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Eingeborene
#1
Was sollten die Kolonialherren den Eingeborenen aus der Bibel nicht vorlesen, wenn sie diese für sich ausnutzen wollen?
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#2
"die Kolonialherren" haben Eingeborenen nie aus der Bibel vorgelesen. Dazu gab es Prügel und Macheten. Die Christianisierung kam erst später. Aus verschiedenen Stellen des NT ergibt sich die Gleichwertigkeit eines jeden (bekehrten) Menschen (Gotteskindschaft!). Man müsste schon sehr viele Stellen insbesondere der Bergpredigt "nicht vorlesen". Die Botschaft der Solidarität (Nächstenliebe, Barmherzigkeit) ist so vielfältig verschlüsselt, dass es mit einer selektiven Bibellektüre nicht getan ist. Man dürfte unter der unterstellten Prämisse gar nichts vorlesen.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#3
Guten Abend an alle,
ich melde mich heute erstmals schriftlich, lese seit Tagen intensiv alle Beiträge.
Zu diesem Thema fällt mir folgendes ein: Die Ureinwohner eines jeden eroberten Gebietes in der Welt sprachen ihre jeweils eigene Sprache, also weder englisch, französisch oder spanisch. Die Eroberer mußten zuerst die neue Sprache lernen, oder den Ureinwohnern ihre Sprache beibringen, bevor sie überhaupt hätten verstanden werden können. Wie sollen sie da aus der Bibel vorgelesen haben, um zu bekehren oder missionieren. Der erste Schritt war sicher sehr gewaltsam und brutal, um diese Menschen, die nicht als zivilisierte Menschen gesehen wurden, zu unterwerfen und sie dazu zu bringen, für die neuen "Herren" zu arbeiten.
Mission war erst der zweite, wenn nicht gar dritte Schritt.
freundliche Grüße
Soruna
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#4
(17-05-2009, 18:18)soruna schrieb: Der erste Schritt war sicher sehr gewaltsam und brutal, um diese Menschen, die nicht als zivilisierte Menschen gesehen wurden, zu unterwerfen und sie dazu zu bringen, für die neuen "Herren" zu arbeiten.
Mission war erst der zweite, wenn nicht gar dritte Schritt.
Missionierung war immer Unterdrückung im Namen der Bibel .. also reines Machtgehabe , welches sich bis heute fortgesetzt hat .
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#5
(17-05-2009, 18:18)soruna schrieb: Zu diesem Thema fällt mir folgendes ein: Die Ureinwohner eines jeden eroberten Gebietes in der Welt sprachen ihre jeweils eigene Sprache, also weder englisch, französisch oder spanisch. Die Eroberer mußten zuerst die neue Sprache lernen, oder den Ureinwohnern ihre Sprache beibringen, bevor sie überhaupt hätten verstanden werden können. Wie sollen sie da aus der Bibel vorgelesen haben, um zu bekehren oder missionieren.

Hallo Soruna,

vorerst einmal, sei mir herzlich willkommen!


Es war damals ebenso, wie es heute ist.

Um den Eingeborenen "das Christentum" zu bringen, hätte niemand auch nur einen Finger krumm gemacht. Es ging um handfeste wirtschaftliche Interessen. Die "Katholischen Könige" brauchten die Reichtümer, die ihnen die Eroberer versprachen und auch lieferten. Das Gold und Silber, das aus Amerika nach Spanien geschafft wurde, half Kriege zu führen und die Macht auszubauen. Und ein guter Teil des Schatzes, der den Indios geraubt wurde, ist heute noch zu bewundern. In den Kirchen Spaniens! Das Gold und Silber, das dort "zur Ehre Gottes" glänzt, ist dem Land ein Denkmal der Schande.

MfG E.
MfG B.
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#6
es heißt "indigene Kulturen" nicht "Eingeborene" Evil5

Das Leben ist doch wunderbar, drum nehm ich Psychopharmaka!
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#7
@sonne
geschenkt, aber dann dürfte der Titel auch nicht so stehen bleiben
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#8
(18-05-2009, 22:14)Sonne schrieb: es heißt "indigene Kulturen" nicht "Eingeborene" Evil5

Eine (sehr junge) Begriffsneubildung, die im deutschen Sprachraum wohl schlechtes Gewissen beruhigen soll. Doch "wie es heißt" muss jeder für sich selbst wissen.

indígena (span) heißt auf Deutsch eingeboren; einheimisch; Eingeborener, Einheimischer

Delikat ist, dass der neue Begriff anteilig aus der Sprache jener Nation entlehnt wurde, die für die Verbrechen in Spanisch-Amerika überwiegend verantwortlich war. Wer sich besser fühlt, "indigene Völker" statt "Eingeborene" zu verwenden, der soll es tun.
MfG B.
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#9
Die Bergpredigt und alle Teile der Bibel, worin die Würde und Freiheit des Menschen betont wird.

*das Wort "Eingeborene" ist ehrlicher.
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#10
(19-05-2009, 00:25)Epicharm schrieb: Delikat ist, dass der neue Begriff anteilig aus der Sprache jener Nation entlehnt wurde, die für die Verbrechen in Spanisch-Amerika überwiegend verantwortlich war. Wer sich besser fühlt, "indigene Völker" statt "Eingeborene" zu verwenden, der soll es tun.

Es ist dem Lateinischen entlehnt, ist politisch und wissenschaftlich der korrekte Begriff. Sonst könnte ich auch von einer "einheimischen Rasse" sprechen. Wobei es hier wahrscheinlich nicht lange dauern wird, bis mir die ersten empörten Kritiken bei der Verwendung dieses Begriffs entgegenschlagen würden.
Der Begriff stammt übrigens aus den 80er Jahren. Es ist also kein so junger Begriff, wie du meinst... sondern Gang und Gäbe.
Übrigens wird auch in anderen Sprachen in wissenschaftlichem Kontext nicht von natives (engl.) oder ähnlichem gesprochen.
Da hier soviele auf korrekte theol. Ausdrücke wert legen, wünsche ich mir das auch im kulturwissenschaftlichen Bereich. Schließlich ist Religion Teil der Kulturwissenschaft.
Beste Grüße
Sonne

Das Leben ist doch wunderbar, drum nehm ich Psychopharmaka!
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#11
(19-05-2009, 07:00)Marlene schrieb: Die Bergpredigt und alle Teile der Bibel, worin die Würde und Freiheit des Menschen betont wird.
"Würde des Menschen" und Begriffe wie "Freiheit" gehen auf die Aufklärung zurück und existierten vorher schlichtweg höchstwahrscheinlich nicht. Das ist also zur Zeit des Kolonialismus auch der Bergpredigt nicht rauszulesen.
Zudem richtet sich diese an Juden (zur Kolonialzeit an Christen) und hat deshalb keine Gültigkeit für andere.

Grüße Sonne

Das Leben ist doch wunderbar, drum nehm ich Psychopharmaka!
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#12
(19-05-2009, 07:00)Marlene schrieb: Die Bergpredigt und alle Teile der Bibel, worin die Würde und Freiheit des Menschen betont wird.

(20-05-2009, 20:07)Sonne schrieb: "Würde des Menschen" und Begriffe wie "Freiheit" gehen auf die Aufklärung zurück und existierten vorher schlichtweg höchstwahrscheinlich nicht. Das ist also zur Zeit des Kolonialismus auch der Bergpredigt nicht rauszulesen.
Zudem richtet sich diese an Juden (zur Kolonialzeit an Christen) und hat deshalb keine Gültigkeit für andere.
Verdächtig ist eine Formulierung, die die Begriffe "schlichtweg" und "höchstwahrscheinlich" in Beziehung setzt. Zugegeben, "Würde" ist ein abstrakter Sammelbegriff, der in der Bergpredigt als solcher nicht vorkommt. Aber es kommt alles vor, was diesen Begriff ausmacht: wichtig sein (Mt. 5, 13), für andere da sein (Mt. 5, 10), Vorbild sein (Mt. 5, 14) und vieles mehr. Die Bergpredigt enthält ein bestimmtes, durch Würde gekennzeichnetes Bild des vorbildlichen "seligen" also sozialen Menschen.

Auch "Freiheit" kommt nicht vor, vermutlich, weil Jesus sie innerlich meinte: "Mein Reich ist nicht von dieser Welt". Aber in der der Bergpredigt unmittelbar voraus gehenden Versuchungsgeschichte wird dargestellt, dass der Mensch sich nicht zum Sklaven seiner Interessen machen soll. Exakt soweit muss Freiheit gehen. Dass man auch die Freiheiten anderer nicht beschneiden soll, geht aus dem Tötungsverbot hervor, das ja auch einschließt, das Umfeld anderer zu bewahren und zu schützen.

Ich denke man kann alten Texte nicht unreflektiert gewisse moderne Wertvorstellungen nur deshalb vorenthalten, weil sie damals in der heutigen "gesammelten" oder "kondensierten" Form nicht vorkamen.

Richtig ist, dass sie während der Aufklärung aus bereits vorhandenen Vorstellungen in der heutigen Form entwickelt wurden. Das voraus gehende Mittelalter hatte die Hierarchie und den Gehorsam derart stark betont, das die neueren Erkenntnisse zu einer kollektiven Haltung des Ungehorsams geführt hatten. Luthers Schlagwort von der (biblisch begründeten) "Freiheit eines Christenmenschen" hatte daran nicht unmaßgeblichen Anteil.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#13
Hallo Ekkard,
nun, da möchte ich mit Albert Schweitzer kontern, der meint, dass jede Generation, jede Strömung in Jesus (und auch die Bibel) ihre ethischen Ideale hineininterpretiert. Also genaugenommen stülpt ihr der Jesusfigur aus eurer Sicht der Dinge eure ethischen Normen der "Menschenwürde" und "Freiheit" auf.
Du meinst vielleicht, dass diese Abstrakta das codieren was Jesus sagt. In einer anderen Zeit, wird/wurde das ganz anders gesehen. Die Bergpredigt enthält also ein gerade aktuelles Bild des Idealtypos in deren Interpretation.
Zitat:Ich denke man kann alten Texte nicht unreflektiert gewisse moderne Wertvorstellungen nur deshalb vorenthalten, weil sie damals in der heutigen "gesammelten" oder "kondensierten" Form nicht vorkamen.
Das will ich auch nicht tun. Man kann auch "Moby Dick" postmodern lesen. Icon_smile Nur scheint mir, haben wir eine unterschiedliche Herangehensweise. Du möchtest aus den alten Texten wohl ein Leitbild für die aktuelle Zeit ableiten, was durchaus Sinn macht.
Ich möchte den Text in der Zeit kontextualisieren und damit einen Blick aus einer der vielen Perspektiven auf die Kolonialisierung werfen. Mein Zugang ist historisch, deiner eben postmodern Icon_smile
Also nix für ungut.
Sonne

PS: Bei dem ersten Satz habe ich mich wohl etwas arg kapriolisch vertänzelt.

Das Leben ist doch wunderbar, drum nehm ich Psychopharmaka!
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#14
Nein, das Leitbild war immer da, Beispiel die Forderung nach Sanftmut (Güte). Der Blick war verstellt, und wurde erst von der Aufklärung "befreit". Unsere Blicke sind heute auch wieder verstellt: Gier regiert die Welt und bringt Verderben und Tod - nur in der Form einer schrankenlosen Geldvermehrung.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#15
Also Ekkard,
gerade hast du aber einen sehr dramatischen Ton drauf...Eusa_boohoo

Das Leben ist doch wunderbar, drum nehm ich Psychopharmaka!
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