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Dogmatismus Warum? Wieso? Weshalb?
#31
Hallo Presbyter,
danke, dass du überhaupt geantwortet hast. Meine Fragen zielten auf eine Diskussion hin, die die Dogmen mitten in das Leben hinein nimmt -gelebter und erlebbarer Glaube -, gleichzeitig hinterfragt. Ich finde das gut und notwendig.
Wechselseitig, also stets in Beziehung stehend, ist doch alles, was uns umgibt. Und der Glaube gehört dazu.
Warum ich "katholisch" derart beschreibe, hat seinen Grund. Allumfassend, wie es vom Wort her verstanden werden kann, erlaubt die Öffnung nach Innen und Aussen, in die Weite und Tiefe; Transzendenz und Immanenz, im Alltag, im Gebet, in der Begegnung, in der Stille, im Gottesdienst...
Presbyter, sei sicher, es ist mehr an Fülle da, als wir uns vorstellen können. Für alle.

Eine gute Fastenzeit
Gruß Marlene
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#32
Fastenzeit..
oh je...
ich möchte auch mal wieder Essenfasten...

soll jetzt keine Veralberung sein...fühl mich nur im Moment nicht fit genug dazu...und es soll ja keine Qual sein, oder?
(Aber bitte anderes Thema, nicht in diesem Thread..nur wenn es sich auf Dogmen bezieht...:icon_biggrin: kann man mit Fasten ja auch machen)


ich finde alle euer Antworten interessant, auch deinen Gedanken melek...

aber ich setzt jetzt noch mal eine Antithese:

Haben sich Christen den Kopf wegen Christus gegenseitig eingeschlagen
oder haben sich Christen wegen der Dogmen den Kopf gegenseitig eingeschlagen (sprich: umgebracht)
Also führen Dogmen von Gott weg und nicht zu ihm hin.

Was meint ihr?
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#33
Widerspricht mir hier keiner?

Aber zustimmen tut auch keiner...

Mir ist nochmal ein weiterer Gedanken gekommen...
(ich bin ja noch nicht zu Ende mit dem Dogmatismus)

Dogmatismus und Autorität gehören zusammen...

Autoritätsgläubigkeit macht sich an Dogmen fest und gibt ihnen zuviel Raum?

das Problem sind nicht die Dogmen, sondern die unumstößliche Autoritätsgläubigkeit, egal was die Autorität sagt????
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#34
(25-02-2009, 14:41)miriam schrieb: ... eine Antithese:

Haben sich Christen den Kopf wegen Christus gegenseitig eingeschlagen
oder haben sich Christen wegen der Dogmen den Kopf gegenseitig eingeschlagen (sprich: umgebracht)
Also führen Dogmen von Gott weg und nicht zu ihm hin.
Ich denke, die Glaubenskriege (z. B. der Dreißigjährige 1618-1648) haben ganz andere Ursachen als Dogmen.
Dazu muss man sich die Parteiungen und die Kriegsherren ansehen. Der primäre Gedanke der Fürsten war einerseits territoriale Integrität und andererseits Gewinn: Ablösung alter Abhängigkeiten, Land, Güter.

Es gab einfach Fürsten, die sich von der ehemals römischen Einheitskirche (und deren Dogmen) abwandten, weil sie frei koalieren wollten und sich nicht dem (katholischen) Kaiser unterordnen. Die römische Kirche stand einfach auf der 'falschen' Seite, weil ihr der (katholische) Kaiser der Garant ihres Glaubensverständnisses zu sein schien.

Es ging also um politische Machtstrukturen innerhalb des feudalen Systems und den Aufbruch: "Weg von Rom".
Der theologische Streit (u. a. Eucharistie-Verständnis, Ablasshandel) wäre mit Geduld beizulegen gewesen, wenn nicht massive Machtverwerfungen damit verbunden gewesen wären.

Also hat man sich nicht der Dogmen wegen die Köpfe eingeschlagen sondern der schnöden Macht und anderer irdischer Güter wegen.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#35
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#36
Liebe/r Jam, ich habe keine "Lanze gebrochen" für Dogmen als betonierte Glaubensaussagen. Das krichliche Christentum neigt, ähnlich wie der Islam, zu endgültigen, zeitunabhängigen Glaubensaussagen. Du hast völlig Recht, dass diese Buchstabentreue den Geist des Evangeliums (egal auch des AT) einschränken kann. Er, der Geist, kann dann nicht mehr auf die Vielfalt des Lebens angemessen reagieren (dein Beispiel: die Sklaverei).
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#37
z.B.
Anfänge der Anglikanischen Kirche in England ungefähr so:
Zitat:Die Anfänge der englischen Reformation erscheinen alles andere als geistlich. König Heinrich VIII. (1491-1547) hatte in Oxford Theologie studiert. 1521 verfaßte er eine Schrift gegen Luther, für die ihn Papst Leo X. mit der Verleihung des Titels "Kämpfer für den Glauben" ehrte. Diesen Titel führen die Englischen Könige bzw. Königinnen bis heute im Namen. Heinrich verfolgte zunächst alle reformatorischen Regungen in England. Dann wollte er sich von seiner zweiten Frau, der Spanierin Katharina von Aragon, scheiden lassen, um die Hofdame Anna Boleyn heiraten zu können. Papst Klemens VIII. gab keine Eheannullierung. Daraufhin wurde 1531 der englische Klerus unter Druck genötigt, den König als Oberhaupt der englischen Kirche anzuerkennen. Heinrich wurde dafür vom Papst exkommuniziert. 1534 erkannte das Englische Parlament den König als Oberhaupt der Kirche von England an. Grausam wurden alle Romtreuen niedergeschlagen. Ihre Führer, die hochangesehenen Politiker Sir Thomas More und John Fisher, wurden hingerichtet. Von 1534-39 wurden alle Klöster aufgehoben und das Klostergut fiel der Krone zu.

wenn man die Geschichte so entlang geht...
ist es so ne Mischung..
Weltliche Macht gepaart mit geistlicher Macht und immer Dogma und Gegendogma und dann Verfolgung

Ich find es nur so irre, wenn man sich vorstellt, dass Christen Christen umbringen - sogenannte Christen und auch die die versuchen Jesus nachzufolgen...find ich halt persönlich absolut schrecklich die Vorstellung
?
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#38
Hallo Miriam :)
Zitat:Miriam: Ich find es nur so irre, wenn man sich vorstellt, dass Christen Christen umbringen
- sogenannte Christen
und auch die die versuchen Jesus nachzufolgen...
find ich halt persönlich absolut schrecklich die Vorstellung
- Da geb ich Dir voellig Recht.
Es ist schon absolut schrecklich, wenn Menschen Menschen umbringen, etwa um etwas zu erreichen, wofuer es sicherlich mit etwas mehr Geduld oder Selbstachtung eine mit Lebenlassen vereinbare Loesung gibt.
Die Frage, ob sie da wirklich jemandem nachfolgen, wie er heute verstanden wird, nachdem man in dieser Hinsicht mehrere Wandel durchgestanden hat, worauf andere Generationen achteten, sogar in einem so relativ kurzen Text wie den 4 Evangelien.
Eine altdeutsche Nacherzaehlung "Heliand" - zum Singen fuer Barden konzipiert - stellt sich jemanden vor, der der "Held einer Saga" sein konnte - das war nach Karl d.Gr. im Sinne der damaligen Zeit und ihrer Kulturstufe. Die Voelker waren noch so stark gefolge-orientiert, dass es reichte, 1 Fiuersten zu taufen und schon galt alles, was zu dem gehoerte, als nun schonmal christianisiert, die christlichen Geistlichen konnten dann antreten und die Lehre im Einzelnen bei allen Untertanen nachliefern, sie hatten die Vollmacht des Fuersten, etwaige Abneigungen gegen die neue Soziallehre als Untreue gegenueber diesem Fuersten zu tadeln.
Es gab eine im Christentum ziemlich demokratische Moeglichkeit, zu denen zu gehen, die lernen, und in diesen Stand zu kommen (Moenche, Nonnen oder Priester) - aber nicht etwa die, dass jeder Untertan selber lernte, was sein Glaubens-Inhalt ist oder was die Hl.Buecher genauer erzaehlen. Man erwartete, dass Leute irgendwann irgendwem auch mal einfach vertrauen, und das war auch zeitweise berechtigt. Unter denen, die also lernten, gab es trotzdem erhebliche Wissens-Spannen, die zeigten, dass nicht unbedingt das Wesentliche der Lehre flaechendeckend bekannt war.

Bis zum Jahr 1000 ndZ ist es auch fast kaum mal der Fall, dass der Glaube von jemandem beschrieben wurde in der Hinsicht, wie es sich innerlich damit fuehlt, also kaum so etwas wie "Seelen-Bekenntnisse" - geistliche Tagebuecher
- selbst die Bekenntnisse des Bischofs St.Augustinus und dessen Weg vom damals gesellschaftlich anerkannteren Manichaeer zum weniger beachteten Katholiken, das ist ein Buch mit Lehrzweck, man koennte noch sagen, Rechenschafts-Ablegung eines Hochschullehrers, aber nicht dessen geistliches Tagebuch. Er starb so ca.um 400 ndZ, als sein Bischofssitz Hippo in Nordafrika schon von arianischen Vandalen belagert war (und dann fuer das Christentum bald voellig unterging) - er schrieb und predigte die damals spannendsten und schoensten Nachrufe auf Glaubenszeugen einer Verfolgung dort bei Karthago, z.B.ueber Perpetua und Felizitas, eine Herrin und ihre Dienerin.
Es geht aber inhaltlich dabei nur um ihre Bewaehrung im Zeitraum ihrer Bewaehrung angesichts eines staatlichen Zwangs, von ihrem Glauben abschwoeren zu sollen. Sie haetten unter Nachfolge Jesu nicht verstanden, irgendwie so aehnlich leben zu wollen wie er, sondern, seinem Gebot treu zu bleiben, gerecht lebensfreundlich hilfsbereit und bruederlich unter den Menschen zu leben, weil G0TT aller Menschen gemeinsamer Vater und Herr und Freund ist.

Zur Zeit Heinrich VIII war wieder eine ganz andere Situation. Krieg als solchen hielt man immer noch fuer eine Normal-Erscheinung des Alltags im Leben, auch wenn ihn niemand wirklich mochte, er galt aber irgendwo noch als Mittel zum Lebensunterhalt und als ab und zu noetig zur Sicherung der Sesshaftigkeit vieler. Nur Sesshafte konnten wirksam die Verelendung vieler Menschen verhindern und einen Staat bluehen zu lassen.
Es ist 700 Jahre spaeter als zur Zeit Karl d.Gr. und mit ihrer Verfeinerung verglichen war der alte Kaiser noch geradezu ein Asket im Sattel, der schon als 12-Jaehriger den Vater Koenig ins Feld begleitete und schon der Rechtsprechung wegen samt Hofstaat und Familie bis zum Lebensende im Sattel durch sein ganzes Reich rotierte, unterwegs lernte, diktierte und persoenlich nichts schrieb. Es heisst, er schrieb nur den Querstrich im A von CAROLUS, seiner Unterschrift.
Dennoch war er gelehrt, verstand sich darauf, gute Gelehrte zu berufen, fuer ueberall in seinem Reich welche denken zu lassen, um dann das Ergebnis zu befehlen - konnte mehrere Sprachen und kannte die Hl.Schriften auch ziemlich gut und teils in der Ursprache. Andererseits war er sicherlich ein menschlicher "Baer" mit tatkraeftig lautem Benehmen und wenig Neigung zum Sensibel-Sein, denn er gruendete ein Reich, in welchem nicht mehr einfach das Recht des Staerkeren den Alltag aller beherrschen sollte - das durchzusetzen erforderte, wenigstens fuer seine Zeitlang in mehrerer Hinsicht der Staerkste zu sein, selbst als Mann... - dies garantiert nicht im Sinne der Kirche - aber insgesamt kam etwas Stabiles zustande, ein Reich, das tatsaechlich auf 1 Recht und Gesetz 1000 Jahre lang hielt.
Durch die Huldigungen seiner Biografen hindurch "zwischen den Zeilen" lesend, ist es etwas, was mich persoenlich fast wie eine Privat-Mitteilung beruehrt, dass er so gerne spielerisch seinen Papst Leo mit Moses und sich mit Koenig David verglich.
Die saemtlichen Heiligen seiner Epoche hat niemand in Wirklichkeit daraufhin gefragt, ob sie persoenlich liebenswuerdig oder irgendwann sanft waren, es sind viele Stifter sozialer Einrichtungen dabei, und Ermordete, durch deren Tod irgendjemand eine Erbfolge hatte verschieben wollen, wieder weg aus dieser gesetzlich sich ordnenden Linie, die zu unserm G0TT betete.
Allenfalls erfaehrt man mal aus jener Zeit den Seufzer einer misshandelten Fuerstin, mit was fuer einem Woelfe-Haushalt man sie da verheiratet hatte.

An was sollten sie messen, ob es sanfter zugehen sollte oder koennte? Und warum sollten sie dabei auf sich selber achten, ob sie das moechten, was ihnen die gegebenen Lebensumstaende waren? Sie haetten darueber wohl auch gar nicht direkt darueber mit G0TT geredet, sondern im Psalmbuch einen Text ausgesucht, der das ungefaehr aussagte, was sie erlebten, sich darin aufrichtend, dass es nicht nur ihnen so gegangen war. Einen Herrn, der geringer waere als ER haetten sie nicht mehr vorgezogen.

Nehmen wir etwa die Halbzeit dazwischen, St.Elisabeth, Landgraefin, diese war schon Franziskanerin, also in ihrer Zeit war der Gedanke schon da, so zu leben, wie man meinte, dass es Jesus tat, sich jede Form von Eigennutz verbietend, keinen Genuss aus unrecht erworbenem Gut zu ziehen, nichtmal ein Essen fraglicher Herkunft, um G0TT wie Jesus in den Aermsten der Armen persoenlich zu dienen - und zwar das auch unter den schwierigen Situationen, zugleich Ehefrau, Mutter und Fuerstin zu sein. Als Witwe wurde sie verjagt, mit ihren 3 kleinen Kindern, den Erben, und 24 jaehrig starb sie erschoepft, aber selig, sich voll und ganz eingesetzt zu haben, beim Kranken-Pflegen in einem Armenhospital. - Fans, die das nicht wirklich begriffen hatten, erschlugen dann nicht lange danach ihren Beichtvater und Seelen-Berater, in der Meinung, sein Rat habe sie ueberfordert
- doch es war schon ihre persoenlich eigene Leidenschaft gewesen, sich aus Begeisterung fuer G0TT und die Nachfolge Jesu selbst so schnell aufzubrauchen. Die ist das Vorbild der Caritas-Institution, die sich als Werk der biblischen Gerechtigkeit versteht, sich um alle zu kuemmern, die es brauchen und fuer die kein direkt verfuegbarer Verwandten- oder Freundeskreis da ist. Das war kurz nach 1200 ndZ und schon der Beginn der Zeit, in der es sehr beachtet wurde, wie sich Frommsein innerlich abmueht und danach forscht, G0TT tatsaechlich auch selber zu spueren, und eine ihrer Toechter wurde beruehmt als mystische Saengerin G0TTES.

Das wiederum ist beides ein Zugang zur Lehre, der einem Heinrich VIII voellig fremd war, 350 Jahre danach, denn der hat wieder viel mehr von der Baerenhaftigkeit eines Karl d.Gr. und auch so "Weibergeschichten", nur haerter, denn Karl liess seine Damen doch wenigstens am Leben und sprach seinem Amt nur ein paar mehr Damen zugleich zu seiner 1-Ehe zu bzw.der Reihe nach, aber ohne es durch Morde zu beschleunigen.

Man so ueber´n Zaun betrachtet, Karl d.Gr.war sogar jemand, der Juden gut fand und der soweit sachlich zu urteilen imstande war, sie von jenseits des Ebro aus Spanien her in sein Reich zu bitten, um seinen Untertanen eine gesetzlich anstaendige Verwaltung einzurichten. Dass er schon welche seit mindestens 500 Jahren im Lande hier leben hatte, stellten aber diese erst fest. Wir waren hier nicht in solchen Berufen gewesen - fuer welchen Koenig auch? Er war auch nicht generell gegen den Islam - sie kaempften damals noch nach festen Regeln und hielten sich an vorher als Kampfziel abgemachte Vertraege, auf beiden Seiten.

Soweit es einige Jahrhunderte spaeter dann Kriege und Schlachten um Glaubens-Lehren gab, sind nicht diese direkt als "Christ gegen Christ in der Nachfolge Jesu sich waehnend" definierbar, denn da stand schon wieder ein ziemlich uraltes Prinzip der Noachiten (weit aelter als Moses) dahinter, "cuius regio cuius religio", also wessen das Reich ist, der bestimmt die Religion der Untertanen.

Es ist nicht bemerkbar, dass diese Herrscher der Reformationszeit sich wirklich persoenlich um das Wohlgefallen im Sinne der Bergpredigt bemueht haetten, sie wollten lediglich das, was am christlichen Staat im Ganzen schon funktionierte, nicht voellig ablegen und brauchten dazu die kleineren Lehr-Unterschiede, z.B. die landes-sprachlich sich unterscheidende Liturgie und Bibel-Uebersetzung. Sagen wir es mal so - die Umsetzung ins Leben ueberliessen sie dann ihren Untertanen, Hauptsache die fuegten sich dann dieser Lehre und Landesherrn-Obhut, der die Variante ausgewaehlt hatte.
Das laesst sich ganz gut an den deutschen Fuersten erkennen, derer einige auf "lutheranisch" optierten, dann aber - auch auf deutsch und auch ohne Papst - "Reformierte" zu sein um_entschieden, in Hinblick auf die Koalition, welche Fuersten und Laendereien dann zusammengehn wuerden - und gewiss nicht auf den meiner Meinung nach sehr gravierenden Unterschied in z.B.der Praedestinations-Lehre bedacht. Sie liessen denken, wozu regiert man schliesslich ...

Nein, es ist noch komplizierter. Einige Fuersten dachten durchaus auch in eigener Froemmigkeit nach, ueber die Lehre der Bibel, und einige suchten auch selbst einen heiligmaessigen ehrlichen Weg. Aber das schlug nicht auf das staatliche Konzept durch. Es galt als deren Privatsache. Ebenso war es sehr unterschiedlich bei den Untertanen, wieweit diese Wandel sie wirklich beruehrten.

Mir faellt dazu Livland-Estland ein - eine Lehre, deren Bibel bereits in die Landessprache uebersetzt wurde, galt hier fuer ein Volk, dem man nicht die geringste Volksschul-Ausbildung gewaehrte, die also gar nicht mitgekriegt hatten, was sie inhaltlich Anderes geworden seien, als ihre gesamte Regierungsschicht lutheranisch wurde - bis etwa 80 Jahre spaeter zufaellig Jesuiten der Gegenreformation eintrafen und staunten, die sodann erste Volks-Schulen gruendeten und die Basis zu Universitaet und einem landes-eigenen Katechismus legten, aber das war eine kurze Epoche polnischer Besatzung. Das Volk selbst gab es dann einfach nicht auf, wirklich lernen zu wollen - bis heute.

Also, es stimmt, dass da "Christen mit Christen" Kriege hatten, aber es beschreibt nicht den Vorgang aus religioeser Sicht, ob sie Kriege fuehrten und gegen wen gerade.
Ein kleines Beispiel auch hierzu:
in Hessen gab es Gemeinden, die vorher zu einer Abtei (Fulda) gehoerten, kirchlich war das eine besondere Abtei, durch Bonifatius gegruendet, schon vor Karl d.Gr., weil sie jahrhundertelang niemandem ausser dem Papst direkt unterstand.
Nun war schon die Reformation gewesen, und es gab ein buntes Mosaik groesserer ind kleinerer Herrschaften, mal dieser, mal jener Konfession, in der Region. Wenn es den neuen Abtei-Herren an Geld fehlte, versetzten sie damals z.B.die Stadt Herbstein gegen Bargeld, mal an diesen, mal an jenen, nachher loesten sie diese kleine Stadt wieder ein.
Eines Tages schrieb dann diese Stadt ein Gesuch: man moege doch bitte konfessionell darauf achten, an wen man sie abwechselnd versetzte, es sei ja nicht drum, dass man dadurch eventuell bis zu mehrmals im Jahr nochmal Zins an jemand anderen abliefern sollte - aber jedesmal fuer einen gar nicht durch sie selbst steuerbaren "Glaubensabfall" von den Geistlichen der je naechsten Pfand-Eigner angeschnauzt und angepredigt zu werden, das sei auf die Dauer unzumutbar und irgendwie zynisch dem Glauben gegenueber. Sie moechten, soweit sie was zu melden haetten, doch - bitteschoen! - kuenftig jedesmal weiter katholisch sein und bleiben duerfen, wie die Abtei!
Ein Verein aus 4 Doerfern meldete eine aehnliche Bitte in Mainz: sie haetten es ja nun 60 Jahre versucht, brave Lutheraner zu werden, fuehlten sich aber damit wirklich nicht wohl - ob es wohl machbar sei, das Land dort fuer Erzbistum Mainz anzukaufen, damit sie wieder einfach wie frueher in Latein und mit Papst usw.beten duerften?
- Beide Bitten wurden erhoert, nebenbei gesagt.

Es ist aber auch dies eine eher praktische Ebene, denn noch ehe man an die Einzelheiten der Lehre wie "Nachfolge Christi" oder Ablass ja-oder-nein kam, ging es hier um gewisse dafuer ebenfalls Rahmen-Bedingungen.
In der standhaften Ikone eines "Hier stehe ich, ich kann nicht anders" verkoerperte sich doch in keiner Weise nun, dass das fuer jeden Menschen galt, ab dann. Wenn es mal vorkam, dass ein naechster das dachte, dann lief es darauf hinaus, das Land verlassen zu muessen und zu sehn, on man damit noch irgendwo leise unterkommen konnte.
Auch fuer Juden war das eine sehr unangenehme Zeit, denn so besehn passte dazu keine der Staatsreligionen, um die sich der Kampf drehte. Man war praktisch nur im Vatikanstaat relativ sicher.
So entstanden auch Baptisten und Mennoniten damals, dass sie gedacht hatten, es sei nun jeder so frei, nachzusehn, ob er das glaubt, in den Hl.Schriften - es war so nicht gemeint, sie wurden erstmal hin und her vertrieben - weil da auch irgend jemand "nicht anders" konnte als das, was er der Uebersetzung nach seinerseits las.
Selber Lesen und Auslegen, oder gar der Regierung einen Spiegel Vorhalten, das war nicht in jeder Ebene machbar, nur fuer das Ordnen der Sitten im Alltag. Also flugs stand schon eine neue Tradition da, was es da zu lesen gebe. Es musste genau zum erstellten Katechismus passen.
Theologisch kam eigentlich bis ins 19.Jhd.dann weiter nichts nach.
Man hatte nur nach dem qualvollen 30j Krieg soweit zum Vorherigen zurueckgefuenden, dass dies "cuius regio cuius religio"-Prinzip 1648 wieder abgeschafft wurde und Untertanen ihren Glauben behalten durften, auch wenn der Landesherr einer anderen christlichen Richtung anhing.

Also der Vorwurf ist falsch gezielt, nicht die Koerperschaften sind der Christ, sondern immer nur das Individuum, durch die eigene Taufe selber verpflichtet. Dieser ist es, der, ob Krieg oder Frieden ihn in Dienst stellte, vor Ort und immer ganz persoenlich religioes und fromm ist oder nicht.
Das Faktum, dass ein Krieg war "und einer ging mit", ist keine Auskunft ueber die Menschen selbst, denn Gutes tun und auch Suendigen, soweit es in G0TTES Augen was zaehlt, bewertet ER einmal am Einzelnen und - gesondert davon - nochmal am jeweiligen Vereinsgeist (ER spricht auch Recht und Urteil ueber "die G*tter", was zu biblischer Zeit einfach nur die groessere oder kleinere, zum Geschaffenen gehoerende Wir-Person um Menschen-Gemeinschaften meint).
Es waere einfach ungerecht, es zu ignorieren, dass es sicher auch in all den Plagen, Krieg, Seuche, Hungersnot, heroisch fromme und barmherzige Leute gegeben haben kann, wegen der empfangenen Lehre - und zwar bei all jenen Beteiligten aller Konfessionen. Das war wie zu allen andern Zeiten eine Wahl des Einzelmenschen vor dessen Gewissen. Seien wir dankbar dafuer.

mfG WiT :)
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#39
ja WiTaimre, vielen Dank..
ich hatte im Grunde einen ähnlichen Gedanken, ich hab nur nicht das geschichtliche Wissen und die Details dazu im Kopf um ihn auszuführen zu können..

ja du hast Recht, all die Jahrhunderte gab es nur ein Minimalwissen über die Bibel.
Christsein hieß hier über Jahrhunderte... -> die Kirche anerkennen

Christsein hieß vielleicht auch an Gott glauben und die Eckdaten zu kennen und zu wissen, dass es eine Wissenschaft (Mönche und Priester) dazu gibt. Mehr bedeutete Christsein nicht.
Eigentlich vergleichbar mit heute...
?

Der entscheidende Schritt war sicher die Übersetzung der Bibel in die Muttersprache, statt dem Kirchenlatein, das Mittelhochdeutsch Luthers (?) und zugleich die Kunst des Buchdrucks durch Gutenberg...ohne die eine Vervielfältigung und die Verbreitung nie möglich gewesen wäre (ich finde eh, dass der Mit-Wirkung der Medien hier viel zu wenig Beachtung geschenkt wird)

Nur so war Reformation möglich.
(Als eine Reformation der Christen insgesamt)

Überzeugtes Christsein gab es all die Jahrhunderte sicher vor allem im Mönchtum, hier gab es Zugang zu den Schriften und ohne eine lebendige Diskussion zum Nächstenliebe/Gottesliebe-Gebot kann ich mir kein christliches Überzeugtsein und auch keine Nachfolge Jesu vorstellen...Meinungsbildung geht nur über Kommunikation (!) und Jesusnachfolge in irgendeiner Form ist mehr wie einfach nur die-10-Gebote-einhalten-wollen.
Die Kirche hatte sich gegen die Übersetzung und gegen die allgemeine Zugänglichkeit gesträubt, sie musste reformiert werden.

Und trotzdem gab es all die Jahrhunderte hindurch die Botschaft vom gekreuzigten und auferstandenen Christus, die Kirchenkunst, die Kreuzwegdarstellungen (!), die Kirchen- und Glaubenslieder....also Künstler und Dichter die Zugang zu biblischen Botschaften hatten und sie auf ihre Weise, in Bildern und Worten, weiter vermittelten...niemand weiß wie viel davon im Volk ankam, wie viel Botschaft ist notwendig um Christus zu verstehn, wann hat man ihn verstanden?
(Hier ist vielleicht für diese lange Zeit eher die Volksfrömmigkeit in der christlich orthodoxen Kirche als der bessere Weg zu sehen)

Also Mönche und Künstler und Dichter und Architekten (?), die die biblischen Botschaften verstanden und weitergaben (war es lange Zeit nicht üblich in Deutschland, dass aus jeder Familie zumindest eines der vielen Kinder Mönch oder Priester werden musste, wenn auch aus finanziellen Überlegungen heraus???) und sonst noch einige Christen und eine wenn auch nicht scharfe Volksfrömmigkeit, sicher aber auch hier und da Heerführer, die überzeugte Christen waren und sich z.B. veranlasst sahen Jerusalem vom Osmanen zu befreien.

Ich glaube schon, dass es überzeugte Christen gab, die zu jenen Zeiten sich berechtigt sahen auch andere überzeugte Christen zu verfolgen und zu vernichten, wegen der Lehre, es war eine andere Zeit. (Den Gedanken finde ich so schrecklich, dass ich als Christ einen anderen Christen tötet, spiegelt sich doch mein Glaube in seinem Gesicht, wie kann ich das Schwert gegen ihn erheben???)
Wir verurteilen dies, aber die Fehler die wir jetzt selbst machen, werden die Christen nach uns beurteilen, diesmal vielleicht weil wir die Sanftheit Christi zu sehr betonten und die Schärfe seiner Worte ständig abmildern...und so unsere Glaubwürdigkeit wieder(?) verloren haben...?
Aber bitte nicht wieder zurück, sondern wenn dann mehr zu Christus hin....


Einen anderen Gedanken hab ich noch...
in Parallele zum Christentum und zu der Reformation des Christentums und dann in der Folge auch zur Aufklärung im Abendland...?

Ob nicht im Islam eine echt Reformation möglich wäre, in einer Zeit (so ca. 1 1/2 Jahrhunderte nach Gründung wie bei uns) in der endlich die Sinnübersetzung des Koran in die jeweilige Muttersprache erfolgt..die allen Zugang zu diesem Schriftstück ermöglicht, denen es wichtig ist?
Die Übersetzung des Koran, die Verbreitung in den Medien (jetzt Internet also wieder umfasssender und scheller als Buchdruck oder Radio oder Fernsehen..?) und die Schulpflicht und damit die Möglichkeit, sich selbst Inhalte zu erarbeiten und geschichtlich zu vergleichen?
Parallel zur Reformation der Christen, die ohne ein Lesen der Bibel nicht möglich gewesen wäre?

Gruß miriam
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#40
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#41
Reform...
hm ich hab mir auch gedacht, das eigentlich gar nicht klar ist wohin ich den Islam reformiert sehen möchte...
meinst du das?

Reform sonst ist wie du sagst nur ne Erneurung hin zur allgemein herrschenden Mehrheitsmeinung??? die aber zum Teil durch Reformer geprägt und G E F O R M T wurde???

Die Reformation im Christentum war jedenfalls brutal...
scheinbar ging es nicht ohne diesen Schmerz...
meinst du das?
Oder die Aufklärung die Reform der Reform der Kirchen, die Grundanfrage an die Religionen, was wollt ihr hier auf dieser Welt, was habt ihr uns zu sagen...

Woran denkst du?
Gruß miri
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#42
Guten Morgen,

mir ist aufgefallen das noch niemand angemerkt hat wie dokmatisch auch
Atheisten sein können.

Das größte Dogma eines Atheisten ist: Es gibt keinen Gott. Wenn Du
auch nur zu einem geringen Teil Zweifel an dieser "Tatsache" hast, bist
Du automatisch kein Atheist mehr.

Selbst einem Moslem geht es besser. Der darf Zweifeln und ist trotzdem
ein Moslem. Bei Christen ist es auch so usw.

() Tao-Ho
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#43
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#44
Sicher - aber trotzdem ist ein Christ ein Christ. Auch wenn er zweifelt wird
er immer ein Christ bleiben. (es sei denn er konvertiert...)

Wenn ein Atheist aber an dieses eine und für den Atheismus bestimmtes
Dogma nicht mehr felsenfest glaubt wird aus diesem Atheisten automatisch
ein Agnostiker.

ABER: Wage niemals einem Atheisten zu sagen das er an ein Dogma glaubt
und das Atheisten eine Bibel haben (meiner Meinung nach Dawkins Büchlein).
Könnte sein das er Dich zum Frühstück verspeist... Eusa_angel
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#45
(06-03-2009, 10:48)Tao-Ho schrieb: Sicher - aber trotzdem ist ein Christ ein Christ. Auch wenn er zweifelt wird
er immer ein Christ bleiben. (es sei denn er konvertiert...)

Wenn ein Atheist aber an dieses eine und für den Atheismus bestimmtes
Dogma nicht mehr felsenfest glaubt wird aus diesem Atheisten automatisch
ein Agnostiker.

ABER: Wage niemals einem Atheisten zu sagen das er an ein Dogma glaubt
und das Atheisten eine Bibel haben (meiner Meinung nach Dawkins Büchlein).
Könnte sein das er Dich zum Frühstück verspeist... Eusa_angel

Da hast du aber Dawkins Büchlein schlecht gelesen . Er sagt von sich selbst nicht , daß er zu 100% von der Nichtexistenz Gottes überzeugt ist .
Er hält es nur für extrem unwahrscheinlich ... in etwa so unwahrscheinlich , wie daß Elfen in seinem Garten wohnen o.ä. , und das begründet er auch sehr überzeugend .

Im übrigen sind Begriffe wie Atheisten und Agnostiker eigentlich nur im Bezug auf eine bestimmte Gottesvorstellung zu benutzen .
Einerseits glaubt jeder an die Existenz Gottes , wenn man die pantheistische Gottesdefinition zugrundelegt , andererseits aber kaum noch jemand , wenn man irgendwelche archaischen Götter zum Ausgangspunkt nimmt .
"Atheist" kann man also locker und felsenfest sein , wenn etwa der Bibelgott gemeint ist .
Nur bei einem allgemeinen "Gott, den wir nur bescheiden zu beschreiben versuchen" , sind die von dir angesprochenen Zweifel schnell möglich .
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