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Alter, Sterben, Tod - wie kann man das lernen?
#16
Es wirkt auf mich selbst ein wenig lächerlich, dass ein 23jähriger versucht, bei diesem Thema mitzureden – weil ich fürchte, dass dabei immer eine gewisse Naivität im Spiel sein wird – aber ich muss zugeben, einige Beiträge in diesem Thread, insbesondere die von Petrus, gehen mir schon nahe, und der Tod ist definitiv etwas, was mich beschäftigt.
Allerdings denke ich auch, dass es wirklich etwas anderes ist als die Beschäftigung mit dem Tod, die die älteren hier erkennen lassen: Da ist nicht so stark der Gedanke gezielter Vorbereitung oder Planung, wie man dem Tod begegnen möchte, ganz einfach deshalb, weil es, falls man in meinem Alter sterben sollte, mit viel größerer Wahrscheinlichkeit ein plötzlicher Tod wäre (beispielsweise durch einen Unfall), auf den man sich eh nicht vorbereiten könnte und bei dem man auch die Umstände nicht beeinflussen könnte.

Was aber ein Thema ist, mit dem ich mich beschäftigen muss, weil es das Leben mir einfach aufgezwungen hat, ist die Angst vor dem Tod, sowohl vor dem eigenen als auch vor dem von Menschen, die mir wichtig sind. Ich habe das, als ich noch um einiges jünger war, nicht sehr ernst genommen, konnte mir nicht vorstellen, dass ich mich vor dem Tod sonderlich fürchten würde, und bin mit dem Thema auch teilweise recht leichtfertig und respektlos umgegangen, was ich heute für ziemlich dumm halte.
Wie viele, die das Maul zu voll nehmen, habe ich meine Lektion gelernt, als es mich plötzlich betroffen hat. Ich bin vor ein paar Jahren in eine Situation geraten, in der ich mich meiner Angst vor dem Tod stellen musste, und das hat mich doch sehr erschüttert. Weniger die Erkenntnis, dass der Tod mich betreffen kann (was ich nie hätte leugnen können), sondern viel mehr die Entdeckung, dass ich tatsächlich Angst vor dem Tod habe – wie es wahrscheinlich jeder Mensch hat, außer er ist wirklich sehr verzweifelt oder sehr schicksalsergeben - aber gerade diese bloßgestellte Menschlichkeit, die Erfahrung, dass man mit all seinem Denken auf so grundlegende Instinkte wie die Angst vor dem Tod reduziert werden kann, das hat mich irgendwie… ungeheuer aus der Bahn geworfen. Das und die Macht, die die eigene Angst anderen Menschen über einen geben kann.
Ich denke heute, man kennt einen bedeutenden Teil seiner selbst nicht, bevor man nicht weiß, wer und wie man in dem Moment ist, in dem man sich dieser Angst stellen muss – auch wenn die Gefahr besteht, dass das, was man da über sich erfährt, alles andere als schmeichelhaft ist.

Wenn ich in Bezug auf den Tod tatsächlich schon ein „Ziel“ habe, dann, meine Angst in den Griff zu bekommen. Nicht sie zu besiegen, da würde ich mir zu viel vornehmen, und auf keinen Fall möchte ich in den Zustand zurück, mir einfach vorzumachen, ich hätte keine Angst, um dann im entscheidenden Moment womöglich wieder erbärmlich eines besseren belehrt zu werden. Was ich hoffe, ist, dass es mir irgendwann gelingt, die Macht in ihre Schranken zu weisen, die diese Angst über mich haben kann. Ich weiß, dass es zum Leben gehört, den Tod zu fürchten und eine Menge zu tun bereit zu sein, um der Gefahr zu entgehen. Aber ich wüsste gern, wo die Grenze ist…

Ob der Glaube dabei hilft? So allgemein weiß ich es nicht. Ich denke, ein Glaube, der auch mit der Hoffnung auf ein Jenseits verknüpft ist, kann bezüglich der Angst davor, diejenigen loslassen zu müssen, die man liebt, schon hilfreich sein. In dem Sinne bedaure ich es manchmal ein bisschen, keinen solchen Glauben zu haben (aber nur ein bisschen *g*), denn das ist zugegebenermaßen ein Aspekt des Sterbens, über den auch nur ernsthaft nachzudenken ich meist schlichtweg zu feige bin. Ich bewundere es, wenn man das kann.
Vor dem „Tot-Sein“, was es, wie Ekkard so gut erklärt hat, eigentlich nicht gibt, habe ich mit oder ohne Gott nicht mehr oder weniger Angst. Wenn jener Kreislauf des Lebens, in den man zurückkehrt, um sich zu etwas anderem zu wandeln, wirklich etwas Göttliches ist, gibt es, so in der losgelösten Betrachtung, dem Gedanken an diese Rückkehr zwar was Erhabenes, im konkreten Moment des Sterbens aber, wenn ich meine jetzige Existenzform loslassen muss und nicht loslassen will, mache ich mir keine Illusionen, dass mir mein Glaube dann viel helfen wird. Und das ist auch in Ordnung so – ich will keinen Glauben, der mich nur vor meiner Feigheit schützt.


Hm, über dieses Thema zu schreiben, fühlt sich schon ein bisschen seltsam an – es ist doch was anderes, als philosophische Diskussionen, vor allem, da es gerade um den persönlichen Umgang mit dem Tod geht. Ich hab einen gewissen Respekt vor denen, die sich getraut haben, hier die ersten Beiträge zu schreiben ;)
"Gottes ist der Osten und der Westen; wohin immer ihr also euch wendet, dort ist Gottes Angesicht." (2:115)
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#17
Mit religiöser Ablenkung (Hoffnung auf ein ewiges Leben in schönen Paradiesen) - sterben Gläubige besser und leichter als Ungläubige - oder?
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#18
Ihr erinnert Euch noch, wie meine Ausgangsfrage war? Ob und wie Ihr Euch auf das Sterben vorbereitet.

Für mich ist dieses Thema sehr wichtig und sogar in gewisser Weise akut. Zum einen bin ich in einem Alter, in dem man sich darüber Gedanken machen sollte (spätestens dann!), und zum zweiten bin ich chronisch krank und ständig mit meinem eigenen Sterben (wann immer das auch sein wird) konfrontiert. Da finde ich solche Philosopheme und Polemiken einfach total fehl am Platz!

Gruss

Petrus
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#19
Hallo Keiner,
jenes religiöse Gefasel geht mir auch gegen den Strich, zeugt von Unwissen über diese Welt und beruhigt nicht wirklich. Das Gegenteil ist der Fall: Das Bild des Verworfenseins, der Hölle, verstärkt den animalische Angstreflex, der ohnehin in den ältesten und robustesten Lebensautomatismen unseres Gehirns eingeprägt ist.

Hallo Melmoth,
Aus eben dem gerade beschriebenen Reflex heraus kann niemand der Todesangst im entscheidenden Augenblick entrinnen. Das ist auch nicht ehr- oder würdelos, weil unvermeidbar!
Doch im Gegensatz dazu, weiß ich aus eigener Erfahrung mit mehreren Lebensmittelvergiftungen (bis ich wusste, woran das lag: ich vertrage keine Schokolade!), dass, halb bewusstlos vor Übelkeit und wahrscheinlich Wassermangel, jener "Lebenswille" erlischt. Man wünscht sich tatsächlich, dass alles aufhören möge! In jenen Augenblicken hatte ich definitiv keine Todesangst - im Gegensatz z. B. zu einem fast-Unfall durch einen plötzlich ausscherenden Laster.
Nun muss ich auch sagen: Bei dem v. g. fast-Unfall war ich ein Bursche von 21 ohne Frau und Kinder, zur Zeit der Vergiftungen war ich über 50 hatte bereits 3 Söhne (und inzwischen 5 Enkel). Vielleicht beeinflusst dies die Haltung. Gewissermaßen könnte ich jetzt jederzeit "gehen" (sterben).
Zudem habe ich erkannt, dass es nicht möglich ist, fernab vom thermodynamischen Gleichgewicht, einen Zustand über lange Zeit auf stabilem Niveau zu halten. Die Natur macht uns vor, wie "Leben" (besser gesagt: die permanente Wandlung) trotzdem möglich ist. Die einzelnen Zustände werden gewissermaßen hochgefahren, erzeugen Tochterzustände, und klingen (individuell) ab. Sterben ist deshalb für den Wandlungsprozess so wichtig, wie Geborenwerden.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#20
Zitat:Was aber ein Thema ist, mit dem ich mich beschäftigen muss, weil es das Leben mir einfach aufgezwungen hat, ist die Angst vor dem Tod, sowohl vor dem eigenen als auch vor dem von Menschen, die mir wichtig sind. Ich habe das, als ich noch um einiges jünger war, nicht sehr ernst genommen, konnte mir nicht vorstellen, dass ich mich vor dem Tod sonderlich fürchten würde, und bin mit dem Thema auch teilweise recht leichtfertig und respektlos umgegangen, was ich heute für ziemlich dumm halte.
Wie viele, die das Maul zu voll nehmen, habe ich meine Lektion gelernt, als es mich plötzlich betroffen hat. Ich bin vor ein paar Jahren in eine Situation geraten, in der ich mich meiner Angst vor dem Tod stellen musste, und das hat mich doch sehr erschüttert. Weniger die Erkenntnis, dass der Tod mich betreffen kann (was ich nie hätte leugnen können), sondern viel mehr die Entdeckung, dass ich tatsächlich Angst vor dem Tod habe – wie es wahrscheinlich jeder Mensch hat, außer er ist wirklich sehr verzweifelt oder sehr schicksalsergeben - aber gerade diese bloßgestellte Menschlichkeit, die Erfahrung, dass man mit all seinem Denken auf so grundlegende Instinkte wie die Angst vor dem Tod reduziert werden kann, das hat mich irgendwie… ungeheuer aus der Bahn geworfen. Das und die Macht, die die eigene Angst anderen Menschen über einen geben kann.
Ich denke heute, man kennt einen bedeutenden Teil seiner selbst nicht, bevor man nicht weiß, wer und wie man in dem Moment ist, in dem man sich dieser Angst stellen muss – auch wenn die Gefahr besteht, dass das, was man da über sich erfährt, alles andere als schmeichelhaft ist.

Hallo, Melmoth,

so in etwa habe ich das auch erlebt. Man kann gut und leicht philosophieren über Sterben und Tod, wenn man entweder noch nie einen geliebten Menschen verloren hat, oder aber selbst noch nie ernsthaft krank oder in einer Situation gewesen ist, in der man "den Atem des Todes gerochen" hat.

>Wenn ich in Bezug auf den Tod tatsächlich schon ein „Ziel“ habe,
>dann, meine Angst in den Griff zu bekommen. Nicht sie zu besiegen,
>da würde ich mir zu viel vornehmen, und auf keinen Fall möchte
>ich in den Zustand zurück, mir einfach vorzumachen, ich hätte keine
>Angst, um dann im entscheidenden Moment womöglich wieder
>erbärmlich eines besseren belehrt zu werden

Auch dem möchte ich zustimmen. Eigentlich kann ich Deinen gesamten Beitrag unterschreiben und danke Dir sehr dafür.

Einen lieben Gruss

Petrus
Hallo, Ekkard,

gibt es denn heute noch Situationen, in denen Du Todesangst spürst?

Lieben Gruss

Petrus
JETZT FÄNGT DAS WIEDER AN!!!

Ich habe mit einem separaten "Antworten"-Beitrag geantwortet, und warum hängt meine Antwort an Ekkard nun in meiner Antwort an Melmoth als Anhängsel? Ich verstehe die Technik dieses Forums nicht (habe ich auch schon an entsprechender Stelle beschrieben, aber keine Antwort bekommen...)

http://religionsforum.de/showthread.php?tid=2518

P.
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#21
(24-08-2008, 12:17)Petrus schrieb: Ihr erinnert Euch noch, wie meine Ausgangsfrage war? Ob und wie Ihr Euch auf das Sterben vorbereitet.
Natürlich: Doch wie anders als durch Erfahrung wollen wir uns dem Thema nähern? In meinem Grundsatzartikel habe ich die Essenz aus Thermodynamik, Kosmologie und Informationsverarbeitung zusammengefasst und gezeigt, wie "Leben" zu verstehen ist.

Petrus schrieb:Da finde ich solche Philosopheme und Polemiken einfach total fehl am Platz!
Nun ja, Keiner verkürzt seine Aussagen sehr stark und scheint das 'cool' zu finden. Aber die religiösen Aussagen sind mir auch zuwider: Entweder sind sie Erziehungsmaßnahmen durch Angst (schlecht!) oder überhöhte Todesangst (auch nicht besser). Es wäre schon wünschenswert, wenn sich religiöse Lehrer und Erzieher endlich mal mit den Tatsachen dieser Welt - oder was die Wissenschaft derzeit dafür hält - auseinander zu setzen. Denn da gibt es inzwischen unendlich viel mehr, als den Menschen bisher mitgeteilt worden ist.
Hallo Petrus!
(24-08-2008, 12:23)Petrus schrieb: Man kann gut und leicht philosophieren über Sterben und Tod, wenn man entweder noch nie einen geliebten Menschen verloren hat, oder aber selbst noch nie ernsthaft krank oder in einer Situation gewesen ist, in der man "den Atem des Todes gerochen" hat.
Richtig, das würde ich auch so schreiben, wenn ich es nicht zu Teilen anders erlebt hätte und natürlich ohne mein Wissen und dessen Bedeutung für mich persönlich.
Petrus schrieb:gibt es denn heute noch Situationen, in denen Du Todesangst spürst?
Weiß ich konkret nicht. Aber ich will sie nicht ausschließen, weil sie ein Reflex auf Lebensgefahr ist.
Petrus schrieb:
JETZT FÄNGT DAS WIEDER AN!!!

Ich habe mit einem separaten "Antworten"-Beitrag geantwortet, und warum hängt meine Antwort an Ekkard nun in meiner Antwort an Melmoth als Anhängsel.
Ja, das ist auch sinnvoll, um Platz zu sparen; denn die Titel blasen das Forum ziemlich stark auf. Es ist daher zweckmäßig, den Adressaten explizit zu nennen, wenn es den gibt. Sonst vielleicht: An Alle oder ähnlich.
Wenn niemand sonst "dazwischen gekommen ist", dann hängt diese Nachricht an meinem vorigen Statement - mal sehen. Exakt so ist es!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#22
Lieber Ekkard,

ich wünsche auch keine explizit religiösen Aussagen, mich interessierte, ob jemand von Euch konkret, praktisch, hier und jetzt, sich Gedanken über sein Sterben macht, ob er Ideen hat, wie er damit umgehen wird, wenn es so weit ist, usw. Wenn Du so willst, geht es mir um "praktische Lebenshilfe" bei diesem Problem.

Eine Frage an Dich als Moderator: Kannst Du mir erklären, warum meine EINZELbeiträge oft als "Anhängsel" erscheinen. Wenn in der Zwischenzeit jemand anderer wieder antwortet und ich dann antworte, ist's ein Einzelbeitrag, wenn ich zweimal hintereinander antworte, krallt sich das zweite als Anhängsel an...

Lieben Gruss

Petrus
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#23
Das Leben nach dem Tode ist genau so wie das Leben vor der Geburt - alle weitere ist reine Spekulation und schönes Wunschdenken.
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#24
@Petrus: Wenn man fragen darf: Hast du ein bestimmtes "Ziel" in dieser Sache, eine Vorstellung von der Haltung gegenüber dem Tod, die du gern erreichen würdest?


@Ekkard: Danke für den Kommentar!

(24-08-2008, 12:19)Ekkard schrieb: Aus eben dem gerade beschriebenen Reflex heraus kann niemand der Todesangst im entscheidenden Augenblick entrinnen. Das ist auch nicht ehr- oder würdelos, weil unvermeidbar!
Doch im Gegensatz dazu, weiß ich aus eigener Erfahrung mit mehreren Lebensmittelvergiftungen (bis ich wusste, woran das lag: ich vertrage keine Schokolade!), dass, halb bewusstlos vor Übelkeit und wahrscheinlich Wassermangel, jener "Lebenswille" erlischt. Man wünscht sich tatsächlich, dass alles aufhören möge! In jenen Augenblicken hatte ich definitiv keine Todesangst - im Gegensatz z. B. zu einem fast-Unfall durch einen plötzlich ausscherenden Laster.
Nun muss ich auch sagen: Bei dem v. g. fast-Unfall war ich ein Bursche von 21 ohne Frau und Kinder, zur Zeit der Vergiftungen war ich über 50 hatte bereits 3 Söhne (und inzwischen 5 Enkel). Vielleicht beeinflusst dies die Haltung. Gewissermaßen könnte ich jetzt jederzeit "gehen" (sterben).
Zudem habe ich erkannt, dass es nicht möglich ist, fernab vom thermodynamischen Gleichgewicht, einen Zustand über lange Zeit auf stabilem Niveau zu halten. Die Natur macht uns vor, wie "Leben" (besser gesagt: die permanente Wandlung) trotzdem möglich ist. Die einzelnen Zustände werden gewissermaßen hochgefahren, erzeugen Tochterzustände, und klingen (individuell) ab. Sterben ist deshalb für den Wandlungsprozess so wichtig, wie Geborenwerden.

Ja, du hast recht, dass es menschlich ist, und dass es dementsprechend nichts nützt, eine Niederlage oder "Schande" daraus zu machen. Was einen treibt, das trotzdem zu tun, weiß ich auch nicht genau, ich schwanke mit meiner Vermutung zwischen (vielleicht nicht immer hilfreichem, aber nicht grundsätzlich zu verachtendem) Stolz und blöder Eitelkeit *g* Trotzdem, ich werde zumindest versuchen, es in den Kopf zubekommen…
Deine Erfahrung, dass man später, wenn man mehr zu verlieren hat, sogar weniger statt mehr Angst vor dem Tod haben kann, ist interessant, das überrascht mich. Und über deine Art, Gelassenheit daraus zu ziehen, die Dinge wissenschaftlich zu betrachten, kann ich nur staunen. Dass Wandel im Krauslauf des Lebens notwendig ist, ist mir zwar auch sehr bewusst, aber dieses Bewusstsein von der abstrakten Ebene runter holen und dazu verwenden zu können, sich auch wirklich auf persönlicher Ebene mit der Vergänglichkeit auszusöhnen, davon bin ich weit entfernt. Weißt du, wie du diesen Übergang gemacht hast, oder hat sich das mit der Zeit einfach ergeben?
"Gottes ist der Osten und der Westen; wohin immer ihr also euch wendet, dort ist Gottes Angesicht." (2:115)
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#25
Hallo, Melmoth,

ein Ziel...? Hm....

Ich möchte gerne wissen, ob man Sterben "lernen" kann.

Ob man lernen kann, relativ angstarm oder wenigstens ohne Panik zu sterben.

Ich habe beides erlebt in meinem Bekannten- und Verwandtenkreis, Menschen, die leicht gestorben sind, gelassen, fast ruhig (meine Mutter z.B.), aber auch Menschen, die extreme Angstzustände gehabt haben (mein Vater z.B.).

Ich wüsste einfach gerne, ob es Wege gibt, die einem das Sterben erleichtern. Ob man diese Wege schon lange vor dem Sterben gehen kann. Wenn ein Mensch an Gott und an ein weiterexistieren nach dem Tod glaubt, scheint das leichter zu sein (?). Heisst das, dass alle, die nicht an Gott und Fortleben glauben (können), schwerer sterben müssen?

Lieben Gruss

Petrus
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#26
(26-08-2008, 07:51)Petrus schrieb: ... Ich wüsste einfach gerne, ob es Wege gibt, die einem das Sterben erleichtern ...

Lieber Petrus,
am besten man macht seine persönlichen Pläne für den nächsten Tag (Vorfreude) - und stirbt dann friedlich im Schlaf.

Mit freundlichen Grüßen
Keiner
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#27
Lieber Petrus,
Du fragst ob sich Jemand konkret darauf vorbereitet, ja, ich versuche es zumindest.
So bin ich dabei, meine "Hinterlassenschaften" so zu regeln, dass meine Familie
nicht mehr viel oder gar keine Arbeit mehr damit hat.
Ich habe ein rel. großes Lager in dem ich einiges zusammengesammelt habe
und ich bin dabei, zu entsorgen was möglich ist und alles was noch brauchbar ist
zu verkaufen oder sorgfältig einzumotten so dass meine Erben damit zu recht kommen.
Ich habe Gott sei Dank keine Schulden und würde Jedem der welche hat dazu raten
sie zu begleichen.
Ich habe mir auch schon wegen meiner Beerdigung Gedanken gemacht und bin
mit diesem Punkt noch nicht fertig, einerseits möchte ich nach isalmischem Ritus
beerdigt werden was vielleicht Probleme macht weil es bei uns keinen islamischen
Friedhof gibt und andererseits möchte ich auch nicht zu weit von zu Hause weg
damit es meinen Angehörigen nicht schwer fällt mein Grab zu besuchen.
Da ist das letzte Wort noch fällig.
Das zum Weltlichen...

Über das Sterben an sich habe ich im Islam einen guten Vergleich kennengelernt,
für Jemand der gläubig ist und sein Leben und Sterben in Gottes Hand gelegt hat
und allem Irdischen entsagen kann wird das Sterben so leicht werden wie dem Wasser
das Ausfließen aus einem umgedrehtem Eimer, in einer Sekunde und ohne Angst.
Dem Ungläubigen der sich an seinen Besitz und an seine Familie klammert wird es
so ergehen wie einem Pack Watte der durch einen Dornenbusch gezogen wird,
seine Seele wird sich an Allem festhängen und das Leben mit Angst und großer
seelischer Pein verlassen müssen und es wird ihn dabei zerreissen, er wird auch
so im Grab liegen mit allergrößter Furcht vor dem was dann noch kommen wird.

Ich glaube nicht dass Einem die Hoffnung nach einem Weiterleben nach dem Tod
unbedingt eine große Erleichterung gibt wenn man nicht weiß(?) wieso das so ist
und WER das ermöglicht.
Das mag zwar vorher so sein aber während des Sterbens werden dann vielleicht
doch große Zweifel aufkommen weil man sich bewusst wird, dass diese Vorstellung
eine "Selbstgemachte" ist weil man diesen Glauben ohne Gott hat und nur durch
Hoffnung oder Angst vor dem Ende darauf gekommen ist.

Lieber Petrus, so wie ich Deine Beiträge verstehe möchtest Du gerne glauben,
Du hättest gerne den Halt den Du Dir von Gott versprichst und wärst auch bereit
dazu, Dich Ihm völlig hinzugeben wenn Du nur Erkenntnis hättest, WEM Du Dein
Leben anvertrauen darfst. Dazu kann ich Dir nur raten Ihn Selbst zu fragen,
lass einfach einmal alles was Du bisher über Religion gelernt hast beiseite
und vergiss Deine Zweifel, versuche Dich Ihm zu nähern wie ein Kind, ohne Urteil
und ohne irgendwelches Wissen, bitte Ihn einfach um Hilfe in Deiner Situation
und erwarte nichts, eigene Wunschvorstellungen führen einem vielleicht nur auf
einen falschen Weg.
Bitte Ihn um Ruhe für Deine Seele und dass Er Dir die Angst vor dem Tod nimmt.

" Segensreich ist Der, in Dessen Hand die Herrschaft ruht; und Er hat Macht über alle Dinge ,
(Er,) Der den Tod erschaffen hat und das Leben, auf daß Er euch prüfe, wer von euch die besseren Taten verrichte;
und Er ist der Erhabene, der Allvergebende "
[67:1-2]

"Der Engel des Todes, der über euch eingesetzt wurde, wird euch abberufen;
dann werdet ihr zu eurem Herrn zurückgebracht."
[32:11]

"Und an dem Tage, an dem Er sie (vor Sich) versammelt, (kommt es ihnen so vor,) als hätten sie (seit ihrem Tod)
nur eine Stunde an einem Tage (im Grabe) verweilt. Sie werden einander erkennen. Verloren wahrlich haben jene,
die die Begegnung mit Allah leugneten und nicht rechtgeleitet waren."
[10:45]

" An jenem Tage, an dem sie sie schauen, werden sie meinen,
sie hätten (auf der Erde) nicht länger geweilt als einen Abend oder den Morgen darauf. "
. [79:46]

" O du ruhige Seele!
Kehre zurück zu deinem Herrn wohlzufrieden und mit (Allahs) Wohlwollen.
So schließ' dich dem Kreis Meiner Diener an.
Und tritt ein in Mein Paradies."
. [89:27-30]

Lieben Gruß,
Wojciech
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#28
Hallo Melmoth und Petrus,

(26-08-2008, 02:22)Melmoth schrieb: … dieses Bewusstsein (eines Wandels) von der abstrakten Ebene runter holen und dazu verwenden zu können, sich auch wirklich auf persönlicher Ebene mit der Vergänglichkeit auszusöhnen, davon bin ich weit entfernt. Weißt du, wie du diesen Übergang gemacht hast, oder hat sich das mit der Zeit einfach ergeben?
Ich erinnere mich sehr wohl an nächtliche Panikattacken, jetzt sterben zu müssen. Was ich dabei gelernt habe, ist Folgendes:
Panik verursachte die Vorstellung von Fesselung, Dunkelheit, kurz Abgeschnittensein von den Sinnesreizen der vertrauten Umgebung und von der Möglichkeit zu handeln. Dazu habe ich mir in meinen wachen Momenten gesagt: "So sind meine Bedürfnisse!", also Erfahren und Tun.
Hinzu kam, dass ich damals bereits im Usenet intensiv über Religion diskutiert habe, und einmal die Behauptung aufgestellt habe: "Im Tod werden die Bedürfnisse aufgehoben."
Diese scheinbar nebensächliche Aussage ist mir erst ein paar Tage später selbst aufgegangen!
Wenn nämlich im Tod die Bedürfnisse erlöschen, dann stellt sich etwas ein, wie Zufriedenheit oder Frieden mit Allem. Schlagartig wurde mir damit klar, dass wir "Leben" und Sterben überhaupt nicht richtig verstehen (siehe meinen Grundsatzartikel weiter oben). Wie zuvor bereits dargelegt, muss also die Todesangst neben ihrem reflexhaften Eintreten noch eine beeinflussbare Komponente haben, vermutlich also jene "schwarze Vorstellung" von Abgeschnittensein. Was also tun?
Damit fingen meine Überlegungen zu "Leben als Wandel" an. Was passiert denn täglich mit uns?
Ganz klar: wir verändern uns und sind gestern andere gewesen als heute und werden morgen andere sein als heute. Auf all' diesen Veränderungen schwimmt das Ich wie ein Fettauge auf brodelnder Suppe zusammengehalten durch die aufsteigenden Blasen oder Wallungen.
Und? Wenn die Suppe zur Ruhe kommt? Dann breitet sich das Fettauge aus bis ins Unendliche, wenn nicht andere Prozesse wieder das Brodeln anfangen.
Der nächst Schritt meiner Überlegungen war, dass unser Leben eine überindividuelle informatorische Komponente besitzt. Jenes "Fettauge" ist eigentlich ein fein ziseliertes, nach außen hin langsam auslaufendes Netz, welches bereits zu Lebzeiten nirgendwo wirklich endet.

Danach fiel mir ein kosmologischer Artikel in die Hände, wie unglaublich weit weg vom thermodynamischen Gleichgewicht ("Wärmetod") sich unser Universum in Myriaden von Regelkreisen selbst organisiert. Und darin sind wir nichts Besonderes. In unserem Körper und unserem Geist wiederholt sich nur, was ganz allgemein in unserer Welt geschieht.

Merkwürdigerweise ist diese individuelle Entthronung von mir als "scheinbar ewig" bestimmendem Ich der Durchbruch zu jener Gelassenheit gewesen, die mir heute zu Eigen ist.
Die religiöse Komponente ist natürlich nicht zu übersehen. Aber bis hierher bewegen sich alle Überlegungen innerweltlich, wenn auch mit einer innerweltlichen Transzendenz (Überschreitung des allmächtigen Ichs).

(26-08-2008, 07:51)Petrus schrieb: Ich wüsste einfach gerne, ob es Wege gibt, die einem das Sterben erleichtern. Ob man diese Wege schon lange vor dem Sterben gehen kann. Wenn ein Mensch an Gott und an ein weiterexistieren nach dem Tod glaubt, scheint das leichter zu sein (?). Heisst das, dass alle, die nicht an Gott und Fortleben glauben (können), schwerer sterben müssen?
Ich denke: Ja, diese Wege gibt es. Ansätze dazu ergeben sich aus den o. a. Überlegungen. Das Erstaunliche ist das Eingebundensein in jenes Geflecht aus rückgekoppelten Regelkreisen, die frühestens enden, wenn auch das Universum endet - nach heutigen kosmologischen Überlegungen sogar nie. Eine Parallele zu diesem Geflecht ist unser Ich-Bewusstsein. Wir wissen also ganz genau, dass so ein Geflecht ein ICH ausbildet.
Wir müssen uns nur die völlig anderen Raum- und Zeitmaße vor Augen führen, um das, was da im Kosmos abläuft, als eine Art bewussten Lebensvorgang zu begreifen, der letztlich auch uns "wollte". Wir sind gewissermaßen Gottgeborene. Wir können lernen, das Ewige und seinen Frieden in uns zu spüren – bereits zu Lebzeiten und gegen alle Widerwärtigkeiten im Einzelfall.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#29
Lieber Wojciech,

ich glaube, Du hast mich da wirklich sehr gut verstanden, danke dafür. Ich denke tatsächlich, dass ich mich nach (m)einem Glauben (zurück)sehne. Ich sehne mich nach diesem "festen, sicheren" Glauben, den ich das erste viertel Jahrhundert meines Lebens haben durfte, zurück, aber mein Kopf, mein Verstand, mein Intellekt ist mir da im Weg...

Das Bild vom Wasser und der Watte ist wirklich sehr sehr gut, ich denke, ich habe es verstanden, und ich denke, dass es tatsächlich so ist. Besonders "hänge" ich an meiner Frau. Die Vorstellung, sie verlassen zu müssen, ist mir fast unerträglich. Eigentlich ist es nur noch unerträglicher, mir vorzustellen, dass sie vor mir stirbt.

Ich danke Dir für Deine Tips, sie sind mir wichtig.

Sei lieb gegrüsst

Petrus
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#30
Hallo, Ekkard,

ich glaube, ich habe Deinen Beitrag nicht verstanden. Das muss ich mir erst mal noch ein paarmal durchlesen und durchdenken, bevor ich dazu was sagen kann. Klingt aber sehr interessant.

Lieben Gruss

Petrus
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