelte, welche Auffassung sich durchsetzte, muß man davon ausgehen, daß in den Dogmen in erster Linie eigennützige kirchliche Interessen ihren Niederschlag fanden. Die spätere Erklärung, bei der Entstehung der Dogmen habe der heilige Geist mitgewirkt oder sie seien gar von Gott offenbart, ist unter diesen Voraussetzungen wenig glaubwürdig.

In diesem Umfeld müssen wir auch die Beseitigung des Wissens um die Reinkarnation betrachten, deren Verlauf im folgenden kurz dargestellt werden soll. Aus vielfältigen, zum Teil machtpolitischen und zum Teil egoistisch-menschlichen Gründen waren also nach dem Tode des Origenes zahlreiche theologische Streitigkeiten um seine Lehren entbrannt, insbesondere auf dem Gebiet der Eschatologie, der »Lehre von den letzten Dingen«.

Und weil Origenes als die überragende Gestalt der frühen Kirche überall anerkannt wurde - er galt als die Autorität schlechthin, und Gegner wie Befürworter beriefen sich auf ihn -, verknüpfte man das Wissen um die Reinkarnation immer mehr mit seinem Namen.
Der Streit und die innerkirchlichen Intrigen um Origenes wurde im Verlauf der darauffolgenden Jahrhunderte immer heftiger und forderte immer dringender eine endgültige Entscheidung. So kam es in der Mitte des 6. Jahrhunderts schließlich zu einem folgenschweren Ereignis, welches in der Konsequenz die Verdrängung und Beseitigung der Reinkarnationslehre aus dem institutionalisierten Christentum auslöste.
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#6
Die Synode zu Konstantinopel (543)

Auf Drängen des byzantinischen Kaisers Justinian I. (527-565) wurde im Jahre 543 in Konstantinopel eine Synode der Ostkirche einberufen, die das erklärte Ziel hatte, die theologischen Differenzen um die Lehren des Origenes (der 300 Jahre zuvor gelebt hatte!) ein für allemal zu beenden. Diese Lehren wurden, ohne Rücksicht auf die Haltung des damaligen römischen Papstes Vigilius, durch die Synode mit neun Anathemata (Bannflüchen) belegt, wobei der für die Frage der Seelenpräexistenz und der Reinkarnation entscheidende erste Bannfluch lautet:

Wenn einer sagt oder meint, die Seelen der Menschen seien präexistent gewesen, insofern sie früher Geistwesen und heilige Mächte gewesen seien, es habe sie aber Überdruß ergriffen an der Schau Gottes und sie hätten sich zum Schlechten gewendet, darum sei die göttliche Liebe in ihnen erkaltet ... und seien zur Strafe in Körper hinabgeschickt worden - der sei anathema (verflucht).

Außerdem wurden (im neunten Bannfluch) auch all diejenigen verflucht, die nicht glauben würden, daß es eine ewige Bestrafung der Dämonen und gottlosen Menschen gebe. All diese Verfluchungen geschahen auf die äußerst persönlich motivierte Anweisung von Kaiser Justinian (und dessen intriganter Gemahlin Theodora), der sich selbst als Oberherrn der Kirche verstand. Über diesen zwielichtigen Kaiser schreibt der Historiker Georg Ostrogorsky in seiner »Geschichte des byzantinischen Staates« (in: »Handbuch der Altertumswissenschaft«, 1963):

Auch als Christ blieb Justinian Römer, und die Idee einer Autonomie der religiösen Sphäre war ihm völlig fremd. Päpste und Patriarchen behandelte er als seine Diener. In derselben Weise wie er das Staatswesen leitete, dirigierte er auch das Kirchenleben, in jede Einzelheit der Kirchenverfassung persönlich eingreifend. (S. 65)

Noch deutlicher drücken es B. Altaner und A. Stuiber in »Patrologie - Leben, Schriften und Lehre der Kirchenväter« (1966) aus:

Mit terroristischer Politisierung der Theologie versuchte Justinian, die geistigen Anreger der Vergangenheit und Gegenwart zu verketzern, hatte aber auch den Ehrgeiz, selbst als theologischer Schriftsteller zu glänzen. (S. 513)

Und Hermann Bauer schreibt in »Der Einfluß Ostroms« (1982):

Umso leichter hatte es Kaiser Justinian, da in Rom Papst Vigilius residierte, der wegen der Ostgotengefahr auf militärische Hilfe des Kaisers angewiesen war und darüber hinaus eine Marionette der Kaisergemahlin Theodora war, der er das Papstamt (537) letztlich verdankte. Die Persönlichkeit des Kaisers, die allgemeine Kriegssituation im oströmischen Reich und dazu die drohende Gefahr, in Palästina durch origenistisch gesinnte Mönchsgruppen noch einer zusätzlichen innenpolitisch-religiösen Kriegsfront gegenüberzustehen, diese Gründe gaben das politische Motiv zur Beseitigung des Wissens um die Reinkarnation.

Ein weiteres Motiv gab Justinians ehrgeizige und herrschsüchtige Frau Theodora. Sie war (nach Procopius) die Tochter eines Bärenwärters im Amphitheater von Byzanz gewesen. Ihren kometenhaften Aufstieg zur Herrscherin des Reiches begann sie als Kurtisane. Um mit ihrer schändlichen Vergangenheit ganz zu brechen, ließ sie später als sittenstrenge Kaiserin 500 ihrer ehemaligen Berufsgenossinnen mißhandeln und martern.

Da sie nach den Gesetzen des Karma (die Origenes in seinen Schriften »De principiis« und »Contra Celsum« unmißverständlich bejaht hatte) in einem späteren Leben für diese Greueltaten hätte büßen müssen, wirkte sie nun beim Kaiser darauf hin, die Wiedergeburtslehre einfach abzuschaffen. Von der Wirksamkeit dieser Aufhebung durch einen »göttlichen Beschluß« muß sie ganz und gar überzeugt gewesen sein.

Aus welchen fragwürdigen Motiven auch immer - Tatsache ist, daß an der Synode der Ostkirche im Jahre 543 Origenes' Lehren verdammt wurden. Die Bannflüche wurden daraufhin unter dem unnachgiebigen Druck Kaiser Justinians von sämtlichen Patriarchen unterzeichnet, einschließlich Papst Vigilius', der 544 eigens zu diesem Zwecke fast gewaltsam nach Konstantinopel gebracht wurde. Mit ihrer Unterzeichnung reihte die Kirche den bedeutendsten und herausragendsten Theologen des frühen Christentums, Origenes, aus rein weltlichen Gründen unter die ketzerischen Irrlehrer.

Mit Sicherheit ist anzunehmen, daß in der Folge in den kirchlichen Dokumenten aufs neue alles entfernt oder verändert wurde, was gegen diese dogmatischen Lehrsätze sprach. Die heutige Geschichtsforschung muß sich also auf Stellen stützen, die offenbar übersehen wurden.
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#7
Das Konzil zu Konstantinopel (553):

Ein historischer Irrtum


Origenes' Lehre von der Präexistenz und der Reinkarnation der Seele wurde dann zehn Jahre später, also 553, durch das fünfte ökumenische Konzil zu Konstantinopel nochmals verurteilt, wobei inhaltlich ungefähr dieselben Bannflüche wie zehn Jahre zuvor ausgesprochen wurden. Dadurch wurde die Reinkarnationslehre offiziell zur »heidnischen Irrlehre« erklärt und rechtmäßig abgeschafft, und somit ist es jedem gläubigen und kirchentreuen Christen seitdem strengstens verboten, an die Reinkarnation zu glauben... - Dies jedenfalls glauben bis zum heutigen Tage praktisch alle Kirchenhistoriker sowie auch der überwiegende Teil der weltweiten Christenheit.

Tatsächlich aber fiel das urchristliche Wissen um die Reinkarnation im Jahre 553 einem fatalen historischen Irrtum zum Opfer. Denn die vermeintlich offizielle Verfluchung der Wiedergeburtslehre war, wie oben beschrieben, lediglich auf eine persönlich motivierte Machtdemonstration des byzantinischen Kaisers Justinian zurückzuführen.

Entweder gingen bedeutende Teile der Konzilsakten, die den Fall Origenes betrafen, durch »Zufall« verloren oder wurden später aus irgendwelchen Gründen gefälscht, oder aber - was wahrscheinlicher ist - es wurde an den acht offiziellen Konzilssitzungen über Origenes und seine Verfluchung gar nicht verhandelt! Denn die Sitzungen befaßten sich laut Protokoll lediglich mit dem Streit um drei von Justinian als Ketzer bezeichnete Gelehrte (den sogenannten »drei Kapiteln«), gegen die der Kaiser schon vier Jahre zuvor ein Edikt erlassen hatte. Von Origenes jedoch ist keine Rede.

Auch die folgenden Päpste Pelagius I. (556-561), Pelagius II. (579-590) und Gregorius (590-604) reden vom fünften Konzil, ohne Origenes auch nur zu erwähnen. Doch obwohl über Origenes in den Konzilssitzungen offenbar nicht verhandelt wurde, findet sich im 11. Canon des Konzils der folgende Bannfluch: »Wer nicht verflucht ... Origenes samt seinen gottlosen Schriften und alle anderen Häretiker, welche verflucht sind von der heiligen katholischen und apostolischen Kirche ..., der sei verflucht.[«]

Vermutlich wurde dieser seltsame Bannfluch von Kaiser Justinian vor Eröffnung des Konzils den Patriarchen vorgelegt, die dann zur Unterzeichnung genötigt wurden.

Interessant ist auch, daß Papst Vigilius bewußt an keiner einzigen Sitzung teilnahm, obwohl er sich auf Geheiß des Kaisers während der fraglichen Zeit (5. Mai bis 2. Juni 553) in Konstantinopel aufhielt. Aus diesem Grunde stand dem Konzil nicht wie üblich der Papst vor, sondern der Patriarch von Konstantinopel, Eutychius, ein treuer Diener Kaiser Justinians. Ebenfalls interessant ist, daß von den anwesenden 165 Bischöfen nur einige wenige aus den Westländern zugelassen waren, während die anderen eine Teilnahme unter diesen Voraussetzungen ablehnten.

Das heißt: Das Konzil zu Konstantinopel war praktisch eine ganz persönliche Versammlung Kaiser Justinians, auf dem er mit seinen von ihm abhängigen Vasallen (gegen den Protest des Papstes und der römischen Bischöfe) die Lehre von der Vorexistenz der Seele willkürlich mit Fluch und Bann belegte und damit der ursprünglich christlichen Lehre der Reinkarnation die Grundlage entzog.

Aufgrund der Tatsache, daß sich Papst Vigilius geweigert hatte, am Konzil zu Konstantinopel teilzunehmen, wird von einigen fortschrittlichen katholischen Gelehrten neuerdings bezweifelt, ob dieses Konzil und die damaligen »Beschlüsse« überhaupt für die Katholiken kirchenrechtliche Gültigkeit besitzen, ob, mit anderen Worten, die Lehre von der Reinkarnation nicht nach wie vor ein Teil des kirchlichen Gedankengutes sei.

Das vierwöchige Konzil endete am 2. Juni 553, aber erst am 8. Dezember 553 unterzeichnete Papst Vigilius unter dem unnachgiebigen Druck des Kaisers und aus Angst vor der Exkommunikation (!) und vor der Ernennung eines Gegenpapstes schließlich die Konzilsakte - vermutlich ohne etwas über die vorherigen Abmachungen gegen Origenes zu wissen. »Alles in allem also eine höchst zweifelhafte Angelegenheit. Von Rechtmäßigkeit keine Spur!«, schreibt Rudolf Passian in seinem Buch »Wiedergeburt - Ein Leben oder viele?« (S. 223).

Wer sich in kurzer Form über die Art, wie man Glaubensdifferenzen zu Zeiten der ersten fünf ökumenischen Konzilien auszutragen pflegte, informieren möchte dem sei die kleine Schrift von Dr. iur. Robert Kehl, »Ein sonderbarer Heiliger Geist«, empfohlen. Kehl fordert von den Kirchen, »wenn sie wieder glaubwürdig werden wollen«, eine klare Distanzierung von jenen Konzilien und den dort (vor dem Hintergrund von Terror und Intrigen) gefaßten Beschlüssen.


Der Reinkarnationsglaube ist nicht unchristlich!

Der dubiose Bannfluch Kaiser Justinians 300 Jahre nach Origenes' Tod ist von der Kirche bis heute offiziell nicht revidiert worden. Im Gegenteil: Die Überzeugung, der Fluch sei ein Teil der gültigen Konzilsbeschlüsse, setzte sich trotz aller Ungereimtheiten im Laufe der Jahrhunderte allmählich im Denken der Kirche fest. Dennoch bleibt es eine Tatsache, daß das vermeintliche Verbot der Reinkarnationslehre, wenn wir es genauer betrachten, nichts weiter ist als ein Geschichtsirrtum ohne jede ökumenische Gültigkeit.

Oder anders ausgedrückt: Es ist den Christen nicht offiziell verboten, an Reinkarnation zu glauben! - Die Reinkarnationslehre ist dem Christentum durchaus nicht fremd, wohl aber dem Kirchentum ...
Denn später wurde die Reinkarnationslehre von der Kirche im Konzil zu Lyon (1274) und im Konzil zu Florenz (1439) erneut aufs schärfste verurteilt. Daraufhin wurden die Anhänger dieser Lehre unerbittlich verfolgt und oft sogar hingerichtet.

Das in diesem Zusammenhang wohl berühmteste Beispiel ist der bereits in Kapitel 5 erwähnte italienische Gelehrte und ehemalige Dominikanermönch Giordano Bruno (1548-1600). Für sein philosophisches Bekenntnis zur Lehre der Seelenwanderung brachte man ihn im Jahre 1592 vor das christliche Inquisitionsgericht, das ihn nach langer Gefangenschaft schließlich zum Feuertode verurteilte. Am 17. Februar 1600 wurde er auf dem Campo dei Fiori in Rom öffentlich auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Als Gründe für diese Praxis wurden angegeben, daß der Reinkarnationsgedanke im Widerspruch zu verschiedenen christlichen Dogmen der Eschatologie (Lehre von den letzten Dingen) stünde, so zum Beispiel zum Dogma der Auferstehung des Leibes oder zur Grundlehre, daß sich in diesem einen Leben das Heil oder Unheil des Menschen entscheide und daß die Seele unmittelbar nach diesem einen Erdenleben in den ewigen Himmel oder in die ewige Hölle gehe. Außerdem beinhalte sie von der Kirche verurteilte Meinungen wie die der anima separata (vom Leib unabhängige Seele) oder der Präexistenz der Seele.

Aus dem Buch" Reinkanation " von Roland Zürrer (Zürich)
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#8
Wäre Reinkarnation ein uralter christlicher Glaubensbestandteil, müsste dieser Glauben zumindest im Judentum vorkommen.

Zudem widerspricht die Reinkarnation der Lehre von der (einmaligen!) Wiederauferstehung zum Jüngsten Gericht.
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#9
Hallo
wollte nur sagen das Reinkarnation in Judentum vorkommt, allerdings wohl in erster Linie im hassidischem Judentum
http://www.hagalil.com/schweiz/israelit/kabbala.htm
Zitat:"Was ist im Judentum unter «Gilgul», «Ibbur», «Reinkarnation» und «Seelenwanderung» zu verstehen?"

Das Thema des «Gilgul Neschamot» (wörtl. Rollen der Seelen) ist in der Tora nicht explizit erwähnt. Im «Sohar» (Leuchten) in Paraschat «Mischpatim» unter dem Titel «Saba de Mischpatim» (Grossvater oder Alter Mann der Paraschat Mischpatim) werden die Geheimnisse der Reinkarnation ausführlich diskutiert. Weiterführend griff auch der Arisal (Rabbi Yitzchak Luria) in seinem Buch «Schaar ha Gilgulim» (Die Tore der Reinkarnation) dieses Thema auf. Der Grund warum wir im Tenach keine ausführliche Erwähnung – ausser Andeutungen – finden, wird damit begründet, dass G’tt dem Menschen die freie, eigenverantwortliche Wahl lässt, zu tun und lassen was immer er möchte. Ist der Mensch, so die Begründung unserer Weisen, zu sehr mit der Reinkarnation als «Bestrafung» konfontiert, wird er unter Umständen apathisch seinem «Schicksal» entgegendämmern. Eine Vertiefung dieses Themas würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, deshalb beschränken wir uns hier auf die Erwähnung einiger Werke, die sich intensiv mit der Thematik auseinandersetzen.
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#10
Verstehe.
Da zudem die Wiederauferstehungslehre nicht urchristlich ist ändert das einiges.
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#11
Hallo Peter,

Du hast ausführlichst die Zusammenhänge dargelegt.

Ziel des heutigen Menschen sollte es sein, sich dieses verlorene Wissen weider anzueignen, dazu eignet sich auch die Literatur des Platon.

Origenes war der letzte große Theologe, der noch im Besitz dieses verloren gegangenen Wissens war. Seine Werke sind ausführlichst beschrieben in "Robert Sträuli: ORIGENES, der Diamante" erschienen im ABZ-Verlag Zürich !


Kennt jemand auch diesen Link ?

http://www.christadelphian.de/nord/brain.htm
Vernunft und Glaube


Gruß

Arius
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