Themabewertung:
  • 3 Bewertung(en) - 3 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Panentheismus
#16
Danke für die Information zum Zeitgeist, Petrus! Ich hatte gelesen, dass er Mediziner und Politiker war, aber die vorherrschende Stimmung der Wissenschaftler seiner Zeit ist mir wirklich unbekannt. Wobei ich seine Betonung von beispielsweise großen Volksgemeinschaften intuitiv mehr dem Politiker zugeordnet hätte, aber da mag politisch wie wissenschaftlich manches zusammengespielt haben, dass "Größe" / Menge für ihn diese Rolle spielt.
"Gottes ist der Osten und der Westen; wohin immer ihr also euch wendet, dort ist Gottes Angesicht." (2:115)
Zitieren
#17
Gern geschehen, Melmoth.

Ich freue mich so sehr, dass hier jemand sich mit Hellpach auseinandersetzt... Icon_lol

Liebe Grüsse

Petrus
Zitieren
#18
Nun hab ich so viel über diesen einen Punkt mit der Moral gemeckert, obwohl es ja nur ein Kapitel ist... Darf ich mal neugierig sein und fragen, ob es was bestimmtes gibt, was du bei Hellpach einen besonders guten Gedanken findest? Ist so selten, dass man sich mit jemandem über solche Bücher austauschen kann ;)
"Gottes ist der Osten und der Westen; wohin immer ihr also euch wendet, dort ist Gottes Angesicht." (2:115)
Zitieren
#19
Guten Abend, Melmoth,

einen einzelnen Gedanken zu nennen, fällt mir schwer. Aber das Buch als Ganzes hat mehrere wichtige Bedeutungen (zumindest für mich).

1.) Zum einen ist es ein Buch, das recht klar unterscheidet zwischen Pantheismus und Panentheismus. Das schreibt er ja auch ausdrücklich (z.B. auf S. 33 und an anderen Stellen). Hellpach entgeht damit der Gefahr, einfach nur eine Gleichung "Gott=Welt" aufzumachen. Das finde ich persönlich sehr wichtig, denn bei manchen Pantheisten frage ich mich, wo der Unterschied zwischen einem atheistischen Materialismus und ihrem "Pantheismus" ist. Leider verwendet Hellpach nach dieser Klarstellung aber weiterhin den Begriff "Pantheismus", obwohl er fast immer Panentheismus meint... Aber gut, das ist nur eine sprachliche Ungenauigkeit. Da er ja relativ am Anfang klärt, was er meint, ist es (meistens) doch klar, worum es ihm geht.

2.) Zum anderen ist es eines der ganz wenigen Bücher pan(en)theistischer Prägung, die ausdrücklich auch die nichtmenschlichen Entitäten in seine Gedanken mit einbezieht (z.B. Seite 25, 31 u.a.). Eigentlich kenne ich niemanden, der explizit z.B. die Tiere (wenn auch nur am Rande) in sein "System" aufnimmt bzw. auch nur erwähnt. Tiere kommen nämlich in den meisten Religionen ethisch nicht vor... Icon_sad

3.) Zum weiteren fasziniert mich der Gedanke an die "Pantheogonie", die immerwährende Selbst-Geburt Gottes, die absolute "Vollkommenheit" Gottes "im ununterbrochenen Wandel Seiner Selber" (S. 125). Gott schafft sich immer wieder selbst neu. Das ist ein Gedanke, den ich zwar nicht vollkommen verstehe, den ich in seiner Mystik aber geradezu liebe. Hier setzt auch ein kleines Bedauern an: Ich hätte es schön gefunden, wenn Hellpach diesen Gedanken noch näher ausgeführt hätte. Leider kommt er erst im letzten Kapitel auf, und manchmal denke ich, da muss doch noch was folgen... Vielleicht aber wollte er ja auch nur "Appetit" machen, um selbst weiter zu denken...?! (wobei gerade dieses Kapitel sprachlich ähnlich "gewöhnungsbedürftig" ist wie z.B. die Krausesche Terminologie).

4.) Schliesslich fasziniert mich auch der (mir von einigen buddhistischen Traditionen her bekannte) Gedanke, dass nicht "wir" unseren Tod überleben, sondern quasi eine Art "Ideal-Ich" (S. 52 ff, besonders S. 60f), wobei er offen lässt, ob irgendetwas von unserem BEWUSSTSEIN dies "erfahren" wird (Seite 61), schliesst aber quasi mit einem Schleiermacher-Gedanken, dass das "persönliche Leben" (...) "nicht das Wesen des Geistes" ist.

5.) Nicht zuletzt ist dieses Büchlein eines der ganz wenigen Bücher des 20sten Jahrhunderts, die sich überhaupt mit pan(en)theistischen Gedanken befassen und sich AUSDRÜCKLICH an Laien wendet. Es ist kein Buch eines Katheder-Philosophen aus dem Elfenbeinturm, sondern das Buch eines lebenspraktisch erfahrenen Menschen, der versucht, eine der grössten Fragen, die sich dem Menschen überhaupt stellen kann, zu umkreisen, ohne dogmatische Statements zur Argumentation heranzuziehen.

Liebe Grüsse

Petrus

P.S. Ich habe den Beitrag heute morgen bearbeitet, weil mir nachts noch das mit dem "Weiterleben nach dem Tod" (Punkt 4) einfiel.
Zitieren
#20
Und nochmal Hallo!

Danke für die ausführliche Antwort! :)

Den Anfang des Buches mag ich auch noch sehr. Ich muss zugeben, dass ich selbst oft schlampig mit den Begrifflichkeiten bin, zum einen, weil ich es nicht unproblematisch finde, einen so unbekannten Bereich auch noch so zu zersplittern und jeden Unterschied wieder mit einem eigenen Namen zu belegen, zum anderen aber auch, weil ich eben manchmal wirklich nur schlampig bin. Dass er aber gleich klarstellt, dass es ihm nicht, wie sonst wahrscheinlich behauptet worden wäre, um salonfähigen Atheismus geht, find ich auch sehr gut. Und dass er seine Weltanschauung eher als Glauben denn als Philosophie bezeichnet, hat mich zuerst irritiert, mich dann aber ins Nachdenken gebracht, wobei ich einsehen musste, dass er nur ehrlich ist. Über Konsequenzen, falls es ein unpersönliches Göttliches gibt, kann man philosophisch nachdenken, ob man aber annimmt, dass es das gibt, das ist in der Tat eine Glaubensfrage. Das mag für jemanden ein bisschen unangenehm sein, der es nicht gewohnt ist, sich mit dem Begriff „gläubig“ in Verbindung zu bringen, ändert aber nichts daran, dass er recht hat.

Es stimmt leider, dass man schon geradezu dankbar sein muss, wenn Tiere überhaupt vorkommen. Ich kenne explizite Überlegungen zur Seele von Tieren sonst auch nur von Giordano Bruno, der dabei mit der menschlichen Eitelkeit allerdings ordentlich aufräumt. Was mich dann jedoch wieder sehr gestört hat, muss ich sagen, war seine Analogie mit den verschiedenen Zellen eines Organismus. Ich frag lieber nochmal nach, ob ich es nicht einfach nur falsch verstanden habe und ihm Unrecht tue, aber hattest du auch den Eindruck, dass er meint, das Weltganze sei auf den Menschen (wie der Organismus auf seine Nerven- oder Gehirnzellen) angewiesen? Falls er es so gemeint hat, wundere ich mich nämlich, wie er sich erklärt, dass das Universum so lange ohne den Menschen ausgekommen ist...

Den Gedanken mit der andauernden Geburt im Wandel mag ich auch und habe mich gefreut, ihn nochmal wo zu finden – zuletzt habe ich ihn nämlich von Drewermann in romanhafter Darstellung gelesen und war schon davon sehr fasziniert (und die Tatsache, dass jemand das nicht nur gedacht, sondern auch noch in Worte gefasst hat, lässt mich Drewermann so manche sprachlichen und historischen Patzer verzeihen, die, weniger wohlwollend betrachtet, oft unfreiwillig komisch sind *g*). Dieses Kapitel wie auch seine Überlegungen zu einem überpersönlichen Geistigem brauchen bei mir wahrscheinlich noch ein bisschen Zeit, um mir sicherer zu werden, ob ich sie wohl so verstanden habe, wie er sie meint, aber interessant sind sie auf jeden Fall. Sollte es also tatsächlich seine Absicht gewesen sein, einen ins Grübeln zu bringen, dann hat er sein Ziel zweifellos erreicht. Dass er den einzelnen persönlichen Geist dabei so abwertet, finde ich schade (ohne das von ihm offenbar als zu „klein“ empfundene Persönliche wäre es mit dem „großen“ Allgemeinen nämlich nicht weit her), den Denkanstoß, Geist nicht nur im Individuum zu suchen, wiederum gut. Wie ist denn das im Buddhismus mit dem "Überleben" des Todes, tatsächlich ähnlich wie bei Hellpach?

Dass er auch mal ein paar praktische und (im nicht-abwertenden Sinne) alltägliche Dinge anspricht, sei es die Frage, ob Pantheisten eigentlich beten können (die mir so z.B. wirklich mal gestellt worden ist), oder gerade von jemandem, der oft so auf das „Große“ bedacht ist, die Erkenntnis, dass manch einer in seiner Werkstatt oder seinem Gärtchen glücklicher und auch „spiritueller“ sein mag als in irgendeiner gemeinhin als großartig empfundenen Umgebung, weil er das tut, was seiner Natur entspricht, das alles fand ich auch mal sehr erfrischend.

liebe Grüße, Melmoth die Labertasche *g*
"Gottes ist der Osten und der Westen; wohin immer ihr also euch wendet, dort ist Gottes Angesicht." (2:115)
Zitieren
#21
(22-09-2008, 00:34)Melmoth schrieb: weil ich es nicht unproblematisch finde, einen so unbekannten Bereich auch noch so zu zersplittern und jeden Unterschied wieder mit einem eigenen Namen zu belegen,

Lieber Melmoth,

man könnte ja da z.B. die von Epicharm hier erwähnte Unterteilung wählen, alles das, worüber wir hier "reden", "Pantheismus" zu nennen, aber eben den PanENtheismus als "tranzendenten oder mystischen Pantheismus" bezeichnen.

>Ich kenne explizite Überlegungen zur Seele von Tieren
>sonst auch nur von Giordano Bruno,

Hast Du da die Quellen parat?

>Was mich dann jedoch wieder sehr gestört hat, muss
>ich sagen, war seine Analogie mit den verschiedenen Zellen
>eines Organismus. Ich frag lieber nochmal nach, ob ich es
>nicht einfach nur falsch verstanden habe und ihm Unrecht tue,
>aber hattest du auch den Eindruck, dass er meint, das
>Weltganze sei auf den Menschen (wie der Organismus auf
>seine Nerven- oder Gehirnzellen) angewiesen?

Hm. Das habe ich nie so empfunden. Kannst Du da die Textstelle nennen, aus der Du das liest?

>Den Gedanken mit der andauernden Geburt im Wandel mag ich
>auch und habe mich gefreut, ihn nochmal wo zu finden – zuletzt
>habe ich ihn nämlich von Drewermann in romanhafter Darstellung
>gelesen

In dem Roman über Giordano Bruno?

>Wie ist denn das im Buddhismus mit dem "Überleben" des Todes,
> tatsächlich ähnlich wie bei Hellpach?

Oh, da kommt es auf die buddhistische Schule an. Da gibt es wirklich unterschiedliche Ausrichtungen. Der ursprüngliche Buddhismus theravadischer Prägung, glaubt, dass mit dem Tod alles vorbei ist, und lediglich unser "karmisch bedingtes Päckchen" weitergegeben wird, fast so inform eine Rucksacks, den WIR gefüllt haben, den ein anderer aber weitertragen und abbauen muss. Eine andere frühbuddhistische Tradition, nämlich die sogenannten "Altbuddhisten" sehen durchaus so etwas wie ein "Wahres Selbst" (das allerdings nicht positiv definitiert werden kann) überdauert und wiedergeboren wird. Zen-Buddhisten finden diese ganze Frage eher überflüssig, während Tibetische Buddhisten an eine konkrete Wiedergeburt glauben, auch wenn sie das gerne abstreiten Icon_wink Und selbst innerhalb der einzelnen Traditionen und Schulen gibt es noch Unterschiede...

So, jetzt muss ich einkaufen und danach auch mal was anderes tun ausser mehr oder weniger kluge oder unkluge Gedanken ins Forum zu setzen.

Liebe Grüsse

Petrus
Zitieren
#22
Hallo Petrus!

(22-09-2008, 10:37)Petrus schrieb: man könnte ja da z.B. die von Epicharm hier erwähnte Unterteilung wählen, alles das, worüber wir hier "reden", "Pantheismus" zu nennen, aber eben den PanENtheismus als "tranzendenten oder mystischen Pantheismus" bezeichnen.

Hm, ich denke, mir geht’s einfach so ähnlich wie edt im Literaturempfehlungen-Thread, dass die ganze Kategorisierung an sich mir nicht lebensnah genug erscheint. Denn kleine individuelle Unterschiede gibt es immer, für die jeweils eine neue „Schublade“ aufzumachen ziemlich unübersichtlich würde – andererseits kann ich auch wieder verstehen, dass ab einem gewissen Punkt die Unterschiede so groß sind, dass der eine nicht mehr mit dem anderen in einen Topf geworfen werden mag, und das Empfinden, wann dieser Unterschied so groß ist, dass man einen neuen Begriff braucht, ist wohl auch wieder verschieden. So in kleiner Runde mag es ja noch irgendwie klappen, sich zu verständigen, wer was wie meint, aber wo man auf eine genauere Sprache angewiesen ist, hast du schon recht, dass man irgendeine genauere Einteilung wohl noch braucht :icon_confused:

(22-09-2008, 10:37)Petrus schrieb: Hast Du da die Quellen parat?

Ich hab zwei Passagen in Erinnerung, und bei der einen weiß ich nur noch vage, wo sie gewesen sein könnte – geh ich dir aber gleich noch raussuchen.

(22-09-2008, 10:37)Petrus schrieb: Hm. Das habe ich nie so empfunden. Kannst Du da die Textstelle nennen, aus der Du das liest?

Auf S. 38/39 bringt er den Vergleich zum Organismus und stellt fest, dass dieser auf manche Teile angewiesen ist, während andere eher entbehrlich sind. Mit der Frage „Weist das, was wir so an jedem Lebewesen schon beobachten, nicht auch darauf hin, daß es in der Wesentlichkeit der Gottesteilchen für den All-Gott Unterschiede gibt?“ leitet er dann zu längeren Ausführungen über, was das Besondere am menschlichen Geist ist, und beantwortet die Frage damit, dass nur der Mensch (oder gegebenenfalls noch andere vergleichbar oder höher entwickelte Lebensformen, die es eventuell anderswo im Universum gibt) ein Bewusstsein dafür entwickeln könne, dass er ein Teil des Ganzen ist. Bis zum Ende von S. 42 hat man eigentlich das Wesentliche und hier findet sich auch, obwohl er die Überlegungen zum menschlichen Geist noch bis zum Kapitelende fortführt, schonmal das Fazit: „Will man es in Gleichnis des eigenen Körpers zurückübersetzen: dieser Mensch ist im Ganzen der Allwirklichkeit wie im Organismus die Ganglienzelle oder die Herzmuskelfaser, die fürs Ganze mehr bedeutet, als die jeden Augenblick durch eine andere ersetzbare, ohne Schaden fürs Ganze vernichtbare Drüsen- oder Samen-, Epithel- oder Lymphzelle.“ Ich finde, da hinkt der Vergleich und spricht dem Menschen, wenn er mit Teilen des Organismus vergleichen wird, ohne die ein Lebewesen nicht überleben könnte, weitaus mehr Bedeutung zu, als er haben kann, wenn das Universum so lange ohne ihn ausgekommen ist. Kann aber auch gut sein, dass es sich hier einfach nur um (zur Verdeutlichung) etwas überspitzte Rhetorik handelt und ich da was reinterpretiere, was überhaupt nicht gemeint ist, weil Hellpach vielleicht gedacht hat, auf die absurde Idee, das so misszuverstehen, würde gar keiner kommen *g*

(22-09-2008, 10:37)Petrus schrieb: In dem Roman über Giordano Bruno?

Ja, da. Ich weiß dabei leider nicht, ob es Drewermanns eigene Meinung ist (dafür kenn ich ihn zu wenig), oder ob er das auf seine literarische Figur hin geschrieben hat. Okay, letzteres wohl auf jeden Fall, aber ob es ersteres ausschließt oder nicht, das weiß ich nicht.

Danke für deine Erklärung zum Buddhismus! Über das „Rucksack“-Modell staune ich echt, das hatte ich mir bisher nie so vorgestellt.

liebe Grüße, Melmoth

PS: Hab die Bruno-Texte gefunden und dir gerade mal eine private Nachricht damit geschickt, um hier nicht den ganzen Thread vollzuspammen.
"Gottes ist der Osten und der Westen; wohin immer ihr also euch wendet, dort ist Gottes Angesicht." (2:115)
Zitieren
#23
Lieber Melmoth,

die Bruno-Texte habe ich bekommen, GANZ lieben Dank für Deine grosse Mühe...

>dass die ganze Kategorisierung an sich mir nicht lebensnah genug
>erscheint.

Da sind wir dann schon zu dritt... Ich denke, man braucht diese Schubladen auch gar nicht, ja, und das fällt mir gerade spontan ein, vielleicht wäre es (für mich) sogar ohne Schublade viel einfacher, "einfach" (?) nur daran zu galuben, was mein Herz und Verstand mir nicht übel nehmen...?!!!

>Auf S. 38/39

Danke.

>beantwortet die Frage damit, dass nur der Mensch (oder
>gegebenenfalls noch andere vergleichbar oder höher entwickelte
>Lebensformen, die es eventuell anderswo im Universum gibt) ein
>Bewusstsein dafür entwickeln könne, dass er ein Teil des Ganzen ist.

Hm. Ich glaube, ich ahne, was Hellpach damit sagen will, kann das aber schwer erklären... Hm... Vielleicht so: Im Buddhismus gibt es die Annahme, dass die Welt (einschliesslich des Geistes!!!) nur ist, weil das Bewusstsein ist (wobei sich die Buddhisten nicht darauf festlegen, dass nur der Mensch dieses Bewusstsein hat). Gäbe es kein Bewusstsein, gäbe es keinen Geist (in einigen Mahayana-Schulen wird sogar gelehrt, dass der ganze Kosmos nur im Bewusstsein des Individuums entsteht, d.h. also: wenn ICH sterbe, stirbt mit mir die Welt...). Dieser Kreis des "abhängigen Entstehens" nennt sich "paṭicca-samuppāda". Vielleicht hat Hellpach das in etwas anderer Form bzw. Ausdrucksweise gemeint??? Also dass nur der denkende Mensch diese Welt "sehen" und erkennen kann. Ohne Mensch wäre dies zwar alles auch "da", aber es könnte dies niemand geistig erkennen, und vor allem auch diese Bezüge nicht herstellen (sofern man davon ausgeht, das Tiere kein Bewusstsein haben, was man bei Hellpach wohl unterstellen muss, denn das Gegenteil wird ja erst in unserer Gegenwart untersucht und behauptet).

>Ich finde, da hinkt der Vergleich und spricht dem Menschen,
>wenn er mit Teilen des Organismus vergleichen wird,
>ohne die ein Lebewesen nicht überleben könnte, weitaus
>mehr Bedeutung zu, als er haben kann, wenn das Universum
>so lange ohne ihn ausgekommen ist.

Ja, ich denke, dass sich da noch sehr stark ein typischer Anthropozentrismus zeigt.

Einen lieben Gruss

Petrus
Zitieren
#24
So, wieder da.

Inwiefern befürchtest du denn, dass die "Schubladen" dich hindern könnten, genau das zu tun: zu glauben, was dein Herz und Verstand dir erlauben?
Auf eine Weltanschauung / einen Glauben / etc. einen Begriff draufzupacken, der noch am ehesten passt, mag ja manchmal praktisch sein, um anderen schonmal die ungefähre Richtung anzugeben, in die es geht. Aber wirklich interessant sind die individuellen Inhalte, die dahinterstecken. Und mit den Begriffen ein Eigentor geschossen hat man sich meiner Meinung nach, wenn sie nicht mehr die Kommunikation mit anderen ein bisschen vereinfachen, sondern einen selbst einengen. Das "Schubladendenken" mag es Menschen leichter machen, Dinge zu verstehen, wenn man vor die ganzen Einzelheiten einen Wegweiser setzen kann, in der Form "ungefähr wie... (beliebiger Begriff)", damit sich das Gegenüber sozusagen "einstimmen" kann, woran ich nun überhaupt nichts Verwerfliches finde, solange es halt das Individuelle nicht ersetzt. Wenn die Schubladen keine Hilfsmittel mehr sind, sondern als einzig-mögliche Alternativen erscheinen, aber man mit seinem Denken nicht zufällig so in eine reinpasst, dass es eben passt, dann wird man natürlich verrückt über den Versuch, sich reinzuquetschen. Das halte ich aber nicht für den Sinn solcher Begriffe. Denn die sind Hilfen für die individuellen Menschen - nicht die Menschen Füllmaterial für die Begriffsschubladen.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass man glücklich damit wird, sich passend zu machen, um einer Klischeevorstellung zu entsprechen. Da scheint es mir erfolgversprechender, erstmal genau hinzuschauen, was man eigentlich denkt und glaubt und das dann entweder gar nicht einzuordnen und nur zu beschreiben, wenn es einem damit am wohlsten ist, oder aber zu gucken, was es an "Schubladen" so gibt, und für den Fall, dass man Kommunikation erleichtern will, den Begriff als Näherungswert auszusuchen, der noch am meisten Gemeinsamkeiten hat, ohne sich dem Begriff deshalb so verpflichtet zu fühlen, dass man die individuellen Unterschiede runterspielt.
Ich habe z.B. jahrelang überhaupt keinen Begriff gekannt, der auch nur annähernd auf mein Denken passte. Das war zwar manchmal lästig, weil man es eigentlich gewohnt ist, Dinge benennen zu können, aber im Nachhinein halte ich das für einen günstigen Zufall - immerhin kann man nicht mal eben aufhören zu denken, nur weil man keine Schublade dafür findet, und wenn man dann später eine entdeckt, die einigermaßen passt, dann kommt man nicht so in Versuchung, sich von ihr einengen zu lassen, weil man inzwischen weiß, dass man, wenn sie mal gar nicht mehr passt, auch ganz gut ohne auskommen kann.
Soweit mein Assoziationsschwall zum Schubladendenken, der mal wieder viel zu lang geworden ist...

Danke für deine Erklärungen zum Bewusstsein im Buddhismus. Ich lese gerade nach längerer Zeit mal wieder Berkeley mit seinem esse est percipi, was ja auch in die Richtung geht. Ich finde die Bedeutung, die dem wahrnehmenden Subjekt sowohl von der buddhistischen Sichtweise, die du nennst, als auch von Berkeleys Philosophie gegeben wird, durchaus einleuchtend, das ganze hat für mich allerdings drei mögliche (einander nicht unbedingt ausschließende) Konsequenzen:
1) Es muss immer wahrnehmende Subjekte geben und gegeben haben. Für einen Berkeley und wohl auch für frühere Buddhisten wird die Vorstellung kein Problem gewesen sein, für uns heute, die wir von Urknall und Evolution ausgehen, ist es das schon.
2) Bei Berkeley noch zusätzlich, aber auch als Ersatz für Nr. 1 zu gebrauchen: es muss einen während allen Stadien der Entwicklung des Universums existenten Geist geben, der immer alles wahrnehmen kann, traditionell als Gott identifiziert.
3) Die notwendige Wahrnehmung ist ganz anders als das, was wir uns darunter für gewöhnlich vorstellen, und nicht nur die Wahrnehmung, die wir uns Menschen und anderen Tierarten zusprechen, fällt darunter, sondern beispielsweise auch die Reaktionen, die einzelne Teilchen miteinander eingehen, sind eine Form der "Wahrnehmung" der Existenz ebenjener Teilchen. (Wobei sich hierbei Berkeley im Grabe umdrehen würde, denn diese Teilchen, die Materie, das ist ja gerade das, was durch sein esse est percipi wegfallen soll, wo die Schwelle für Wahrnehmung eben bei menschlicher / tierischer Wahrnehmung liegt).
Ob Hellpach in eine solche, vielleicht buddhistisch geprägte Richtung gedacht hat, finde ich schwer einzuschätzen, seine Ausführungen sind ja recht knapp gehalten (was angenehm zu lesen ist, aber manche Fragen offen lässt). Einen interessanten Gedanken finde ich es auf jeden Fall - vor allem, da Hellpach ja z.B. bei Sinnestäuschungen sowohl das gemeinhin Tatsache genannte, was wir feststellen, wenn wir die Täuschung durchschauen, als auch den gemeinhin fehlerhaft genannten Eindruck, den wir zuerst einmal haben, als Teile der Welt ansieht. (Ich hab gerade schon eine Weile gesucht, um die Stelle zu finden, aber ich hab sie nicht gefunden - vielleicht erinnerst du dich, dass es vorkam, das Beispiel waren scheinbar zusammenlaufende Bahnschienen, aber sonst such ich noch mal.)
"Gottes ist der Osten und der Westen; wohin immer ihr also euch wendet, dort ist Gottes Angesicht." (2:115)
Zitieren
#25
Hab diese Seite gefunden. Finde sie nicht schlecht was die Sache mit Mystik und Panentheismus betrifft.

http://universale-mystik.blogspot.com/
Zitieren
#26
Hallo, Melmoth,

>Inwiefern befürchtest du denn, dass die "Schubladen" dich hindern
> könnten, genau das zu tun: zu glauben, was dein Herz und Verstand dir
> erlauben?

Ich weiss es ja nicht, ob und was mich hindert. Durch den anderen Thread wurde ich zwar auf eine gewisse Spur gelenkt, aber ich bin mir da selbst noch nicht im Klaren, wohin die Reise geht. Das alles hat gewiss mit "Sicherheit" zu tun, von der ich mehr und mehr erkennen muss, dass es sie einfach nicht gibt; aber mehr kann ich dazu noch gar nicht sagen, weil das selbst für mich noch zu verworren ist.

>Ich kann mir nicht vorstellen, dass man glücklich damit wird, sich passend
> zu machen, um einer Klischeevorstellung zu entsprechen.

Das ist sicherlich richtig. Das hätte ich auch nie gekonnt.

Zu Berkeley kann ich leider nichts sagen, ich habe ihn nie gelesen.

Überhaupt fällt es mir jetzt schwer, etwas zu schreiben, weil alles in meinem Kopf brummt. Vielleicht demnächst... Ich bitte um Nachsicht.

Liebe Grüsse

Petrus
Zitieren
#27
Hallo Petrus!

Bloß keine Hektik. Wenn gerade aktut was gedanklich in Bewegung ist, kann Kommunikation oft eine ziemliche Plage sein - aber das ist nicht Sinn der Sache. Ich wünsch dir ein fruchtbares Nachdenken bezüglich der Themen aus dem anderen Thread, und wie gesagt, kein Stress!

liebe Grüße, Melmoth
"Gottes ist der Osten und der Westen; wohin immer ihr also euch wendet, dort ist Gottes Angesicht." (2:115)
Zitieren
#28
Hallo edt! Sehe gerade, dein Link war hier völlig untergegangen, also jetzt nochmal danke dafür! Hab schonmal ein wenig gelesen und werde wohl auch noch ein bisschen auf der Seite stöbern. Mystik ist mir bisher ziemlich unbekannt, aber es liest sich ganz interessant.
"Gottes ist der Osten und der Westen; wohin immer ihr also euch wendet, dort ist Gottes Angesicht." (2:115)
Zitieren
#29
Hi Melmoth!

(04-10-2008, 22:26)Melmoth schrieb: Mystik ist mir bisher ziemlich unbekannt,

Mystik braucht dir nicht unbekannt zu sein. Die Mystik ist es doch, aus der der Panentheismus oder von mir auch aus, der Pantheismus hervorgeht. Das Wort Mystik bezeichnet einfach nur heute im Sprachgebrauch, die Berichte von Personen, die diese eine göttliche oder höhere Wirklichkeit erfahren haben. Die mystische Erfahrung ist die Einheitserfahrung, also das "göttliche Eine ist in Allem gegenwärtig".
Zitieren
#30
Es braucht vielleicht nicht unbekannt zu sein, aber es ist ;) Genau diese persönlichen Erfahrungsberichte sind ja doch was anderes als philosophische Überlegungen, von daher kann ich weder von dem, was ich an andrer Leute Gedankengängen gelesen habe, noch von dem, was ich selbst so denke, darauf schließen, wie wohl die Erfahrungsberichte von Menschen sein mögen, bevor ich mich nicht mit ihnen vertraut gemacht habe.
Wobei ich auch nicht weiß, ob man die Erfahrungen von anderen überhaupt nachvollziehen kann - ich finde schon, dass für bloße Ahnungen und Intuitionen oft verdammt schwer Worte zu finden sind :icon_confused:
"Gottes ist der Osten und der Westen; wohin immer ihr also euch wendet, dort ist Gottes Angesicht." (2:115)
Zitieren


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 2 Gast/Gäste