Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Papst Pius XII - Der Papst der geschwiegen hat?
#1
Der Seligsprechungsprozess Papst Pius des XII. durch Benedikt XVI. ist in vollem Gange; jedoch will der amtierende Papst das Dekret zur Seligsprechung Papst Pius des XII. aus "Sorge um die Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und den Juden vorerst nicht unterzeichnen", wie Pater Peter Gumpel, der in der vatikanischen Abteilung für Heilig - und Seligsprechungen arbeitet, im Juni 2009 bekannt gab.


Verschiedene Autoren befassen sich in ihren Werken mit dem Ponifikat Pius des XII. und berücksichtigen dabei vor allem seine Haltung zum Holocaust und zum 3. Reich.

Wenn man sich einen groben Überblick über die verschiedenen erschienenen Biographien macht, so erkennt man schnell, dass unter Historikern längst keine Einigkeit über die historische Person Eugenio Pacelli (1876-1958) und seine Haltung zum NS-Regime herrscht.
So will ich nur kurz zwei sehr widersprüchliche und kontroverse Bücher zu Papst Pius XII. nennen und versuchen, ihren Inhalt treffend zusammenzufassen:

-"Der Papst, der geschwiegen hat" ((John Cornwell)1999):
Cornwell befasst sich sehr kritisch mit der Haltung des damaligen Papstes zum NS-Regime.
Er wirft Pius XII. "entscheidende Mitschuld am Holocaust" vor und bezichtigt ihn des Schweigens bezüglich der Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die von den Nazis verübt wurden.
Er wirft Pacelli "antisemitische Tendenzen" vor und bezichtigt ihn der "Zusammenarbeit mit faschistischen Führern"; nämlich mit Mussolini durch die Lateranverträge 1929 und mit Hitler durch das Reichskonkordat 1933.
Der englische Originaltitel des Buches, "hitlers pope", verdeutlicht gut die drastische Darstellung Cornwells. Außerdem ist Cornwells Biographie unter Historikern extrem umstritten.


-"Der Papst, der Hitler trotzte" ((Michael Hesemann)2008):
Hesemann befasst sich nach eigenen Angaben neutral mit Eugenio Pacelli und versucht, ihn zu rehabilitieren und seine Unschuld am Holocaust und am 2. Weltkrieg zu bestätigen, die ihm von Cornwell vorgeworfen wird. Er beschreibt die zahlreichen Beziehungen Pacellis zu jüdischen Freunden und zudem kommt er zum Schluss, dass Pacelli "durch persönlichen Einsatz den Juden und anderen Opfern des Krieges half und seine Stimme gegen das Unrecht erhob".
Schließlich beurteilt er Papst Pius XII. als "subtilen Gegenspieler des Nazi-Terrors", der "der braunen Diktatur nach Kräften trotzte".
Auch hier lässt der Titel des Werkes nicht unbedingt auf Neutralität des Autors schließen. Seit Veröffentlichung des Buches (2008) hat der Autor Michael Hesemann freien Zutritt zum vatikanischen Geheimarchiv.



Abschließend ist also eure Meinung zu folgenden Fragen erbeten:


Sollte Papst Pius XII. selig gesprochen werden?

War er Hitlers Papst oder der Papst, der Hitler trotzte?



Bei solch einem brisanten Thema sollte man darauf achten, möglichst viele Argumente mit Fakten zu untermauern Evil5 und sich speziell auf den Zeitabschnitt 1933-1945 zu beziehen und nicht die allgemeine oder momentane Beziehung des Judentums zu Rom zu thematisieren.
Hoffentlich interessiert sich überhaupt irgendjemand für derartige historische und kirchenpolitische Fragen.
Zitieren
#2
Hallo Lord,erkläre bitte mal was Seligsprechung überhaupt darstellen soll , meint ihr das Gott darauf hört oder was steckt für ein Sinn dahinter?
Für einen echten Heiligen müßte es doch eine grausigkeit sein , Selig gesprochen zu werden.
Da ja Gott und nicht der Mensch im Mittelpunkt steht , und auf ihn und nicht auf Menschen hingewiesen werden.
Das heißt ein Heiliger stellt sich immer zugungten Gottes zurück , aus dem Blickfeld heraus.
Deshalb versteh ich keinen Sinn dahinter , was soll sich denn für einen Toten Menschen dadruch ändern wenn er jetzt Selig gesprochen ist?
jam
Zitieren
#3
Zitat:Deshalb versteh ich keinen Sinn dahinter , was soll sich denn für einen Toten Menschen dadruch ändern wenn er jetzt Selig gesprochen ist?

Die Seligsprechung ist die Ehrung eines versorbenen Christen, in die Gruppe der anderern Selig - bzw. Heiliggesprochenen aufgenommen zu werden.
Dabei zählt der "advocatus dei" die Argumente für eine Seligsprechung auf, und der "advocatus diaboli" (an dieser Stellen einen ganz herzlichen Gruß an petronius Wave) zählt die Argumente auf, die dagegen sprechen. Allerdings wurde der advocatus diaboli 1983 in "promotor justitiae" (Förderer der Gerechtigkeit) umbenannt.

Es geht diesmal nicht um Interpretationsfragen, ob der Heilige sich nun zurücknehmen sollte oder nicht, sondern einfach um die politische und historische Debatte, die die bevorstehende Seligsprechung Papst Pius XII. ausgelöst hat, weshalb ich die Frage in "Politik und Soziales" gestellt habe.
Deshalb bitte ich darum, nicht den Sinn von Seligsprechungen zu hinterfragen, sondern speziell den Sinn und die Pro - und Kontra-argumente für die bevorstehende Seligsprechung Papst Pius des XII. zu diskutieren.
Zitieren
#4
Nein, diesmal werd ich mich zurückhalten :icon_rolleyes:
-=[... der mit der Quinte tanzt ...]=-
Zitieren
#5
ob hr. pacelli privat jüdische freunde hatte, weiß ich nicht

offiziell ist er wohl nicht als beschützer des judentums in erscheinung getreten - so wie seine ganze kirche nicht. widerstand gegen hitler gab es afaik nur dort, wo es die rkk betraf - nicht aber, wenn es um rassisch oder politisch verfolgte ging. dazu kommt noch die "rattenlinie", über die der vatikan nazis nach kriegsende nach lateinamerika und damit in die freiheit schmuggelte

es fällt mir also schwer, hier einen anlaß zur seligsprechung zu erkennen - andererseits ist mir so was auch ziemlich egal

wenn ein kaiser karl, der begeistert die giftgaseinsätze an der isonzofront befahl, selig gesprochen wird, nachdem sich die krampfadern einer nonne gebesssert haben, und nun eine "gebetsliga" für die seligsprechung des feschisten jörg haider knierutscht (http://heiligerhaider.wordpress.com/ angeblich kein
hoax)
, so scheint eine allzu ernsthafte beschäftigung mit dem katholischen heiligenkult durchaus entbehrlich
Zitieren
#6
Die Seligsprechung ist ein innerkirchlicher Akt, daher ist es von aussen her etwas schwer nachvollziehbar, was es damit auf sich hat. Aber darum ging es ja auch nicht.
Ich beschränke mich auf die 2. Frage vorerst. Nein, Papst Pius XII war nicht Hitlers Papst - schon allein diese Verknüpfung halte ich für äusserst grotesk - und was das Trotzen angeht, also den Widerstand, vollzog sich das auf subtile Art und Weise. Dieses "Entweder-Oder" bringt uns auf eine unbefriedigende Spur.
Zitieren
#7
Zitat:Dieses "Entweder-Oder" bringt uns auf eine unbefriedigende Spur.

Das stimmt.
Aber in der Forschung gibt es gerade bei Pius XII. eine große Kluft zwischen "entweder - oder".
Ich finde es allerdings auch besser, sich auf etwas dazwischen zu einigen.
Zitieren
#8
Zitat:dazu kommt noch die "rattenlinie", über die der vatikan nazis nach kriegsende nach lateinamerika und damit in die freiheit schmuggelte

Ein sehr gutes Argument. U.a. wurde dort Walter Rauff (der Erfinder des Gaswagens) in die südamerikanische Freiheit überführt.

Zitat:so scheint eine allzu ernsthafte beschäftigung mit dem katholischen heiligenkult durchaus entbehrlich

Man kann ja auch auf die möglichen Auswirkungen auf die katholisch - jüdischen Beziehungen bei tatsächlicher Seligsprechung Papst Pius des XII. eingehen...
Zitieren
#9
Ja dann reden wir nämlich nicht mehr mit solchen Leuten Icon_wink
ihr habt uns doch schon genug geäergert.

jam
Zitieren
#10
Zitat:Hoffentlich interessiert sich überhaupt irgendjemand für derartige historische und kirchenpolitische Fragen.

:icon_cry: Wohl eher nicht. Ist ja auch nicht mehr so aktuell und man kann nicht erwarten, dass jeder Lust hat, sich mit solch einem Thema zu beschäftigen.

Ich werde es sicherlich demnächst mal mit einem anderen Thema versuchen :icon_wink:
Zitieren
#11
Zitat:Sollte Papst Pius XII. selig gesprochen werden?
War er Hitlers Papst oder der Papst, der Hitler trotzte?
Seligsprechungen können jedem Nichtkatholiken voll am Allerwertesten vorbeigehen. Wenn sich die Katholische Kirche damit Negativschlagzeilen einhandeln will, ist das voll ihr Bier.
Zum Papst kann man kurz und knapp bemerken:
a) hackt kein Antisemit einem andern Antisemiten ein Auge aus. Der religiös bedingte, seit Jahrhunderten in Europa verbreitete Antisemitismus war keine Erfindung von Faschisten oder Anhängern von irgendwelchen darwinschen Rassentheorien (wie gerade Vertreter der Katholischen Kirche bis heute immer wieder frech und wider alles historische Wissen behaupten), sondern eine rein christliche Erfindung, und Judenpogrome gab`s in Deutschland bekanntlich schon lange, bevor Worte wie "Deutschland" und "Nationalsozialismus" erfunden wurden ... der Papst konnte wohl kaum die Nazis für etwas rügen, was gläubige (katholische) Christen jahrhundertelang begeistert durchgeführt hatten...
b) wurde der faschistische Antisemitismus durch die Verbindung mit Rassen- und ähnlichen Theorien gezielt von seiner religiösen (christlichen) Wurzel abgetrennt, und dadurch wurde er für sie gefährlich, schließlich ist das ganze Christentum nichts anderes als eine jüdische Sekte, mit jüdischem Gottvater, jüdischer Gottesmutter, halb-(?) jüdischem Gottessohn, einem voll jüdischen Alten Testament etc., etc. ... sprich jeder Nazi, der die Sache ernst nimmt, ist automatisch antichristlich eingestellt, und das war dem Papst durchaus bewußt. Die Nazis hatten übrigens tatsächlich Pläne, unmittelbar nach dem "Endsieg" in Europa, also so ungefähr in den 50er Jahren, den Papst erst in sogenannte "Schutzhaft" zu nehmen und später "verschwinden" zu lassen, vielleicht auch im Rahmen irgendeines Schauprozesses hinzurichten, und anschließend sollte das gesamte Christentum sukzessive und zügig ausgerottet werden... (ich empfehle das Buch "Vaterland" von Robert Harris. Eine Fiktion, in der Nazideutschland den Krieg gewonnen hat... gruselig!) - Der Papst hatte also durchaus allen Grund, mehr als vorsichtig zu taktieren und sich nicht die Blöße zu geben, sich die Nazis ganz offen zu Feinden zu machen - und wenn er das riskiert hätte, dann garantiert nicht über die Judenfrage (siehe a))!
Zitieren
#12
Persönliche Vermutungen aufgrund von Verschwörungstheorien?
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Zitieren
#13
(08-07-2009, 13:15)Ekkard schrieb: Persönliche Vermutungen aufgrund von Verschwörungstheorien?
Nö, das ist nicht auf meinem Mist gewachsen, aber frag mich nicht nach den Links, ich notier` mir nicht alles, was mir wo entgegenwächst... aber ganz ehrlich, hast Du allen Ernstes geglaubt, daß ein europa- (und bald die Welt blah blah) beherrschendes Nazideutschland mit seinem protzig gefeierten Neuheiden-Germanen-Ariertum-Mischmasch so eine mittelalterliche, selber chronische nach Weltherrschaft schielende und (obendrein) jüdische Parallelstruktur wie das Christentum lange geduldet hätte?
Zitieren
#14
Kommentar gelöscht, da mir die Diskussion viel zu sehr abdriftet.
Zitieren
#15
Das Nazisystem hatte bekanntlich Methoden, seine Ansichten durchzusetzen... (unterstelle mir hier niemand irgendwelche Sympathien für die Brut, mein Vater war als bekennender Katholik/Sozialdemokrat/überzeugter Nazigegner in Dachau, danach in der berüchtigten "Bewährungstruppe" 999 in Rußland...)
und allzuviel "Änderungen" hätten sie im religiösen Sinne gar nicht durchführen müssen, das Christentum hat ja selber fleißig aus dem religiösen Fundus geklaut, z. B. mit irgendeiner germanischen Muttergöttin anstelle von Maria, Hakenkreuz statt "normalem" Kreuz, Jul- oder Lichterfest statt Weihnachten etc.... sicher hätten sich gerade die alten Leute an ihren überkommenen Glauben geklammert, aber die Jugend wäre ziemlich geschlossen der neuen Denkart gefolgt, und die Alten haben bekanntlich die Eigenart, früher oder später wegzusterben (wenn sie nicht mit Absicht in irgendeinem Krieg verheizt oder sonstwie beseitigt worden wären) - das ist übrigens heute so ziemlich ein Problem nicht nur der Katholischen Kirche - wenn man in den berühmten "kleinen Dörfern auf dem Lande, wo die Kirche noch mitten im Ort steht", wie es in der Werbung so schön heißt, an einem beliebigen Sonntag (nicht grad zu den Hochfesten) die Messe besucht, wird man feststellen, daß die Hauptmasse der Besucher aus alten Weiblein mit Kopftuch besteht, von denen die meisten in den nächsten 10 - 20 Jahren in die Grube hüpfen... mit Jugend ist heute nicht mehr viel zu wollen, Lieder-Gottesdienste, Papstmanie etc. sind nur noch reine Event-Kultur, nichts dauerhaftes und schon gar nicht etwas, was lebenslänglich durchhält. Nichts, worauf eine Religion feste Strukturen oder sogar Machtphantasien aufbauen könnte.
Zitieren


Möglicherweise verwandte Themen…
Thema Verfasser Antworten Ansichten Letzter Beitrag
  Papst fordert von Kiew Mut zu "weißer Fahne" Sinai 72 3542 13-03-2024, 13:42
Letzter Beitrag: Geobacter
  Papst empfängt italienische Weinhändler Sinai 7 424 23-01-2024, 22:08
Letzter Beitrag: Ekkard
  Wie steht Papst Franziskus zum Marxismus ? Sinai 18 1506 15-01-2024, 22:50
Letzter Beitrag: Geobacter

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste